Streit um Kapitänsbinde bei WM: Fifa trägt keine Liebe in sich

Europäische Nationalteams dürfen nicht mit der „One Love“-Kapitänsbinde auflaufen. Der Weltverband hat den Machtkampf gewonnen.

Eine Armbinde mit einem Herz-Symbol.

Bleibt bei der WM wohl ungetragen: One-Love-Armbinde Foto: imago

Keine Liebe gibt es bei dieser Fußball-WM. Statt einer „One Love“-Binde werden die Kapitäne aller Nationalmannschaften mit einem Armband, das der Weltfußballverband Fifa vorgibt, auflaufen. So hat es die Fifa am Montagvormittag beschlossen, so haben es die europäischen Verbände letztlich akzeptiert. „Wir sind sehr frustriert über die Entscheidung der Fifa, die wir für beispiellos halten“, teilte die Arbeitsgruppe des europäischen Verbandes Uefa mit. DFB-Präsident Bernd Neuendorf äußerte sich ähnlich: „Wir erleben einen beispiellosen Vorgang in der WM-Geschichte.“ Noch am Sonntag hatte Neuendorf vollmundig verkündet: „Wir haben gesagt, wir bleiben dabei, dass wir mit der Binde auflaufen.“

Letztlich gaben jedoch alle europäischen Verbände in diesem Binden-Machtkampf mit der Fifa klein bei. Warum, das erklärte Neuendorf so: „Die von der Fifa herbeigeführte Konfrontation werden wir nicht auf dem Rücken von Manuel Neuer austragen.“ Was die Fifa jetzt anbietet, ist, dass es für jeden Spieltag eine andere Botschaft gibt, die auf der Binde steht. Für Montag war der Spruch „Fußball vereint die Welt“ vorgesehen.

Wie der Guardian berichtet, geht die gesamte Kontroverse nur auf die Fifa zurück, nicht auf die WM-Gastgeber in Katar, die für ihre homophoben Gesetze in der Kritik stehen.

Im September hatten noch zehn europäische Verbände erklärt, dass sie zwar nicht mit einer Kapitänsbinde in Regenbogenfarben antreten, aber mit der deutlich schwächeren „One Love“-Botschaft sehr wohl auch ein Zeichen für die LGBTQ+-Community setzen wollten. Die Fifa hatte auf diese europäische Initiative lange Zeit nicht reagiert. Aber am vergangenen Freitag stellte sie ihre Antwort vor. Nach Angaben der Fifa waren drei UN-Organisationen bei deren Ausarbeitung konsultiert worden. Wörtlich teilte die Fifa mit: „Die teilnehmenden Mannschaften erhalten während der Spiele über die Armbinden der Mannschaftskapitäne die Möglichkeit, Botschaften zu übermitteln.“

Kane mit „Keine Diskriminierung“

Am Montag wäre Harry Kane der erste Mannschaftskapitän gewesen, der beim Spiel Englands gegen den Iran mit der „One Love“-Binde aufgelaufen wäre. Über die möglichen Sanktionen, die Kane oder seinen Verband hätten treffen können, hatte es bis zuletzt Unklarheit gegeben: Mit einer Gelben Karte wäre er bestraft worden, hatte es geheißen, wobei unklar blieb, ob es bei Gelb geblieben wäre. Vom Verbot, den Platz zu betreten, solange die Binde um den Arm gelegt ist, war die Rede.

Für das Viertelfinale hat die Fifa den Schriftzug „Keine Diskriminierung“ vorgesehen

Auch Geldstrafen waren im Gespräch. „Wir waren bereit, Strafen zu zahlen, was normalerweise bei Verstößen gegen Kleider-Regularien der Fall wäre“, erklärte der englische Verband FA gemeinsam mit der Uefa-AG nach der Fifa-Entscheidung. „Dennoch konnten wir unsere Spieler nicht in eine Situation bringen, in der sie eine Gelbe Karte bekommen könnten oder gar gezwungen werden, das Spielfeld zu verlassen.“ Harry Kane jedenfalls entschied sich für eine listige Version. Er lief mit dem Spruch „No Discrimination“ auf, den die Fifa doch erst für das Viertelfinale vorgesehen hat.

Das Vorgehen hat bewirkt, dass sich die europäischen Verbände nun als Hüter der Menschenrechte präsentieren können, obwohl sie selbst die ursprünglich avisierte, etwas deutlichere Regenbogenbinde gecancelt hatten. Bild.de veranstaltete unter seinen Lesern sofort eine Abstimmung: „Der Binden-Skandal! Spielen oder abreisen?“ Und die Uefa-AG teilte mit: „Unsere Spieler und Trainer sind enttäuscht – sie sind starke Befürworter der Inklusion und werden ihre Unterstützung auf andere Weise zeigen.“ Dass in den europäischen Topligen ein Klima herrscht, das bis zum heutigen Tag keinen aktiven schwulen Profi zum Outing brachte, wurde ebenfalls nicht thematisiert.

Thomas Hitzlsperger, früherer deutscher Nationalspieler, der sich nach seiner Karriere als schwul outete, nannte die von der Fifa erzwungene Entscheidung „erbärmlich“. Auf Twitter machte Hitzlsperger, nicht frei von Zynismus, diesen Vorschlag: „Wie wäre es mit Regenbogen-Schnürsenkeln?“

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