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Internationaler Frauentag in Berlin 2018 Foto: Sean Gallup/getty

Schwangerschaftsabbruch nach § 218Quer zur Wirklichkeit

Seit 150 Jahren ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland strafbar. Was würde passieren, wäre der Paragraf 218 abgeschafft?

E in Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland nach § 218 Strafgesetzbuch grundsätzlich strafbar – seit 150 Jahren ist das so. Nach der Gründung des Deutschen Reichs am 15. Mai 1871 war eine Schwangere, die „ihre Frucht abtreibt oder im Leib tötet“ mit Zuchthaus von bis zu fünf Jahren zu belegen. Die Worte des Paragrafen sind heute andere, sie klingen zeitgemäßer – allerdings nur in ihrer Form, nicht im Inhalt. Und sie stehen noch immer direkt hinter Mord und Totschlag, Abtreibung ist ein „Delikt gegen das Leben“.

Früher haben ungewollt Schwangere versucht, mit Kleiderbügeln, Stricknadeln und Fahrradspeichen den Fötus aus ihrem Bauch zu kratzen. Sie haben Seifenlauge, Bleichmittel, Rohrreiniger getrunken. Frauen sind verblutet, erlitten Bauchfellentzündungen und Vergiftungen, sie sind gestorben, weil ihnen verboten war, über ihren Körper selbst zu bestimmen.

In einigen Teilen der Welt passiert das noch immer. In Deutschland hat sich die Lage seit der ersten Reform in Westdeutschland in den 1970ern zwar verbessert – doch steht auch hier ein Gesetz im Strafgesetzbuch, das quer zur gesellschaftlichen Wirklichkeit vieler Frauen steht, das im Grunde sagt: Wenn du schwanger bist, musst du das Kind bekommen.

1975 stimmte der Bundestag für eine Fristenlösung, wie es sie in der DDR 20 Jahre lang gab. Nach der durften Frauen in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft legal abtreiben. Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dies sei verfassungswidrig. Das „ungeborene Leben“ habe Vorrang, auch vor dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren. 1976 verabschiedete der Bundestag ein Indikationsmodell, ein Abbruch war demnach unter vier Bedingungen legal: der kriminologischen, also nach einer Vergewaltigung, der embryopathischen, wenn der Fötus eine Beeinträchtigung hat, einer medizinischen, wenn die Gesundheit der Schwangeren in Gefahr ist oder der Notlagenindikation, wenn eine soziale Notlage vorlag.

Die Frauentaz 2021

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Die Kritik wird lauter

Nach der Wiedervereinigung und dem erneuten Abschmettern der Fristenregelung durch das Bundesverfassungsgericht 1993 stimmte der Bundestag 1995 in nicht parteigebundener Abstimmung für die sogenannte Beratungsregelung. Danach sind Schwangerschaftsabbrüche noch immer rechtswidrig, sie können mit einer Geld- oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren belangt werden. Doch die Abbrüche bleiben straffrei, wenn die ungewollt schwangere Person die Abtreibung in den ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis von einem Arzt vornehmen, wenn sie sich beraten und eine dreitägige Bedenkzeit verstreichen lässt.

Die kriminologische und die medizinische Indikation blieben bestehen. Die Notlagenindikation fiel weg, da sie als nicht mehr nötig angesehen wurde, die embryopathische Indikation wurde auf Druck von Kirchen und Behindertenverbänden gestrichen. Sie argumentierten, dass eine Erlaubnis zum Abbruch nur aufgrund einer Behinderung des Fötus diskriminierend sei.

Die aktuelle Regelung gilt als hart errungener Kompromiss, sie sei die am wenigsten schlechte Lösung – und dürfe deshalb nicht wieder infrage gestellt werden. So haben sogar Feministinnen lange argumentiert, doch die Kritik wird immer lauter. So befand der UN-Frauenrechtsausschuss Cedaw, der die Umsetzung der UN-Frauenrechtskonvention überwacht, zuletzt 2017, weder die verpflichtende Beratung noch die dreitägige Bedenkzeit zwischen Beratung und Eingriff entsprächen dem Recht auf Zugang zu sicheren und diskriminierungsfreien Schwangerschaftsabbrüchen.

Die negativen Folgen sind zahlreich

Der Staat muss eine ausreichende Versorgung an Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch gewährleisten, so sieht es auch das Schwangerschaftskonfliktgesetz vor. Doch die Stigmatisierung durch das Strafrecht führt dazu, dass immer weniger Ärz­t:in­nen in Deutschland Abbrüche durchführen und ungewollt Schwangere in einigen Teilen Deutschlands weit fahren müssen, um eine Abtreibung zu bekommen. Ab­trei­bungs­geg­ne­r:in­nen fühlen sich indes mit ihren Anfeindungen gegen Ärz­t:in­nen und ungewollt Schwangere im Recht.

Abtreibungen werden weder in der medizinischen Grundausbildung noch in der gynäkologischen Weiterbildung gelehrt, und Ärz­t:in­nen wie Kristina Hänel werden nach Paragraf 219 a, der „Werbung“ für Abtreibungen verbietet, mit Klagen überzogen, wenn sie nur sachlich darüber informieren.

Die negativen Folgen des Paragrafen 218 sind so zahlreich und unübersehbar, dass sich 150 Jahre nach seiner Einführung die Frage aufdrängt: Wenn wir den leidigen Paragrafen abschaffen, was kommt dann? Wie können Schwangerschaftsabbrüche anders geregelt werden als über das Strafgesetzbuch?

Um darauf eine Antwort zu finden, haben wir uns den Paragrafen genau angeguckt und seine verschiedenen Abschnitte mit Ulrike Lembke besprochen. Die 43-Jährige ist Professorin für Öffentliches Recht an der Humboldt-Universität Berlin. Wir wollten von ihr wissen, welche unserer Überlegungen juristisch umsetzbar wären, was ganz weg kann und was anders geregelt werden müsste. Für die Rolle von Ärz­t:in­nen haben wir die Bundesärztekammer um eine Einschätzung gebeten, und wir haben mit Elke Hannack vom CDU-Bundesvorstand gesprochen. Wie offen ist ihre Partei, über das Thema Schwangerschaftsabbrüche erneut zu streiten?

Austragungspflicht verstößt gegen die Menschenwürde

Nicht alles am Paragraf 218 ist schlecht und überflüssig. So droht er auch jedem, der eine Schwangerschaft gegen den Willen der Schwangeren abbricht, etwa durch Abtreibungspillen im Essen oder mit psychischer Gewalt, Strafe an. Ulrike Lembke hält es für selbstverständlich, dass der Abbruch gegen den Willen der Schwangeren, sei er absichtlich, billigend oder grob fahrlässig, im Strafgesetzbuch bleibt, allerdings nicht im Abschnitt zu den Tötungsdelikten. Sinnvoller sei er im Bereich der schweren Körperverletzung oder der Straftaten gegen die Familie.

Wenn aber der ungewollte Abbruch einer Schwangerschaft eine schwere Körperverletzung darstellt, dann müsste es die ungewollte Fortführung doch auch sein? Das wäre allerdings eine grundlegend andere Annahme als die heutige.

Lembke erläutert, dass das Bundesverfassungsgericht unter Berufung auf das Grundgesetz eine Schutzpflicht des Staates für Leben und Gesundheit festgesetzt habe. So könne der Staat etwa Kinder zu ihrem eigenen Schutz von den Eltern trennen und zum Beispiel durch Angehörige oder Pflegeeltern versorgen lassen. Zum Schwangerschaftsabbruch passe das jedoch nicht, Fötus und Schwangere ließen sich schließlich nicht einfach trennen.

Dieses Problem hat das Gericht mit der Austragungspflicht für die Schwangere zu umgehen versucht, dabei jedoch einen „Denkfehler“ gemacht, wie Lembke es nennt. Es habe „abstrakt das fötale Leben gegen die Selbstbestimmung der Schwangeren“ gestellt. Stattdessen hätte es die Verfassungsmäßigkeit der Austragungspflicht prüfen und deren absolute Unverhältnismäßigkeit feststellen müssen: „Niemand hat ein Leistungsrecht am Körper eines anderen Menschen, auch der Fötus nicht.“ Zum Beispiel wäre selbst bei Lebensgefahr eine per Zwang durchgesetzte Blut- oder Organspende für Angehörige in Deutschland undenkbar.

Ein dickes Problem

Die Austragungspflicht verstoße schlicht gegen die Menschenwürde, führt die Juristin weiter aus. Der Staat mache die Schwangere zum Objekt, um seine Schutzpflicht zu erfüllen. In einer Rechtsordnung, welche die Würde, Integrität und Autonomie auch von Frauen garantiert, sind die derzeit geltenden Paragrafen 218 ff. nicht mit der Verfassung vereinbar.

Heißt also: Nur der Abbruch gegen den Willen der Schwangeren bliebe im Strafgesetzbuch, der Rest vom § 218 würde gestrichen. Dann könnten doch auch die sich anschließenden Paragrafen 218 a und 218 b gestrichen werden, da sie die Bedingungen zur Straflosigkeit und Indikationsfeststellung regeln, die es nicht mehr bräuchte – oder?

Im Prinzip ja. Solange man nicht glaubt, man habe damit alle Probleme erledigt. Denn in der medizinischen Indikation (§ 218 a (2)) verbirgt sich ein dickes Problem, über das die Pro-Choice-Bewegung nicht gern spricht und das sich auch mit der Abschaffung des Paragrafen nicht von selbst erledigen würde. Als die embryopathische Indikation 1995 gestrichen wurde, ging ein Teil der Behindertenbewegung davon aus, dass sich so eine als diskriminierend empfundene Praxis einschränken ließe, nämlich die Abtreibung behinderter Föten nur aufgrund dieser Eigenschaft, eben behindert zu sein.

Dies war jedoch nicht der Fall. Seitdem können Schwangerschaften weiterhin legal abgebrochen werden, wenn angenommen wird, dass eine Behinderung des Fötus die Schwangere unzumutbar belasten würde. Dann greift die medizinische Indikation. Die Abschaffung der embryopathischen Indikation hat das Problem also nur verschoben. Das Problem ist nämlich nicht die Abtreibung, sondern die Annahme einer überdurchschnittlichen Belastung.

Verinnerlichte Behindertenfeindlichkeit

Von dieser Annahme gehen auch Feministinnen oft aus. Auch wenn sie meist auf die tatsächlich zu geringen Ressourcen und Hilfsmittel verweisen, um diese Annahme zu begründen, setzt sich die Bewegung zu wenig mit den eigenen Ängsten vor Schwäche und Abhängigkeit und der eigenen verinnerlichten Behindertenfeindlichkeit auseinander, die das Leben mit einem behinderten Kind als unzumutbar erscheinen lassen.

Ärz­t:in­nen nehmen relativ schnell an, dass das Leben mit einem behinderten Kind eine nicht zumutbare Belastung darstellt. Wenn die Schwangere selbst psychische Probleme hat, depressiv ist oder suizidal, gehen sie dagegen eher davon aus, dass sich dies auch anders als durch einen Abbruch lösen lässt. Diese Ungleichbehandlung ist eine Folge des Frauenbildes und der verbreiteten Vorstellungen über Behinderung. Das kann nicht allein durch eine Abschaffung des Paragrafen 218 gelöst werden. Zusätzlich sollte das Leben mit behinderten Kindern erleichtert und behindertenfeindliche Vorurteile bekämpft werden.

Die Verlagerung in die medizinische Indikation hat auch dafür gesorgt, dass solche Abbrüche nun bis zum Eintritt der Wehen möglich sind, da die medizinische Indikation keine Frist hat. Der Zeitpunkt, zu dem ein zu früh geborenes Kind außerhalb des Uterus lebensfähig ist, rückt aufgrund des medizinischen Fortschritts immer weiter nach vorne, zurzeit ist dies ab der 22. Schwangerschaftswoche möglich. Das gilt aber auch für Schwangerschaftsabbrüche, die in Deutschland ab der 16. Schwangerschaftswoche als eingeleitete Geburten vorgenommen werden. „Die Problematik der sogenannten Spätabbrüche ist tatsächlich die schwierigste juristische und medizin-ethische Frage in diesem Komplex“, sagt Lembke.

Dass kein Mensch ein Leistungsrecht am Körper eines anderen hat, bedeute nämlich auch, dass die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs nur für den Zeitraum absolut ausgeschlossen sei, in dem der Fötus außerhalb der Gebärmutter nicht lebensfähig ist. Das wirft die Frage auf, ob es nicht doch eine Regelung geben sollte, die zwischen Abbrüchen im Frühstadium und Spätabbrüchen unterscheidet. „Es braucht eine echte Neuregelung, die alle sozialen, medizinischen, ethischen und rechtlichen Aspekte zusammenbringt“, sagt Lembke, „dazu fehlt es aber noch an ernsthaften interdisziplinären Verständigungen.“

Sinnvoller ohne den Strafparagrafen

Als ärztliche Tätigkeit und nicht unter Strafandrohung könnte die bisher im Paragraf 218 c geregelte Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht neu geordnet werden. Eine solche liegt vor, wenn ein Arzt eine schwangere Person unzureichend berät, sie nicht über den Ablauf, die Folgen, die Risiken des Schwangerschaftsabbruchs aufklärt. In der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer, die die für je­de:n Ärz­t:in geltenden Pflichten gegenüber Pa­ti­en­t:in­nen regelt, findet sich dazu schon einiges.

Wir fragen bei der Bundesärztekammer in Berlin nach. Pressesprecher Samir Rabbata verweist auf die „seit Jahrzehnten“ andauernde „politische Diskussion“ und die „Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts“. Eine solche „wesentliche Fragestellung“ könne „nicht in den Berufsordnungen der Landesärztekammer geregelt werden“. Ganz ausschließen will er eine solche Regelung über die Standesgesetze statt über das Strafgesetz jedoch nicht. „Wenn man das befürwortet“, schreibt er, müssten Änderungen „in den Heilberufe- und Kammergesetzen der 16 Bundesländer getroffen werden.“ Diese Gesetze fungieren als Grundlage für die Berufsordnungen – und sie zu ändern, ist möglich.

Die Beratungspflicht vor einem Abbruch ist im Paragraf 219 Strafgesetzbuch geregelt und im Schwangerschaftskonfliktgesetz präzisiert, deren Formulierungen widersprechen sich allerdings. Während es im Strafgesetzbuch heißt, die „Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens“ und solle „die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen“, hält das Schwangerschaftskonfliktgesetz fest, die Beratung sei „ergebnisoffen zu führen“ und gehe „von der Verantwortung der Frau aus“. Da Beratung nur auf freiwilliger Basis wirkt, könnte das Schwangerschaftskonfliktgesetz sogar sinnvoller ohne den Strafparagrafen funktionieren.

Große Hilfe für Beratungsstellen

Eine Streichung des Paragrafen wäre auch eine große Hilfe für Beratungsstellen. Praxen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, und Beratungsstellen sind häufig Ziel von „Mahnwachen“ und „Gehsteigberatungen“ von Abtreibungsgegner:innen. Obwohl der Staat verpflichtet ist, den Zugang zu garantieren, werden solche Aktionen selten verboten. Flächendeckende Schutzzonen einzurichten, hält Ulrike Lembke jedoch nicht für realistisch, schließlich seien die jeweiligen örtlichen Verhältnisse unterschiedlich und die Versammlungsfreiheit ein hohes Gut. Wenn Schwangerschaftsabbrüche als Gesundheitsleistungen anerkannt würden, könnten solche Gehsteigbelästigungen als Ordnungswidrigkeit gefasst werden, meint die Juristin.

Der Paragraf 219 a hat es 2017 mit dem Fall der Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel zu bundesweiter Bekanntheit gebracht. Ab­trei­bungs­geg­ne­r:in­nen nutzen das „Werbeverbot“, um Ärz­t:in­nen anzuzeigen, auch wenn sie nur sachlich über Schwangerschaftsabbrüche informieren.

Anfang 2019 einigte sich die Große Koalition auf einen Kompromiss: Demnach dürfen Ärz­t:in­nen und Einrichtungen jetzt zwar angeben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen – mehr aber nicht. Genauere Informationen, etwa zu den verschiedenen Methoden des Eingriffs, dürfen nur die bereitstellen, die ihn nicht selbst vornehmen. Deshalb musste Hänel Ende Januar die Information auf ihrer Webseite löschen, um nicht finanziell ruiniert zu werden. Gleichzeitig hat sie Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Es braucht ein Gesetz mit dem Recht auf Abbruch

Kein anderes Land hat einen solchen Paragrafen im Strafgesetzbuch. „Berufswidrige Werbung“ verbieten die Berufsordnungen der Bundesärztekammern ohnehin, sie würden auch im Falle von „anstößiger“ Werbung für Schwangerschaftsabbrüche greifen. Die ersatzlose Streichung wäre das einzig richtige, um ungewollt Schwangere und Ärz­t:in­nen vor Diffamierungskampagnen zu schützen.

Fassen wir zusammen: Der Schwangerschaftsabbruch wäre als Frage reproduktiver Gesundheit in den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen zu regeln. Im Sozialgesetzbuch sollte festgelegt werden, dass der Abbruch von ei­ner:m Ärz­t:in durchgeführt, die Kosten übernommen und wie die Nachsorge gestaltet werden solle. In den ärztlichen Berufsordnungen könnten die Qualitätsstandards, die Durchführung, das Verbot der Werbung sowie der Bereich der ärztlichen Ausbildung geregelt werden.

Darüber hinaus braucht es ein Gesetz zur Förderung der reproduktiven Gesundheit. Es sollte explizit ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch enthalten. Das Gesetz müsste auch ein kostenloses Beratungsangebot garantieren, zu Familienplanung, Sexualität und Schwangerschaftskonflikten.

Die Finanzierung könnte dann anders gelöst werden. Dadurch, dass Abbrüche bislang nicht legal sind, sondern nur von der Strafverfolgung ausgenommen werden, werden sie nicht von den Krankenkassen übernommen. Menschen mit wenig Geld können eine Kostenübernahme beantragen. Wenn Schwangerschaftsabbrüche aber nicht mehr im Strafgesetzbuch stünden, könnte der Abbruch zur Gesundheitsleistung werden.

Politischer Wille gesucht

Ohne eine Neuregelung der Paragrafen 218 und 219, ohne dass der Schwangerschaftsabbruch als medizinische Leistung behandelt wird, wird die schon jetzt unzureichende Gesundheitsversorgung von ungewollt Schwangeren immer schlechter, manche Ärz­t:in­nen sprechen von einer Katastrophe, auf die Deutschland zusteuere.

Für Veränderungen aber braucht es politischen Willen. Ohne Stimmen aus der Union wäre eine Veränderung im Moment und wahrscheinlich auch über die Bundestagswahl im September hinaus nicht möglich. Ob es SPD, Grüne, Linkspartei und FDP gelingen würde, sich für eine Gesetzesänderung zusammenzuschließen, ist fraglich. Bei der Debatte um den § 219a sprang die SPD ab. Und es steht zu befürchten, dass auch bei jedem künftigen Koalitionspartner die reproduktiven Rechte schnell zur Verhandlungsmasse in Koalitionsgesprächen würden.

Die Prozesse gegen Kristina Hänel und andere Ärztinnen waren das Schlimmste, was ich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zu diesem Thema erlebt habe

Elke Hannack, CDU

Als der Bundestag 1993 für eine Fristenlösung votierte, stimmten auch 32 Unionsabgeordnete dafür. Wer würde heute dafür stimmen, über Schwangerschaftsabbrüche allein die schwangere Person entscheiden zu lassen? Ein paar Namen aus der Unionsfraktion fallen, als wir uns umhören, häufiger, mit uns reden möchte niemand.

Sofort zum Gespräch bereit erklärt sich Elke Hannack, sie ist Vizechefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes und Mitglied des CDU-Bundesvorstands, sitzt aber nicht im Parlament. Schon in der Debatte um den Paragrafen 219 a positionierte sich der DGB eindeutig für seine Abschaffung. Hannack sagt: „Die Prozesse gegen Kristina Hänel und andere Ärztinnen waren das Schlimmste, was ich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland zu diesem Thema erlebt habe.“

Eine juristische Debatte findet nicht statt

Beim Paragraf 218 wird sie ein wenig vorsichtiger, doch ihre Stimme bleibt ruhig: „Bei der Abwägung für oder gegen einen Abbruch sollte immer“, und das Wort wiederholt sie, „immer das Selbstbestimmungsrecht der Frau im Vordergrund stehen.“ Sie will die Zwangsberatung abschaffen und den Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch nehmen. Stattdessen sollten Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch da verankert sein, „wo sie hingehören“, etwa im Schwangerschaftskonfliktgesetz. Sie findet diese Alternative wichtig, auch weil sie glaubt, „fordern wir eine generelle Abschaffung, dauert das noch 50 Jahre“.

Wie sieht sie die Chancen dafür in ihrer Partei? „Die Abstimmungen, die wir zu dem Thema in der Partei hatten, sind immer fast 50:50 ausgegangen, mit einer leichten Tendenz für den sogenannten Lebensschutz. Aber die CDU ist da nicht eindeutig. Ich weiß, dass es Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion gibt, die denken wie ich.“

Doch kehren wir noch einmal zum Juristischen zurück. Denn zweimal hatte der Bundestag in der Vergangenheit ja für eine Fristenlösung votiert, das Bundesverfassungsgericht jedoch anders entschieden. Wir fragen in Karlsruhe nach. Dort scheint man zunächst unentschlossen, ob man mit uns sprechen soll, dann erhalten wir eine Absage – auch wegen des anhängigen Verfahrens von Kristina Hänel.

Von Menschen gemacht

Ulrike Lembke sagt: „Wie das Bundesverfassungsgericht heute entscheiden würde, weiß niemand.“ Wenig ermutigend sei die Entscheidung von 1993, mit welcher der parlamentarische Kompromiss von 1992 gekippt worden sei. Vor allem aber fehle es weiterhin an juristischer Literatur, welche eine andere Position zur Austragungspflicht vertrete, eine echte juristische Debatte finde nicht statt.

Im Fall Hänel wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen. „Dann kann es auch allgemeine Anmerkungen zum Schwangerschaftsabbruch machen, wenn es das möchte“, sagt Lembke, und so die juristische Debatte weiterbringen. Diese sei lange von einer sehr konservativen Professorenschaft geführt worden, die explizit gegen Abtreibungen war. Beim letzten Höhepunkt der Debatte Anfang der 1990er seien zwei Prozent der Juraprofessuren von Frauen besetzt gewesen, heute sind es 16 Prozent.

Sicher ist: Der § 218 ist nicht in Stein gemeißelt, er ist von Menschen gemacht und verteidigt worden, andere Menschen können ihn ändern. Ideen dazu gibt es.

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69 Kommentare

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  • Das Problem ließe sich auch anders angehen.



    Wir könnten als Gesellschaft definieren wann menschliches Leben beginnt, z.B. analog zur Hirntoddefinition als Ende des menschlichen Lebens.



    Die Frauenärzt*innen suchen als Hinweis für eine intakte Schwangerschaft als erstes den Herzschlag des Embryos. dies ist so ca. in der 6.SSW der Fall.

  • "Niemand hat ein Leistungsrecht am Körper eines anderen Menschen.." Wenn diese Maxime zu einem Grundsatz unseres Wollens und Handelns wird, was ist dann mit den universellen Grundrechten, auf die jeder Anspruch hat? Diese Rechte fallen ja nicht vom Himmel und werden von Menschen erbracht und müssen von uns gefördert und verteidigt werden.

    • @weitergedacht:

      Ich verstehe Ihr Problem nicht. Die universellen Grundrechte sichern das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Für alle. Weshalb ja auch der Artikel darauf hinweist, dass eine erzwungene Organspende damit nicht vereinbar ist. Diese Grundrechte sind also gar nicht betroffen, wenn erklärt wird, niemand habe einen Anspruch auf eine Leistung eines anderen Körpers - dann das wäre ja dann ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Menschen, den man in Anspruch nimmt. So, als würde man jemanden zur Leihmutterschaft zwingen.



      Da die universellen Rechte für alle gelten, kann man sie nicht plötzlich allen Frauen aberkennen, nur weil sich ein Zellklumpen in ihnen vermehrt, der allein noch lange nicht lebensfähig ist.

  • Man kann auch den ganzen Komplex aus dem Strafrecht herausnehmen und als das einstufen, was es ist: eine medizinische Frage, die nur die Frau und ihre/n Ärztin angeht. So ist es in Kanada, wo es keine Gesetzgebung zur Abtreibung mehr gibt, nachdem das Verfassungsgericht die bestehende Regelung gekippt hat. Funktioniert wunderbar. Die einzigen, die Abtreibung wieder zur Strafsache machen wollen, sind die meist christlichen Abtreibungsgegner.

    • @Kahlschlagbauer:

      "Die einzigen, die Abtreibung wieder zur Strafsache machen wollen, sind die meist christlichen Abtreibungsgegner."

      Da genau liegt das Problem. Ultimativ bestimmt eine Demokratie ihre Werte über das Werkzeug des Mehrheitsentscheids. Und auch Abtreibungsgegner haben (unabhängig von ihrer Religion) je eine Stimme.

      Zugegeben hängt hierzulande die Diskussion an Verfassungsklauseln, die die sogenannte Ewigkeitsgarantie besitzen. Aber auch die könnte eine Bevölkerungsmehrheit ändern, indem sie eine neue Verfassung verabschiedet, die z.B. beim Lebensschutz definiert, dass er erst mit der Geburt oder der vom Mutterleib unabhängigen Lebensfähigkeit oder einem anderen Zeitpunkt beginnt. Aktuell überlassen wir diese Abwägung den Verfassungsrichtern, und die kommen bislang halt zu einem anderen Ergebnis als ihre kanadischen Kollegen. Als Demokrat kann man das respektieren - und sicher ist gerade bei den fundamentalen Werten nicht die Entscheidungsprämisse erstrebenswert, ob es mit oder ohne deren Würdigung besser "funktioniert", oder?

      • @Normalo:

        Als Mann kann man das philosophisch sicher gut akzeptieren.



        Als Frau in einer konkreten akuten Notlage nicht.



        Und es sind immer noch die Frauen, die auf diesem Problem sitzen bleiben, da unsere Gesetze den Vater immer ungeschoren davon kommen lassen! Wenn die Männer gesetzlich immer für ihren (genetisch nachweisbaren) Nachwuchs einstehen müssten (nicht nur finanziell sondern auch Verantwortung für Erziehung), ohne sich eines Gentests entziehen zu können, dann läge die Einschätzung sicher ganz anders!

  • Man sollte noch erwähnen, dass der Versuch einer Fristenregelung von 1993 bewusst die Worte ,,nicht rechtswidrig" und nicht ,,erlaubt" enthielt; was rechtlich zwar dasselbe ist, moralisch-würdigend jedoch nicht.

    Praktisch sind die Unterschiede zwischen Fristenregelung mit Beratung und Nicht Strafbarkeit bei Beratung aber auch nicht existent; auch hier ist der einzige Unterschied die etwas andere moralische Würdigung.



    Ein ,,Zwingen" von Ärzten zur Durchführung ist so oder so aufgrund des Verbots der Zwangsarbeit und der Berufsfreiheit unmöglich.

  • Wie wäre es denn mit häufigerer Adoption als Ausweg aus dem Dilemma?



    Immer mehr Paare werden ja ungewollt kinderlos. Man könnte somit das Leben des Ungeborenen retten und noch zwei weitere Menschen glüvcklich machen.



    Dieser, natürlich auch nicht perfekte Weg, wird meineserachtens zuwenig diskutiert.

    • @drafi:

      Ungewollt Schwangere möchten in der Regel auch die Schwangerschaft nicht auf sich nehmen und dies aus durchaus verständlichen Gründen. Eine Schwangerschaft ist im besten Fall belastend und im schlimmsten Fall gesundheits- und lebensgefährdend, von der psychischen Belastung nach Freigabe zur Adoption ganz zu schweigen.

      • @Croissant:

        Ich sagte ja "auch nicht perfekte Weg".



        Aber ich denke eine überlegenswerter Ausweg.



        Natürlich müßte die austragende Mutter unterstützt werden. Auch finanziell, z.B. vom Staat und den aufnehmenden Eltern.



        Vielleicht würden diese Mütter es dann eher auf sich nehmen. Ein wenig Mitverantwortung haben sie ja, z.B. bei mangelnder Verhütung und sie könnten drei Menschen eine hoffnungsvolle Perspektive öffnen.

        • @drafi:

          Eine Schwangere ist keine Mutter und schon gar nicht dafür zuständig, anderen Menschen eine Elternschaft zu ermöglichen.



          Dein Vorschlag ist es also, Frauen mit einer Schwangerschaft zu bestrafen und eine staatlich finanzierte „Leihmutterschaft” zu fördern.



          Im Ergebnis würden Frauen bei diesem „Modell“ illegal abtreiben oder ins Ausland fahren. Wenn eine Frau kein Kind möchte, findet sie einen Weg es nicht zu bekommen. Da ich selbst Frau bin, kann ich Dir versichern, dass ich bei ungewollter Schwangerschaft genau so verfahren würde.

        • @drafi:

          Ich denke nicht, dass diese Alternative zu selten überlegt wird. Schließlich dürften die wenigsten ungewollt Schwangeren ihrem Kind Böses wollen. Die meisten entscheiden sich also im Zweifel bewusst gegen diese Alternative, weil sie das nicht auf sich nehmen wollen. Sie dazu zu zwingen, wäre keine menschlichere Alternative. Umgekehrt gäbe es die Freigabe zur Adoption sicher auch so schon häufiger, wenn sich die Frauen das zumuten wollten.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Danke für den Artikel. Die Darstellung ist differenzierend und hat die Probleme einer ersatzlosen Abschaffung dieses Paragraphen gut erläutert und aufgeteilt.

  • Es wäre möglicherweise hilfreicher, wenn eine vollständige und präzise juristische Einordnung (endlich) gelingen würde.



    Gemäß Fristenregelung ist ein Schwangerschaftsabbruch nicht nur straffrei, sondern überhaupt nicht tatbestandsmäßig, also dogmatisch genau genommen überhaupt kein Delikt. Dagegen ist ein Schwangerschaftsabbruch mit medizinischer Indikation zwar tatbestandsmäßig, aber nicht rechtswidrig, da eine Indikation einen Rechtfertigungsgrund darstellt.

    Wenn also Frau Achtelik meint, eine Diagnose würde zu häufig gestellt, könnte ich sie nur auf ein Strafgericht verweisen, denn dort, und nur dort werden Delikte und möglicherweise eingreifende Rechtfertigungsgründe diskutiert.



    Diesbezüglich ist es enttäuschend,dass im Rahmen der Streichungsdiskussion immer wieder Stimmen laut werden, die zwar die Selbstbestimmung prädigen aber bei eigenen polititischen Zielen diese streitig machen wollen.



    Behindertenrechte haben rein gar nichts mit der Abtreibung zu tun und dieses vermeintliche „dicke Problem“ existiert nur in so manchen Köpfen, die nicht einsehen können, dass es keinem Austragungszwang weder für gesunde noch für behinderte Embryonen geben kann.

  • "Was würde passieren, wäre der Paragraf 218 abgeschafft?"

    Ist doch logisch. Dann wäre ein Abbruch bis kurz vor der Geburt nicht strafbar.

  • Mich stört ein bisschen, dass laut diesem Artikel die Austragungspflicht die Würde Frau untergraben würde und sie zu einem bloßen Objekt machen würde. Ich kann das persönlich überhaupt nicht rational nachvollziehen, denn eine schwangere Frau hat sich ja für das Kind entschieden, als es gezeugt wurde und damit freiwillig die Schutzpflicht für das neue Leben übernommen. Natürlich sehe ich dabei von Vergewaltigungen etc. ab, in diesem Fall sollte es eine Regelung geben, dem Opfer die Abtreibung zu ermöglichen. Aber wenn die Schwangere sich frei und ohne Zwang dazu entschieden hat, neues Leben zu schaffen, dann ist das kann sie doch nicht einfach irgendwann ihre Meinung ändern und die Verantwortung für das Kind abgeben! Nach der Geburt geht das doch auch nicht! Und wenn die Entscheidung für eine Zeugung ohne Zwang geschehen ist, dass darf man doch davon ausgehen, dass die Beteiligten wussten, was möglicherweise passiert, wenn man auf geeignete Verhütungsmittel verzichtet. Natürlich, Unfälle passieren und ich bin auch nicht prinzipiell gegen die Abtreibung innerhalb von Stunden oder weniger Tage. Aber ein Wesen, dass bereits offensichtlich mehr ist, als ein Zellhaufen, hat meiner Meinung nach auch eine Würde und ein Recht auf Leben, zu dessen Schutz die Schwangere sich ja verpflichtet hat. Und noch kurz angefügt: Eine Beeinträchtigung mindert diesen Wert des Lebens nicht.



    Ein Fötus ist auf jeden Fall ein lebendes Wesen und meiner Ansicht nach, ein Mensch, der genauso, wie jeder andere eine Würde und ein Lebensrecht hat, das nicht von den Launen der Schutzbefohlenen abhängig sein darf. Das die erwähnten kriminologischen und medizinischen Aspekte eine Ausnahme bilden sei hier noch einmal erwähnt. Und das Debatte UND Information wichtig sind, auch für Schwangere ist wohl selbstverständlich.

    • @Curiosity11:

      Sie machen einen grundlegenden Fehler:



      Sie behaupten "denn eine schwangere Frau hat sich ja für das Kind entschieden, als es gezeugt wurde".



      Hat sie nicht. Sie hat sich entschieden Sex zu haben. Sonst nichts. Wie selten Sex zu Schwangerschaften führt, kann ihnen jede ungewollt kinderlose Frau erzählen!



      Übrigens: der beteiligte Mann ist genauso beteiligt, bleibt bei Ihnen aber komplett aussen vor!



      Habe Sie schon mal mitbekommen, wie schnell Männer sich in die Büsche schlagen, wenn man ihnen erzählt, dass man von ihnen schwanger ist?



      Nein?



      Glück gehabt!



      Das ist nämlich einer von vielen Gründen, warum Frauen abtreiben.

    • @Curiosity11:

      Ihre Argumentation ist in sich unschlüssig.



      Sie argumentieren, der Fötus sei "auf jeden Fall" ein Mensch und habe daher Würde und Lebensrecht, weshalb eine Abtreibung verboten gehört. Dies gilt (wie Sie ja mehrmals betonen) aber nach einer Vertgewaltigung plötzlich nicht mehr. Dann legen Sie doch bitte dar, inwieweit die Würde und das Menschsein eines durch Vergewaltigung gezeugten Fötus geringer ist als bei einem im Liebesakt gezeugten Fötus?



      Zudem interessiert mich noch die praktische Umsetzung, hat die Frau in Ihrer dystopischen Wunschvorstellung dann die Beweislast, dass Sie vergewaltigt wurde, oder genügt die reine Angabe, dies sei der Grund für die Abtreibung?

      • @BluesBrothers:

        Das käme darauf an, ob man einen Fötus (bis zur Geburt?) als Mensch sieht oder als den viel beschworenen Zellklumpen.

  • Im Artikel hieß es "Die Austragungspflicht verstoße schlicht gegen die Menschenwürde, ..."

    Ich nehme mal an, dass die Autorin/ der Autor des Artikels sowie viele der Leser eine atheistische Weltanschauung vertreten. Das Problem ist nur, wenn man in diesem Kontext von der Würde des Menschen spricht, so borgt man sich dieses Konzept aus dem Christentum. Denn worin liegt die Würde des Menschen begründet? Warum sollte jeder Mensch eine universelle Würde haben? Nach der christlichen Weltanschauung ist jedes menschliche Leben von Gott gewollt und trägt sein Ebenbild. Aus diesem Grund besitzt jedes menschliche Leben Würde. Und die gilt auch für das ungeborene Leben.

    Wenn man allerdings von einem nichttheistischen/nichtchristlichen Standpunkt her argumentiert, so sind Menschen nichts besonderes und auch nicht mehr Wert als Mäuse oder Ameisen. Folglich wäre es nicht schlimm, einen Fötus abzutreiben, da es sowieso keinen absoluten moralischen Maßstab gibt. Dann kann man allerdings auch nicht von universeller Menschenwürde sprechen, denn dann würde man seine eigene Vorstellungen zum absoluten Maßstab machen, wozu man kein Recht hätte.

    Fazit: Viele Abtreibungsbefürworter setzen bei ihrer Argumentation oft etwas voraus, das sie aus einer Weltanschauung borgen, die sie entschieden ablehen oder für falsch/veraltet halten. Allerdings sägen sie damit gleichzeitig an dem Ast, auf dem sie sitzen.

    • @RainerKellerman44431:

      Ihre Argumentation hat einen Fehler.

      Nichttheistischen/nichtchristlichen Standpunkte sehen Menschen nicht als nicht mehr Wert als Mäuse oder Ameisen an. Das ist allenfalls bei gewissen zeckenvergleichenden rassistischen Ideologien der Fall.

  • Ungünstig erscheint mir der Vergleich mit der Organ- oder Blutspende.



    Jemand zu zwingen zu spenden, geht gar nicht. Aber bei einer Schwangerschaft ist die Situation ja insofern doch anders, als die "Hilfeleistung" bereits begonnen hat? Müssten wir das nicht eher damit vergleichen, dass jemand sein Blut bereits gespendet hat - und jetzt sagt: Aber ich will nicht dass diese oder jene Person jetzt davon profitiert. Oder gar: Man hat das Blut bereits verabreicht - und jetzt will die spendende Person nicht mehr, dass die mit ihrem Blut versorgte Person, ihr gespendetes Blut hat, um Leben zu können. Was soll jetzt geschehen?

  • taz.de/Schwangersc...ach--218/!5751368/

    Ich denke auch, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.



    Bevor das Thema jedoch juristisch zu lösen ist, sollte dringenst ein gesellschaftlicher Konsens gefunden werden über alle Geschlechter, Weltanschauungen und Religionen hinweg. Zum Beispiel zu den Fragen:



    - Wann beginnt Leben?



    - Welches Leben ist nicht Lebenswert (z.B. bei Behinderung)?



    - Welches Leben zählt mehr, das des (ungeborenen) Kindes oder das der (angehende) Mutter?



    etc.

    Gleichzeitig hat unsere Gesellschaft etliche Fragen zur Gleichbehandlung bzw. Unterstützung von Frauen, alleinerziehenden (aller Geschlechter), Familien, und, und, und ...zu lösen.



    Bei der Überlegung, wo man hier eigentlich anfangen muss, kommt man schnell vom Hundertsten zum Tausendsten:



    - Wirtschaftlichkeit (Bezahlung) vs. Sozialer Verantwortung



    - Verantwortung vs. Egoismus



    - "Geiz ist geil" vs. unlauteren Versprechungen bzw. gezielter Irreführung in der Werbung

    Es gibt viele Baustellen, die es zu diskutieren lohnt. Vielleicht ist es möglich, einen Zusammenhang herzustellen (wobei jedem klar sein sollte, dass es ohne Kompromisse nicht geht!):

    Wie sollte/muss eine zukunftsfähige Gesellschaft aussehen?

  • Zweifelsfrei handelt es sich um wesentliche Gedanken. Aber leider muss ich feststellen, dass man exakt dieselbe Argumentation auch auf bereits geborene Säuglinge anwenden könnte: Wenn der Ungeborene kein Recht darauf hat, bis zur Geburt ausgetragen zu werden, warum soll er dann nach der Geburt ein Recht darauf haben, angenommen zu werden? Dürfte man ihn dann, wie bei Gretchen im Faust, auch kurz nach der Geburt zur Strecke bringen? Und bis wann?



    Ich kann nicht nachvollziehen, warum das Recht auf Leben erst ab einem bestimmten Zeitpunkt gelten soll - entweder es gilt oder dieser Artikel im Grundgesetz ist obsolet (das wollte ich aber nicht). Wenn man zudem bedenkt, was alles als vertretbar gilt, um Leben in der jetztigen Pandemie zu schützen, sollte man sich wirklich fragen, ob dann nicht der einfache Schritt eines Abtreibungsverbots falsch sein soll.



    Zumal die Entscheidung der Schwangeren, ob sie das Kind will, auch damit nur einige Wochen aufgeschoben wird, sie könnte schließlich das auch schon vor der Zeugung bedenken.



    (Kriminologische und medizinische Indikation sind freilich eigens zu betrachten)

    • @Hans Müller:

      Nein, man kann die Argumentation nicht exakt auf bereits Geborene anwenden. Der entscheidende Unterschied ist, dass sich die Schwangerschaft im Körper der Frau abspielt und dass das an die Schwangere gerichtete Verbot, die Schwangerschaft abzubrechen, zugleich die Schwangere dazu verpflichtet, die Schwangerschaft bis zur Geburt weiterzuführen. Und das ist eine Verletzung des Kernbereichs des Selbstbestimmungsrechts über den eigenen Körper.

    • @Hans Müller:

      Mal wieder ein Mann, der über Frauenkörper bestimmen will. Das Feigenblatt des letzten Satzes hätten Sie sich gleich spaaren können.



      Oder legen Sie dar, wie es das von Ihnen beschriebene Recht des Fötus auf Leben beeinflussen soll, ob er durch Vergewaltigung oder Liebesakt gezeugt wurde.

    • @Hans Müller:

      Ab der Geburt ist das Kind alleine lebensfähig und kann im schlimmsten Fall vorübergehend durch staatliche Einrichtungen versorgt und zur Adoption freigegeben werden.

      Es muss einen Punkt geben, an dem das "Leben" anfängt. Biologisch betrachtet ist dies bei der Zelle, juristisch muss diese Definition jedoch eingeschränkt werden. Ihrer Logik folgend müsste es ebendso verboten werden, gar nicht erst schwanger zu werden oder nach einem Tag Schwangerschaft abzutreiben, da man verhindert, dass sich ein menschliches Leben entwickelt.

      Zuletzt ist es natürlich in jeder Hinsicht am besten, eine Schwangerschaft von vornherein zu verhindern. Das ist aber offensichtlich nicht immer Möglich. Die wenigsten wollen eine geplante Schwangerschaft abbrechen.

  • Interessanter Artikel. Ein wenig mehr Tiefe der rechtlichen Recherche hätte dem Artikel aber gut getan.

    Was bei der Beurteilung der Rechtssprechung immer zimlich gut funktioniert ist die Prüfung der Extreme. In dem Fall gestaltet sich das aber sehr schwierig. Konkret (die Situation der Frauen betrachtet) also:



    - Sollte jede Frau für einen Schwangerschaftsabbruch pauschal bestraft werden?



    - Dürfen Frauen niemals für einen Schwangerschaftsaabruch bestraft werden?



    Beide Fragen sind sicherlich abschlägig zu beurteilen.Wer ein Kind in der 39. Woche der Schwangerschaft aus dem Mutterlaib entfernt und entsorgt gehört bestraft; jede Frau mit Zuchthaus zu bedrohen nur aufgrund der Tatsache dass da im Körper ein Fötus heran reifen könnte und dieser ggf. irgendwann nicht mehr da ist, ist auch keinesfalls richtig!

    Es will also gut abgewogen sein wie hier rechtlich zu verfahren ist. Eine Fristenlösung hier sicherlich ein probates Mittel, um die Schutzgüter gegeneinander abzuwägen. In den aktuellen Regelungen gibt es aber zu starke Stigmatisierung. Eine Überarbeitung die auch noch für die nächsten 50Jahre greift und sowohl das Schutzgut Kind als auch die Selbstbestimmung der Frau im Blick hat ist zwingend notwendig.

  • Der Artikel ist extrem einseitig zugunsten der Recht der Frau. Meiner Meinung nach sind beide Rechte aber gleichwertig: Das des ungeborenen Lebens und das der Mutter. Es muss also ein Kompromiss gefunden werden.

    Ich finde das eine extreme Einstellung, wenn man jeder Frau beliebiges Abtreiben ohne Widerstand gewährt. Ebenso finde ich es eine extreme Einstellung, wenn man dem Säugling vollständigen Vorrang gewährt und keine Abtreibung mehr möglich ist.

    Man muss einen Mittelweg finden. Dieser Artikel ist aber klar extremistisch, wie ich finde. Ich finde es ungehörig, wie man schreiben kann, der Säugling würde den Körper der Mutter ausnutzen, und hätte grundsätzlich kein Recht daran.

    Wo sind wir hingekommen, dass wir schon anfangen, so zu denken?

    • @TwentyFourOneThree:

      Wo sind Sie angekommen, dass Sie den Frauen das Recht auf Selbstbestimmung abschreiben? Ohne auch nur das geringste Wort zur gleichwertigen Verantwortung der Männer?



      Denn: ohne Mann kein Kind! ( eine gewisse Maria aus der Bibel blenden wir jetzt mal aus.)



      Fakt ist, dass der Zellklumpen in der Schwangeren die ersten Wochen auf keinen Fall selbst lebensfähig ist und zu dieser Zeit nicht viel mehr ist als ein Parasit.



      Der Artikel erkannt ja durchaus an, dass sich das ändert, sobald der Fötus notfalls auch ausserhalb der Schwangeren überlebensfähig wäre. Ab diesem Zeitpunkt könnte man ja mal überlegen, ob man statt einer Abtreibung eine Frühgeburt einleitet und den Fötus dann zur Adoption frei gibt.



      Es ist einfach eine Tatsache, dass auch heute noch Schwangerschaft und Geburt für die Frau lebensgefährlich sind. Es gibt kein höheres Thromboserisiko!



      Dagegen ist die Gefahr durch den AZ Impfstoff lächerlich gering!



      Und deshalb hat es sich was, wenn man behauptet das Leben von Frau und Fötus wäre gleichwertig und deshalb müsse man auf zwangsweiser Austragung bestehen! Das ist zwangsweise eine Abwertung des Lebensrechts der Frau!

  • 1. Es sollte geworben werden dürfen. Man muss als Frau wissen welcher Arzt Abtreibungen durchführt.

    2. Das Leben der Mutter sollte bis zur Geburt IMMER Priorität haben. Wenn das Kind unerwünscht ist, dann sollte es nicht die Schande des ungeliebten ungewollten Kindes tragen müssen.







    3. Frauen sind Menschen. Menschen haben alle das recht über ihren Körper selbst zu bestimmen. Wenn dies nicht mehr für Schwangere gilt, wieso spricht man dann von "Menschenrechten"?

    4. Männer sollten nicht über dieses Thema entscheiden dürfen. (Natürlich nur solange sie selber kein Kind geboren haben oder die Möglichkeit dazu besitzen!) Das ist ein Thema welches Männer nicht bestimmen noch nachvollziehen können!

    • @panda:

      Was ist mit Frauen, die keine Kinder bekommen können (Krankheit, Alter, Unfall, ...) dürfen die mitbestimmen oder sind das keine richtigen Frauen die das nachvollziehen können?

      • @BluesBrothers:

        Steht doch da. So etwas können keine Männer beschließen... MÄNNER nicht Frauen...



        Das vermögen Leben zu schenken ist nur einem Geschlecht vorbehalten. Egal ob diese Krankheitsbedingt oder durch Unfälle dies nicht können... Alte hingegen hatten die Chance doch schon gehabt.

  • die Frage ist ganz einfach: Ab wann ist menschliches Leben im Mutterleib schützenswertß Oder anders herum: bis wann kann man meinschliches Leben eliminieren?

    In einigen US-amerikanischen Staaten kann das Kind auch noch nach der Geburt eliminiert wererden.

    Bei unseren Verwandten, den Tieren, war das noch nie eine Frage. Außer für manche Primaten-Männchen.

    Und daher die Frage: Liegt das Problem nicht bei denn Männern? Die die Zeugung ihrer Nachkommen und die Unterstützung der Mütter nicht über alles stellen?

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Johannes Herbst:

      "In einigen US-amerikanischen Staaten kann das Kind auch noch nach der Geburt eliminiert wererden."

      Sie meinen den Bible Belt wo es die Todesstrafe gibt?

    • @Johannes Herbst:

      "In einigen US-amerikanischen Staaten kann das Kind auch noch nach der Geburt eliminiert wererden."

      Zur Belegung dieser Behauptung würde ich übrigens gerne eine Quelle lesen.

    • 2G
      27814 (Profil gelöscht)
      @Johannes Herbst:

      Ob ein Neugeborenes nach der Geburt getötet wird, ist aber sicherlich keine alleinige Angelegenheit der ehemals Schwangeren mehr, da ein Neugeborenes unabhängig von der ehemals Schwangeren versorgt werden kann.

      Dementsprechend ist die Geburt eine starke Zäsur, aber der es eine gesellschaftliche Frage ist. Unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen und medizinischen Verhältnissen, sehe ich nur wenige Gründe ein Neugeborenes zu töten. Die einzigen Gründe sind wohl besondere medizinische Notlagen des Neugeborenen, das ansonsten unter starken Leid ohnehin nur kurze Zeit leben würde. Das Ganze natürlich damit verbunden, dass es keine Pflicht gibt sich um das selbst gebärte Kind selbst zu kümmern.

      Vor der Geburt ist die Frage nicht alleine, ob das Leben schützenswert ist, sondern ob man bereit ist die Mutter zu zwingen, das Kind zu behalten. Eine solche Pflicht gibt es in keinem anderem Bereich des Lebens. Vergleichbar wären zum Beispiel Pflichten zur Spende von Rückenmark bei Eignung oder ähnliches. Diese sind aber nicht vorgesehen.

    • @Johannes Herbst:

      "die Frage ist ganz einfach: Ab wann ist menschliches Leben im Mutterleib schützenswertß Oder anders herum: bis wann kann man meinschliches Leben eliminieren?"

      Die Frage ist nicht "ab wann ist das Kind schützenswert" sondern "Ab wann hat die Frau keine Selbstbestimmende Menschenrechte mehr über ihren Körper"

      Dies ist ein Problem des Staates, welches auf den Schultern der Frauen ausgetragen wird.



      Wir Frauen verlieren mit der Schwangerschaft für 6 Monate das Selbstbestimmungsrecht über unseren Körper... Wodurch wird ein ungeborenes Kind (welches ggf die Geburt nicht überlebt) über das Leben der Frau gestellt?



      Wir Frauen sind in den Augen vieler immer noch „nur“ zum gebären fähig und geschaffen, deswegen ist es für die meist Männlichen Gesetzgeber auch sehr einfach uns zu entmenschlichen…



      Ja Frauen sind maßgeblich am Fortbestand der Bevölkerung beteiligt, aber Frauen sind auch die die am Meisten darunter leiden ein Kind zu haben. Teilzeit, Kündigung oder schon das Vorurteil „die kann schwanger werden, deswegen bezahlen wir sie schlechter oder stellen sie am besten gar nicht ein“… danke. Nein Danke. Es muss sich was ändern.

      Werben für Abtreibungen genau so wie für den Ausstieg vom Rauchen! Entscheidungen den Frauen überlassen, sowohl das Gesetz darüber als auch über ihren Körper!

      Ein Ungeborenes ist NIEMALS mehr wert als die Mutter die es austrägt! NIEMALS! Man wiegt hier die Sicherung der Renten mit dem Leben eines Menschen auf!

      • @panda:

        Der Unterschied ist zwar nur marginal aber es stehen 6 Monate gegen ein ganzes Leben. Niemand zwingt Sie im übrigen sich fortzupflanzen, das Risiko der Schwangerschaft gehen Sie ja bewusst ein. Die meisten Frauen "leiden" im übrigen nicht darunter ein Kind zu haben, die tun das freiwillig und gerne.

      • @panda:

        Will ja ehra Wirrnis nicht vergrößern.

        Aber. “… Ein Ungeborenes ist NIEMALS mehr wert als die Mutter die es austrägt! NIEMALS!…“



        Keine Ahnung - wer das sagt. NIX wert.



        Dürfte aber auch nicht zielführend sein.



        Da wir aber via Grundgesetz nicht in einer Räuberhöhle - sondern in einem Rechtsstaat leben.



        Werdens sicher haarklein begründen können: Warum die Tötung eines Neugeborenen eine juristische Sekunde regelmäßig als Mord bestraft wird.



        Eine Tötung eine juristische Sekunde vor! der Geburt (so sich das exakt bestimmen läßt) nach Ihrem Betrachtungsmodell - straflos bleiben soll. Newahr.



        Normal.

        kurz - Anders gewendet,



        Wer behauptet - da sei kein ethischer & rechtlicher Konflikt - verabschiedet sich aus der gültigen Rechtsordnung & zwar unabhängig vom derzeit gültigen § 218 StGB. Zu dessen Entstehung viel zu sagen wäre. In der Tat.

        • @Lowandorder:

          Können Sie denn haarklein Begründen, weshalb die Tötung bis zu den Senkwehen hin noch ein Abbruch ist und mit den Eröffnungswehen einen Mord darstellt (falls das noch so ist, die Rep Zeit ist laaaange her;) Da liegt ja auch nur ne jur/real Sekunde dazwischen. Im Ergebniss jaja, aber ist alles schwer begründbar. Gleiches bei Festlegung des Zeitpunkts Abtreibung straffrei/strafbar, doch auch sehr willkürlich.

          • @BluesBrothers:

            Sie führen hier eine Diskussion, die komplett nicht zum Beitrag passt.



            Entweder sie gehen auf den ersten Beitrag ein, da ist die Form der Wehen egal, denn da geht es um den Zeitpunkt NACH der Geburt.



            Oder sie gehen auf Panda ein, die erklärt, dass für 6 Monate das Selbstbesimmungsrecht der Schwangeren abgegeben wird. Zu Ihrer Information: eine menschliche Schwangerschft dauert in der Regel ca. 9 Monate...

          • @BluesBrothers:

            Mir Verlaub: war nie beim Rep.



            Denken reicht mir - 🤫 -



            &



            Btw - mir ging/geht es nicht darum - ne bessere/andere Lösung aus dem Hut zu zaubern - wie auch? - sondern hier ins Absurde zuzuschärfen - daß da ein ethisches & rechtliches Konfliktfeld - BESTEHT •



            Die Lösung obliegt dem öffentlichen Diskurs - den Gesetzgebungsverfahren - letztlich - Karlsruhe - ABER - ist ganz sicher kein hirnrissig Wunschkonzert.*



            Ala - “Der Bauch ist mir!“ - 👹 -

            unterm———- btw but not only —*



            Die SPD-Frauen setzten damals auf die Primadonna Helmut Simon.



            Wandernd mit HiWi im Elsaß: “hab denen gesagt: ihr seid verrückt. Sicher. Der ist exzellent. Aber auch er hat ne weiche Stelle: Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages 1977 (&1989). Taube Ohren. Das Ergebnis ist bekannt.“ Als das Chalet Hôtel Du Grand Ballon noch old style war.

            Sowei mal

        • @Lowandorder:

          Sorry — ERRATA

          “ …Warum die Tötung eines Neugeborenen eine juristische Sekunde - später - regelmäßig als Mord bestraft wird.…“

          • @Lowandorder:

            Mord wohl nur in Ausnahmefällen. Totschlag allerdings schon, ggf. minder schwerer Fall.

            • @Normalo:

              Shure. Wie der BlutEimer zu meinem letzten diesbezüglichen Elaborat einst befand: “ “mangelhaft“ - ob die Arbeit schon den Schritt zum ungenügend getan hat - mag dahinstehen.“



              (Als er gratulierte & ich “is ja noch mal gut gegangen“ sagte - schmunzelte er



              “ hatten Sie etwelche Zweifel?“ - komisch;))

  • Doch die Stigmatisierung durch das Strafrecht führt dazu, dass immer weniger Ärz­t:in­nen in Deutschland Abbrüche durchführen.

    Es ist unmöglich das Sie das einfach nicht "wollen". Ich denke die Ärzte sind wie die Menschen, viele wollen das eigentlich nicht. Auch nicht bei anderen.



    Und kein Dorfarzt stellt sich gegen die Mehrheit.

    Daher könnte man das jetzige Gesetz als Kompromiss ansehen. Denn man je nach gesellschaftlicher Lage nachbessern wird. Was (siehe USA) aber auch umschlagen kann.

    Ich wüsste viele Gründe für beide Seiten, würde mich aber auf die Seite des schwächeren Stellen

    • @SUSANNE FRIEDLICH:

      Wobei das in diesem Fall doch gerade nicht so einfach ist.

      Wer sind denn hier die Schwächeren?

      Es liesse sich problemlos argumentieren, dass Frauen nicht in der Machtposition sind, wenn ihnen per Gesetz auferlegt werden kann, eine Schwangerschaft fortzuführen.

      • @Malte Kuller:

        Es kann auch Erwachsenen zu Recht auferlegt werden, keine Kinder zu Schlagen oder andere Dinge gegen Andere vorzunehmen. - Weswegen für Sie der einem Verbot unterworfene Mensch, der Schwächere sein soll, erschließt sich mir nicht. (Ganz Allgemein, nicht auf das Thema hier begrenzt)



        Verbote dienen eher dem Gegenteil.

      • @Malte Kuller:

        Naja, erfahrungsgemäß sind die eifrigsten Abtreibungsgegner katholische Frauen..

  • "Seit 150 Jahren ist ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland strafbar." Dieser Satz ist so natürlich falsch. Auch davor, vermutlich jahrhunderte, war der Abbruch nicht erlaubt, sondern strafbar.

    Den §2018 gänzlich "abschaffen" zu wollen, ist auch Unsinn. denn der § beinhaltet nicht nur den selbstbestimmten Abbruchsentschluss der Schwangeren, sondern auch den Abbruch bzw. Nötigung zum Abbruch durch Dritte. Dass solche Taten strafbar sein müssen, sollte außer Frage stehen. Und auch ein Abbruch (im Extremfall) 1 min vor der Geburt muss strafbar sein, es müssen also Fristen her.

  • Ein sehr guter Artikel, wenn auch die Recherche vielleicht ein wenig einseitig erfolgt ist. Als einzige juristische Quelle eine Professorin zu Wort kommen zu lassen, die die geltende Verfassungsrechtslage als "Denkfehler" abkanzelt und das auch nur recht schmal begründet, springt aus meiner Sicht ein wenig zu kurz. Das - nunmal von Karlsruhe anerkannte und von Frau Lembke auch nicht im Ganzen in Frage gestellte - Schutzgut des ungeborenen Lebens lässt sich nicht vom Tisch wischen, indem man es in Anführungsstriche setzt und auf die Funktion des Anspruchstellers reduziert. Auch das ist im Zweifel ein Verstoß gegen die Menschenwürde.

    Auch darf man nicht vergessen, dass die derzeitige Regelung in Summe gerade KEINEN Vorrang des ungeborenen Lebens vor der Selbstbestimmung der schwangeren Frau festlegt: Von 100 ungewollt Schwangeren können heute schon alle 100 ohne spezielle Indikation ungestraft einen Abbruch vornehmen lassen, wenn sie die Beratung über sich ergehen lassen und es rechtzeitig tun. Könnte man die Embryonen fragen, würden sie sich dadurch wahrscheinlich nicht besonders privilegiert vorkommen.

    Das soll nicht heißen, dass die Argumentation von Frau Prof. Lembke abwegig wäre, sondern nur dass es eben die Gegenargumentation auch nicht so ohne Weiteres ist. Das ist häufig bei juristischen Grenzfällen so und sollte nicht per se als politische Aussage gewertet werden.

    Zur Zukunft: Unzweifelhaft müsste sich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ändern, bevor eine wesentliche Liberalisierung des Abtreibungsrechts realistisch wird. DANN wäre Vieles möglich. Vorher muss aber diese Problematik eben nochmal voll aufgerollt werden, und das wird aller Voraussicht nach mehr Aufwand erfordern, als eine einzelne Gelehrtenmeinung zu betrachten.

    • @Normalo:

      Auch Ihnen die Frage: haben Sie den Artikel wirklich gelesen? Warum beschweren Sie sich dann über mangelnde Recherche? Die Herrschaften haben sich einer Antwort entzogen - dadurch war nicht die Recherche zu einseitig, sonder die Beteitschaft zur Rechtsauskunft.



      Sie gerieren sich doch sonst penibel...

    • @Normalo:

      Die Argumentation von Frau Lembke mag kurz sein, sie bringt es aber auf den Punkt. Jedes Grundrecht und damit auch das Recht, über den eigenen Körper selbst zu bestimmen, hat einen unantastbaren Kernbereich, und niemand darf dazu gezwungen werden, eine Schwangerschaft auszutragen. Die gute alte Parole "Mein Bauch gehört mir!" war schon genau die richtige. Das Bundesverfassungsgericht stellt zudem dem Selbstbestimmungsrecht der Frau die angeblichen Rechte eines von ihm konstruierten anderen Rechtssubjekts gegenüber, nämlich des Fötus, und blendet dabei aus, dass sich der Fötus im Körper der Schwangeren befindet und mit diesem verbunden ist und deshalb nicht als von ihr getrenntes, eigenständiges Rechtssubjekt angesehen werden kann, das gegenüber der Schwangeren eigene Rechte hat.

      • @Budzylein:

        Das sgen jetz, weil Frau Lenbke zufällig IHRE Meinung vertritt... ;-)

        Ich denke, dass das Bundesverfassungsgericht da rein gar nichts ausblendet. Es kommt nur nicht zu demselben Schluss wie Sie oder Frau Lembke. Sie blenden umgekehrt aus, dass der Föturs eben NICHT mit der Mutter oder ihrem Körper identisch ist sondern über eigene, einzigartige Gene und eine physische Unterscheidbarkeit verfügt, was schon reichen kann(!), um ein eigenes "Wesen" zu konstituieren, dass der Menschwürde fähig ist. Wohlgemerkt: Auch das ist kein endgültiges Totschlagsargument, aber "Mein Bauch gehört mir." reicht eben genau NICHT aus, um es kurz knackig zu widerlegen, denn Eigentum - auch das am eigenen Körper - macht eben nicht per se zur Herrin über Leben und Tod.

        Kurz: Eine Rechtsfrage wird nicht dadurch zutreffender lösbar, dass man einfach die andere Seite der Argumentation ausblendet, sondern allenfalls einfacher. Und genau das tut der Artikel, wenn er nur die eine Expertenmeinung zur Sprache bringt.

        • @Normalo:

          Es geht beim Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper nicht um Eigentum. Der menschliche Körper ist keine Sache und kann nicht mit einem Gegenstand gleichgesetzt werden, der fähig ist, im Eigentum einer Person zu stehen. Das Recht, darüber selbst zu bestimmen, was mit dem eigenen Körper geschieht, hat z. B. zur Folge, dass niemand zu einer Blutspende gezwungen werden darf, selbst wenn die Blutspende erforderlich ist, um das Leben eines anderen Menschen zu retten. Das ist unter Juristen seit langer Zeit anerkannt. Es darf auch niemand gegen seinen Willen dazu gezwungen werden, sich z. B. einer Operation zu unterziehen, sich sterilisieren zu lassen oder mit jemandem sexuelle Handlungen auszuführen. Nur kleine körperliche Eingriffe, wie z. B. eine Abnahme einer kleinen Menge Blut zur Feststellung der Blutalkoholkonzentration, müssen - unter bestimmten Voraussetzungen - geduldet werden. Eine Pflicht zum Austragen einer Schwangerschaft und zum Gebären ist aber ein wesentlich stärkerer Eingriff. Und das ist der Punkt.

          • @Budzylein:

            Den Punkt verstehe ich wohl. Dieses Verständnis war in "auch das am eigenen Körper" etwas understated, gebe ich zu. MEIN Punkt war, dass das TROTZDEM nicht zur (unumschränkten) Herrin über Leben und Tod Anderer macht.

            Außerdem: Einen Körper zu haben und mit dem grundsätzlich Alles anstellen zu können und zu dürfen, was so geht, hat halt auch manchmal Konsequenzen. Mit Freiheit kommt Verantwortung, und ein ungeborenes Kind mit entsprechenden "Ansprüchen", ist auch nicht die Staatsgewalt. Es ist nicht "fair", dass diese Ansprüche aus biologischen Gründen nur Frauen treffen, aber diese Unfairness auf dem Rücken eines werdenden Menschen auszutragen, der klar am wenigsten dafür kann, ist das eben auch nicht.

            Aber selbst wenn man diesen Ingerenz-Gedanken weglässt, ist es am Ende recht einfach: So hochwertig wir das Recht am eigenen Körper und seine Unantastbarkeit auch sehen mögen, im Angesicht eines entgegenstehenden Rechtes, das GENAUSO in der Menschenwürde veranktert und unbeschränkt garantiert ist, fällt es schwer zu begründen, warum die eine Absolutheit voll durchschlägt und die andere sich zu trollen hat.

            So eine Situation schreit nach einem Kompromiss, und der bedeutet eben, dass auf keiner Seite Absolutheit durchgesetzt werden kann. Und davon reden wir hier. Es gibt KEINEN strafrechtlichen Zwang, irgendein ungewolltes Kind unter allen Umständen auszutragen. Wer partout nicht will, erhält den Ausweg. Es gibt ein paar Hürden, aber die sind für niemanden unüberwindlich.

            Aber zurück zur Eingangsfrage: Wieder argumentieren Sie völlig einseitig. Ich möchte EINMAL von einem § 218-Gegner eine genauso sorgfältige Befassung mit Würde und Existenzrecht des ungeborenen Lebens sehen wie mit dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren. Aber auch Ihr letztes Posting ist da wieder beispielhaft. Sie walzen darauf herum WIE wichtig und schrankenavers doch das Selbstbestimmungsrecht ist - und dann hören Sie einfach auf. So als GÄBE es keine andere Seite der Medaille.

            • @Normalo:

              Die Frage ist eben, ob der Fötus als ein "anderer" bezeichnet werden kann. Aus meiner Sicht: Nein, weil Schwangere und Fötus eine Einheit bilden. Und wenn man den Kernbereich des Selbstbestimmungsrechts über den eigenen Körper so sieht, wie ich ihn sehe, und ihn deswegen in diesem Umfang für unantastbar hält, ist die Entscheidung über die Frage, ob der Staat der Schwangeren den Abbruch der Schwangerschaft verbieten darf, damit gefallen. Die Medaille muss dann, um Ihr Bild aufzugreifen, nicht mehr umgedreht werden.

              • @Budzylein:

                Aber Sie sehen schon ein, dass es auch - und nicht zu knapp - Menschen geben kann, die dieser "Einheitstheorie" nicht so folgen können, und dass die dann eben zu anderen Schlüssen in der Abwägung der beteiligten Rechte kommen, oder?

                Ich z. B. kann das spätestens nicht mehr, seit ich die Ultraschallbilder meines Sohnes in der zehnten Schwangerschaftswoche gesehen habe. Ich bin deshalb kein Abtreibungsgegner, sondern sehe den Konflikt und finde mich damit ab, dass er nicht ohne Zugeständisse an beide Seiten gelöst werden kann.

                Das Problem ist doch letztlich ein philosophisches: Was macht einen Menschen aus? Ist es eine Frage der Einzigartigkeit, der Bildung von Organen, des erwachten Bewusstseins, der rein "biotechnischen" Unabhängigkeit vom Mutterleib, oder erst der erfolgten Geburt? Gibt es eine Seele, und wenn ja, was muss die mindestens wiegen? etc.

                Die "einzig richtige" Antwort darauf steht nicht im Gesetz. Sie steht auch nicht in irgendeinem Buch. Im Zweifel gibt es sie gar nicht. Sie ist aber zu wichtig, als dass man sie einfach auslassen oder nach Opportunität definieren könnte. Ergo ist Meinungsvielfalt vorprogrammiert, und man macht es sich zu einfach, das Ganze nur von der Warte einer bestimmten Meinung aus zu betrachten - zumal in einer Demokratie. Die lebt davon, dass es nicht nur eine richtige Meinung gibt.

                • @Normalo:

                  Es ist bei doch bei jedem umstrittenen Thema so, dass es verschiedene Meinungen gibt und jeder seine eigene für die richtige hält. Das setze ich in Diskussionen eigentlich als selbstverständlich voraus.

                  Aber wenn Sie die Demokratie und den Meinungspluralismus ins Feld führen und sagen, dass es keine "einzig richtige" Antwort gebe, dann muss ich Sie schon darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht bereits zwei mal Gesetze für verfassungswidrig erklärt hat, die im demokratischen Prozess eine Mehrheit gefunden hatten. Beim ersten Mal ging es um die Fristenregelung in den 70ern, beim zweiten Mal um das Schwangeren- und Familienhilfegesetz von 1992 (Fristenregelung mit Beratungspflicht). Das Bundesverfassungsgericht hat in beiden Fällen den Schutz des von ihm angenommenen Lebensrechts des Ungeborenen für unzureichend gehalten und dadurch für Verschärfungen des Abtreibungsrechts gesorgt. Es ist das Bundesverfassungsgericht, das seine rechtliche Konstruktion als einzig richtige verabsolutiert und die Abwägungsentscheidungen der Politik als angeblich verfassungswidrig über den Haufen geworfen hat. Und das hat zur Folge, dass es für ungewollt Schwangere immer schwieriger wird, Zugang zu Ärzten zu erhalten, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Da hat Ihr Meinungspluralismus ein Ende, und es wird durchgesetzt, was ein - bisher übrigens meist sehr kirchenfreundliches - Gericht für richtig hält, obwohl das Grundgesetz keine Definition des Beginns des zu schützenden Lebens enthält und die Frage des Schwangerschaftsabbruchs nicht ausdrücklich regelt. Und wer daran etwas ändern will, der muss mit den Rechten der Schwangeren argumentieren, die zur Disposition gestellt werden, wenn man sie für beliebig abwägungsfähig hält.

                  • @Budzylein:

                    Sehen Sie, da genau ist der Unterschied: Der Artikel oben und wir zwei Beiden hier befassen uns mit der Frage, wie die richtige Lösung für alle Frauen und Ungeborenen in diesem Land aussehen KÖNNTE. In diesem Zusammenhang vertrete ich die Meinung, dass es in einer pluralistischen Gesellschaft durchaus angebracht ist, über den Tellerrand der eigenen Ansicht hinaus zu diskutieren und die Größe des vorhandenen Meinungsspektrums zu respektieren.

                    Das BVerfG hingegen kommt nicht umhin, ein Urteil zu sprechen. Es kann also den Pluralismus allenfalls abbilden, indem es keine Meinung völlig ignoriert und sein Urteil auf der Gesamtschau aufbaut. Aber das Urteil muss die Grenzen klar ziehen - gerade in diesem extrem ambivalenten Problemkreis, wo die Stärke der betroffenen Schutzrechte praktisch keinen Spielraum zulässt. Das hat es meiner Meinung nach getan, und der gefundene Kompromiss ist auch sehr gut gelungen. Unerträglich ist er erkennbar fast nur denen, die partout keinen Kompromiss wollen - auf beiden Seiten.

                    Außerdem legt DIESES Gericht per se immer nur Recht aus, dessen Änderung einer parlamentarischen 2/3-Mehrheit oder gar - wie hier konkret - einer plebiszitären Neufassung des Gesetzes bedarf. Von daher kann man ihm auch nicht vorwerfen, dass es sich gegen eine einfache Mehrheit im Bundestag gestellt hat. Dürfte oder sollte es das nicht, wäre zumindest das Normenkontrollverfahren (anerkanntermaßen eine der drei zentralen Verfahrensarten für die Rolle des BVerfG) überflüssig.

                    Ach ja, und natürlich ist das Gericht auch gezwungen, selbst zu überlegen, wann denn "Leben" eigentlich anfängt, genau WEIL das im Grundgesetz nicht ausdrücklich definiert ist. Man nennt das "Auslegung" - und die wäre nicht fachgerecht, wenn sie sich nur danach richten würde, was mit anderen Grundrechten möglichst wenig ins Gehege kommt.

                    • @Normalo:

                      1. Dass man das "Auslegung" nennt, weiß ich auch, und dass ich das weiß, wissen Sie ebenfalls.

                      2. Die Fristenregelung und auch die Fristenregelung mit Beratungspflicht waren ja bereits Kompromisse. Aber die haben dem BVerfG nicht genügt. Und da wäre mehr politische Zurückhaltung des Gerichts erforderlich gewesen. Das nennt man (und auch das BVerfG selbst) "judicial self-retraint" (was Sie natürlich auch wissen). Das Gericht hätte die Abwägungsentscheidung der Politik respektieren sollen, denn im Grundgesetz steht nun mal nicht, ob und inwieweit Schwangerschaftsabbrüche erlaubt oder verboten sein sollen. So, wie es jetzt geregelt ist, sind jedenfalls vor allem diejenigen Schwangeren benachteiligt, die in bürokratischen Hindernisläufen wenig kompetent sind, wenig Geld haben und nicht über gute Kontakte verfügen. Häufig kommen alle 3 Faktoren zusammen. Und wenn die Schwangere dann noch in der "falschen" Gegend lebt, hat sie Pech gehabt. Das kann´s nicht sein. Die Fristenregelung in den 70ern beruhte auf der Erkenntnis, dass Abtreibungen stets massenhaft stattfinden und das Strafrecht nichts daran ändert; entscheidend für den Reformbedarf waren die Bedingungen, unter denen Schwangerschaften abgebrochen wurden.

                      • @Budzylein:

                        "Dass man das "Auslegung" nennt, weiß ich auch,..."

                        Ich wollte nur mal dran erinnern. Treibt man dieses Spielchen weiter, kommt man aber auch zu dem Schluss, dass "judicial restraint" bei der Auslegung von Artikeln mit Ewigkeitsgarantie grundsätzlich fehl am Platz ist. Die Verfassung schließt die Kompetenz der repräsentativen Legislative, den Schutzbereich dieser Artikel zu bestimmen, ausdrücklich aus. Also darf das Verfassungsgericht an der Stelle auch nicht ihr gegenüber zurückstecken.

                        Jetzt nochmal zurück zum "was könnte man besser machen". Da gibt es sicher Redebedarf. Aber die Diskussion sollte eben auch offen für Vertreter der Position sein, dass ein Fötus NICHT nur quasi ein temporärer Körperteil ist. Denn ja, die Wahrscheinlichkeit, dass das BVerfG sonst wieder einschreitet, ist erheblich.

    • @Normalo:

      Ich persönlich (allerdings als Mann, was in diesem Zusammenhang durchaus Auswirkungen auf meine Beurteilung haben könnte) würde auch behaupten, dass es im Grossen und Ganzen lediglich einiger Verbesserungen aber keiner grundsätzlichen Überholung der Gesetze bedarf.

      (Die Causa Hänel bspw. ist ein schlechter Scherz, da diese meines Wissens auf ihrer Seite lediglich über die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruches informiert habe. Daraus eine "Werbung" zu konstruieren ist völlig hanebüchen)

      • @Malte Kuller:

        Wenn es dazu dient Patienten zu aquirieren, ist es im Grunde genommen schon Werbung, - so wie jeglicher Online-Auftritt oder Gelbe Seiten Eintrag eines Arztes- , denn es dient hauptsächlich der latenten Botschaft, ,,Komm in meine Praxis.",

        Hätte sie ohne direkten Zusammenhang zu ihrer Praxis informiert, hätte sie das straffrei sogar deutlicher gedurft.

        Das auch Wettbewerbsgründe, weil viele andere Ärzte die Schwangerschaftsabrüche zwar auch durchführen, dass aber nicht unbedingt öffentlich machen wollen.



        Zweitens, durften die Beratung schon immer Listen mit entsp. Ärzten bereithalten.

      • @Malte Kuller:

        Der Begriff "Werbung" ist nicht zu Unrecht weit ausgelegt, da Werbung eben genau mit der öffentlichen Formulierung des Angebots anfängt (wenn sie z. B. Bandenwerbung beim Sport sehen, besteht die ja großenteils auch nur aus der beworbenen Marke, völlig ohne Beweihräucherung des Produkts). Frau Hänel möchte auch nicht nur mitteilen dürfen, OB sie Abbrüche durchführt, sondern auch WIE sie es macht.

        Das "ob" ist mittlerweile straffrei, zum "wie" soll es anbieterneutrale Informationsmöglichkeiten geben. Da ist sicher noch Feinschliff möglich, aber eine generelle Abschaffung des Werbeverbots halte ich nicht für notwendig, um die Erfüllung der ärztlichen Beratungspflicht oder die Information der abtreibungswilligen schwangeren Frauen über die bestehenden Möglichkeiten zu gewährleisten.

  • Sehr guter Artikel zu dem Thema.

  • Auch wenn Elke Hannack CDU Mietgliederin ist, so ist das ganze Dilemma doch maßgeblich von jenem Schwarz-Schimmel verantwortet der sich grad' mit der "Maskenaffäre" auf's Neue entblößt.

  • Herzlichen Dank für diesen sehr guten Artikel!