Reform des Straßengesetzes: Die unerträgliche Leichtigkeit

Das Straßenverkehrsgesetz wurde modernisiert, endlich. Doch die Änderungen sind so minimal, dass Menschen ohne Auto sie kaum bemerken werden.

Ein Tempo 30 Schild an der Leipziger Straße in Berlin.

Nicht mehr bedroht durch klagefreudige Autofanatiker: Tempo-30-Zonen Foto: Stefan Zeitz/imago

Hurra, es geht voran! Ein paar Meter wenigstens. Ungefähr so zügig wie im Stau am ersten Tag der Sommerferien auf der Autobahn Richtung Süden. Aber auch da ist man dankbar, wenn überhaupt mal was passiert. Dieses Staugeruckel beschreibt ganz gut, in welchem Tempo es bei der Verkehrspolitik vorangeht.

Auf einen dieser rasanten Fortschritte haben sich Bund und Länder nach monatelangem Streit im Vermittlungsausschuss geeinigt. Die lang erwartete Reform des Straßengesetzes darf nun endlich kommen, weil laut Kompromiss die Verkehrssicherheit nicht nur berücksichtigt, sondern garantiert sein muss. Na, danke!

Immerhin kann nun – nach weiterem gegenseitigen Behakeln und den üblichen Bremsversuchen der Autolobby – irgendwann im absoluten Schritttempo auch die Straßenverkehrsordnung so geändert werden, dass bei verkehrspolitischen Umbauten auch Klima- und Umweltschutz eine Rolle spielen dürfen. Sodass Tempo-30-Zonen oder Fahrradspuren auf kommunaler Ebene nicht mehr das Aus durch klagefreudige Autofanatiker droht, nur weil die hier und da etwas langsamer fahren müssen. Ja, darüber darf und muss man sich freuen.

Eigentlich wäre es höchste Zeit, die Ideologie des Straßenverkehrsrechts, die in ihren Grundzügen aus den 1930er Jahren stammt, über Bord zu werfen. Sie schreibt fest, dass die unerträgliche Leichtigkeit des Verkehrs ein Kriterium bei allen Maßnahmen bleiben muss: Automobilisten dürfen nicht behindert werden. Damit haben Menschen, die gar nicht vorankommen, sondern schlichtweg im öffentlichen Raum verweilen wollen, weiterhin das Nachsehen.

Aber vielleicht müsste man diese Karteileiche aus den Urzeiten automobiler Verkehrspolitik nur mal ernst nehmen. Das größte Hindernis, der einzige Staufaktor für den Verkehr in den Städten sind ja nicht die Radfahrerinnen oder Fußgänger. Es sind die Unmengen von Autos, die sich alle gegenseitig im Weg stehen. Wer sie aus den Innenstädten verbannt, schafft Platz für Verkehre aller Arten – mit größter Leichtigkeit.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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