CDU/CSU-Kampagne gegen Verbrenner-Aus: Verbände sehen Populismus bei Union

Ab 2035 sollen keine Benzin- und Dieselautos mehr neu zugelassen werden. Nun fordern CDU/CSU ein „Nein zum Verbrennerverbot“. Klimaschützer sind empört.

Autos stehen im Stau in Berlin

CDU und CSU starten Online-Kampagne gegen Verbrenner-Aus Foto: Jürgen Ritter/imago

BERLIN taz/afp | Gut zwei Wochen vor der Europawahl haben CDU und CSU eine Abstimmungskampagne gegen das ab 2035 geplante Aus für Neuwagen mit Verbrennermotor gestartet. Seit Freitag können Bürgerinnen und Bürger auf den Internetseiten der beiden Unionsparteien ihre Stimme abgeben – unter dem Motto „Ja zum Auto – Nein zum Verbrennerverbot“. Das vom Europaparlament beschlossene EU-Verbrennerverbot ab 2035 müsse zurückgenommen werden, heißt es in dem Aufruf. Heftige Kritik kam von Umwelt- und Klimaverbänden, Zustimmung von der FDP.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann begründete die Kampagne mit den seiner Ansicht nach riskanten wirtschaftlichen Folgen eines solchen Verbots. „Das Verbrenner-Aus schadet dem Wohlstand in unserem Land“, sagte er der Bild-Zeitung vom Freitag. „Es sägt am Ast, auf dem wir sitzen.“ In Deutschland würden die „effizientesten Motoren der Welt“ hergestellt. Klimaneutralität sei nur mit Technologieoffenheit zu erreichen.

Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Martin Huber. „Das pauschale Verbot für Verbrenner ab 2035 ist falsch“, sagte Huber der Bild. Für Klimaschutz brauche es Technologieoffenheit statt Verbote. „Der Verbrennermotor ist Basis unseres Wohlstands in Deutschland. Es wäre Irrsinn, diese Technologie einfach zu verbieten.“

Die Grünen kritisierten die Kampagne der Union – und werteten sie als Distanzierung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). „Die Kampagne der CDU für klimaschädliche Verbrenner greift den Green Deal der Kommissionspräsidentin an“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge der Nachrichtenagentur AFP. „Die CDU zeigt damit, dass ihr Klimaschutz und europäische Zuverlässigkeit im Zweifel egal sind.“ Der E-Mobilität gehöre die Zukunft – insofern sei die CDU ein „Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, sagte Dröge.

„Union schadet Autoindustrie in Deutschland“

Auch Umwelt- und Klimaverbände kritisierten die Kampagne. Damit verhöhne die Union „alle, die schon heute unter den Folgen der Klimakrise leiden“, erklärte Marion Tiemann von Greenpeace. „Mit ihrer populistischen Wahlkampagne schadet die Union auch der Autoindustrie in Deutschland.“

BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg warf der CDU vor, mit „rückwärtsgewandter Politik auf Stimmenfang“ gehen zu wollen. Sie gefährde damit nicht nur die Einhaltung der nationalen und internationalen Klimaziele, sondern auch die Zukunft der Automobilwirtschaft und damit tausende Arbeitsplätze in Europa.

Ähnlich äußerte sich die Verkehrs-NGO Transport & Environment (T & E): „Friedrich Merz setzt die Zukunft des Automobilstandorts Deutschland aufs Spiel, um ein paar Wählerstimmen zu gewinnen“, sagte T & E-Geschäftsführer Sebastian Bock. „In den größten Automobilmärkten der Welt, in China und den USA, stehen die Zeichen klar auf E-Mobilität“, so Bock. „Wenn Deutschland als führender Autoexporteur in Zukunft noch eine Rolle spielen möchte, müssen wir den Hochlauf der E-Mobilität beschleunigen“.

Die FDP hingegen unterstützt das Vorhaben, das geplante Verbot von Verbrennermotoren in Neuwagen rückgängig zu machen. „Das Verbot muss weg“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Bild vom Samstag. „Es gefährdet abertausende Arbeitsplätze in Deutschland und ist wirtschaftspolitisch unsinnig.“ Angesichts der Unions-Kampagne wies Djir-Sarai kritisch auf die Rolle von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen beim Verbrenner-Aus hin: „Den Schaden, den die CDU-Politikerin Frau von der Leyen verursacht hat, werden wir rückgängig machen.“

Überprüfung des Verbots 2026

Nach den bisherigen Plänen dürfen Neuwagen mit Verbrennermotor ab 2035 nicht mehr in der EU zugelassen werden – es sei denn, die Verbrennermotoren funktionieren CO2-neutral. Das geplante Verbot soll der EU beim Erreichen der Klimaschutzziele helfen. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte die Pläne stets unterstützt, zuletzt aber betont, dass das Verbot im Jahr 2026 noch einmal überprüft und gegebenenfalls angepasst werden solle. Dieses Datum sei bei der Einigung bereits festgeschrieben worden.

Am Freitag verlangte auch der Verband Klima-Allianz Deutschland von Europapolitikerinnen und -politikern, sich für eine ambitionierte und sozial gerechte Klimapolitik einzusetzen. Das von der EU-Kommission auf den Weg gebrachte Klimaschutzpaket „Green Deal“ müsse konsequent weitergeführt werden, erklärte der Verband, zu dem mehr als 150 Organisationen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen gehören.

„Wir müssen raus aus Kohle, Öl und Gas“, betonte die geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz, Christiane Averbeck. Die europäische Energiewende müsse vollendet werden. Dazu gehöre auch eine konsequente Durchsetzung des bereits beschlossenen Verbrenner-Aus'.

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