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Neuer VerteidigungsministerDas Versagen des Feministen Scholz

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Mit Boris Pistorius ist die Geschlechterparität im Kabinett passé. Es hätte Politikerinnen gegeben, die mehr Fachkenntnisse mitbringen.

Das nächste Gruppenbild hat noch weniger Frauen. Bundeskabinett Aufnahme November 2022 Foto: Michael Kappeler/picture alliance

K ompetenz statt Quote! Wer im reaktionären Besteck nach Argumenten sucht, hat jetzt reichlich Auswahl. Mit der Ernennung von Boris Pistorius zum Verteidigungsminister und Nachfolger von Christine Lambrecht können sich all jene bestätigt fühlen, die immer wussten, dass Parität eine lästige Kann-Bestimmung und der Qualität bei der Besetzung von Führungsposten abträglich sei. Die Kritik an Lambrecht – so berechtigt sie war – war immer auch frauenfeindlich konnotiert. Stöckelschuhe beim Truppenbesuch, pfui!

Dieser Nachgeschmack ist sicher nicht im Sinne von Olaf Scholz. Der selbsternannte Feminist hatte einst das Ziel ausgegeben, eine Regierung unter seiner Führung solle mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt sein. Man kann unterstellen, dass es ihm nicht leicht gefallen ist, dieses Versprechen zu brechen. Versagt hat Scholz dennoch.

Wenn es dem Kanzler wirklich so ernst gewesen wäre mit der Gleichberechtigung im Kabinett, dann hätte er auch die Ko­ali­ti­ons­part­ne­r darauf verpflichten müssen. Die FDP war jedoch von Anfang an ausgeschert und hat ihre Mi­nis­te­r:in­nen­pos­ten im Verhältnis drei (Männer) zu eins (Frau) vergeben. Diese Schieflage trägt nun mit dazu bei, dass die Parität im Kabinett passé ist. Die Regierung besteht nunmehr – den Chef eingerechnet – aus zehn Männern und sieben Frauen.

Weil Kompetenz eben wichtiger ist? Wohl kaum. Als Verteidigungsminister bringt Pistorius ähnliche Voraussetzungen mit wie einst Lambrecht – er hat langjährige Führungserfahrung als Minister, gilt aber nicht als Militärexperte. Aber er hat gedient. Punkt für jene, die finden, (Ex-)Soldaten seien als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt (IBuK) besser geeignet.

War Eva Högl zu eigenwillig?

Dabei hätte es durchaus Zivilistinnen gegeben, die mehr Fachkenntnisse als Pistorius mitbringen. Die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl galt als Favoritin. Seit fast drei Jahren macht sie einen guten Job als Scharnier zwischen Politik und Truppe. Sie hat jedoch durchaus eigene Vorstellungen für die Bundeswehr und äußert diese selbstbewusst.

Möglich, dass sie dem Kanzler zu eigenwillig war. Mit der Ernennung von Pistorius sorgt Scholz erst mal für Ruhe. Die Bundeswehr darf sich über einen militär­affinen Nachfolger freuen. Und im konservativen Spektrum bringt man einem Law-and-Order-Mann vom rechten SPD-Flügel von Anfang an mehr Grundvertrauen entgegen, als es eine SPD-Linke je genossen hat.

Aber den Beweis, dass er der Aufgabe gewachsen ist, muss auch Pistorius erst noch erbringen. Falls nicht, gibt es sicher fähige Nachfolgerinnen. Aber die müssen eben gezielt aufgebaut und nicht als Feigenblatt eingewechselt werden. Denn Parität ist kein Selbstzweck. Sondern gelebter Ausdruck dafür, dass es bei der Besetzung von Führungsposten nicht aufs Geschlecht ankommt. Was nicht der Fall ist – Männer sind überall im Vorteil.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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47 Kommentare

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  • Wenn vorher Parität war, beträgt das Ungleichgewicht nun eine Person. Eine.

  • "Weil Kompetenz eben wichtiger ist? Wohl kaum."

    Vielleicht waren dem Kanzler aber auch zusätzlich die Folgeprobleme durch Rochaden mit Wehrbeauftragter oder Staatsekretärin (Siemtje Möller) in der momentanen multiplen Krisenlage zuviel? Einen leeren Landesministerposten kann man an einen Ministerpräsidenten delegieren.

    "Als Verteidigungsminister bringt Pistorius ähnliche Voraussetzungen mit wie einst Lambrecht – er hat langjährige Führungserfahrung als Minister, gilt aber nicht als Militärexperte."

    Lambrecht wurde von vornehrein nachgesagt, keine Motivation für diese speziell Ressort zu haben, eher im Gegenteil. Von Pistorius ist mir (noch) nichts derartiges bekannt.



    Gut, das spricht aber auch nur gegen Lambrecht, nicht für Högel, Pistorius oder Siemtje Möller.

  • "Kompetenz statt Quote! Wer im reaktionären Besteck nach Argumenten sucht, hat jetzt reichlich Auswahl."

    Was bitte ist an Kompetenz reaktionär?



    Angesichts des totalen Versagens der letzten Verteidigungsministerinnen ist Kompetenz das Wichtigste!

  • Anderswo ,ich glaube es war im Tagesspiegel(?) ,gab es Spekulationen das Scholz auch andere potentielle Kandidaten, darunter weibliche, gefragt hätte ,die aber abgelehnten. Pistorius also so gesehen die zweite Wahl sei.



    Die Führung des Verteidigungsministerium bzw. der Versuch ,gilt seit einiger Zeit als Karrierekiller. Herr P. habe dagegen seine Karriereziele im wesentlichen schon erreicht und könne deswegen auch gelassener in das Amt gehen,da er nichts mehr beweisen muß.



    So habe ich jedenfalls den Artikel verstanden.

  • Da wiederholt auf die Stöckelschuhe in Mali hingewiesen wurde. Ich denke Stöckelschuhe sind ein mögliches aber kein notwendiges Kleidungsstück für eine Frau. Anders sieht es beim BH aus. Auch der nicht unbedingt notwendig (sagen einige) aber doch mehr zu einer Frau gehörend als hochhackige Schuhe. Würde Pistorius mit dem Trikot der Hannover-Indians Eishockeymannschaft in Mali auf Truppenbesuch gehen, würde das auch Befremden auslösen. Oder, um bei den Schuhen zu bleiben: Würde er bei seiner Vereidigung zum Verteidigungsminister in Bundeswehr Kampfstiefeln auftauchen, würde zu Recht die Frage nach der Angemessenheit gestellt, gleiches übrigens wenn Lambrecht das getan hätte. Es geht also bei der Kritik am Schuhwerk (die mir persönlich im Falle Lambrecht egal ist) um Anlässe und nicht um Geschlecht.

    • @Rohek:

      Es gab mal einen FDP-Entwicklungsminister, der mit Bundeswehrmütze auftrat.



      Der CIA (?) meinte dazu, eine schräge Type.

  • Es waren 3 Verteidigungsministerinnen zuletzt an der Machr, die alle 3 versagt haben. Ich finde, dass Posten nach Kompetenzen besetzt wrrden sollten und nicht nach Geschlecht oder sonstige biologische Merkmale.

    • @Elena Levi:

      Vor ihnen waren Männer dran, die auch nicht besser waren.



      Aber das unterstreicht nur die Richtigkeit Ihrer Aussage, der ich vorbehaltlos zustimme.

  • Möglicherweise rechnet Scholz schon mit dem Abgang seines nächsten Wackelkandidaten Lauterbach, dann eine Frau als Ministerin, und das Verhältnis stimmt wieder.

  • Minister für Verteidigung zu sein ist kein zuckerschlecken, soweit ich das verstehe. Es ist bestimmt kein Ponyhof sondern eher ein Flohzirkus.

    Die Vorgängerin von Frau Lamprecht bekam den Posten um sich zu bewähren. Ist irgendjemand ernsthaft davon ausgegangen das die damalige CDU-Vorsitzende wirklich den Karrieresprung zur Kanzlerin schaffen würde?

    Diesen Posten zum vierten Male mit einer Frau zu besetzen würde der berechtigten Forderung nach Parität vielleicht entsprechen. Er würde aber auch der Gleichstellung keinen Dienst erweisen.

    Wer dieses Ministeramt annimmt hat keine große Chance darin zu glänzen. Es wird Früher oder Später neue Vakanzen geben in denen die SPD bzw. die Grünen (Spiegel/Özdemir) die Parität wieder gradeziehen können.

    Immerhin mussten die Südhessischen nicht unbedingt wieder nachrücken.

    Die Forderungen nach Gedienten und/oder nach gutem Verhältnis zu Soldaten waren allerdings weit ab von Vernunft. Eine Reformation von Innen zu erhoffen dürfte wohl nicht mit Erfolg belohnt werden.

    • @Mr.Henry:

      "Diesen Posten zum vierten Male mit einer Frau zu besetzen würde der berechtigten Forderung nach Parität vielleicht entsprechen. Er würde aber auch der Gleichstellung keinen Dienst erweisen."



      Welpenschutz für Frauen, oder wie? Das bringt zum Ausdruck, dass Frauen das grundsätzlich nicht hinkriegen - das ist doch wohl nicht gemeint?



      Nee, entweder Gleichberechtigung oder nicht, aber kein Rosinenpicken bitte.

  • Erstens haben Parteikarrieren nichts mit Qualifikation zu tun. Und zweitens sollte deshalb auch die Geschlechterparität eigentlich kein Problem sein.

  • Oh Gott, wie schlimm, ein Mann! Vielleicht waren die Frauen so schlau und wollten diesen Job nicht. Lassen Sie den Mann mal seine Arbeit machen und urteilen Sie in einigen Monaten. Vielleicht ist er ja sogar kompetent!?

  • Die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl galt als Favoritin.

    Vielleicht hat sie einfach "nein" gesagt.

  • Genauso ist es, mit Eva Högl war aber nur bedingt zu rechnen. Bei allem Verständnis für ein bisschen Lokalpatriotismus (ja auch nur Wahlberlinerin) und angeblicher linker Glaubwürdigkeit (Favoritin auch der Union), dagegen sprach schon, dass sich Högl in den Tagen davor sehr weit aus dem Fenster lehnte. Mit 300 Milliarden Startschuss oder sowas, das würde man doch nie im Leben tun. Nachdem ein Kollege hier in der taz dann noch Weil aus dem Spiel nahm und kurze Zeit später im Fernsehtalk der sich auch selber, standen die Zeichen auf Klingbeil. Um den es auch viel eher verdächtig still geworden war, der dann aber wohl selbst zu gut einschätzen konnte, was da zu verlieren ist. Ob hingegen auch Siemtje Möller gefragt wurde zweifelhaft, dabei drängte sie sich mir viel eher auf als Högl. Den Hintergrund als Wehrbeauftragte muss man glaub ich nicht ungedingt als Empfehlung sehen, sind ja ganz verschiedene Aufgaben, die ganz andere Qualitäten erfordern und auch nicht immer am selben Strang ziehen. Möller ist auch aus dem Rückwärtsgang, wenn nicht sogar Sprecherin der Seeheimer, aber ich hab mir gedacht das muss man in dem Ressort vielleicht einfach schlucken. In Deutschland nichts für Linke; dabei war auch Kramp-Karrenbauer (in der Rolle) nicht die Schlechteste, dabei bleibe ich. Aber auch beide eher nach Westen drehend, nicht nur vergl. mit Russenboris, und das geht natürlich gar nicht! Übrigens die paar Verdienste, die jetzt noch eilig Lambrecht angedichtet werden, sind tendenziell noch AKKs Hinterlassenschaften, aber egal. Bezeichnend genug dass mit ihr besonders gefremdelt wurde und nicht etwa wiederum ihrer Vorgängerin. Die Erzählung von Scholz dem Feministen find ich ähnlich originell wie seinen "Coup", der ihn dabei nur insoweit freispricht, dass sein Problem nicht so sehr darin bestand, eine Frau zu finden als überhaupt jemanden. Den hat er nun, mit tiefem Griff, und uns von dem hier in Hannover zu erlösen so mit das Beste, was Scholz bisher in den Sinn kam.

  • Parität ist kein Selbstzweck aber auch nicht ein Zweck, der auf das Amt alleine zielt. Natürlich erweitert sich die Menge potentiell kompetenter Amtsinhaber, wenn Ämter nicht nur von Männern besetzt werden. Das heißt nicht, dass für jede Aufgabe die Kompetenzen Geschlechter-paritätisch verteilt sind oder zu finden sein müssen. (um nur mal einen möglichen Paritätsmarker zu nennen). Auch Ämter und Posten im Journalismus könnten von der einen, oder bestimmt auch einer anderen Person übernommen werden. Wer suchet, der findet. Nun müsste bei der Paritätsdiskussion im Fall Pistorius gewiss sein, dass es eine gleichfähige Frau gab (sie muss ja noch nicht einmal fähiger sein), die den Posten auch wollte. Sonst stimmt ja was mit dem Kompetenzargument nicht. Die intrikate Frage, inwiefern es bei Parität allgemein um gerechte Verteilung von Chancen für Menschen geht, ihre Fähigkeiten einzusetzen, wenn wenige Fähige aus einer Gruppe überproportional mehr Fähigen einer anderen Gruppe vorgezogen werden können (!), sollten wir auf später verschieben.

  • Geschlecht ist grundsätzlich keine Qualifikation.

    Wenn man in der Politik die Besten haben will muss man die Besten auf die Posten hieven und nicht die Quotigsten.



    Egal ob Quotenmann oder -frau.

    Allerdings sind wir weiter denn je davon entfernt die Besten auf i'welche Posten zu hieven.



    Wir nehmen die mit dem besten Stallgeruch, die fleißigsten Parteibüttel.



    Und von daher ist es auch völlig wurscht welches Geschlecht die Bagage letzlich hat.

  • "Es hätte Politikerinnen gegeben, die mehr Fachkenntnisse mitbringen."

    Stimmt, aber die Suche danach wäre sehr kompliziert geworden. Solche aus der Opposition sind ja unerwünscht.

    • @wxyz:

      "Solche aus der Opposition sind ja unerwünscht."

      Seit wann stellt die Opposition Minister? Und an wen denken Sie? AKK?

  • Mit Verteidigungsminister Pistorius gibt es ein klares Ungleichgewicht bei Geschlechterparität unter Ministern und Ministerinen.



    Der Pressesprecherin (ausgerechnet eine Frau, welche Ironie!) von Scholz war es vorbehalten, sich auf der Bundespressekonferenz um die Frage herumzudrücken, ob Geschlechterparität für Scholz unabdingbar sei. Sie sei wichtig, entgegnete die Journalistin Hoffmann dem Team um Thilo Jung, dass die Scholz-Phrase hinterfragte, während die Hauptstadtpresse geschlossen schlief.



    Die Phrase wichtig bemühte auch der SPD-Parteivorsitzende Klingbeil und man fragt sich, warum die Co-Parteivorsitzende Esken nicht betont, dass zur Geschlechterparität ein Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen im Kabinett gehört. Punkt. Und Ende der Durchsage!



    Durch ihr Schweigen fügt Esken dem Feminismus in der SPD wie Scholz schweren Schaden zu.



    Die politische Vertretung der Frauen in der SPD durfte die Entscheidung von Scholz zur Kenntnis nehmen. Beim nächsten Mal müsse alles korrigiert werden! Die nächste Phrase, als ob Frau bei der Besetzung des Verteidigungsministeriums nicht in den Brunnen der SPD gefallen wäre.







    "Stabiler Mann", der Pistorius, seufzt Zeit-Journalistin Caspari und vergisst zu erwähnen, dass Lamprechts Rücktritt auch mit medialen männlichen Stereotypen (Stöckelschuhe in Mali, etc.) im männlichsten Ministerium (Aussage eines Journalisten) zu tun hatte.

    Der rote Sheriff (Fokus) reitet nun ins Verteidigungsministerium ein und man sehnt sich angesichts all der medialen Stereotype und Abgründe bei Gleichberechtigung im Kabinett Scholz nach Angela Merkel, bei der Solidarität mit Frauen keine Phrase war. Sie förderte Frauen still mit ihrer Macht. Im Gegensatz zu all den Männerclubs in der CDU, die jetzt mit Merz eine ebenso stille Auferstehung erfahren.



    Dass Scholz mit seinem Verrat am Feminismus durchkommt, hat auch damit zu tun.



    Aber auch mit der Unsolidarität mit Feminismus von Männern und Frauen im Bundestag und in den Medien.

    • @Lindenberg:

      "Dass Scholz mit seinem Verrat am Feminismus durchkommt, hat auch damit zu tun."

      Verrat? Geht es auch eine Nummer kleiner?

  • Nun, die Autorin nennt die Argumente ja schon:



    Erfahrung als Minister. Aus dem Sicherheitsbereich (nun Innen eben Äußere Sicherheit). Bringt Ruhe herein. Hat einmal gedient, was zu einer ganz anderen Akzeptanz in der Truppe führt. Und er bringt mit, was Lambrecht nicht mitbrachte: Affinität zur Bundeswehr.

  • Dass Frau Högl - angesichts des so erwartbaren wie wohlfeilen Kritikhagels von allen Seiten wegen des gebrochenen Quotenversprechens - nicht gefragt worden sein soll, kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Wahrscheinlicher finde ich, dass sie sehr gerne ihren Job als inoffizielle Betriebsratsvorsitzende der Bundeswehr weitermacht und auf den Posten des augiasstall-mistenden Prügelmädels im Bendlerblock gerne verzichtet. Sie ist schließlich noch lange nicht 60 und möchte vielleicht auch noch ein paar Jahre aktiv Politik machen.

    Davon abgesehen ist Frau Högl meines Wissens auch genau seit ihrer eher überraschenden Nominierung zur Wehrbeauftragten vor knapp drei Jahren verteidigungspolitisch tätig - vorher nicht. Also: Garnicht. Wenn das ein zwingender Kompetenznachweis sein soll, Gnade der SPD Gott!

    ps Dass Scholz die FDP nicht zwingen konnte, sein Quotenspielchen mitzumachen, liegt auf der Hand: Angesichts der dortigen dünnen Personaldecke MUSS es eine rote Linie für die FDP gewesen sein, sich bei der Besetzung ihrer Ressorts nicht gendermäßig reinreden zu lassen...

    • @Normalo:

      Zudem kann Frau Högl ja auch noch warten, Herr Pistorius wird es wohl nicht ewig machen.

  • Die Bild kann sich jetzt jedenfalls nicht beschweren, dass Quote das Auswahlkriterium war. Fallen schon ein paar unreife Bemerkungen weg..



    Wichtigstes Kriterium für ein Ministeramt ist sicher ein wohlgefälliges Verhalten gegenüber dem Kanzler. Da gab s eben keine geeignete Frau.

  • Hätte ein direkter Wechsel der Wehrbeauftragten an die Spitze des Verteidigungsminidteiums nicht einen etwas faden Beigeschmack in Richtung Interessenkomflikt gehabt? Ich denke dass dieser Posten bisher aus gutem Grund nicht als Karrieresprungbrett in dieser Form galt.

  • 6G
    659428 (Profil gelöscht)

    "Denn Parität ist kein Selbstzweck. Sondern gelebter Ausdruck dafür, dass es bei der Besetzung von Führungsposten nicht aufs Geschlecht ankommt."

    "Ich verteile Posten nach dem Geschlecht, dabei kommt es mir aber nicht aufs Geschlecht an"

    Also das muss mir noch einmal jemand erklären...?

    • @659428 (Profil gelöscht):

      Das ist nicht erklärbar. Solche wirren Aussagen sind ein Grund, warum sich Frauen vom Feminismus abwenden. An der Spitze wird zu viel Unfug geredet.

  • Ja, in diesem Fall hätte es eine besser qualifizierte Frau gegeben. Auch besser qualifizierte Männer übrigens. Lambrecht allerdings bekam den Job wegen der Quote, bei ähnlichen Voraussetzungen wie jetzt Pistorius, in dem Fall hatte die Quote sicherlich keine besonders positiven Folgen. Im Übrigen ist Scholz die neue Personalie ziemlich sicher nicht sehr schwer gefallen, jedenfalls nicht wegen des "gebrochenen Versprechens" sondern weil er Ärger bekommen könnte. Falls Frau Högel wollte, dann ist sie es nicht geworden, weil sie zu selbstbewusst ist und Scholz das fürchtet. Er bevorzugt die Lambrechts und Pistorius', dass er der Truppe diesmal den gewünschten Mann gibt, ist nur Nebeneffekt.

  • "Die Regierung besteht nunmehr – den Chef eingerechnet – aus zehn Männern und sieben Frauen."

    Ja. Das ist doch OK. Und vielleicht ergibt es sich mal, dass es 7 Männer und 10 Frauen sind. Man kann doch solche Dinge nicht völlig starr regeln. Die Relationen müssen stimmen. Das reicht völlig und geht nicht am Leben vorbei.

    Frau Högel hat sich übrigens vor ein paar Tagen selbst disqualifiziert:

    www.faz.net/aktuel...euro-18599370.html

    Wer die massiven strukturellen Probleme der BW mit Geld zuschütten will, ist genau die falsche Person für den Posten. Tatsächlich gibt es schon Probleme, die jetzt vorgesehen Mittel sinnvoll einzusetzen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ich sehe das ähnlich, das muss ja nun nicht immer starr sein sondern hin und herschwanken. Es gab zudem auch zwei Verteidigungsministerinnen nacheinander und jetzt ist es eben mal wieder ein Mann aber aufgrund seines Alters auch nicht für immer.

      Frau Högl kann sich ja bis dahin schon einmal in Ruhe warmlaufen, sich als Verteidigungsministerin im Wartestand gerieren und an ihrer Qualifizierungstiefe arbeiten.



      Bestimmt klappt es dann das nächste Mal.

  • Na wenigstens hat Pistorius seinen Wehrdienst geleistet, also im Gegensatz zu seinen Vorgängerinnen schon mal ein Gewehr in der Hand gehabt.

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Die Ampel ist vielleicht das gerade falsche Beispiel für gelungenen Feminismus.

    Eine Außenministerin, die mit ihrer kompromisslosen, bellizistischen und undiplomatischen Haltung so garnicht dem Ideal feministischer Außenpolitik entspricht.

    Eine Umweltministerin, weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt und nur der neoliberalen Parteilinie folgt. (jedenfalls gemessen an Fr. Hendricks).

    Eine Bauministerin, die sich nicht um explodierende Mieten und sozialen Wohnungsbau kümmert.

    Die entmutigend farb- und wirkungslose Entwicklungsministern Schulze.

    Die gehende Verteidigungsministerin hat Deutschland dagegen mit ihrer Zurückhaltung beim Kriegseintritt Deutschlands an der Seite der Ukraine einen guten Dienst geleistet.



    Aber das wird ja nicht einmal hier gewürdigt ... :-). Auch nicht von einer Frau.

    Nicht das ihre männlichen Kollegen auch nur einen Deut besser wären.

    Die große Koalition hatte neben Frau Merkel, die dieses Land erfolgreich durch einige Krisen geführt hat, immerhin noch einen angesehenen & renommierten Minister: Gerd Müller. Aber der kam von der CSU.

    Die Ampel hat hier einfach nichts zu bieten.



    Weder bei den Männern, noch bei den Frauen.

  • Ob Frau Högl oder Frau Möller den Karrierekiller BMV überhaupt haben wollten, dazu noch in der aktuellen Lage, darf bezweifelt werden. Insbesondere Frau Möller hat ja vielleicht noch was vor.

  • War Frau Högl nicht diejenige, die 300 statt 100 Milliarden für die Bundeswehr gefordert hat? Gibt es in diesem Land nicht andere Baustellen, wo das Geld besser angelegt wäre? Ich finde nicht, daß es von Sachkenntnis zeugt, die BW mit Geld zuschütten zu wollen, ohne daß bei der Beschaffung erst mal ausgemistet wird.

    • @Wurstfinger Joe:

      Naja soviel Fabriken aufzubauen das man für den Kriegsfall Munition hat kostet,genügend Panzer und Artillerie für einen Krieg zu haben kostet. Dazu kommt das die Inflation die 100 Milliarden auffrisst. Dann braucht die BW deutlich mehr Drohnen, Flakpanzer, Ersatzteile etc. Die 300 Milliarden Idee stammt nicht von ihr sondern das ist so eine Summe die länger durch die Debatte geistert. Verteidigung ist die erste Aufgabe des Staates das wird die nächsten Jahre nunmal teuer.

  • Es ist gut, dass jetzt ein "SPD-Rechter" Bundesverteidigungsminister ist und keine "linke" SPD-Quotenfrau. Man kann die Politik ja nicht nur Grünen oder der CSU überlassen. Dazwischen gibt es u.a. auch "SPD-Rechte", die von weitem betrachtet eben Mitte/Mitte-Links sind.

    Die deutsche Linke braucht genau solche undogmatischen "Schaniere" zur Gesellschaft wie einen Sachpolitiker Pistorius.

  • Niemand darf wegen seines Geschlechtes benachteiligt oder bevorzugt werden (Grundgesetz, Artikel 3).

    Wie lässt sich da eine Geschlechterquote rechtfertigen...?

  • Das Leben ist kein Reißverschluss -

    Parität ist klasse - aber der Einzelfall , kann auch mal anders sein - hautsache das große Ganze funktioniert - sonst wird s Erbsenzählerei.

  • "Denn Parität ist kein Selbstzweck. Sondern gelebter Ausdruck dafür, dass es bei der Besetzung von Führungsposten nicht aufs Geschlecht ankommt."

    Finde den Widerspruch

  • Mal ehrlich: wann genau fällt dem/der normalen Bürger*in denn überhaupt die paritätische Besetzung eines Kabinettes auf? Wenn er/sie mal zufällig ein Gruppenbild der Regierung betrachtet?

    Die meisten Bürger*innen können doch gar nicht alle Minister*innen benennen.

    Wie soll also eine paritätische Besetzung in die ganze Gesellschaft strahlen und auch sie paritätischer machen? Denn das ist ja wohl der magische Effekt, den man sich davon erhofft, oder?

  • Ich verstehe einfach den Kult um die Parität nicht. Gerade in diesen wichtigen Ämtern. Ich möchte dass die Besten das Amt bekommen. Und wären die Besten 100% Frauen wäre ich damit fein und würde mich tierisch darüber aufregen wenn eine kompetente Frau einen Posten nicht bekommt, damit mindestens 50% Männer dabei sind. Und das gleiche anders herum. Entweder bin ich schon viel weiter als die Autorin, da mir Geschlecht total egal ist und einfach die Beste oder der Beste den Posten bekommen soll, egal wie das Kabinett sonst besetzt ist oder ich mache es mir zu einfach und habe einen Denkfehler. Vielleicht erhellt mich jemand.

    Und vielleicht wurde Frau Högl ja gefragt und Sie wollte aus und (noch) unbekannten Gründen nicht? Kann das mal jemand herausfinden?

  • Hätte Högl gewollt?

    Wenn ja: Können Frau Lehmann oder ich entscheiden, wie stark bzw. kompetent Högl bzw. Pistorius als Chef(in) des Verteidigungsministeriums wären?

    Ich nehme an, Scholz hätte eine Frau gewählt, hätte er eine gekriegt, die ihm so gut, stark, kompetent wie Pistorius erschienen wäre.

    Scholz hat also (falls Högl bereit gestanden wäre) Pistorius als stärker eingeschätzt. Darf er das etwa nicht?

    Wenn es um Leistung geht, sollte Geschlechtergleichheit ein sekundäres Kriterium bleiben. Wenn in einem Kabinett mit 20 Mitgliedern alle Frauen wären - weil sie Person für Person kompetenter wären als die zur Auswahl stehendenden Männer - würde ich für 20 Frauen plädieren. Mich interessiert in solchen Sachen PRIMÄR die Qualität, nicht das Geschlecht.

    In den Schulen fallen die Jungs immer weiter hinter den Mädchen zurück. Das wird sich bald massiv in allen Führungsämtern auswirken. In 20 Jahren werden wir vermutlich vor allem von Frauen regiert werden - der größeren Kompetenz wegen. Haben Sie also bitte ein bisschen Geduld, Frau Lehmann! Die Männer sind ja schon dabei, das "schwache Geschlecht" zu werden.

    • @Leo Brux:

      Pistorius ist vor allem auf Linie. Högl wäre sicherlich besser gewesen weil ihr die Menschen in der BW erwiesenermaßen nicht egal sind, aber, wie der Artikel ja sagt, zu eigensinnig. Scholz will eine_n zuverlässige_n Jasager_in, die/der ihm beim Bremsen, Hingalten und Vernebeln unterstützt. Und da fährt er mit Pistorius, der es schafft, allglatt als beinhart zu verkaufen, deutlich besser. Parität wurde nicht hinter Kompetenz gestellt, sondern hinter Loyalität. Und das ist das, was stinkt.

      • @Wurstprofessor:

        "Högl wäre sicherlich besser gewesen weil ihr die Menschen in der BW erwiesenermaßen nicht egal sind, aber, wie der Artikel ja sagt, zu eigensinnig."

        sicherlich...erwiesenermaßen - woran machen Sie das fest?

  • Einfach den Verkehrsminister durch eine Frau ersetzen, dann stimmt's wieder.