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Max Uthoff fällt bei „die Anstalt“ ausLinke Wahlwerbung statt ZDF-Satire

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Wegen seiner Wahlwerbung fehlt Uthoff in der aktuellen Ausgabe einer kreuzbraven Satire-Sendung. Die Aufregung handelsüblicher Moralapostel ist übertrieben.

Wird bald wieder an seinem angestammten Platz stehen: Max Uthoff Foto: Sven Hoppe/dpa

W ar das nun ein Skandal? Wenigstens ein Aufreger? Ein Sturm im Wasserglas? Viel mehr als ein laues Lüftchen ist am Ende jedenfalls nicht aus jener finsteren Gewitterwolke geworden, die da am Dienstagabend in den sozialen Medien aufgezogen war. Es ging um „Die Anstalt“, jene kreuzbrave Kabarettsendung des ZDF. Die habe ihren Protagonisten Max Uthoff „vor die Tür“ gesetzt, wie es auf ntv.de hieß. ­

T-Online hatte zuvor schon etwas ungelenk getitelt „ZDF wirft Moderator aus ‚Die Anstalt‘ – wegen Parteiwerbung“. Das böse Wort „canceln“ ist auf Social Media ventiliert worden, noch bevor überhaupt klar war, was geschehen ist, nachdem dem ZDF bekannt geworden ist, dass sich Uthoff mit seinem Promigesicht für die Social-Media-Kampagne der Linkspartei hat einspannen lassen.

Das stellt der Sender so dar: „Die Redaktion und Max Uthoff haben sich gemeinsam darauf verständigt, die aktuelle Sendung ohne ihn aufzuzeichnen.“ Also kein Rausschmiss. Bei der nächsten Sendung wird Uthoff wieder dabei sein.

Der Tenor: Ein Linker wird gecancelt, während uns jeden Tag in den Talkshows Nazis vor die Nase gesetzt werden

Grundlage für die Entscheidung ist eine Regelung, nach der „bildschirmprägende Protagonisten“, die sich parteipolitisch engagieren, sechs Wochen vor der Wahl nicht mehr im Programm auftreten dürfen.

Aufregung ohne Grenzen

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Die Aufregung über diese Entscheidung bei den handelsüblichen Moralaposteln auf Social Media kannte dennoch kaum Grenzen. Sie wollten wohl auch nicht mehr als die Schlagzeilen vom Rauswurf Uthoffs lesen, den es ja nun auch gar nicht gegeben hatte. Klar, so der Tenor, ein Linker wird gecancelt, während uns jeden Tag in den Talkshows Nazis vor die Nase gesetzt werden.

Auch Dieter Nuhr, das reaktionäre Gesicht des deutschen Humors, wurde ins Feld geführt. Der dürfe im öffentlich-rechtlichen Fernsehen unwidersprochen behaupten, dass die Bilder von den Demos gegen rechts in diesen Tagen „in Schwarz-Weiß auch für Bilder von 1933“ gehalten werden könnten. Seine Auftritte lassen vermuten, dass er die Inspiration für seine Witze aus der Tageszeitung Die Welt bezieht. Das mag man schlimm finden, aber von einer Werbetafel der FDP, der CDU oder gar der AfD hat man ihn noch nicht winken sehen.

Und was ist mit Dominic Boeer? Der Schauspieler wird von der CDU auf ihrer Wahlkampfseite als „prominente Stimme für Merz“ präsentiert. „Meine Stimme für Merz, weil er die demokratische Mitte ist“, lässt man ihn da sagen. Wäre das nicht Grund genug, die Ausstrahlung der ZDF-Serie „Soko Wismar“, in der er einen Ermittler spielt, zu stoppen. Der darf, was der linke Uthoff nicht darf?

Puuh!

Leute, möchte man da ins Netz rufen: Der Mann spielt eine Rolle, sagt Text, den ein anderer geschrieben hat. Und aufgenommen wurde all das so weit vor dem Wahltermin, dass der noch nicht einmal ausbaldovert war. Puuh! Es war wirklich ein anstrengender Abend.

Dann begann endlich „Die Anstalt“ mit einem Witz über den abwesenden Uthoff. Wie es sich gehört. Es sind ja schließlich Menschen vom Fach am Werk. Da kommt Uthoff-Vertreter Timo Wopp in die Garderobe zu Moderatorin Maike Kühl und überbringt ihr die Nachricht: „Max hat sich als engagierter Bürger gezeigt und einen Wahlaufruf für eine Partei gemacht.“ Das bedeute, dass er jetzt diese „Anstalt“ vor der Wahl nicht moderieren dürfe. Ein Aufreger? „So sind nun mal die Regeln“, sagt Wopp nun. Also alles halb so schlimm. Dann kann es ja losgehen mit der Wahlausgabe der Sendung:

Die Anstalt

Wer die aufregende Ausgabe der kreuzbraven Kabarettsendung jetzt erst recht sehen möchte, findet sie in der Mediathek des ZDF.

Da werden in einer Szene FDP und AfD als Wolf und Hyäne bezeichnet. Ob man das so im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sagen könne, fragt jemand. Natürlich: Die Parteien stünden schließlich für Raubtierkapitalismus. Ist das denn jetzt links genug für die Moralapostel im Netz? Und haben die sich die Sendung überhaupt angeschaut?

Claus von Wagner, einer der Stammmoderatoren der „Anstalt“, hat die Aufregung auf Instagram ganz gut zusammengefasst. „Ich freue mich, dass das ZDF sich entschlossen hat, den Wahlaufruf für @dielinke meines lieben Kollegen Max Uthoff durch die ‚Aktion‘ bundesweit bekannter zu machen.“ Jetzt ist aber alles wieder gut, oder?

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Andreas Rüttenauer
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