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Lesekompetenz von Grund­schulkindernDer politische Wille fehlt

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Die Iglu-Studie zeigt: Chancengerechtigkeit besteht nur auf dem Papier. Auch Lehrer:innen sollten sich an die eigene Nase fassen.

Ein Viertel der 10-Jährigen kann das Lesevergnügen nicht teilen Foto: Begsteiger/imago

F alls irgendjemand noch Zweifel am Ausmaß der deutschen Bildungsmisere gehabt haben sollte – die Ergebnisse der Lesestudie Iglu dürften sie ausräumen. 25 von 100 Viert­kläss­le­r:in­nen verfehlen die Mindeststandards beim Lesen. Im internationalen Vergleich ist Deutschland – das im Jahr 2001 auf einem Spitzenplatz eingestiegen war – immer weiter ins Mittelfeld abgerutscht.

Diese Entwicklung wäre schon besorgniserregend genug – doch es kommt noch dicker. Denn die Lesestudie bestätigt, was zuletzt auch der IQB-Bildungstrend oder der Chancenmonitor angeprangert haben: dass die Aufstiegschancen, die die Bil­dungs­mi­nis­te­r:in­nen dem deutschen Bildungssystem bescheinigen, nur auf dem Papier existieren.

Die traurige Realität ist, dass unser Schulsystem weiter rigoros Kinder aus sozial benachteiligten Familien bei der Weichenstellung „Gymnasium oder nicht“ aussortiert. Übrigens auch, weil Leh­re­r:in­nen bis heute Gymnasialempfehlungen nicht allein nach Leistungen aussprechen, sondern auch nach Elternhaus. Die fehlende Sensibilität einiger Lehrkräfte ist vielleicht das Niederschmetterndste an dem ganzen Befund.

Die gute Nachricht ist: Dagegen kann man vorgehen. Genauso wie gegen die – in der Studie festgestellte – zu geringe Lesezeit an Grundschulen. Für beides braucht es aber politischen Willen. Die Reaktionen der zuständigen Mi­nis­te­r:in­nen zeigen, dass sie die Bildungsmisere nicht mehr beschönigen. Immerhin. Jetzt müssen sie beweisen, dass sie es auch ernst meinen mit der Chancengerechtigkeit. Dazu gehört, in der Leh­re­r:in­nen­aus­bil­dung mögliche eigene Vorurteile zu thematisieren. Aber auch, den Grundschulen – und Kitas – mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Das Startchancenprogramm der Ampel könnte ein erster richtiger Schritt sein, sofern die Mittel nach sozialen Kriterien verteilt werden.

Gleichzeitig sollten die Länder mehr Möglichkeiten des längeren, gemeinsamen Lernens an weiterführenden Schulen schaffen. Damit die Weichenstellung nach der Grundschule nicht wie jetzt oft aufs Abstellgleis führt.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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50 Kommentare

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  • Natürlich wäre es auch denkbar, die Schulformen, die es außer dem Gymnasium gibt, so aufzustellen, dass sie die Kinder für eine Ausbildung qualifizieren, ihnen ein gutes Rüstzeug fürs Leben geben und eben kein Abstellgleis bilden. Lesen braucht man ja nicht nur, um dem Kapital zu dienen, sondern auch, um sein Leben gestalten und eigene Wege gehen zu können.



    Das würde vielen Kindern eher gerecht, als wenn alles, was nicht Gymnasium ist, als Scheitern bezeichnet wird.

  • Wenn man berücksichtigt, dass in den Grundschulklassen ein Großteil der Schüler über keine nennenswerten Deutschkenntnisse verfügt, verwundern die Ergebnisse der zitierten Studie überhaupt nicht.

    Wir erwarten von den Lehrern schlicht das Unmögliche, denn unter diesen Umständen fehlt die Grundlage für einen gemeinsamen Unterricht mit 30 Kindern. An einigen Berliner Schulen liegt der Anteil von Nicht-Muttersprachlern bei über 90 % - eine solche Ausgangssituation führt jede Bemühung nach Integration ad absurdum. Bei 30 Schülern müsste ein Lehrer hier 30 verschieden Sprachniveaus bedienen. Zumal dieses Personal ja nicht als Fremdsprachenlehrer ausgebildet wurde.

    Diese ganze Situation ist mehr als beunruhigend und legt heute schon den Grundstein für eine Generation der Abgehängten.

  • 1970 geboren, nicht Akademiker Haushalt, Kleidung des großen Bruders aufgetragen, das war für die Grundschulleherinnen Grund genug mir die Empfehlung für die Hauptschule zu geben. Dort zwar Klassenbester, aber auch ziemlich unterfordert. Abitur auf den zweiten Bildungsweg nachgeholt (Schnitt 1,8). So dann studiert, in meiner Studienzeit sind zwei mal Studiengebühren eingeführt und wieder abgeschafft worden und zusätzlich gab es noch die Umstellung von Diplom auf Bachelor/Master.



    Dann noch die üblichen Besitzstandswahrer in der Fakultät, ein Oberstudienrat hat mir ins Gesicht gesagt, dass er nicht verstehen kann wie ich in meinem Alter noch studieren kann und es wenig Sinn macht bei ihm ein Seminar zu belegen. Diplomarbeit nicht abgegeben, nach 14 Semestern, kein Geld zur Verfügung gehabt.



    Lasst die Kinder einfach länger zusammen lernen, das würde schon sehr viel bessern und kaum Geld kosten.

  • Aus einem Erzieher-Haushalt kommend kann objektiv festgestellt werden, dass die Bereitschaft etlicher Eltern im Hinblick auf Bildungsbeschäftigung der Kinder in der Freizeit gen Null tendiert. Was kann die Politik da richten?

    • @tcb262:

      Aus meiner Sicht muss es genau da die Politik richten, diese Kinder eben an anderer Stelle zu fördern. Sie sind ja nicht dümmer, sie haben nur ein Elternhaus, das den Wert von Bildung nicht erkennt.

  • Der Fortschritt frisst eben (buchstäblich) seine Kinder.

  • Normalerweise kommt Lesekompetenz von Eltern und Grosseltern. Aber klar: Wenn man immer nur Ruhe von seinen Kindern will zur Selbstverwirklichung etc. und das Smartphone hinlegt mit dem Gedanken "So werden die Plagen gescheit" kann es auch die Schule nicht richten. In 1965 konnten bei meiner Einschulung 86% der Kinder einwandfrei lesen. Ganz ohne "Staat".

  • Der politische Wille fehlt aber leider vor allem auf der linken Seite des politischen Spektrums. Ob Frühförderung oder Sprachtests, ob Kindergartenpflicht oder was auch immer - es wird immer von "Stigmatisierung" geredet, wenn es um Förderprogramme für sozial benachteiligte Kinder geht und die Kernforderung linker Politik lautet "Mehr Geld". Davon wird aber kein Kind besser lesen.



    So war es ausgegerechnet die FDP, die in NRW dafür gesorgt hat, dass Schulen in benachteilgten Stadtteilen mehr Personal bekommen, damit dort mehr Förderung stattfinden kann, wenn auch unter dem seltsamen Namen "Talentschulen" (weil die dortigen Talente gefördert werden sollten, was im Elternhaus oft nicht gut genug möglich ist).

  • Weil die Lehrer rigoros nach Herkunft aussortieren, können Viertklässler (also vor der Zuordnung in die Sek I) nicht lesen???)

    "Früher" wurde noch stärker selektiert, warum war dann die Lesekompetenz höher?

    Nein. Die diese Entwicklung ist davon völlig unabhängig.

    Meine Thesen:



    1. überproportionale Zuwanderung von bildungsfernen und analphabetischen Menschen (faktische Negativselektion)

    2. sinnfreie Integration von Nicht-Muttersprachlern (stumpfe Anwendung der Schulpflicht), für die eh die Kapazitäten nicht ausgelegt waren. Zunächst müsste elementare Bildung (Deutsch) nachgeholt werden bevor man die Schulen "verstopft".

    3. Neue didaktiktische Methoden orientieren sich zu sehr an den Vorzeigekindern des Bildungsbürgertums - unmotivierte und lernschwache (und allgemein Jungen) sind mit allzu frei-kreativen Ansätzen überfordert.

    4. Inklusion führt zu hoher Heterogenität der Schülerschaft, die den Unterricht massiv verkompliziert und wofür mehr Lehrer (kleinere Klassen oder 2 pro Klasse) nötig wären, die es aber nicht gibt.

    Ferner: Wenn man über Vorurteile der Lehrerschaft spricht, warum wird dann nicht der massive Frauenüberhang in der Grundschulbildung und das gleichzeitige Zurückfallen der Jungen in Zusammenhang gebracht?

    • @Chris McZott:

      Ich würde alle Thesen unterschreiben außer vielleicht These 4.



      Es macht keinen Sinn Kinder ohne Sprachkenntnisse in Regelklassen zu beschulen. Damit werden nur alle Mitschüler bestraft. Sprachtests vor der Einschulung und dann Sonderklassen zum Spracherwerb falls der Nachweis nicht erbracht werden kann, sollten längst ein Muss sein.

  • Wieso geht es jetzt hier wieder vor allem um Gymnasialempfehlungen?! Die gibt’s freilich eher nicht bei mangelnder Lesekompetenz zu Ende der Grundschulzeit…und spielt hier auch weiter keine Rolle, da gute Kenntnisse in Wort und Schrift auch für alle anderen weiterführenden Schulen vonnöten sind.

  • 8G
    80410 (Profil gelöscht)

    Vielleicht werden die Kinder alle dümmer, fauler, unwilliger und LehrerInnen sind unsensibel, inkompetent und vorurteilszerfressen.

    Vielleicht läuft sich hier aber auch endgültig ein über 200 Jahre altes Lern- und Prüfungssystem tot, das in seiner Grundstruktur nie wirklich der Zeit angepasst wurde. Den Preis dafür zahlten bislang die Menschen hinter den verschlossenen Schultüren (sprich Kinder und LehrerInnen), für den Rest der Welt also bequem ignorierbar. Mangelnde (Lese)Kompetenzen sind -möglicherweise- einfach nur die Konsequenz einer Sauerei, für die sich nie jemand berufen fühlte, sich ihrer anzunehmen.

    Oder andersrum: man stelle sich mal vor, in der Schule würde jemand ein gutes Abitur erwarten, weil er in der 5. Klasse mal eine 1 geschrieben hat ...

  • Gebt auf die Kinder acht, dass sie nicht unter die Räder kommen.



    Basiswissen muss so lange geübt werden, bis es sitzt, auch wenn die Lehrerin ungeduldig wird.



    Ich habe das als Erwachsener erlebt. In Mathe haben wir so lange geübt, bis der/die Letzte das auch kapiert hatte. Die Parallelklasse war viel weiter. Resultat: Wir warn im Abschluss 1,5 Noten besser!!!!

    • @M. Stockl:

      Wie in der Restnatur: Was langsam wächst, wird am ende gesünder ud stabiler

  • Alles richtig, was im Kommentar steht.

    Allerdings sind manchmal auch einfache Dinge hilfreich. Lesen lernt sich leichter, wenn das gleiche Wort auch immer gleich geschrieben wird.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Das stimmt. Abewr bei den ganzen "Reformen" sind es ja schon die Eltern, die andere Wörter gebrauchen und Schreibweisen

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ich kann Ihren Ausführungen nicht ganz folgen. Wurde der Duden abgeschafft oder was wollen Sie sagen?

      • @Konrad Ohneland:

        Es herrschte bzw. herrscht in einigen Bundesländern oder auch Schulen die didaktische Freiheit, die Lehrer suchen sich ihre Methoden also selbst aus.



        Das ganze nennt sich "Schreiben nach Gehör" bzw. "Lesen durch Schreiben".



        Für was brauchts denn dann noch den ollen Duden.



        Gut, man sollte bei der Berufswahl dann den schriftlichen Kontakt zu Geschäftspartnern ausklammern, aber fürs Callcenter langts schon noch.

      • @Konrad Ohneland:

        Ein Beispiel aus dem Text: "Leh­re­r:in­nen­"

        Je nachdem, wer es schreibt, steht für die selbe Bedeutung "Lehrer" (Duden), "LehrerInnen", "Lehrer*innen". Und das ist nur eine Auswahl der gebräuchlichsten Schreibweisen. Für Kinder, die Lesen lernen, ist das verwirrend. Man sollte sich also auf eine Schreibweise einigen. Welche ist eigentlich egal.

  • Wer immer sich die Entwicklung der Ergebnisse dieser Studie in den letzten 20 Jahren anschaut, sieht sofort eine Gemeinsamkeit bei den Ländern die sich wie wir immer weiter verschlechtern (Skandinavien, Niederlande usw.).



    Die abnehmende Lesekompetenz könnte etwas damit zu tun haben, warum selbst Eltern von Kindern mit Migrahu wie wir extra der Schule wegen aus Berlin wegziehen.



    Eine Kitapflicht für Nichtmuttersprachler und Sprachtests in der Vorschule wären ein guter Anfang. Bei meiner Jüngsten in der ersten Klasse gibt es jedenfalls keine Leseschwierigkeiten in einer Klasse, wo sie auf dem Papier die einzige Nichtmuttersprachlerin ist. Die Kinder sind hier aber sicher nicht intelligenter als anderswo.

  • Ich bin verwirrt und frage mich gerade, wie meine drei Geschwister und ich ohne „massive Hilfe der Eltern“ oder Nachhilfe das Abi geschafft haben. (Zentralabi 2001-2008, alle mit Mathe- und NW-LKs).



    Sind wir so extrem intelligent?



    Wohl kaum.



    Viel eher haben wir in der Schule aufgepasst, haben Hausaufgaben (ohne Kontrolle durch Eltern) gemacht und waren lernwillig. Und gelesen haben wir alle viel und gern.

    • @KeineHeldin:

      Neee- Sie sind wahrscheinlich aus NRW.

  • Wenn die Lehrer nicht im Stande sind, den Kids in vier Jahren Lesen beizubringen, liegt das ja wohl an den Lehrern oder mit unsinnigen Sachen überfrachteten Lehrplänen - nicht am Elternhaus.



    Das gebildete Elternhäuser die lausige Qualität der Schulbildung kompensieren können, ist ein Folge der Misere und nicht die Ursache.

    • @Matthias Berger:

      Jein. Den Kindern muss in der Grundschule das Lesen vermittelt werden, aber auch sehr viel mehr (und das meiste davon ist wohlgemerkt kein Unsinn). Eine Lehrkraft muss ca 25 Kinder beschäftigen, ihnen Wissen und Methoden vermitteln, sich da 100% auf ein Kind konzentrieren zu können ist eine absolute Ausnahme. Was würden Sie als Lehrer tun, wenn Sie fünf Schüler hätten bei denen es an jeder Grundlage (inklusive der dt. Sprache) fehlt? Und bedenken Sie stets dass Sie die übrigen Kinder nicht vernachlässigen dürfen.

      Mein Ältester lernt gerade lesen und hat damit anfangs erstaunlich viele Probleme gehabt. Die Lehrerin ist engagiert, aber sich die Zeit zu nehmen die mein Sohn brauchte um vernünftig Lesen zu lernen kann sie nicht im Untericht abzweigen. Und das ist kein Manko des "kaputtgesparten Bildungssystems", das war schon immer so.

      Wir lesen seit Jahresanfang jeden Abend mit ihm und seit zwei Monaten liest er wirklich gut - Aber das war ein langer Weg. Das ist eine Leistung die die Schule nicht erbringen kann und da sind die Eltern gefragt - und da rächt es es sich wenn die Eltern selbst keine Kenntnisse aufgebaut haben. Am Ende des Tages sind Sprachkenntnisse der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und auch wenn man diese Kenntnisse für sich selbst (aus was für Gründen auch immer) für unnötig hält, so erweist man seinen Kindern damit sicher einen Bärendienst

    • @Matthias Berger:

      Ohne oder gar gegen das Elternhaus wird auch die beste Schule wenig ausrichten können. Das heißt nicht, dass zu Hause das Lesen beigebracht werden muss, sondern, dass die Kinder dort die nötige Erziehung erhalten um am Unterricht teilnehmen zu können, Eltern darauf achten, dass Hausaufgaben erledigt werden, ...

      • @Ingo Bernable:

        Wenn das Schulsystem nicht einmal nehr fähig ist, den Kindern das Lesen ohne tatkräftige Unterstützung der Eltern beizubringen, dann taugt es nichts !



        Ich bin in der alten DDR zur Schule gegangen.



        Da gab es auch übelst sozial schwache Familien auf allerniedrigstem Niveau.



        Trotzdem konnten ALLE Schüler lesen, schreiben und grundsätzlich rechnen - ausgenommen geistig eingeschränkte Menschen, die in Sonderschulen individuell betreut wurden.



        Dieser Prozentsatz lag aber bei weitem nicht bei 25%, wie heute....

        • @Matthias Berger:

          Da stimme ich Ihnen vollkommen zu. Die Klassen waren zum Teil ebenfalls 25 bis 30 Kinder stark. Einer der Faktoren, warum dennoch so schnell lesen und schreiben (neben den Grundrechenarten) vermittelt wurde, lag in den strukturierten Lehrbüchern, im verpönten Frontalunterricht und regelmäßigen, kleinen Hausaufgaben. Die Kinder lernten daher auf mehreren Gebieten systematisch. Ich habe meinen Kindern das Lesen und Schreiben mit den alten Materialien beigebracht, da an der Schule auf die Schreiben-nach-Gehör-Methode und keine Hausaufgaben gesetzt wurde. Im Osten gab es tatsächlich "Der kleine Angsthase" als Ferienlektüre nach der ersten Klasse und den üblichen Schulaufsatz mit steigender Wortanzahl. Das gilt heute als Überforderung. Erkennbar war die Tendenz relativ früh. Ich stand schon 1996/97 in Berlin vor einer 7. Klasse, in der viele nicht mehr richtig lesen und schreiben konnten. Besonders sozial oder fantasiebegabt erschienen mir die Kinder aber auch nicht.

    • @Matthias Berger:

      Wenn die Kinder nicht gewillt sind das Lesen zu lernen, egal was die Lehrer auch versuchen, dann liegt das am Elternhaus und nicht an den Lehrern.....hast du mal mit Lehreren gesprochen und womit die sich heutzutage rumschlagen müssen? Beleidigungen, Gewalt und zwar aufs gröbste auch schon in der Grundschule.....sowas gab es früher nicht an unseren Schulen

  • Traurige Realität ist, dass in der gesamten Medienlandschaft die Realität an Schulen - sowohl die der SchülerInnen und deren Eltern - als auch die des Lehrpersonals völlig unzureichend abgebildet wird.



    Das werfe ich als Lehrerin an einer Sekundarschule in Neukölln dem Journalismus sehr allgemein vor. Es gibt kein Bemühen, sich mit den vielseitigen Themen zu beschäftigen, die Schulalltag ausmachen.



    Und wenn ich angesichts der seit geraumer Zeit herrschenden Bedingungen etwas von "fehlender Lehrersensibilität" lese, kann ich nur noch bitter lachen.



    Es macht sich niemand eine Vorstellung davon, wie es ist, sehr heterogene Gruppen von SchülerInnen, die immer größer werden, inclusive inkludierter emozional-sozial problematischer SchülerInnen plus den allseitigen Coronaschäden irgendwie noch unter einen Hut zu bringen.



    Ich wünsche mir, dass JournalistInnen sich nicht nur mit Studien beschäftigen oder die Pressemitteilungen des Senats veröffentlichen, sondern mit SchülerInnen, Eltern, LehrerInnen und Schulleitungen sprechen.



    Das könnte unter Umständemn den seit Jahren schmalspurigen Horizont erweitern

  • Politischer Wille? Ich glaube das reicht da nicht.



    Wir brauchen weniger Doofköppe dort oben.

  • Die bisherigen politischen, pädagogisch und organisatorischen Maßnahmen das Schulsystem zu Verbessern zeigen keine Wirkung. Deutschlands Bildungsniveau sinkt seit 2010. Dabei sind die Investitionen pro Schüler stetig gestiegen. Ich denke, dass weitere Investitionen (aktuell für Chancengleichheit) wieder nichts bewirken.

    Steile These: Das Hauptproblem liegt nicht an fehlender Chancengleichheit, überholten pädagogischen Konzepten, fehlenden LehrerInnen oder mangelndem Geld. Es liegt an den fehlenden Tugenden die maßgeblich zum Schulerfolg beitragen: Anstrengung, Fleiß und Disziplin.

  • Es geht nicht um das Aussprechen von Gymnasialempfehlungen, es geht um das Fehlen von Grundfertigkeiten?

    Die Bedeutung von Bildung wird Kindern von klein an in ihrem Elternhaus vorgelebt, durch Inhalte und Verhalten. Wenn hier nicht die Bedeutung von Bildung vermittelt wird, hat das Angebot, von Bildung durch Kita und Schule, keine Aussicht auf Annahme.



    Und das ist keine Frage des Geldes, hat mit Armut nichts zu tun, nur mit der Bildungsferne der Eltern.



    Und es hat nichts mit der Herkunft, oder der Sprache im Elternhaus zu tun.

    Es geht darum, dass Eltern begreifen, dass Bildung der Schlüssel zu sozialem Aufstieg ist, mehr nicht.

    Wenn das nicht gegeben ist, verbringen Lehrkräfte die ersten Schuljahre damit, die Kinder zu erziehen, statt ihnen Grundkenntnisse zu vermitteln.

  • "Dazu gehört, in der Leh­re­r:in­nen­aus­bil­dung mögliche eigene Vorurteile zu thematisieren."

    Wie der Autor zuvor selbst festgestellt hat, sollten Anwärter:innen zuerst vermehrt das Lesen und dessen Training thematisieren.

    Bei Lehrkräften, bei Eltern, in den Schulämtern und Ministerien - überall ist die Förderung basaler Fähigkeiten tendenziell unbeliebt.

    Das hat mehere Gründe - es ist eben langweilig, sich mit etwas zu befassen, was ein "alter Hut" ist und was man selbst schon lange kann.



    Doch vor allem ist es eben unbeliebt, messbare Leistungen zu trainieren und einzufordern.



    Nur ist das eben genau das, was eben zu Fähigkeiten und Fertigkeiten führt.

    Kommt man mit politischem Willen gegen eine gesamt-gesellschaftliche Stimmung an?



    Vielleicht ein Stück weit.

    Die ganze Wahrheit ist:



    Es braucht einen Mentalitätswandel - zu mehr Leistungsbereitschaft und Kritikfähigkeit.

    Und ganz nebenbei ist eine Fokussierung auf Leistung und das Zulassen von negativen Bewertungen automatisch besser für die soziale Mobilität.

  • "...weil Leh­re­r:in­nen bis heute Gymnasialempfehlungen nicht allein nach Leistungen aussprechen, sondern auch nach Elternhaus."

    Finden sie nicht, dass die ohne Beweis eine gemeine Unterstellung ist?

    • @Rudi Hamm:

      Zu diesem Punkt wollte ich auch gerade kommentieren. Zu den zwei Elternabenden kommen drei Viertel an Elternteilen. Keiner stellt sich mit seinem Beruf vor. Bekommen die Lehrer in manchen Bundesländern mit der Einschulung den Gehaltszettel der Eltern mitgeliefert?

      Hier ist Kriterium für die Gymnasialempfehlung der Notenschnitt (konkret: besser als 2,5). Eine Abweichung nach Herkunft durch die Lehrer hieße, dass "Khan" und "Aisha" schlechtere Noten bekommen würden.



      Vielleicht sieht das in sozialen Brennpunkten nochmal anders aus, aber hier ist auch an der Kleidung der Grundschulkinder der soziale Status der Eltern nicht ablesbar.

    • @Rudi Hamm:

      Es würde schon eine einheitliche Fibel und gleicher Stoff für alle reichen. Bücher statt schlechter Kopien und Stoffe die zusammen hängen. Ich habe mit den Kindern für Arbeiten auswendig gelernt, satt Zusammenhänge aufzeigen zu können.

    • @Rudi Hamm:

      ... nein, finde ich auch nicht. Die Tochter der Nachbarn (Türken) hätte eine Hauptschulempfehlung bekommen. Erst hat die Pädagogin "vergessen" sie zu fördern und dann gerne abgeschoben. Wir haben viele HA mit ihr gemacht, weil die Eltern wenig Deutsch konnten. Heute über 20Jahre später hat sie studiert und postet aus aller Welt.

  • Der letzte Absatz spricht übrigens eins der Grundprobleme unseres derzeitigen Schulsystems an. Dessen Konzept stammt noch aus Kaisers Zeiten. Grundschulen nur bis Klassenstufe 4 und anschließende Trennung auf unterschiedliche Bildungswege führt in die Irre und ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Die Grundschule bis Klasse 4 war vor 150-200 Jahren ausreichend für's einfache Volk, danach ging es auf eine höhere Schule oder eben auch nicht. Später wurden die Volksschule dann bis zur 8. Klasse geführt.



    Aber wa soll heute noch diese Klassentrennung? Und was soll heute noch der starre Frontalunterricht? Und warum erfolgt meistens rigoros eine Alterstrennung? Es gibt genügend Schulen in freier Trägerschaft, die mit Altersmischung gute Erfahrungen haben, aber auch einige (wenige) staatliche Schulen mit solchen Konzepten.



    Wer sich für zukunftsweisende Schulkonzepte interessiert, wird wird auf alle Fälle fündig.



    Und achja, die Inklusion - die ist prinzipiell eine Haltungsfrage und hier muss ganz vorne angesetzt werden, nämlich gleich nach der Geburt. Da fängt nämlich schon Bildung an, nicht erst in der Schule. Jedes Kind muss individuell bertrachtet werden, danach was es braucht, welche Möglichkeiten es hat. Warum werden Menschen mit Handycap immer noch konsequent von allen anderen getrennt?

    • @hechtmaus:

      Dem kann ich mich vollumfänglich anschließen!



      Wir wissen wie gute Bildung geht. Unsere skandinavischen Nachbarn machen es uns seit Langem vor. Und natürlich hat das auch mit einem entsprechendem Menschenbild und Respekt zu tun.



      Aber nachweislich will die Mehrheit. der Deutschen das so nicht. Das scheint zu kompliziert. Nichts ist wichtiger in Deutschland als möglichst früh möglichst jeden einzusortieren in Schubladen, aus denen man dann nur schwer wieder rauskommt.

  • 1. Statt Englisch in der Grundschule lieber wieder mehr Deutsch und Mathe. Es ist Unsinn, Englisch zu lehren, wenn ein Teil der Schüler kaum Deutsch kann.



    2. Wieder mehr Diktate schreiben.



    3. Früher gab es Lesebücher und nicht Kopien. Da konnten motivierte Schüler, die zu Hause kaum Bücher hatten, auch mal drin blättern und zusätzliche Texte lesen.

  • Ich bitte Sie.....ich kenne Familien, die aus Syrien zu uns gekommen sind, von dort n-i-c-h-t-s mitgebracht haben, außer ihren Fleiß und gute Manieren, den sie auch ihren Kindern beigebracht haben. Die Kinder (zwei Schwestern) studieren nun Medizin.

    • @Günter:

      Finanzielle Armut und Bildungsferne korellieren zwar häufig, bedingen einander aber nicht.



      Einzelbeispiele von armen Menschen, die es geschafft haben, sagen daher nichts aus über die statistischen Chancen von Kindern, deren Eltern die Schule schon zu schwierig fanden.

      • @Herma Huhn:

        Da haben Sie natürlich auch Recht. Aber was wollen wir machen. Statistik, oder den Kindern beibringen, dass sie sich anstrengen müssen, wenn sie mal was "auf die Beine stellen" wollen.

      • @Herma Huhn:

        Es gibt immer wieder mal ein Positivbeispiel, allerdings sind diese eben nur seltene Beispiele. Diese als Norm heranzuziehen, ist eher kontraproduktiv. 25% der Viertklässler haben keine Lesekompetenz (ein Viertel!!!!). Das Larifari der BRD-Schulbildung trägt endlich Früchte. Bald wird es so sein, dass jeder, der es sich leisten kann, seine Kinder auf Privatschulen verbringt (Herr Habeck macht es ja vor). Ist das jetzt die soziale Gerechtigkeit, die die heutigen "Linken" (inklusive Grünisten, SPD etc.) so anstrebt? Dieses Land besteht in der letzten Zeit zu einem großen Teil aus Hiobsbotschaften. Naja.

  • Vielleicht eine einfache Tatsache noch hinzugefügt: Lehrer lassen Kinder aus Familien, die den Kindern nicht helfen können, nicht aufrücken, weil nur durch elterliche Hilfe oft die Anforderung in der höheren Schule erfüllbar sind.



    Deswegen die Forderung: keine Hausaufgaben - und Lernen und Lehren nur in der Schule.



    Realität ist heute. Nur wer den Kindern Nachhilfe oder selbst Hilfe geben kann, wird in der Regel sein Kind bis zum höheren Schulabschluss bringen. Das war aber schon vor 50 Jahren so und



    ist in Bayern besonders schlimm. Dort sollten eigentlich die Eltern gelobt und benotet werden und nicht die Kinder, die Lehrer lehren weniger sondern schieben nur Stoff und Prüfungen Richtung Kinder.



    Das ist der sogenannte Vorsprung der Bayern im Bildungsniveau und nicht das bessere Schulsystem.



    Ich hoffe allein deshalb mal im Herbst nach der Landtagswahl auf eine Koalition der Vernunft, die die CSU abserviert.

    • @StefanMaria:

      Vor 50 Jahren war es nicht so, dass nur Kinder mit Nachhilfe oder Hilfe zu Hause einen höheren Schulabschluss erlangten. Im Gegenteil. Mein gesamtes Umfeld hat eine höhere Bildung geschafft, obwohl sich die Eltern (die alle keine Akademiker:innen waren) nicht um die Hausaufgaben der Kinder gekümmert haben. Für uns Kinder war es selbstverständlich, Hausaufgaben zu machen (Üben und Wiederholen ermöglichen, eine sichere Basis in Sprache als auch in Mathe zu erhalten). Es muss sich etwas anderes verändert haben: Vielleicht sind manche Kinder weniger selbständig, weniger diszipliniert oder sie kennen es nicht, dass Eltern selbst auch Bücher lesen)...

  • Im Haushalt steht, wofür letztendlich Geld ausgegeben wird, Geld in Bildung stecken (da weiß man nicht genau was raus kommt), oder doch lieber eine neue Autobahn, oder Bayern 1, oder oder oder

  • „Die traurige Realität ist, dass unser Schulsystem weiter rigoros Kinder aus sozial benachteiligten Familien bei der Weichenstellung ‚Gymnasium oder nicht aussortiert“. Dieser Befund ist zwar korrekt, aber noch nicht ausreichend tiefgreifend. Richtig ist leider, dass egal auf welcher Schulform Kinder nur mit massiver Unterstützung ihrer Eltern gute schulische Leistungen erbringen können. Gebildete Eltern unterstützen ihre Kinder, andere Eltern vertrauen auf das Schulsystem, was ein großer Fehler ist. Man darf hierbei auch kaum Unterstützung durch die Lehrer erwarten. Über Jahre wurde Schulen geschlossen, Stellen eingespart, Pädagogische Anforderungen erhöht (Stichwort Inklusion).

    • @Ward Ed:

      War das denn je anders? Ich bin vor über 30 Jahren zur Schule gegangen und meine (nicht-akademiker) Eltern haben mir sehr nachhaltig eingeschärft wie wichtig die schulische Bildung ist. Die Frage ist also ob die Vermittlung von Bildung nicht schon immer ein Teil der elterlichen Erziehungsleistung war?

      Ich habe aber auch grundsätzliche Probleme mit dem "andere Eltern vertrauen auf das Schulsystem, was ein großer Fehler ist", denn dann wäre das Problem kurzfristig lösbar: Die Linke müsste einfach nur zu den Menschen gehen und ihnen erklären dass Bildung nicht alleine vom Schulsystem erbracht wird, sondern dass sich die Eltern auch darum bemühen müssen. Die Betroffenen würden aus allen Wolken fallen und innerhalb weniger Jahre wäre das Problem vom Tisch.

      Das Problem dabei: Grüße von den Elternabenden, die ich besuche. Dort heißt es "Lesen Sie mit Ihren Kindern" und "Lassen Sie sich von Ihren Kindern erzählen was diese derzeit in der Schule machen" und so weiter. Wenn die anderen Eltern alle auf das Schulsystem vertrauen würden, dann würden die aufmerksam mitschreiben und die Empfehlungen umsetzen. Das wird aber offenbar nicht gemacht. Warum?