Bildungskrise in Deutschland: Zeitenwende auch für Bildung

Das Bündnis „Schule muss anders“ fordert mehr Anstrengungen bei der Bildungsgerechtigkeit – und ein 100-Milliarden-Sondervermögen.

Menschen protestieren, eine Frau trägt eine Fahne mit der Aufschrift " Schule muss anders"

Kundgebung des Bündnisses „Schule muss anders“, hier am 26. 11. 2022 in Berlin Foto: Christian von Polentz

BERLIN taz | Am Rande des Treffens von Bund und Ländern hat das Bündnis „Schule muss anders“ mehr Anstrengungen bei der Bildungsgerechtigkeit angemahnt. Vor dem Kanzleramt demonstrierten am Donnerstagvormittag mehr als hundert Schüler:innen, Lehrkräfte, Er­zie­he­r:in­nen und El­tern­ver­tre­te­r:in­nen.

„Wir wollen alle Betroffenen zusammenbringen, um gemeinsam für eine bessere, gerechtere und inklusivere Bildung einzustehen“, sagte Mitinitiator Philipp Dehne. Das Ausmaß der Bildungskrise mache es notwendig, dass die „politischen Entscheidungsträger“ Bildung endlich mit Priorität behandelten. Die Demo vor dem Kanzleramt bezeichnete Dehne als Auftakt für einen bundesweiten Bildungsprotest.

Im Kern stellt das Bündnis vier Forderungen auf. Erstens ein Sondervermögen für Bildung über 100 Milliarden Euro und eine Anhebung der Bildungsausgaben von derzeit 7 auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zweitens eine bundesweite Ausbildungsoffensive und mehr Praxisbezug im Lehramtsstudium.

Drittens eine Neuorientierung von Lehrplänen hin zu einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Und viertens einen Bildungsgipfel mit Kanzler Scholz, bei dem Lehrkräfte und Schü­le­r:in­nen auf Augenhöhe über die Lösungen für die Bildungskrise sprechen können.

Personalkrise ist Gerechtigkeitskrise

„Auch die Bildung braucht eine Zeitenwende“, fasste Sonya Mayoufi vom Berliner Kitabündnis die Forderungen zusammen. Als Pädagogische Geschäftsleiterin des landeseigenen Trägers Kindertagesstätten Berlin Süd-West beobachtet Mayoufi tagtäglich, wie sehr die Personalkrise die Arbeit von Er­zie­he­r:in­nen und anderen Kitakräften erschwert – und damit die Aussicht auf mehr Bildungsgerechtigkeit verringert.

Denn fehlendes Personal schade am Ende vor allem den Kindern aus sozial benachteiligten Familien, so Mayoufi. Sie forderte deshalb Bund und Länder auf, die Rahmenbedingungen an Kitas und Schulen zu verbessern: „Wenn Sie bessere Arbeitsbedingungen schaffen, kommen die Fachkräfte von allein“.

Dorothee Berres von den Teachers for Future ergänzte, dass sich auch bei den Inhalten etwas ändern müsse. Wenn Kinder und Jugendliche auf die Zukunft vorbereitet werden sollen, müssten die Schulen auch stärker die Bildung für nachhaltige Entwicklung berücksichtigen. Ein UN-Ziel, zu dem sich Deutschland zuletzt 2021 bekannt habe. „Aber alle tollen Ziele scheitern an den veralteten Strukturen“, so Berres. Auch angesichts der eklatanten Leistungsrückgänge bei Grund­schü­le­r:in­nen fordert die Lehrerin die Politik auf: „Sie müssen reagieren“.

Auch ein Vertreter der Bildungsgewerkschaft GEW sowie mehrere Schü­le­r:in­nen schilderten ihre Eindrücke eines starren und unterversorgten Bildungssystems – inklusive massiven Unterrichtsausfalls und maroden Schulgebäuden. Sie alle forderten mehr Geld für Bildung.

Ihre Forderungen hat das Bündnis „Schule muss anders“ am Donnerstag der Politik übergeben. Die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, Stephan Weil (SPD) und Hendrik Wüst (CDU), nahmen den Appell im Namen der Bundesländer entgegen. Insgesamt haben den Aufruf mehr als 70 Organisationen, Gewerkschaften und Initiativen unterschrieben.

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