piwik no script img

Kritik an der tazWer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?

Auf einer Lesung in Hamburg über Medienkritik von links bekam die taz ihr Fett weg. Immerhin gab's Gummibärchen.

Früher Punkrock, heute Hochglanz: das taz-Haus in Berlin Foto: Jens Kalaene/dpa

I m roten Salon wird gewartet, ob noch wer kommt. Der Ort ist weder rot, noch Salon, sondern ein Raum in der Hamburger Uni, der aussieht wie ein Klassenzimmer an einem Montagabend. Vorne Kreidereste an der Tafel, davor Reihen grauer Plastiktische, über allem kaltweißes Licht.

Die Plätze sind schon gut besetzt. Neben mir werden Apfelchips ausgepackt. Wenigstens ist das Thema spannend: ideologiekritische Medienkritik und die Frage, ob die taz noch links ist. Ich schenke mir Tee ein.

Am Pult vorne unter der Tafel sitzen zwei Männer mit Brillen und Anzügen. Der eine hat graue Haare, der andere braune. Vor ihnen liegen mehrere Exemplare des Buches „Medienkritik ist links“. Der Braunhaarige heißt Lukas Meisner, ist Soziologe und hat das Buch geschrieben. Der andere ist Michael Hopp und hat Meisner eingeladen. Hopp organisiert seit diesem Jahr die Veranstaltungsreihe „Roter Salon“, zusammen mit der Marxistischen Abendschule Hamburg und der Liste unabhängiger Verlage.

Die Tür geht auf und ein Pizza­karton schiebt sich durch den Spalt. Dazu gehört eine junge Person. „Oh, Pizza für alle?“, ruft meine Sitznachbarin, graue Strähnchen. Die Pizzaperson setzt sich schnell in eine der hinteren Reihen.

Michael Hopp will anfangen: „Wir Ältere wissen es noch …“, und unterbricht sich. „Heute sind ja gar nicht so viele Ältere da, was mich sehr freut!“

Ich drehe mich um und schaue ins Publikum. Ein bisschen graue Haare, ein paar blondierte Strähnchen. Mehrere Schurwollpullover, aber auch einige T-Shirts. Er hat recht. Es ist eine gute Mischung.

Hopp ist inzwischen dabei, ins Thema einzuleiten. Er erzählt, wie die Bild 1967 auf Benno Ohnesorg mitgeschossen hat, dass Medienkritik früher links war und wie er mal einen Text mit Dutschke und Cohn-Bendit redigieren durfte. „Süß!“, ruft eine Frau mit roter Mütze vor mir.

Dann geht es los. Meisner erzählt, was in seinem Buch steht und liest daraus vor. Er sagt, Medienkritik gelte seit einigen Jahren als rechts, aber Linke sollten sie sich zurückholen. Denn was berichtet wird, sei wichtig, weil es die Öffentlichkeit präge, und die stecke im neoliberalen Kapitalismus in der Krise. „Das Problem ist, wir haben keine linken Medien mehr“, sagt Meisner.

Die taz bellizistischer als die „Welt“

Blätter wie die taz seien links gestartet, aber heute bürgerlich, teils „haarsträubend rechtsliberal“. Niemand benenne mehr den Kapitalismus als Grundlage dieser Gesellschaft. Das liege an den Zwängen des selbigen, aber auch am fehlenden Mut der Journalist*innen, die nicht anecken wollten.

Ich rutsche ein Stück tiefer in den Stuhl, stecke mein Kinn in meinen Rollkragen und denke, dass da was dran ist. Vorne will Hopp von Meisner wissen, wo die linke Medienkritik stattfinden könnte, wenn die taz den Bach runter gegangen ist. „Wie kommen wir aus der Nummer raus?“ Meisner windet sich ein bisschen um die Antwort und nennt einen Podcast und die Freien Radios. Im Publikum brummen zwei alte männliche Stimmen zustimmend.

„Seid ihr noch wach?“, fragt Hopp das Publikum. „Weiter!“, ruft die Frau mit der Mütze. Dann geht es um die Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine. Hopp liest aus einem Kommentar, der in der taz erschienen ist. Hopp und Meisner sind sich einig, die taz sei „teilweise bellizistischer als die Welt“ und nicht mehr links, wie die Grünen.

Das Publikum wird langsam unruhig und will Fragen stellen. Hopp reckt eine Faust in die Höhe und sagt: „Wir springen ans Ende des Buches, wo Lukas politisch die Katze aus dem Sack lässt!“ „Hab ich das vorher noch nicht?“, sagt Meisner gutgelaunt und klappt sein Buch wieder auf.

Als er fertig ist, klopfen alle auf die Tische, wie nach einer Vorlesung. „Habt ihr noch Kraft?“, sagt Hopp vor der Fragerunde, „hätte hier eine Tüte Gummibärchen.“ „Gummibärchen für alle!“, brüllt meine Sitznachbarin und die Tüte geht rum. Ich nehme eine ganze Handvoll und sage, dass ich bei der taz bin und linken Journalismus machen will. „Macht nichts“, dreht sich einer im Wollpulli zu mir um, „du darfst ruhig bleiben.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jahrgang 1997, hat Soziologie und Anthropologie in Halle (Saale) studiert, kommt vom Freien Radio. Seit November 2024 Volontärin der taz nord in Hamburg.
Mehr zum Thema

45 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Meisner verpackt linke Gesellschaftskritik in einer Medienkritik. Dass die bei der liberalen breiten Mitte gar nicht mehr (gut) ankommt, hat viel damit zu tun, dass diese glaubt, der Liberalismus sei der große Befreiungsschlag schlechthin. Die individuellen Freiheiten stehen hoch im Kurs und die paar bedauerlichen Auswüchse eines neoliberalen oder Hyperfinanz-Kaptialismus ließen sich mit ein bisschen guten, also sozialen, grünen, internationalistischen oder irgendwie weltoffenen, Willen schon in den Griff kriegen.

    Meisner macht u.a. klar, dass Liberalismus eine Ideologie des Wettbewerbs, der 'Klassifizierung', eines universellen Sozialdarwinismus ist. Wettbewerb muss immer und überall sein, die Besseren werden sich so immer von den Schlechteren scheiden (lassen). Für die Gleichstellung von diversen identitären Gruppen zu sein, reicht nicht, will man die Gesellschaft auf eine Fundament sozialer Kooperation stellen.

    Meisners Kritik des Liberalismus betrifft auch die Medien. Er macht auch klar: Medienhäuser, die sich an den wirtschaftlichen Notwendigkeiten orientieren, tendieren zum marktkonformen Opportunismus und haben wenig Spielraum für fundamentale Gesellschaftskritik.

  • Ah! Die Volksfront von Judäa wirft der Judäischen Volksfront (und der Populären Front) Spaltung vor und am Ende kloppen sich alle in den Katakomben unter Pilatus' Palast darum, wer die Entführungsidee hatte... während das Fliegende Suizidkommando..., ach, lassen wir das.

    Dieses Beharren auf dem Etikett und auf dem Alleinvertretungsanspruch für ebendieses ging mir bei den ganz en orthodoxen Linken schon in der Uni vor einem Vierteljahrhundert aufn Sack. Dieses Besserwisserische gepaart mit Abwertung und Hochnäsigkeit, aber, hey, Hauptsache, die drei anderen DKPler / Autonomen / MLPDler der Stadt sahen das genauso.

    Boah, rückwärtsblickender als "Du bist aber gar nicht mehr...!" geht es ehrlich kaum.

  • Die taz ist sicher sehr viel angepasster geworden mit der Zeit. Aber wer ist das nicht? Wir schauen zu, wie der Neofeudalismus seit 4 Jahrzehnten immer offener Gesellschaften zerstört und unterstützen seine Protagonisten täglich dabei. Das muss man sich ja irgendwie schönreden. Oder davon ablenken, weil man seit Ewigkeiten keine Idee hat, dem Paroli zu bieten. Vielleicht profitiert man sogar ein wenig davon.

    Wem noch immer nicht klar ist, wohin die Reise geht beim Krieg Reich gegen Arm, kann sich die nächsten Jahre die USA anschauen, und insbesondere Leute wie Musk "Let this sink in" oder Thiel und deren Ansätze studieren. Wir leben in Oligarchien, und nur noch teilweise in Demokratien. Der Demokratieteil wird weiter verringert. Der Unterschied zu China ist, dass dort die Oligarchen vom Staat kontrolliert werden, im Westen ist es zu oft schon umgekehrt.

    Ich sehe derzeit zwei Möglichkeiten: Den Oligarchen konsequent die Unterstützung entziehen und ihre Felder nicht mehr bestellen, Freifunk statt Telekom oder SEPA statt Paypal bspw. Oder das Modell frz. Revolution, um liberté, egalité und fraternité zurückzuerobern. Lieber wäre mir ersteres, so weit muss es nicht kommen.

  • Was ist daran nicht zu verstehen? In der Mitte - sprich Gut- Spießbürgertum kann man sich auf den sonnigen Plätzen aalen, der Demokratiefreundlichkeit frönen und gleichzeitig auf die spucken, die diese Demokratie nicht verdienen. Heutzutage musst Du als TAZ alles bedienen: Von links nach rechts, von unten nach oben, von vernunftkritisch bis bierzeltbedümpelt...etc...egal, was mensch denkt oder wählt, dieses kranke Wirtschafts-bzw. Gesellschaftssystem hat alles unter Kontrolle. In diesem södermerzischen Sinne wünsche ich ein unnachdenkliches Wochenende.

  • Mal so aus dem eher "wespenfarbigen" Fanblock gesprochen: Für mich ist "Linkssein" ein Sammelbegriff für eine Vielzahl möglicher Antworten auf die moralische Frage "Wie definiere ich Gerechtigkeit?“, die gemeinsam haben, dass sie in eine bestimmte, grob vielleicht als "egalitaristisch" beschreibbare Richtung gehen.

    Abseits dieser Antworten sehe ich keinen Bedarf für Dogmatik, vor allem nicht hinsichtlich des "Wie" auf dem Weg zu dieser Gerechtigkeit. Da werden zwar immer schon ohne Ende ideologische Götzenbilder - von Grundannahnen über Prozesstheorien bis zu Zielvorstellungen - aufgestellt, vor denen selbsterklärte Hohepriester wachen, dass auch Jeder angebliche Linke artig huldigt, Aber das nicht zu tun, macht in meinen Augen niemanden weniger links.

    Und genau das ist es, was ich bei der taz beobachte: Weniger ideologisch-betonkopferte Huldigung, mehr undogmatische Sachlichkeit und Dialektik. Links ist das Alles trotzdem - und diskursfähiger und überzeugender ist es auch.

    Sorry an die Hohepriester und Alle, die politische Medien eher als Kitt für ideologische Blasen sehen. Für die ist so eine Entwicklung natürlich geradezu entwurzelnd...

    • @Normalo:

      Danke, würde ich unterschreiben.

    • @Normalo:

      Ich hätte links auch definiert als säkularen Glauben an gleiche Rechte und universale Chancen für alle, an Korrektur oder gar Abschaffung von ökonomischer Ausbeutung. Das Bild sowohl von Menschen und Fortschritt ist meist, aber nicht zwingend eher positiv besetzt.



      "Identitäten" wären nicht per se links, sondern wohl eher aus dem Gegenteil entsprungen. Auch Frieden bzw. Wehrhaftigkeit sind für mich nicht im Links-Rechts-Raster.

      • @Janix:

        Wilhelm Weitling, der Urvater des deutschen Kommunismus und Gründer des Bund der Gerechten, welcher als Vorläufer und Keimzelle der späteren sozialistischen und kommunistischen Parteien Europas und der Welt gilt, war ... war Frühsozialist mit christlichen Überzeugungen. ( de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Weitling )

        Was also soll das spalterische Bestehen auf säkulare Grundlagen des Linksseins, wenn die Wurzeln dafür m Christentum liegen?

      • @Janix:

        Sehnse. Da passt zur Abwechslung mal kein Blatt zwischen uns beide. :-)

        • @Normalo:

          Und noch dann: Auch rechts ist m.E. ein säkularer Glaube: an Tradition, Privileg/Ungleichheit und Ursünde o.ä. des Menschen.

          Im Idealen sorgt wohl Links für 'Fortschritt' und sozialen Frieden, zügelt den Kapitalismus; Rechts weist jedoch auf, was die Fortschrittsfreunde da alles übersehen oder wo der Optimismus vielleicht eher nicht halten könnte.

          Nicht: blockiert für die Blockade an sich wie Lindner nach meinem Eindruck. Nicht: verzögert die Energiewende weg vom Putin-Fossil wie Altmaier.



          Das Abkanzeln der linken Seite zuweilen gerne mitdenken.

  • Was bei der TAZ auffällt, das gerade in Artikeln über Klima Umweltschutz fast nie die Systemfrage gestellt wird.

    Es wird oft in naiver Weise Klimaschutz eingefordert, im Sinne: Jetzt reißenden wir uns mal zusammen und steuern um...

    Es wird aber nicht gefragt, ob konsequenter Klimaschutz und Kapitalismus überhaupt vereinbar sind.

    Es wird nicht die Systemfrage gestellt, auch wenn offensichtlich ist, das es aktuell keine funktionierenden Alternative zum Kapitalismus gibt.

    Aber ohne das diese Frage gestellt wird, steht der Elefant im Raum, der die politische Diskussion vergiftet.

    Wenn wir die Erkenntnis und das Dilemma nicht aushalten, das wir mit Wucht auf eine Klima und Umweltkrise zusteuern, die aber nicht aufzuhalten ist, weil Kapitalismus nur ein langsamer und kein konsequenter Klimaschutz möglich ist, ein konsequenter Klimaschutz unsere Gesellschaften in kürzester Zeit destabilisieren würde und es keine praktikable Alternative zum existierenden System gibt, dann wird alles weitere falsch und verlogen.

    Wir sollten uns ehrlich machen und das Dilemma aushalten lernen.

    • @Paul Schuh:

      Zitat: "Wenn wir die Erkenntnis und das Dilemma nicht aushalten, das wir mit Wucht auf eine Klima- und Umweltkrise zusteuern, die aber nicht aufzuhalten ist, weil im Kapitalismus nur ein langsamer und kein konsequenter Klimaschutz möglich ist, ein konsequenter Klimaschutz unsere Gesellschaften in kürzester Zeit destabilisieren würde ..."

      Keine Ahnung, wie Sie darauf kommen. Tatsächlich ist derzeit mehr Klimaschutz möglich, als es im "real existierenden Sozialismus" der Fall war.

      Auch in der DDR haben die Bürger wirksame Mittel gehabt, um die Luft zu verpesten: Den Zweitaktmotor ihrer Autos, Motorräder und Mopeds sowie den sogenannten "Hausbrand", also Kohleöfen, die mit teils schwefelhaltiger Braunkohle beschickt wurden.

      Den Gebrauch dieser Mittel einzuschränken, hätte eine gewaltige Destabilisierung bedeutet, weil damit zumindest im Winterhalbjahr ein sehr großer Teil der Wohnungen (der gesamte Altbaubestand) unbenutzbar gewesen wären. Dazu kam die teilweise recht luftbelastende Produktionsweise vieler Industriebetriebe.

      Bleibt also die Erkenntnis, daß es eine Gesellschaftsordnung, die mehr vermöge als die derzeitige, noch nicht gab.

    • @Paul Schuh:

      Das ist gut analysiert.

    • @Paul Schuh:

      Der größte Fehler und das größte Versagen Deutschlands in Sachen Klimaschutz ist es halt nicht wie Frankreich pro Kernkraftwerke gehandelt zu haben nach der Ölkrise sondern stattdessen weiterhin den Kohlestrom subventioniert zu haben obwohl auch damals schon der Treibhauseffekt bekannt, der Club of Rome Bericht schon fast 10 Jahre alt war.



      Und die taz war soweit mir bekannt, immer Teil der Anti Atomkraftbewegung oder liege ich falsch?

      Nicht nur dass es massiv billiger gewesen wäre die Konvoikraftwerke wirklich in Serie zu bauen die 80iger durch, wir hätten halt statt ca. 1/3 des Strommixes Anfang der 90iger, auch die Hälfte oder mehr haben können und entsprechend so viel weniger CO2 emitiert, dass wir nicht dieses Jahr das 1,5 Grad Ziel überschritten hätten, was aber so ist.



      Vielleicht wäre sogar nicht nur der Kohleausstieg 1990 oder 95 möglich gewesen, wenn KKWs und Erneuerbare als einzige für den Strommix ausgereicht hätten, sondern sogar der Gassaustieg mittlerweile deutlich in der Vergangenheit liegend.



      FR schickt uns täglich die Menge von ca. 6 dieser Konvoi KKWs laut deren offiziellem Portal RTE.

  • Die taz bellizistischer als die „Welt“

    Ich warte ja noch immer auf eine Linke Lösung des Ukraine-Konfliktes der ohne Gebietsabtretung (und damit Ukrainer zu weiteren Massakern wie in Butscha zu verdammen, oder unter dem russischen Regime leben zu müssen) und ohne Waffenlieferungen funktioniert.

    Und wenn jetzt wieder einer einfach "Verhandlungen" in den Raum ruft dann...^^

    Und wenn Vernunft/Mitgefühl nicht links sondern bürgerlich sind, dann sollten alle etwas bürgerlicher werden.

    • @Pawelko:

      Eine Idee, man müsse es hinnehmen, daß die eigenen Staatsbürger von einem Aggressor erschlagen werden wie Vieh, ist nicht links. Die wäre vor 1990 auch auf dem Gebiet der früheren DDR als hirnrissig empfunden worden.

      Auch die Idee, das jetzige Russland und Belarussland sowie die zwei früheren Sowjetrepubliken (nach Stalin) stünden noch in einem anderen Zusammenhang als dem geografischen, ist nicht links. Dasselbe git für China und Nordkorea. So etwas ließe sich ohne Mißachtung der Netiquette weder kommentieren noch schlüssig erklären.

      Also nicht überall ist das, was draußen draufsteht, auch drin - zumindest nicht in jeder Beziehung. Wobei schon die Frage erlaubt sein muß, worauf sich die Bezeichnung "links" für die Agenda der Frau Wagenknecht, in ihrer gesamten Schönheit betrachtet, herleiten lasse.

    • @Pawelko:

      Das sehe ich auch so. Es wird von Teilen so definiert, dass nur das Extreme und Laute, das Vernunftbefreite, auch links sei.



      Und dann frage ich mich immer wieder, wie es sein kann, dass die linke Seite mit den Leuten nicht ins Gespräch kommen kann und die rechte Seite, die sich sonst gern so blöd anstellt, das wunderbar schafft.

  • Guten Tag.

    Welcher Gegensatz soll das sein, links oder bürgerlich?



    Ich bin Bürger dieses Staates und bin der Ansicht, dass es hier weniger ungerecht und weniger schädlich für unsere Lebensgrundlagen zugehen könnte, also naiv.

  • "die taz sei „------- bellizistischer als die Welt“ und nicht mehr links, wie die Grünen."

    Links sein, heißt kritikfähig sein, heißt andere Analysen, andere Meinungen zulassen.



    Und das kann diese taz nicht mehr.



    Sie ist die Grüne Variante des Bayernkuriers, immer auf Linie, nicht nur in den eigenen Texten, auch in den Kommentaren. Das mag der emotionalen Befriedigung der Grünen Anhänger dienen, es hilft aber nicht dabei, die Welt zu verstehen. Und auch zu verstehen, warum andere Menschen, die Dinge anders sehen.

    Die taz läuft Gefahr, in der eigenen Blase gefangen zu werden. Sie muss sich darüber klar werden, was sie sein will, ein Parteiorgan, oder eine Zeitung, vielleicht sogar eine linke Onlinezeitung.

    Auch wenn das bedeutet wesentlich mehr Kommentare, wesentlich schneller zuzulassen.



    Ach ja, Zensur ist auch nicht links.

  • Ich lese die Taz noch - trotz alledem.



    Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir versucht haben den Berliner Bürgern an der Gedächtniskirche auf der Strasse eine linke Zeitung zu verkaufen. Das war noch nicht die Taz



    Der Gedanke war, es müsste einen Gegenpol zur Bild-Zeitung und den anderen Springerzeitungen geben.....

    Na ja, eine linke Boulevardzeitung ist es nicht geworden, aber eine linke Tageszeitung die hauptsächlich von denen gelesen wurde, die sich irgendwie dem "sozial-liberalen - sozialistischen - kommunistischen - humanistischen - ökologischen - alternativen - intellektuellen Spektrum " zurechneten.

    Damals gab es auch in Berlin statt der Grünen noch die Alternative Liste in der ein vergleichbarer Personenkreis anzutreffen war.

    Die Taz war damals , durchaus eine linke Zeitung - nur eben eine, die mit der "Arbeiterklasse" nichts im Sinn hatte.

    Ich selbst stamme aus einer Arbeiterfamilie, gehörte schon in den Anfängen nicht direkt zur Taz-Zielgruppe.



    Vielleicht nehme ich auch deshalb stärker war, dass sich die Taz zu einer liberalen Zeitung mit leicht linken Tendenzen entwickelt hat.

  • Dieser ewige Deutungskampf unter Linken - was links ist, wer links ist - und vor allem das gegenseitige sich absprechen links zu sein ist für mich seit Jahrzehnten 'faszinierend'.



    Also eigentlich zutiefst verstörend, aber irgendwie faszinierend. Gefühlt gönnt man sich gegenseitig nicht den Dreck unter den Fingernägeln. Warum?🤷‍♂️



    Hab ich wirklich noch nie verstanden. Leben und leben lassen - das sollte doch gerade unter Linken oberste Prämisse sein...

  • Ich habe das Buch von Herrn Meisner nicht gelesen und der Artikel gibt wenig Einblicke in seine Forderungen. Ok die Interessierten sollen das Buch auch kaufen.



    Aber ist die Abgrenzung Links-Rechts heute überhaupt noch zielführend im Sinne zur Lösung gesellschaftlicher und ökologischer Probleme und zur Definition einer wünschenswerten langfristigen gesellschaftlichen Entwicklung?



    Zur Beantwortung dieser Frage braucht es erst mal eine Definition von Links die über das Wiederkäuen von Marx hinausgeht und sich nicht nur an politischer Theorie sondern auch an realen Lebenswelten orientiert. Diese Definition darf durchaus Ambivalenzen enthalten, denn unsere Welt ist ambivalent, aber man sollte sie klar benennen als Grundlage für die Aushandlung von konkreten politischen Positionen. Erst dann kann man eine sinnvolle Medienstrategie festlegen. Diese ist nämlich dringend erforderlich und betrifft nicht nur die taz, wenn man sich anschaut was in den analogen und digitalen Medien an neoliberalen, menschenfeindlichen und umweltzerstörenden Positionen mit massivem Einsatz veröffentlicht wird.



    Also liebe taz, es gibt viel zu tun, nicht nur aber auch für euch. Auf geht's!

  • Kommt drauf an welchen Teil der "Linken"(TM) Herr Meisner und Herr Hopp meinen, denke ich. Ich zweifle nicht daran, dass sich autoritäre Linke, die Anno 2024 noch Sowjetunion und DDR nachweinen, in Leuten wie Xi Jinping, Maduro, Putin oder Sinwar "Befreier" sehen, nicht von der taz vertreten fühlen. Linke die Meinungen akzeptieren, oder zumindest verschmerzen können, die von der eigenen abweichen dürften sich bei der taz wohlfühlen. Und das ist auch gut so.

    • @Claudio M.:

      Zitat: "Ich zweifle nicht daran, dass sich autoritäre Linke, die anno 2024 noch Sowjetunion und DDR nachweinen, in Leuten wie Xi Jinping, Maduro, Putin oder Sinwar "Befreier" sehen ..."

      Weshalb bezeichnet man solche Leute als Linke? Es gäbe durchaus gute Gründe, gewissen Aspekten, die zur Zeit der DDR normal waren, nachzuweinen. Nur waren die DDR-Bürger, die West-Mark, West-Konsum und Reisefreiheit haben und umfassende Staatssubventionen sowie soziale Garantien aller Art behalten wollten, nicht links. Die waren allenfalls "naiv". Und diese "Naivität" (man kann das auch anders bezeichnen), ermöglicht es ihnen jetzt problemlos, Leuten wie den genannten nachzulaufen. Es wird dann eben wieder Rotz und Wasser geheult, sobald die Wünsche in Erfüllung gehen.

  • Es gibt bei der TAZ durchaus noch ein paar linke Artikel und Journalistinnen und Journalisten, aber ich nehme es auch so wahr, als ob gewisse Themen oft nicht zusammengedacht werden.

    Gerade wenn es um Ökonomie oder Standpunkte aus der Arbeiterklasse geht, wird schnell gutbürgerlich und von oben herab argumentiert.

    Das fällt mir übrigens auch beim Kommentieren auf, wo manch kritischer Kommentar von mir gar nicht mehr veröffentlicht wird.

  • Endlich spricht es einmal jemand aus: Die TAZ ist schon lange nicht mehr links, viele Kommentare und Artikel haben sogar eine sehr konservative Handschrift. Dabei ist egal, für was die TAZ früher stand oder als was sie gilt - sie ist nicht links. Ich würde sogar sagen, daß sie sich sehr dem Mainstream unterwirft, und der ist in den Positionen schon lange konservativ. Und ja, es auch wirklich keine linken Medien mehr, das ganze Spektrum hat sich deutlich nach rechts verschoben.

  • Was ist daran nicht zu verstehen? In der Mitte - sprich Gut- Spießbürgertum kann man sich auf den sonnigen Plätzen aalen, der Demokratiefreundlichkeit frönen und gleichzeitig auf die spucken, die diese Demokratie nicht verdienen. Heutzutage musst Du als TAZ alles bedienen: Von links nach rechts, von unten nach oben, von vernunftkritisch bis bierzeltbedümpelt...etc...egal, was mensch denkt oder wählt, dieses kranke Wirtschafts-bzw. Gesellschaftssystem hat alles unter Kontrolle. In diesem södermerzischen Sinne wünsche ich ein unnachdenkliches Wochenende.

  • Das Image der taz ist "links". Deshalb lese ich sie; nicht, weil ich ein Linker bin, sondern weil ich mein Lesespektrum auch mit Ansichten erweitern möchte, die in eher klassisch bürgerlichen Medien zu kurz kommen. Darin liegt m.e. eine Existenzberechtigung der taz.

    Sicher, manche Beiträge sind m.e. zum Teil lächerlich, im besten Fall naiv, oft aus Bereichen wie Feminismus oder Sozialismus. Aber da steht die taz politisch anders ausgerichteten Medien nicht nach, wenn auch in politisch entgegengesetzter Pointierung.

    Letztlich entscheidet das ökonomische Ergebnis über die Zukunft eines "Blatts", so dass auch die taz sich bemühen sollte, ihren Lesern ein etwas breiteres Spektrum mit dem Fokus "links" bis "bürgerlich" anzubieten. Auch ein stärkeres Gewicht auf Themen wie Liebe,Partnerschaft,Sex würde ihr gut stehen. Zumindest, wenn die Beiträge nicht ausschließlich feministisch geprägt sind; eine gewisse Balance ist zu empfehlen. Das steigert auch die Glaubwürdigkeit der taz im Ganzen.

    • @Lucas100:

      Entschuldigung, aber eine Dr. Sommer für Erwachsene Rubrik in der taz braucht niemand. Gerade feministische Perspektiven sind in anderen Medien stark unterrepräsentiert, und ich konsumieren ein breites Spektrum von Medien aus dem In--und Ausland, angefangen von Mother Jones, Correctiv, Übermedien, New Yorker, Atlantic bis zu den großen Tages und Wochenmagazinen.



      Ihr Wording Feminismus mit Lächerlichkeit zu verknüpfen stört mich. Viele gesellschaftliche Probleme unserer Zeit lassen sich mit mangelnder Geschlechtergerechtigkeit gut veranschaulichen. Daher halte ich das Gegenteil für richtig, mehr Feminismus und mehr Sozialismus und noch mehr Schwerpunkte bei der Vermittlung von Zusammenhängen von Wirtschaft und Gesellschaft. Der Analphabetismus der Deutschen in diesem Bereich ist in der gesamten Medienlandschaft deutlich spürbar. Sonst würde nicht stets zum Beispiel mühlengebetsartig das Bild der Schwäbischen Hausfrau durch's Mediendorf getrieben, wenn es um die Schuldenbremse geht.

  • Erst links und dann bürgerlich. Habe ich oft im Freundeskreis erlebt. Letztlich gilt immer noch der Spruch, den ich zum ersten Mal von meinem Vater hörte:

    wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch Sozialist ist, keinen Verstand!

    • @Lucas100:

      Der Ausspruch wird witzigerweise (und falsch) Winston Churchill zugeschrieben, der im Gegensatz dazu sehr konservativ begann und mit zunehmenden Alter liberaler wurde. Das Original soll von Jules Claretie stammen

    • @Lucas100:

      Auch seinem geschätzten Vater sollte man nichts ungeprüft glauben.



      Das wäre Verstand.



      Das Herz entscheidet Entscheidungen, und das darf gerne sozial sein, denn u.a. nur so sind wir da angelangt, wo wir Menschen heute sind.

    • @Lucas100:

      Ganz schlimmer, peinlicher Spruch, wenngleich er bei manchen sicherlich zutrifft. Muss man diesen Müll wirklich immer wieder nachplappern? Hat sicherlich vielmehr etwas mit Haltung und Rückgrat zu tun, von denen einige einstige Mitläufer eben wenig aufweisen. Gut, dass es auch noch ältere Menschen gibt, die ihrem linken Kernanliegen treu bleiben

    • @Lucas100:

      Den Verstand verlierst du generell um die 60 rum. Wenn du Verpflichtungen wie die Kehrwoche oder Gartenarbeit machst oder mit einem Mercedes herumfährst.

      Mit 20: A im Kreis, mit 30: Peace-Zeichen, mit 40: Mercedes-Stern

      Ich bleibe weiterhin Antikapitalist. Kapitalismus ist deshalb so erfolgreich, weil spätestens mit 35 du ihm nachgibst.



      Nicht mit mir, ich laufe auch mit 60 in kaputten Jeans.

  • Na so schlimm ist es nun auch nicht. Welche Zeitung, seriöse meine ich, kann's denn links besser als die TAZ? Da fällt mir nicht viel ein.....

    • @Perkele:

      Sehe ich auch so, die taz ist heute eben das linke Wohlfühlblatt für Familie Dr. Fischgrät-Stuck.

    • @Perkele:

      Nicht viel, das stimmt.

      Mir würde die Jungle World einfallen. Und die konkret, die allerdings den größten Teil ihrer Wirkmächtigkeit eingebüßt hat.

      Die taz bietet immerhin ein relativ breites Spektrum von Träumereien des Post-Wachstums bis zu genauen Analysen etwas von Georg Seeßlen. Auch Feddersen liest sich oft gut oder Fanizadeh.

      Und zum Aufregen gibt es Bax und Unfried.

      Alles da, steigen Sie ein, fahren Sie mit.

    • 6G
      613694 (Profil gelöscht)
      @Perkele:

      Genau das ist ja die Katastrophe.

  • Ich denke ihr bei der taz solltet euch erstmal klar werden, ob ihr überhaupt ein linkes Blatt sein möchtet. Ich denke auch eine öffentliche Diskussion dessen wäre Recht spannend.



    Wenn ihr euch dann in der Redaktion einig seid und das bejat, könnt ihr überlegen, wie ihr wieder eines werdet.



    Denn die Analyse bei dem Vortrag ist vollkommen richtig: die taz ist wesentlich mehr bürgerlich liberal als links.

    • @TeeTS:

      Gut, dass immer alle wissen was links ist und was nicht. Das Problem: die Aussagen widersprechen sich. Größtes Hobby von Linken scheint mir immer zu sein, sich gegenseitig die Berechtigung abzusprechen, statt Bündnisse gegen den eigentlichen politischen Gegner zu formieren.



      Ich finde das einfach nur frustrierend. Und dann wundern das die eigenen Narrative bei der breiten Masse nicht verfangen.



      Selbstreflexion ist angesagt liebe Mitprogressive…

      • @Kassenclown:

        Sehe ich genauso. Vielen Dank!

  • Ich kann Euch da beruhigen. Ihr seid noch links. Deswegen lese ich die TAZ.

    • @Spickerfresse:

      Je nach Betrachtungswinkel. Die ganze Medienwelt ist ja deutlich rechter und konservativer geworden. Im Vergleich dazu ist ist TAZ linker, aber verglichen mit den Wurzeln, wo sie herkommt, ist das ursprünglich Linke kaum noch zu sehen.