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Kritik an IsraelSprachlose Weitergabe

Gastkommentar von Lothar Probst

Ist Kritik an Israel wegen der Täterschuld nicht möglich? Davon kann keine Rede sein – die Aufarbeitung drang nie in die Tiefe der Gesellschaft ein.

Das Brandenburger Tor in Berlin am 85. Jahrestag der Pogrome vom November 1938 Foto: Andreas Friedrichs/imago

A merikanische linke und linksliberale Intellektuelle, aber auch Vertreter des Postkolonialismus in Deutschland erwecken den Eindruck, dass es in Deutschland aufgrund einer Täterschuld nicht möglich und opportun sei, Israel zu kritisieren. Es gebe vielmehr eine fragwürdige offizielle Antisemitismusdefinition, die jede Kritik an Israel im Keim ersticke.

Lothar Probst

Jahrgang 1952, war Professor für Politikwissenschaft an der Uni Bremen und Geschäftsführer des dortigen Instituts für Interkulturelle und Internationale Studien.

Als Beleg wird die Absage von Veranstaltungen und Ausstellungen mit Vertretern des Globalen Südens, die sich kritisch zu Israel äußern, angeführt. Auch die Verpflichtungserklärung, die der Berliner Kultursenator allen Vertragspartnern abfordern wollte – wovon er inzwischen abgerückt ist –, stieß in diesem Zusammenhang auf massiven Widerspruch.

Wenn es so wäre, dass es aufgrund von politischen Tabus weder auf institutioneller Ebene noch auf gesellschaftlicher Ebene möglich ist, Israel und seine Regierung zu kritisieren, müsste man sich ernsthaft Sorgen um die Meinungsfreiheit in Deutschland machen. Es ist zudem legitim und notwendig, Versuchen einer Zensur der Kritik an Israel und dem Vorgehen gegenüber der Zivilbevölkerung im Gazastreifen entgegenzutreten.

Gleichwohl ist der Eindruck, dass man in Deutschland Israel nicht kritisieren dürfe oder könne, grundfalsch. Jeden Tag wird in der Öffentlichkeit kritisch über die Netanjahu-Regierung, rechtsextreme Minister und das Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen berichtet. Auch die dortige inhumane Lage wird ausführlich dargestellt.

Die Erinnerung an den Holocaust läuft Gefahr, zu einer ritualisierten Pflichtaufgabe zu werden

Zudem wird Israel gemahnt, sich an das Völkerrecht und zivile Standards zu halten sowie die Versorgung der palästinensischen Bevölkerung sicherzustellen. Außerdem wird seit Monaten mit Sympathie über die Protestbewegung in Israel gegen die Netanjahu-Regierung und deren Versuche, die Demokratie auszuhöhlen, informiert. Es kann also keine Rede davon sein, dass man sich in Deutschland nicht kritisch mit Israel auseinandersetzen könne.

Überhaupt stellt sich die Frage, ob es in der deutschen Mehrheitsgesellschaft jene „Täterschuld“ gibt, von der behauptet wird, dass sie Kritik an Israel verhindere. Viele Deutsche sind vielmehr gegenüber den Juden und deren Schicksal ziemlich desinteressiert und gleichgültig, wie vor kurzem eine Umfrage von Forsa gezeigt hat: 59 Prozent der Befragten sagten, dass ihnen Israel fremd sei, nur 23 Prozent empfanden eine „Nähe“ zu Israel. Auch die Anteilnahme der deutschen Öffentlichkeit am Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 fiel erschreckend gering aus.

Die 68er-Generation kann sich zugutehalten, mit der Elterngeneration die Auseinandersetzung über die Verstrickung in die Nazi-Verbrechen öffentlich geführt zu haben. Insofern ist ein gewisser Stolz auf die in dieser Auseinandersetzung entstandene deutsche Erinnerungskultur zwar berechtigt, aber ob das Ausmaß der Erinnerung angesichts der jüngsten antisemitischen Vorfälle wirklich in die Tiefenschichten der Gesellschaft vorgestoßen ist, bleibt fraglich.

Erinnerung als ritualisierte Pflicht?

Zwangsläufig hat die Erinnerung an den Holocaust im Laufe der Zeit unter den Nachfolgegenerationen nicht nur nachgelassen, sondern läuft auch Gefahr, zu einer ritualisierten Pflichtaufgabe zu werden. Der französische Philosoph Claude Lefort hat einmal gesagt: „Seit einiger Zeit spricht man viel von der ‚Pflicht, sich zu erinnern‘. Das ist erfreulich. […] Aber ohne die Pflicht zu denken, läuft die Pflicht, sich zu erinnern, Gefahr, wirkungslos zu sein.“

Jedenfalls hat die Aufarbeitung der Vergangenheit nicht so tiefgreifend das Familiengedächtnis vieler deutscher Familien erreicht wie erhofft. Zwar wird im öffentlichen Raum durch Mahn- und Gedenkstätten sowie in Sonntagsreden an die Gräueltaten der Vergangenheit erinnert, aber das verleugnete Wissen um den Holocaust und die Verbrechen des NS-Regimes konnte sich gleichwohl durch das Beschweigen auf verquere Art und Weise auf die nächsten Generationen übertragen.

Die Nachfolge­generationen sind auch heute noch mit der sprachlosen Weitergabe eines schuldbelasteten Erbes konfrontiert. Dies gilt für den Westen, aber noch stärker für den Osten Deutschlands: Unter dem dünnen Firnis des staatlich verordneten Antifaschismus wurden in den Familien noch stärker als im Westen Einstellungsmuster tradiert und konserviert, die nahtlos an die Zeit des Nationalsozialismus anknüpften. Man muss befürchten, dass es jenseits der hohlen Bekenntnisse der AfD-Führung zur christlich-jüdischen Tradition vor allem unter den Mitgliedern der ostdeutschen Landesverbände der AfD einen tief sitzenden Antisemitismus gibt.

Weniger Mitgefühl mit Juden

Vor diesem Hintergrund kann man zumindest infrage stellen, ob es in der behaupteten Breite überhaupt jene Täterschuld unter den Deutschen gibt, von der gesagt wird, dass sie eine Art Zwangssolidarität mit Israel stifte. Im Unterbewusstsein wird es sicherlich auch bei den Nachgeborenen noch etwas von diesem Schuldbewusstsein geben, aber gerade durch dessen Verdrängung wendet sich das Mitgefühl eher von den Juden ab als ihnen zu.

Wenn man noch einen Schritt weitergeht, kann man auch sagen, dass es zu einer Schuldumkehr gekommen ist, indem sich insbesondere linke Strömungen mit „den“ Palästinensern solidarisieren, weil sie als vermeintliche „Opfer der Opfer“ betrachtet werden. Dabei ist es die Hamas, die – ähnlich wie die Nationalsozialisten – die Juden auslöschen will, und zwar einzig und allein deshalb, weil sie Juden sind.

Und wenn heute jüdische Studierende in Deutschland durch propalästinensische Aktivisten am Betreten von Hörsälen behindert werden, erinnert das auf fatale Art und Weise an das Vorgehen des NS-Regimes. Vor diesem Hintergrund kann man froh sein, dass es wenigstens in den politischen Institutionen und in der politischen Klasse eine klare Haltung zu Israel, seinem Existenzrecht und seinem Recht auf Selbstverteidi­gung gibt.

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55 Kommentare

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  • Dankeschön für den sehr guten Kommentar

  • Wenn mit dem Passus " fragwürdige offizielle Antisemitismusdefinition" auf die (tatsächlich von vielen offiziellen Stellen in der BRD verwendete) IHRA-Arbeitsdefinition verwiesen werden sollte, dann kann ich nur aus meiner Sicht sagen, dass ich diese Definition tatsächlich ebenfalls problematisch finde. Sie wird von zahlreichen Institutionen und Wissenschaftler*innen als nicht trennscharf und "schwammig" bezeichnet. Gerade bezüglich einer deutlichen Trennung zwischen Antisemitismus und einer eben nicht aus Antisemitismus resultierenden Kritik an politischen Handlungen des israelischen Staats und seiner Organe. Die neuere Jerusalem Declaration on Antisemitism ist da definitiv eine bessere Definition, auch für die (wissenschaftliche) Analyse auf Grund ihrer Trennschärfe. Leider erfreut sie sich aber auch aus genau diesem Grunde nicht immer an Beliebtheit.

  • @HIERBAMALA Danke für diesen Beitrag! (In der Sache in Wahrheit hierbabuena...)

  • Unterscheiden: der israelische Staat sind nicht die Juden, und umgekehrt.



    Universal argumentieren: Marokko besetzt genauso völkerrechtswidrig die Westsahara, also genau dieselben Maßstäbe anlegen, hier wie dort, nicht weniger, nicht mehr.

    Das hilft schon für einen kühlen Kopf. Der sich dann nicht von Netanyahu & Co. einfach einfangen lässt.

    • @Janix:

      Ja, das ist wichtig.

      Dass die Hamas kein Exklusivrecht auf Kriegsverberechen hat, ist eine Tatsache.

      Aber statt nun schäumend und schnaufend sein mieses Gewissen vong Oppas Schandtaten her an Israel zu sublimieren, sollte es Pflicht sein, diesen Exzeptionalismus zu entsorgen, und zu erkennen, dass Israel, im Guten wie im Schlechten, ein Staat ist, der ganz offensichtlich *existiert* - und das mit weit mehr Berechtigung als irgendein anderer Staat - und insbesondere der deutsche! -, und der vor dem Völkerrecht gleichgestellt ist mit jedem anderen Staat der Welt.

      "Sonderbehandlungen" gab es in der jüdischen Geschichte schon viel zu viele.

      Und jeder Staat hat das selbstverständliche Recht, sich gegen eine Bedrohung durch größenwahnsinnige Massenmörder, die ihn auslöschen wollen, zu wehren. Und wenn ein Staat dieses Recht überzieht und grob fahrlässig oder gar mutwillig die Zivilbevölkerung im Kampfgebiet brutalisiert wird, ist er natürlich dafür zu verurteilen.



      Aber ganz sicher NICHT als der Teufel aller Teufel, bloß weil einen der Hafer sticht und einem jemandes Nase nicht passt!



      Sondern mit dem gleichen Masstab der allgemeinen Menschenrechte und des Völkerrechts wie alle anderen Staaten auch.



      Denn dafür wurden diese Maßstäbe festgesetzt: dass es keine "Über"- und "Unterstaaten" gibt, so wie es auch keine "Über-" und "Untermenschen" gibt!

      Und wenn nicht gerade ein Hardliner wie Netanyahu an Ruder wäre, dann würde unser FRONTEX mehr Tote auf unserer kollektiven Kappe aufhäufen als der Nahostkonflikt.



      Als EUropäer*innen sollten wir also besser mal sehr, sehr vorsichtig sein, wenn wir mit dem Finger auf andere Staaten wegen deren Taten zeigen.

      Nur so, um die Perspektive mal brutalstmöglich zurechtzurücken.

      ----

      Dass zurechnungsfähige erwachsene Menschen für ihre Taten haften und dafür ggfs Rechenschaft ablegen müssen, ganz gleich ob sie jüdisch, muslimisch, christlich, atheistisch, oder was auch immer sind - DAS wiederum hat nichts mit *irgendeinem* Staat zu tun.

  • Die islamisch- arabischen Staaten (Türkei, Iran, Indonesien..??) haben es mit ihrer fast 80jährigen Weigerung Palästinenser-innen einzubürgern geschafft, dass man Israel als Problem betrachtet. In Israel lebende Palästinenser, also arabische Israelis, haben gewöhnliche Staatsbürgerrechte. Wenn aber ein palästinesisches Paar, in einem islamisch- arabischen Staat ein Kind zeugt, zeugt es einen NICHT anerkanntes Flüchtling..."Die tatsächliche Situation der palästinensischen Flüchtlinge hängt weniger von ihrem rechtlichen Status, als vielmehr von der Praxis der arabischen Aufnahmeländer ab, in denen sie leben. In einem engen Zusammenhang mit der palästinensischen Forderung nach Umsetzung des „Rückkehrrechts“ steht auch die Weigerung vieler arabischer Staaten, ihre Flüchtlinge vollständig in die Gesellschaft zu integrieren. Den Flüchtlingen wird in ihren Gastländern oft nur ein „humanitäres Aufenthaltsrecht“, aber keine Anerkennung als Flüchtlinge gewährt ..Die meisten arabischen Staaten, darunter Ägypten, Libanon, Syrien und Irak, stellen den palästinensischen Flüchtlingen spezielle Flüchtlingsdokumente aus, die, abhängig von den jeweiligen innerstaatlichen Konditionen, alle 6 Monate bis 3 Jahre erneuert werden müssen. "-siehe - www.bundestag.de/r...19-06-pdf-data.pdf

  • Wohl wahr: "Im Unterbewusstsein wird es sicherlich auch bei den Nachgeborenen noch etwas von diesem Schuldbewusstsein geben, aber gerade durch dessen Verdrängung wendet sich das Mitgefühl eher von den Juden ab als ihnen zu." Und das führt zu unserer reflexartigen Schuldabwehr, sodass wir erst gar nicht zur Besinnung kommen.



    Natürlich hat der sogenannte Normalbürger in seinem Leben kaum oder zu selten die Chance, über das zu reflektieren, was den jüdischen Mitbürgern vor und nach 1933 von "anderen" Deutschen tatsächlich angetan wurde. Reflexartig wehrt er die "Auschwitz-Schuldkeule (Martin Walser...) ab. Wer sich als Schüler*in zum Besuch eines KZs "gezwungen" gesehen hat, wird sich auch später nicht auf Besinnung und Empathie einlassen.



    Vielleicht sollte in der Schule ja einmal versucht werden, nicht nur mit dem unfassbaren Holocaust-Geschehen zu konfrontieren. In Franken, wo ich wohne, gibt es in nicht wenigen Dörfern immer noch verlassene jüdische Friedhöfe und Synagogen, und dort finden sich oft auch in Wort und Bild Zeugnisse des schon um 1900 in Auflösung begriffenen Landjudentums. Das waren kaum Bauern, sondern armselig lebende Landarbeiter, kleine Viehhändler -



    kleine Leute eben. Aber sie waren auf ihre Art jahrhundertelang integrierender Teil der Dorfgemeinschaften gewesen. (Bezüge zu heute...)



    Wer weiß noch etwas von diesen einstigen "jüdischen Mitbürgern"? Und von deren Nachfahren? Von ihnen gehört zu haben könnte vielleicht dazu beitragen, unser "Unbeteiligtsein" oder unseren aggressiven Umgang mit Juden im Allgemeinen und Israel im Besonderen zu überdenken.

    • @Auweiowei:

      Lohnt sich, gerade die Alltagsgeschichte im ländlichen Raum. In meiner Gegend gibt es z.b. dies: synagoge-laufersweiler.de/de und: www.tagesschau.de/...eitzeugen-100.html

      Gedenkorte und Stolpersteine, Friedhofspflege, Schulprojekte zur lokalen Geschichte, in seltenen Momenten noch Treffen mit Überlebenden. Lebensgeschichten werden und bleiben greifbar und damit vorstellbar.

      Das schützt nicht vor neuem Grauen, aber es schützt vor dem Vergessen des alten Grauen.

  • Danke für diesen sehr interessanten Artikel, der zum wiederholten Lesen einlädt.



    "Es ist ", wirklich, "an der Zeit" , dass wir uns intensiv mit dem Thema und der Entwicklung der Gesellschaft hierzu auseinander setzen. Leider ist Vieles sicher Geglaubtes Schnee von Gestern und auch Linke entpuppten sich als Antisemiten.



    Ich freue mich über die klare Analyse der Meinungsfreiheit in Deutschland, sowie das Lob an die Adresse der politischen Klasse.



    Genau da fängt die Verschwörungstheorie nämlich an und ist leider auch in der kommune keine Seltenheit.

  • Interessante Gedanken! Klar scheint zu sein, dass mit der sogenannten Vergangenheitsbewältigung vieles nicht stimmt.



    Schon die 68er haben sich ja mehr mit der Schuld ihrer Väter (übrigens auch mit deren Versagen bei den Verbrechen) beschäftigt, als mit dem Erreichen einer echten Haltung. Die folgende Generation war objektiver, aber gerade die Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Verbrechen war trügerisch. Die Konservativen haben jede Aufarbeitung gleich einfach übersprungen und sich in eine unkritische Solidarität mit Israel geflüchtet. In die Tiefe der Gesellschaft hat es die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit jedenfalls eigentlich nie wirklich geschafft. Im Osten gibt es ein noch sehr viel größeres Defizit. Da war der Antifaschismus nicht nur selbstverständlich, sondern auch durch staatliche Anordnung diskreditiert. Da ist im Kern der Gesellschaft nichts passiert. Die Generation einer Christa Wolf ist verschwunden, es blieben Leute, die sich einfach nur gar nichts mehr sagen lassen wollen. Reflexe hier wie dort, antiautoritär, egozentrisch und sehr unfrei in der Behauptung scheinbarer Freiheit. Weit weg von der tatsächlichen Frage. Wie soll man so zu einer sowohl kritischen als auch solidarischen Haltung zu Israel gelangen?

  • "Man muss befürchten, dass es jenseits der hohlen Bekenntnisse der AfD-Führung zur christlich-jüdischen Tradition vor allem unter den Mitgliedern der ostdeutschen Landesverbände der AfD einen tief sitzenden Antisemitismus gibt."

    Kann man so sehen. Nur warum soll das nicht für die Altmitglieder der ostdeutschen Linken (Fallschirmjäger Bartsch und Co.) gelten? Für die SED war Israel ein zu bekämpfender Feindstaat.

  • Die Zahlen, dass 54% sagen ihnen sei Israel "fremd" ggü 24% die sagen ihnen sei Israel "nah", kann man ja so oder so sehen. Für sich genommen kann es bedeuten, dass einfach so viele Israel noch nicht aus eigener Ansicht kennen, es ist ja nun nicht gerade geographisch unser nächster Nachbar. Gemeint ist aber wahrscheinlich etwas anderes und zwar nicht dass uns Juden und ihr Schicksal "egal" wären, sondern da der Nahostkonflikt und die israelische Politik ggü den Palästinensern immer mitschwingen und daher das Bild verzerren, drückt es v.a. die Distanz oder Ablehnung dieser Politik aus. Nichts anderes. Und da Herr Probst uns ja gotteseidank das Denken erlaubt, ja sogar eine Pflicht sieht, ist es den Leuten nicht zu verdenken, dass sie aus der durchaus umfangreich vorhandenen Berichterstattung ihre Schlüsse ziehen. Diese aus der kritischen Berichterstattung naheliegenden Schlüsse werden immer wieder von regierungsamtlicher Seite oder von ernannten u selbsternannten Antisemitismusbeauftragten mit der behauptung konterkariert diese Berichterstattung sei einseitig, verzerrt ja falsch und im Verhältnis zur Kritik an anderen Ländern zu viel und das ließe sich nicht anders denn als Antisemitismus interpretieren. Deshalb gibt es hier eine merkwürdig starke Diskrepanz zw kritischer Öffentlichkeit und unkritischer Regierungsamtl. Verlautbarungen.

    • @ingrid werner:

      Mit der Ambivalenz der Interpretationsmöglichkeitender Umfrage haben Sie natürlich recht.

      Eigentlich hätte man auch eruieren müssen, wie nahe den Befragten die Palästinenser sind.

      Ich kann mir gut vorstellen, dass die Werte nach dem Massacker nicht höher sind.

      Damit wäre der ganze Konflikt dden Befragten fremd.

      Spannend ist, wie wir zwei bei unserem selbständigen Denken zu unterschiedlichen Schlüssen kommen.

      Ich konnte den unterschiedlichen Maßstab in der Berichterstattung mit dadurch verzerrenden Artikeln reihenweise entdecken.

      Ich erlebe die amtlichen Verlautbarungen auch nicht als unkritisch.

  • Dass die Deutschen sich viel mit "Täterschuld" belasten würden, ist nur ein populärer Mythos, der von Revisionisten auf beiden Seiten des politischen Spektrums gestreut wird. Dabei ist in Wahrheit die historische Aufarbeitung niemals in die Tiefe der Gesellschaft eingedrungen, wie der Kommentar richtig feststellt. Das betrifft übrigens nicht nur das Holocaustgedenken, sondern erst recht den Umgang mit weiteren Nazigräueln. Die großen Kriegsverbrechen von Wehrmacht und SS werden bis heute kaum im deutschen Geschichtsunterricht behandelt und sind den meisten Deutschen weitgehend unbekannt – selbst jetzt im 21. Jahrhundert. Aber trotzdem werden von Aktivisten dummdreist Slogans skandiert wie "Free Palestine from German Guilt". Das ist einfach nur beschämend und armselig.

  • Die"Das wird man ja wohl noch sagen dürfen" Fraktion gibt es leider auch links des politischen Spektrums. Meistens auch genauso verlässlich.



    "Das wird man doch noch sagen dürfen" und im nächsten Satz kommt einem der größte rassistische/antisemitische Müll entgegen.

    • @Jungle Warrior:

      soll heißen?



      Man darf keine Kritik üben, weil jemand ner religiösen Gruppierung angehört?

      Dann wirds aber verdammt schwierig, überhaupt noch jemanden zu kritisieren...

      • @Ralf Harbusch:

        Wieso gleich wieder ins andere Extrem umschlagen? Damit machen Sie sich doch nur die verquere These zueigen, dass JEDE Kritik an Israel der "rassistische/antisemitische Müll" sei, den @Jungle Warrior da unter dem Fähnchen der "Man wird doch wohl..."-Meinungsfreiheit verbreitet sieht.

        Die Devise heißt halt, KEINEN antisemitischen/rassistischen Müll abzusondern, dann braucht man auch keine "Man wird doch wohl..."-Rhetorik davor. Fakt ist, dass viele Leute ihre Tiraden so anfangen, wiel sie schon wissen, dass das, was sie als nächstes sagen wollen, eben SEHR WOHL mehr ist als nüchterne Kritik am Handeln einer ausländischen Staatsgewalt.

        • @Normalo:

          “Die Devise heißt halt, KEINEN antisemitischen/rassistischen Müll abzusondern …”.



          So einfach könnte es in der Tat sein, aber wir sind hier ja in Deutschland.



          Leider Gottes haben wir hierzulande eine ziemlich fette Diskussion darüber, was als “Israelkritik” noch durchgehen kann - wobei sich immer noch die Frage stellt, warum immer und ausschließlich Israel das bevorzugte Objekt der Kritik sein muss - und was als handfester Antisemitismus identifiziert werden kann. Andernorts - selbst in den USA - tut man sich nicht so schwer damit. Muss wohl mit der Geschichte zusammenhängen.



          Diese etwas seltsam anmutende Floskel von den Dingen, die man “ja wohl noch sagen” dürfe - um dann stante pede den größtmöglich anzunehmenden Schwachsinn herauszuposaunen - scheint mir auch eine typisch deutsche Charaktereigenschaft zu sein.



          Deshalb verzichte ich persönlich ja auf derartige vorauseilende rhetorische Figuren.😉

          • @Abdurchdiemitte:

            Diese Diskussion gehört auch geführt. Anderswo ist es mehr oder minder geduldet, eventuell sogar nicht bewältigter unterschwelliger Konsens, dass Israelkritik pauschal und dämonisierend geäußert wird und/oder sich weidlich antisemitischer Klischees bedient. Hierzulande haben wir einen sehr guten historischen Grund, etwas gewissenhafter zu hinterfragen, wo jetzt eine vermeintlich "sachliche" Kritik an der Politik Israels wirklich herkommt - und wo sie hinwill.

            Und ja, Deutschland ist in der Tat in punkto Antisemitismus ein besonderes Pflaster, weil es für eine freiheitliche Demokratie der Meinungsfreiheit ungewöhnlich scharfe Schranken setzt, wo immer die Nazivergangenheit mitschwingt. In Ländern wie Russland, China etc. (im Zweifel auch dem Gazastreifen zumindest VOR dem 7. Oktober) erübrigen sich alle Schlenker, denn da ist klar, dass man das, was hierzulande hinter dem "Man wird ja wohl noch sagen dürfen" kommen soll, eben NICHT sagen darf. Anderswo in der westlichen Welt hingegen sagt man es einfach, und die Meinungsfreiheit erledigt den Rest.

            Allerdings ist das auch nicht die ganze Wahrheit. Natürlich gibt es auch in anderen freiheitlich orientierten Ländern zumindest faktische Redeverbote, gegen die sich Andersdenke mit ähnlichen Floskeln auflehnen. Ob man z. B. in den USA nun Sanders-Fan oder "white supremacist" alter KKK-Schule ist, man wird auf eine Vielzahl von Menschen treffen, die aggressiv reagieren, wenn man so redet, wie man denkt. Und die Masche, das über eine defensive "Man will mir den Mund verbieten"-Rhetorik gegen die Widersprecher zu verwenden, ist nachweislich keine rein deutsche "Sportart": Ihr amtierender Weltmeister hat gerade die Vorwahl in New Hampshire gewonnen...

            • @Normalo:

              Korrektur:



              "...was hierzulande hinter dem "Man wird ja wohl noch sagen dürfen" kommen soll..."

              soll eigentlich heißen:

              ...was DORT hinter einem "Man wird ja wohl noch sagen dürfen" kommen WÜRDE...

      • @Ralf Harbusch:

        Klar darf man sogenannte "Kritik" üben. Das Netz ist voll mit unwidersprochener "Kritik". Die größten Larrys sondern ihren dünnen Quark ohne jeglichen Widerstand täglich millionenfach in die weite Welt, mit immensen Klickzahlen und Zuspruch. Unsere Zeiten sind geradezu ideal für Brandleger jeder Couleur. Das ist der Fakt.

  • "indem sich insbesondere linke Strömungen mit „den“ Palästinensern solidarisieren, weil sie als vermeintliche „Opfer der Opfer“ betrachtet werden. Dabei ist es die Hamas, die – ähnlich wie die Nationalsozialisten – die Juden auslöschen will, und zwar einzig und allein deshalb, weil sie Juden sind."

    Mich irritiert die Gleichstellung von Palästinenser und Hamas. Aus der Solidarität mit Menschen, die der Hamas nicht angehören und unter Hunger und Tod infolge der israelischen Angriffe zu leiden haben, wird eine Solidarität mit der Hamas abgeleitet.

    Diese Art der Argumentation ist unredlich. Solidarität mit Palästinensern und mit Israel sind sehr wohl kompatibel und waren es auch unter den Palästinensern vor dem 7. Oktober als noch mit überwältigender Mehrheit das Existenzrecht Israels anerkannt wurde und die Hamas mit großer Mehrheit abgelehnt wurde.

    "Eine Mehrheit der Befragten befürwortete bis zum 6. Oktober immer noch die lange totge- sagte Zweistaatenlösung – und erkannte, anders als die Hamas, das Existenzrecht des Staates Israel an. 73 Prozent sprachen sich für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts aus. Eine Minderheit von 20 Prozent plädierte für bewaffneten Widerstand." ( www.zeit.de/2023/4...mas-israel-meinung )

    Es ist viel absurde Feinbildgenerierung im Spiel bei der Beurteilung von Kritik am Vorgehen Israels, die immer wieder darauf hinaus läuft, dass die Kritiker das Existenzrecht Israels und das Recht auf Verteidigung nicht anerkennen.

    • @Rudolf Fissner:

      Ich konnte den Zeit Artikel nicht öffnen, deshalb habe ich eine andere Quelle gesucht. Sehr interessant und ausführlich, aber widerspricht Ihrer Einschätzung und bezieht sich auch auf andere Umfragen, als die genannte. www.mena-watch.com...tives-bild-israel/

    • @Rudolf Fissner:

      Es ist gar nicht klar, was mit "Existenzrecht" gemeint ist. Nach israelischer Lesart beinhaltet es die Anerkennung des historischen Rechts des jüdischen Volks auf Eretz Israel. Man kann es aber auch einfach als Recht des Staates Israel, in Zukunft weiterzubestehen, verstehen.

      • @Francesco:

        Ich glaube nicht, dass das biblische Zeug in Israel die Lesart ist. Habe aber nichts dazu gefunden. Das "einfach" Weiterbestehen dürfen reicht doch auch völlig.

      • @Francesco:

        Ich habe nicht verstanden, worauf Sie hinaus wollen.

        Nach dem ersten Satz habe ich sogar eine andere Argumentation erwartet.

        Die meisten Staaten auf dieser Welt leiten ihr Recht, in Zukunft weiterzubestehen, historisch ab.

        Was wäre da an Israel besonders?

        • @rero:

          Welche Länder haben Sie im Sinn, die ihre Grenzen und Bevölkerungszusammensetzung aufgrund von historischen Zuständen vor hunderten, ja tausenden von Jahren neu festgelegt haben? Und diese Grenzen dann auch noch immer weiter zu neuer Größe aufblasen wollten?

          Mir fallen dabei nur diverse nationalistische Länder ein aus der jüngeren europäischen Geschichte und die waren alles andere als positiv zu beurteilen.

    • @Rudolf Fissner:

      "Solidarität mit Palästinensern und mit Israel sind sehr wohl kompatibel..."

      Richtig, aber Solidarität mit Israel und Solidarität mit der Hamas sind NICHT kompatibel. Die Frage ist: Wie steht man zu Jenen, die sich für die Hamas entschieden haben? Denn das sind im Gazastreifen recht Viele und hierzulande eben auch mehr, als zumindest MIR lieb ist.

      In diesem Sinne: Bei weitem nicht alle Palästinenser sind Hamas-Terroristen, aber die allermeisten Hamas-Terroristen dürften sehr wohl Palästinenser sein und ihr Teufelswerk auch nicht ohne aktive Unterstützung oder zumindest Duldung noch viel zahlreicherer weiterer Palästinenser verrichten können. Wer die pro-israelische Einseitigkeit der deutschen Berichterstattung und politischen Positionierung beklagt und dabei mit bebendem Finger auf die armen (abstrakten) Nicht-Hamas-Mitglieder und die bald 27.000 gemeldeten Toten unter den Palästinensern zeigt, aber nicht einräumt (oder wenigstens NACHFRAGT), wie viele von denen eigentlich Hamas-Kämpfer oder -Unterstützer waren, der macht sich derselben Einseitigkeit und Undifferenziertheit schuldig.

      • @Normalo:

        @"... und die bald 27.000 gemeldeten Toten unter den Palästinensern zeigt, aber nicht einräumt (oder wenigstens NACHFRAGT), wie viele von denen eigentlich Hamas-Kämpfer oder -Unterstützer waren, der macht sich derselben Einseitigkeit und Undifferenziertheit schuldig."

        Sie unterschlagen die Hundertausende die hungern.

        Zum Antei der Hamas-Sympathisanten gibt es Umfragen (siehe Link oben). Sie können sich den Anteil der Treffer selber ausrechnen. Von denen werden dann auch noch wieder die allermeisten nie an Aktionen beteiligt gewesen sein.



        Zu den tausenden der toten Kindern erübrige ich mir ihren Forderungen nach der Nennung von Zahlen nachzugehen.

        Alles in allem kommt dabei auch nur raus, dass in überwältigender Mehrheit Unschuldige getötet werden.

        @"...aber die allermeisten Hamas-Terroristen dürften sehr wohl Palästinenser sein und ihr Teufelswerk auch nicht ohne aktive Unterstützung oder zumindest Duldung noch viel zahlreicherer weiterer Palästinenser verrichten können"?

        Was soll der Schnack? Sie ziehen offensichtlich doch alle Palästinenser mit ins Boot. Haben Sie die Zahlen die ich im link genannt habe nicht zur Kenntnis genommen, dass Sie diese so einfach ignorieren und den allergrößten Teeil der Palästinenser, die die Hamas ablehnen, per Herkunft als Terroristenunterstützer abstempeln.

        • @Rudolf Fissner:

          "Sie ziehen offensichtlich doch alle Palästinenser mit ins Boot."

          Nein, tu ich nicht. Ich weise nur darauf hin, dass es AUCH nicht ehrlich ist und Israel unnötig dämonisiert, sie alle AUS dem Boot zu ziehen. Die Hamas verschwindet irgendwie gerne aus der moralischen Gleichung vieler "überhaupt nicht feindseliger" Israelkritiker, sobald sie Israels Vorgehen im Gazastreifen beleuchten. Und das geschieht über den rhetorischen Trick, "Palästinenser" als eine von der Hamas sauber trennbare Kategorie aufzubauen, was aber eben nicht stimmt (selbst hinter der "sich erübrigenden" Opfergruppe "Kinder" verstecken sich - auch - jugendliche Hamas-Kämpfer). Wer es sich so einfach macht, kann natürlich trefflich Israel dämonisiern, und wundert sich dann, wenn das als tendenziös und potenziell antisemitisch wahrgenommen wird.

      • @Normalo:

        "Bei weitem nicht alle Palästinenser sind Hamas-Terroristen, aber die allermeisten Hamas-Terroristen dürften sehr wohl Palästinenser sein und ihr Teufelswerk auch nicht ohne aktive Unterstützung oder zumindest Duldung noch viel zahlreicherer weiterer Palästinenser verrichten können. "

        Ich finde den zweiten Absatz immer etwas schwierig, dass man nur Duldung oder Unterstützung in Erwägung zieht.

        Merkwürdiger Weise haben wir immer Verständnis für Menschen in Autoritäen Regimen, dass sie nicht ihr Leben riskieren für einen Aufstand oder um etwas zu ändern. Wir nehmen es ihnen auch nicht übel, wenn scheinbar Demokratische Wahlen gefakt sind und akzeptiert werden. Sobald so ein Land aber ein Krieg anfängt, gehen wir mit der dortigen Bevölkerung hart ins Gericht. Verurteilen viele als Unterstützer und bemängeln dass sie nicht dagegen aufstehen und ihr Leben riskieren.

        Um aufzustehen, für das Richtige zu kämpfen ist viel Mut erforderlich, viel Leid sollte man ertragen können und represalien akzeptieren. Das mag vielleicht einem alleinstehenden Idealisten leichter fallen als einem Elterteil der weiß das sein Kind zuhause wartet.

        Viele haben eine Vorstellung davon wie sie handeln würden, käme es zu so einer Situation. Aber kommt die Situation tatsächlich sieht es oft anders aus. Das Leben wird nicht so leicht riskiert wie viele das gerne von sich glauben. Das zeigt zum einen wie gering die Anzahl oft von Widerstandsgruppen sind.

        Vllt gehe ich auch von mir selbst aus. Ich hoffe, wenn ich mal in so eine Situation kommen sollte, dass ich für meine ideale einstehe und dafür kämpfe, aber ich schließe auch nicht aus das ich daran scheitere. Wir bewegen uns ja in eine gewisse Richtung derzeit.



        Schon der Gedanke nicht dafür zu kämpfen beschämt mich. Wie man wirklich handelt zeigt sich aber erst wenn die Situation eintrifft.



        Ich hab leider keine Statistik dazu aber ich vermute die große Mehrheit der Menschen, egal welcher Nationalität, wollen nicht sterben.

        • @Hitchhiker:

          Die Extreme in der Diskussion sind das Problem: Natürlich ist es inhuman, jeden Bewohner des Gazastreifens per se zum "(Mit-) Täter" zu erklären, der es "verdient" habe, was Israel ihm antut. Aber umgekehrt ist es eben genauso bigott und letztlich menschenfeindlich, Israel auf Basis so einer realitätsfern sauberen Trennung zwischen "Palästinensern" und "Hamas" zu dämonisieren. Und nichts Anderes passiert in der Argumentation gerade jener "braven Israelkritiker", die sich aktuell hierzulande nicht ausreichend toleriert fühlen: Die Angegriffenen, die Kriegstoten werden ungekürzt der Gruppe der unschuldigen Opfer zugerechnet (so wie die Hamas sich das wünscht), während die Hamas in einem Alibisatz verurteilt wird und dann entweder wie von Zauberhand aus dem anklagenden Diskurs verschwindet oder eben - wie oben von Herrn Fissner - allenfalls als böses Gegenstück zur Opferidentität "Palästinenser" dient.

  • Ein sehr guter Kommentar! Die „Schuldumkehr“ als verschobene Schuldabwehr kennzeichnet die aggressive Dynamik des aktuellen Antisemitismus in deutschen Debatten. Die Verschränkung mit postkolonialer Kritik schafft außerdem eine Haltung, die allüberall durch „den Westen“ Unterdrückte blind zu Opfern stilisiert. „AntisemitInnen aller Länder vereinigt Euch“ tönt es von links. Der Aggressor steht dabei wie seit ca. 2000 Jahren immer wieder und immer noch fest: „Der Jude“, bzw. seit 1948: Israel.

  • "Wenn es so wäre, dass es aufgrund von politischen Tabus weder auf institutioneller Ebene noch auf gesellschaftlicher Ebene möglich ist, Israel und seine Regierung zu kritisieren, müsste man sich ernsthaft Sorgen um die Meinungsfreiheit in Deutschland machen."



    Es entspräche auch keinesfalls dem Gedanken der Aufklärung, der unserem Grundgesetz eingepflanzt ist, wenn unter DemokratInnen auch auf internationaler Ebene berechtigte Kritik nur von speziell autorisierten Gruppen geübt werden darf, also von offizieller Seite oder in den Medien nur nach "Passieren" eines Filters. Der latente und kürzlich geschickt lancierte Vorwurf eines hier inadäquaten Umstandes führte schon zu antideutschen Reflexen, gegen die wir uns gleichermaßen wehren wollen müssen und auch können dürfen.



    www.deutschlandfun...tt-israel-100.html

  • Aus belltower.news zitiere ich:

    "Israelhass und Judenhass lassen sich analytisch nicht trennen. Das eine führt meist zum anderen. Mittlerweile haben selbst Studien diesen Zusammenhang belegt. Auch das ist keine neue Erkenntnis, aber hoffentlich eine, die sich endlich durchsetzt"

    Und nun, Überraschung: Auch Kritik an Israel (und der Regierung), sowie Kritik an Juden (als Menschen) haben immer einen Zusammenhang.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Das kritik z.B. am Aktuellen Kabinett Netanjahu, zwangsläufig mit "judenhass" verknüpft sei halte ich für Unsin. Selbst die mehrheit der Israelischen Staatsbürger, stellt Bibi derzeit ein ganz schlechte Zeugnis aus.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Wenn ich die Handlungen der Israelischen Regierung für falsch halte, dann heißt das nicht, dass ich ein Problem mit Israel habe. Allerdings habe ich ein Problem mit allen Rechtsextremen in Israel UND im ganzen Rest der Welt. Aber es gibt ja auch schon Menschen in Israel, die einen Waffenstillstand fordern - super!

    • @Troll Eulenspiegel:

      Begründete Israelkritik ist aber eben kein Israelhass. Man mag die Gründe jeweils unterschiedlich gewichten, aber sie müssen Teil eines Diskurses sein dürfen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Wir reden hier davon, Staaten zu kritisieren und deren Handlungen kritisch zu hinterfragen.

      Ihr "Hasszitat" greift hier nicht und trägt nichts zu einer konstruktiven Diskussion bei...

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Insofern ist ein gewisser Stolz auf die in dieser Auseinandersetzung entstandene deutsche Erinnerungskultur zwar berechtigt, aber ob das Ausmaß der Erinnerung angesichts der jüngsten antisemitischen Vorfälle wirklich in die Tiefenschichten der Gesellschaft vorgestoßen ist, bleibt fraglich.""



    ==



    Stolz? Dieser Begriff ist unpassend hinsichtlich des bislang jahrzehntelangen Kampfes am Anfang, um das Ausmass und Schrecken der Shoah und die Täter öffentlich zu machen um dann zu verhindern, das dieses Grauen in Vergessenheit gerät um eine Wiederholung von vorn herein zu verhindern. Wie lange hat es gedauert und wieviel Kampf war nötig bis das Stelenfeld als Gedenkstätte fast neben dem Brandenburger Tot tatsächlich umgesetzt und gebaut werden könnte? Dieser quälend lange Prozess erzählt mir nix auf was ich stolz sein könnte - sondern erzählt uns lediglich etwas über die Notwendigkeit des Erinnerns um das "Nie wieder" in seiner Klarheit und Wahrheit aufrecht zu erhalten.

    Das dieses Bewußtsein in weiten Teilen der Gesellschaft verankert ist kann doch nicht in Zweifel gezogen werden nachdem die Veröffentlichung der Gespräche während der Wannseekonferenz 2.0 vom 25.11,23 in Potsdam millionenfache flächendeckende Reaktionen zwischen Flensburg und München hervor gerufen hat die vor 5 Wochen fast niemand für möglich gehalten hätte.

  • Ein ausgezeichneter Kommentar, der in diesen Zeiten tragischerweise bitter nötig ist. Lothar Probst beleuchtet die Facetten des Antisemitismus differenziert, ohne dabei Nachgeborene und Zugewanderte abzuurteilen oder stereotype Forderungen zu stellen. Er stellt aber auch klar, dass Antisemitismus auch unter denen, die persönlich weniger mit dem Erbe der Nazis anfangen können, nicht zu tolerieren ist. Auch und gerade, wenn dieser als "Israelkritik" getarnt daher kommt. Die Verantwortung bleibt und "Nie wieder ist jetzt!" richtet sich nicht nur an rechte Spinner, sondern auch ganz bestimmt an linke, muslimische und weiß der Teufel was, es noch für antisemitische Individuen geben mag.

  • Letztendlich muss man sich immer wieder klarmachen, dass der Staat Israel und die momentane Regierung Israels nicht gleichzustellen sind mit "den Juden".



    Jeder einzelne Mensch ist Individuum so wie es auch jeder Jude, Christ, Muslim oder sonstwat ist.



    Wenn ich also die Politik Israels kritisiere, ist dass so, als kritisierte ich die Politik Ungarns, Deutschlands oder der USA oder jeden anderen Staats.

    Und DAS ist nicht nur legitim sondern notwendig...

    • @Ralf Harbusch:

      Das sehe ich entschieden anders.

      Jüdisch zu sein ist nicht nur eine Glaubensfrage. Es ist nichts, was man ablegen kann, mit zb einem Kirchenaustritt, denn es ist vor allem auch eine Zuschreibung von außen.



      Als eins von unzähligen Beispielen erwähne ich Heinrich Heine, einen der größten deutschen Dichter. Dieser unreligiöse Sohn einer jüdischen Familie ließ seinen Vornamen ändern und sich christlich taufen, und dennoch wurde ihm noch 100 Jahre nach seinem Tod die Ehrung verwehrt, da er Jude war.

      Die Juden sind eine Minderheit mit Jahrtausende langer Unterdrückungsgeschichte. Bis zur Gründung Israels stellten sie nie die Mehrheit oberhalb der kommunalen Ebene. Entsprechend waren sie Ziel von Anfeindungen und Hass.

      Daher ist Israel, der jüdische Staat, nicht wie jeder andere Staat. Er ist der Garant, dass jüdisches Leben auf dieser Welt einen Ort des Schutzes hat.

      • @le pouce engourdi:

        Es wäre fatal, die Politik des heutigen Staates Israel mit all ihren Schwächen, Fehlern und Ungerechtigkeiten als quasi "jüdisch" zu bezeichnen.

        "Jüdisch" zu sein ist viel mehr, als im Staat Israel zu leben.



        Die restriktive und oft falsche Vorgehensweise der momentanen israelischen Regierung, tut vielen Juden einen "Bärendienst". Was zum Beispiel ist mit der jüdisch-israelischen Opposition? Vergesst ihr die einfach?

        • @Ralf Harbusch:

          Ach kommen Sie! Einen "Bärendienst" für Jüdinnen und Juden? Also:am Antisemitismus sind die Juden schuld. Gääähn!

          • @Henriette Bimmelbahn:

            ? Sind sie sicher dass sie richtig gelesen haben? Oder verstanden? Oder versucht haben, zu verstehen?

            Gähn...

  • „Es gebe vielmehr eine fragwürdige offizielle Antisemitismusdefinition, die jede Kritik an Israel im Keim ersticke“

    Grund ist die oft verwendete Gleichstellung von Israel und Juden.

    „dass sie eine Art Zwangssolidarität mit Israel stifte. Im Unterbewusstsein wird es (…) wendet sich das Mitgefühl eher von den Juden ab als ihnen zu.

    Mitgefühl mit Juden heißt nicht Mitgefühl mit Israel.

    • @Littleneo:

      Hätten Sie den Mitgefühl mit einem abstrakten Gebilde wie einem Staat?

      Können Menschen denn überhaupt Mitgefühl mit solchen Gedankenkonstruktionen, wie "Deutschland", "Israel", "West-Sahara" oder "Russland", fühlen?

      Entmenschlichung ist ja eigentlich der erste Schritt, um Mitgefühl abzutöten.

      Mitgefühl mit Israelis wäre dagegen was anderes.

      Das müssten Sie aber haben, wenn Sie Mitgefühl mit Juden empfinden.

      Schließlich sind die meisten Israelis Juden.

  • Amerikanische linke und linksliberale Intellektuelle, aber auch Vertreter des Postkolonialismus in Deutschland erwecken den Eindruck, dass es in Deutschland aufgrund einer Täterschuld nicht möglich und opportun sei, Israel zu kritisieren. Es gebe vielmehr eine fragwürdige offizielle Antisemitismusdefinition, die jede Kritik an Israel im Keim ersticke.



    ---



    Das sind mMn. wohl "Anti-Demokraten" denn im GG, Art 3 Absatz 3 steht doch unmissverständlich:



    "...



    (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden...."



    DAS impliziert doch, das auch an Israel (dem Staat) Kritik möglich ist, wenn d/W/m sich nur an den Wortlaut, sprich "bevorzugt oder benachteiligt", des o.a. hält!



    Wenn ich die Handlung eines Gegenübers, einer Gruppe, gar eines Staates real "kritikwürdig" finde, ist mir "der/die/dessen "Religion" unwichtig!



    Und am "politischen Handeln des Staates" Israels ist in der Vergangenheit & Gegenwart einiges zu kritisieren! :-(

  • „Viele Deutsche sind vielmehr gegenüber den Juden und deren Schicksal ziemlich desinteressiert und gleichgültig, wie vor kurzem eine Umfrage von Forsa gezeigt hat: 59 Prozent der Befragten sagten, dass ihnen Israel fremd sei, nur 23 Prozent empfanden eine „Nähe“ zu Israel.“



    Die Gleichsetzung von Juden mit Israel ist daher völlig daneben, bzw. der Beleg für die Aussage, man sei desinteressiert, ist eher ein Beleg für schlechte wissenschaftliche Praxis. Einfach eine Meinung niederschreiben und dann irgendwas als Beweis hinpinseln, diese Wortbiegereien haben seit Aufkommen des Internets leider Hochkonjunktur. Kurz googeln und dann findet man seinen „Beleg“.

  • "Im Unterbewusstsein wird es sicherlich auch bei den Nachgeborenen noch etwas von diesem Schuldbewusstsein geben, aber gerade durch dessen Verdrängung wendet sich das Mitgefühl eher von den Juden ab als ihnen zu." Gesellschaft funktioniert nicht wie eine Therapiesitzung.



    „Täterschuld“ - da es kaum noch Täter gibt, ist klar, dass sich die Formen der Erinnerung, die Ansprache, die politischen Konsequenzen, die man aus der Erinnnerung zieht, ändern müssen. Nur daran ist man bisher gescheitert, was auch daran liegen könnte (Konjunktiv!), mit welchem Kritiküberschuss die "politischen Institutionen und [...] politische[...] Klasse" mit "eine[r] klare[n] Haltung zu Israel, seinem Existenzrecht und seinem Recht auf Selbstverteidi­gung" diejenigen Bedenken, die die Lage in Nahost anders einschätzen, wobei es dem Autor des Meinungsbeitrages schwer fallen dürfte, "linke und linksliberale Intelektuelle" sowie Vertreter*innen der postkolonialen Studien zu finden, die das Existenzrecht Israels ablehnen. Unterschiedliche Einschätzungen gibt es hinsichtlich der Ursachen des Nahostkonflikts, seiner Lösungsstrategien, der grundsätzlichen Legitimität palästinensischen Selbstbestimmungswillens sowie der aktuell verfolgten militärischen Strategie Israels. Aus Dissens in diesen Fragen wird eine Ablehnung des Existenzrechts Israels oft vorschnell abgeleitet.

  • Na ja, eine Kritik in Medien ist die eine Seite, KEINE Kritik durch die politisch Verantwortlichen die andere Seite. Mal abgesehen von der Opposition (hier Linke und BSW), hört man von der Ampel und von der CDU eh nichts ...