Klimaaktivistin war 18 Monate in Haft: „Ella“ ist wieder frei
Die Klimaaktivistin, die nach Protesten inhaftiert wurde, hatte über Monate ihre Identität geheim gehalten. Nun wurde sie entlassen.
„Freudige Überraschung! Ella kommt heute frei, nachdem sie sich entschieden hat, ihre Identität preiszugeben“, twitterte der Frankfurter Aktivist und pensionierte Pfarrer Hans Christoph Stoodt am Montagmittag. Man empfange sie an einem Ausgang der betreffenden Justizvollzugsanstalt in Frankfurt.
„Kommt alle vorbei zur Begrüßungsparty an der JVA Preunungsheim“, schrieb die Klimaschutzgruppe Ende Gelände, ebenfalls auf Twitter. Die Anwältinnen der Aktivistin waren bis Redaktionsschluss nicht für ein Gespräch erreichbar.
„Ella“ war bei den Protesten um den Dannenröder Forst vor anderthalb Jahren festgenommen worden. Klimaaktivist:innen hatten gemeinsam mit lokalen Bürgerinitiativen vor Ort zu verhindern versucht, dass der Wald für eine Erweiterung der Bundesautobahn 49 gerodet wird. Die Polizei wollte die damals noch „unbekannte weibliche Person“ von einem besetzten Baum entfernen. Weil sie ihre Identität geheimhielt, blieb sie danach in U-Haft.
Ungereimtheiten beim Tathergang
Ein Richter des Amtsgerichts im hessischen Alsfeld sah es später im Juli 2021 als erwiesen an, dass „Ella“ in 15 Metern Höhe von einem Seil aus nach zwei Einsatzkräften getreten habe – einmal mit dem Fuß gegen den Kopf und einmal mit dem Knie ins Gesicht. Weil die Polizisten nur schwach gesichert gewesen seien, habe die Aktivistin ihren Tod billigend in Kauf genommen. Sie wurde zu zwei Jahren und drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.
Später stellte sich heraus, dass die Beamten die Unwahrheit gesagt hatten. Auf Videos der Polizei ist eine bessere Sicherung zu sehen. Beide Polizisten korrigierten daraufhin ihre Aussagen und gaben an, sich nicht richtig erinnert zu haben. Einer von beiden war sich schließlich auch nicht mehr sicher, ob „Ella“ ihn getroffen habe. Ein Jahr und 9 Monate Gefängnis, urteilte danach das Landgericht Gießen Anfang April. Eine Bewährung war mangels Identitätsfeststellung damals nicht möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos