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Inhaftierte An­ti­fa­schis­t*in in UngarnMaja T. tritt in den Hungerstreik

Seit einem Jahr ist An­ti­fa­schis­t*in Maja T. in Ungarn in Haft, es drohen bis zu 24 Jahre Gefängnis. Nun protestiert T. mit einem radikalen Schritt.

Vor Gericht in Ketten vorgeführt und nun im Hungerstreik: Maja T., hier im Februar im Prozess in Budapest Foto: Denes Erdos/ap

Berlin taz Am Freitag wird Maja T. wieder im ausladenden, holzvertäfelten Saal 36 des Budapester Stadtgerichts stehen. Beim Prozessauftakt im Februar war die nonbinäre, 24-jährige Thü­rin­ge­r*in dort in Fesseln und an einer Leine von vermummten Polizisten hereingeführt worden. Nun wird es wieder um die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gehen, die Angriffe auf mehrere Rechtsextreme im Frühjahr 2023 in Budapest. Diesmal aber will auch Maja T. das Wort ergreifen. Und sich zu ihrem Protest erklären: einem Hungerstreik, den T. am Donnerstag begann.

„Ich kann die Haftbedingungen in Ungarn nicht weiter ertragen“, heißt es in einer Erklärung von Maja T. „Hier in Ungarn bin ich in Isolationshaft lebendig begraben. Ich hoffe, bald nach Deutschland überstellt zu werden. Der Hungerstreik ist mein letzter Versuch, ein gerechtes Gerichtsverfahren zu erleben.“

Auch der Vater von Maja T., Wolfram Jarosch, äußerte sich. Immer wieder war er zuletzt in Budapest, im Gericht oder zu Besuch im Gefängnis. „Mein Kind greift zum letzten, verzweifelten Mittel“, erklärt Jarosch. Die Haft in Ungarn sei „so grausam und unmenschlich, dass ich diesen drastischen Schritt nachvollziehen kann und Maja mit aller Kraft unterstütze“. Er mache sich allerdings auch „große Sorgen“. „Keine Aufnahme von Nahrungsmitteln wird schnell lebensbedrohlich.“

„Höchste Zeit, Maja zurückzuholen“

Auch Sven Richwin, der Anwalt von Maja T., kann den Schritt nachvollziehen. „Nach vielen Monaten Isolationshaft und Schlafentzug durch stündliche Kontrollen erträgt Maja die Zustände einfach nicht mehr“, sagt Richwin der taz. „Die Verzweiflung lässt einen sehr traurig zurück. Und sie beschämt die politisch und juristisch Verantwortlichen für die rechtswidrige Auslieferung. Es ist höchste Zeit, Maja zurückzuholen.“

Der Hungerstreik ist die nächste Zuspitzung in einem Fall, der bereits zuvor Wogen schlug. Im Juni 2024 war Maja T. von Dresden nach Ungarn ausgeliefert worden, in einer nächtlichen Hauruck-Aktion. Das Berliner Kammergericht hatte zuvor die Auslieferung genehmigt und auf ungarische Garantieerklärungen vertraut, die menschenrechtskonforme Haftbedingungen zusagte. Eine Eilbeschwerde der Verteidiger wartete das sächsische LKA nicht mehr ab, sondern flog Maja T. mit einem Hubschrauber aus.

Später erklärte das Bundesverfassungsgericht die Auslieferung für rechtswidrig: Das Berliner Gericht habe die Haftbedingungen für Maja T. als nichtbinäre Person „nicht hinreichend aufgeklärt“. Da aber saß Maja T. schon in Budapest in Haft, in einem Gefängnis direkt neben dem Gericht, in einer Zelle, zwei mal drei Meter groß, in weitgehender Isolationshaft.

Seitdem ist der Fall ein Politikum. Un­ter­stüt­ze­r*in­nen fordern schon länger die Rückholung von Maja T. nach Deutschland und einen fairen Prozess hierzulande. Aber die deutsche Bundesregierung und das Auswärtige Amt – zuletzt von der Grünen Annalena Baer­bock geführt, jetzt von CDU-Mann Johann Wadephul – halten sich bisher bedeckt. Auch seit im Februar der Prozess gegen Maja T. begann und die Staatsanwaltschaft ihre Forderung vortrug: bis zu 24 Jahre Haft.

Das Auswärtige Amt schickt Botschaftsmitarbeitende in den Prozess und äußerte sich zum Auftakt „befremdlich“ über die Vorführung von Maja T. in Ketten. Beteuert wird, sich „intensiv“ für den Fall einzusetzen. Die Anwälte von Maja T. dagegen erklärten, sie bekämen von dem Einsatz wenig mit.

Spontane Kundgebungen in Hamburg und Berlin

Mit dem Hungerstreik steigt nun der politische Druck. Noch für Donnerstagabend kündigten Un­ter­stüt­ze­r*in­nen eine Demonstration vor dem ungarischen Generalkonsulat in Hamburg an. Eine weitere soll am Freitag vor der ungarischen Botschaft in Berlin folgen – und dann eine bundesweite Demonstration am 14. Juni in Jena.

Der Linken-Europaabgeordnete Martin Schirdewan nannte es „erschütternd, dass ein junger Mensch zu einem solch drastischen Mittel greifen muss, um von der Bundesregierung gehört zu werden“. Ein Hungerstreik sei keine symbolische Geste, sondern ein existenzieller Akt, der schwerwiegende gesundheitliche Folgen habe könne, warnte Schirdewan. „Die ­politischen und juristischen Verantwortlichen dürfen nicht tatenlos zusehen, wie Majas Gesundheit und Leben auf dem Spiel steht, um ein Mindestmaß an einem gerechten Justizverfahren zu erhalten.“ Es sei „höchste Zeit, dass die Bundesregierung Verantwortung übernimmt und Maja zurück nach Deutschland holt – bevor es zu spät ist“.

Auch der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg erklärte, wegen der rechtswidrigen Auslieferung von Maja T. seien deutsche Behörden, insbesondere das Auswärtige Amt, „in der Verantwortung für eine unmittelbare Rückkehr nach Deutschland zu kämpfen, mindestens aber für menschenwürdige Haftbedingungen“. Klar müsse sein, „dass Deutschland in diesen Verfahren niemanden mehr nach Ungarn überstellen darf“.

Die Union und SPD aber blieben auch am Donnerstag vorerst still. Das Auswärtige Amt wiederholte auf taz-Anfrage nur, dass man „mit dem Fall befasst“ sei und sich für bessere Haftbedingungen einsetze. Über eine Beendigung der Untersuchungshaft von Maja T. oder eine Ausreise nach Deutschland aber entschieden ungarische Gerichte.

Es sind wohl auch die Vorwürfe, welche die Zurückhaltung begründen. Zusammen mit anderen Autonomen soll Maja T. im Februar 2023 in Budapest mehrere Rechtsextreme am Rande des Großaufmarschs „Tag der Ehre“ angegriffen haben. Alljährlich treffen sich Neonazis aus ganz Europa in der Stadt, um den „Widerstand“ der SS und Wehrmacht 1945 im von der Roten Armee belagerten Budapest zu verherrlichen. Die Attackierten wurden teils schwer verletzt, erlitten Knochenbrüche und Platzwunden.

Nach den Angriffen waren noch vor Ort zwei deutsche und eine italie­nische Linke festgenommen worden, weitere tauchten ab. Maja T. wurde von Zielfahndern schließlich als Erste im Dezember 2023 in Berlin festgenommen. Ein halbes Jahr später erfolgte die rechtswidrige Auslieferung nach Ungarn.

In Briefen aus der Haft und nun auch in der Erklärung zum Hungerstreik beklagt Maja T. die Haftbedingungen in Ungarn: Es gebe Bettwanzen und Kakerlaken, durch stündliche Kontrollen sei kein Schlaf möglich, es gebe regelmäßig Intimkontrollen. Arztbesuche würden verweigert, es fehle gesundes Essen. In anderen Zellen würden Inhaftierte verprügelt. Fast sechs Monate lang habe gar kein Kontakt zu anderen Gefangenen bestanden, zuletzt höchstens eine Stunde am Tag. Es gehe darum, „bewusst seelischen und körperlichen Schaden hervorzurufen“. Auch kritisierte Maja T., keinen fairen Prozess zu erhalten: „Ich bin bereits verurteilt.“ Zudem gebe es bis heute „keine Wiedergutmachung“ für die rechtswidrige Auslieferung. Niemand sei dafür „zur Verantwortung gezogen“ worden.

Erst beim jüngsten Verhandlungstag am Mittwoch hatte sich die Budapester Staatsanwaltschaft gegen einen erneuten Antrag der Verteidigung ausgesprochen, Maja T. zumindest in einen Hausarrest zu verlegen, was in Ungarn möglich ist. Die Entscheidung, in einen Hungerstreik zu treten, soll bei Maja T. aber schon länger gereift sein.

Ungarische Justiz will Prozess normal fortführen

Ein Sprecher des ungarischen Stadtgerichts sagte am Donnerstag der taz, der Prozess werde trotz des Hungerstreiks fortgesetzt. Der Richter habe nur dafür Sorge zu tragen, dass Angeklagte ihre Rechte im Prozess wahrnehmen könnten. Die ungarische Staats­anwaltschaft ließ eine Anfrage zunächst offen.

Dabei zeigt sogar das von der Postfaschistin Georgia Meloni regierte Italien, dass man auch anders handeln kann. Als die in Budapest festgenommene Italienerin Ilaria Salis in Briefen aus der Haft die dortigen Zustände beklagte und ebenfalls in Ketten vor Gericht vorgeführt wurde, bestellte die Regierung den ungarischen Botschafter ein. Salis kam daraufhin erst in Hausarrest, dann erhielt sie Immunität, weil sie für eine italienische Linkspartei ins Europa­parlament gewählt wurde. Die Auslieferung eines zweiten Italieners wegen der Budapester Angriffe lehnte ein Mailänder Gericht ab. Und auch Frankreich verweigerte zuletzt die Auslieferung eines Beschuldigten, Gino A., nach Ungarn – mit Verweis auf dortige Haftbedingungen und Zweifeln an der Unabhängigkeit der Justiz.

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) hatte die Auslieferung von Maja T. dagegen für „beanstandungsfrei“ erklärt. Eine Rückholung sei rechtlich unmöglich. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht München versucht, Maja T. nach Deutschland zu holen – für eine Zeugenaussagen in einem Prozess gegen eine weitere Linke, der die Angriffe in Budapest vorgeworfen werden, Hanna S. Eine Auslieferung der Kunststudentin hatte Ungarn nicht beantragt, der Prozess gegen sie läuft seit Februar in München. Ungarn aber lehnte eine Überstellung von Maja T. ab – mit Verweis auf den eigenen laufenden Prozess in Budapest.

Bereits im Januar hatten sich dann weitere sieben gesuchte Linke gestellt, denen auch die Angriffe in Budapest vorgeworfen werden. Später stellte sich eine weitere Gesuchte. In all ihren Fällen hatte Ungarn eine Auslieferung beantragt. Die Verfahren wurden inzwischen beim Berliner Kammergericht gebündelt. Die Bundesanwaltschaft hatte sich hier aber bereits gegen eine Auslieferung ausgesprochen und erklärt, es sei „vorrangig“, die Verfahren in Deutschland zu führen.

In einem Fall aber erfolgte diese Ansage nicht: in dem des 21-jährigen Syrers Zaid A., der in Nürnberg aufwuchs. Als Nichtdeutscher, dem eine Tat im Ausland vorgeworfen wird, droht ihm weiter die Auslieferung. Seine Anwälte hatten gerügt, dass für sein Auslieferungsverfahren nicht das Berliner Kammergericht, sondern das Oberlandesgericht Köln zuständig sei, wo sich Zaid A. gestellt hatte. Über die Rüge muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden. Bis dahin fällt auch in den anderen Auslieferungsverfahren noch keine finale Entscheidung.

Weitere Anklagen stehen kurz bevor

Und die Bundesanwaltschaft macht noch mehr Druck. In Kürze soll auch eine Anklageerhebung der Bundesanwaltschaft gegen sieben weitere Linke erfolgen – vier von ihnen sitzen ebenfalls in Haft, drei sollen auch in Budapest dabei gewesen sein. Die sieben werden der Gruppe um die Leipzigerin Lina E. zugerechnet, die bereits vor zwei Jahren mit drei Mitangeklagten zu Haftstrafen wegen Angriffen auf Rechtsextreme verurteilt wurden. Alles in allem ist es das massivste Vorgehen der Bundesanwaltschaft gegen die linke Szene seit Jahren.

Und so erklärt sich am Donnerstag Maja T. auch mit allen Antifas solidarisch, die im Budapest-Verfahren verfolgt werden. Und: Der Hungerstreik sei auch eine Forderung, „dass keine weiteren Menschen nach Ungarn ausgeliefert werden dürfen“.

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71 Kommentare

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  • Früher, in diesem dunklen Zeitalter "nationaler Kleinstaaterei" konnten deutsche Staatsbürger nicht ins Ausland ausgeliefert werden. Das änderte sich im Jahr 2000, weil alle viel mehr Europa/EU wollten. Geliefert wie bestellt.

  • Würde mich nicht wundern, wenn Orban persönlich zum Richter wird und erklärt, dass rechtsextreme Menschen schützenswert seien, Maja von ihm wegen der nonbinären Identität beleidigt und 24 Jahre Haft büßen wird.

    So sieht es also mittlerweile aus, den Faschismus zu bekämpfen. Ganz wie zu Beginn der 1940er Jahre. Und die Welt schaut zu und macht nichts.

    • @Troll Eulenspiegel:

      "dass rechtsextreme Menschen schützenswert seien" Alle Menschen sind schützenswert steht so in den Menschenrechten.

  • Hungerstreik führt zum Tod und die/der Hungerstreikende nimmt dies bewusst in Kauf, setzt damit ein kurzzeitig beachtetes mediales Interesse in Gang. Siehe Holger Meins, damals RAF.

  • Man kann lediglich auf faire Gerichtsverfahren für alle Angeklagten hoffen, da der Rechtsstaat eine großartige Errungenschaft ist!

  • Deutsche Justiz hat Maja T. wissentlich abgeschoben, obwohl eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht anhängig war, die Erfolg hatte.



    Erinnert sei an Kurt Tucholsky, der als Journalist gegen eine verschworene rechtsextreme Justiz in der Weimarer Republik kämpfte.



    Anklänge davon könnten auch im Fall Maja T. gegeben sein, denn welcher seriöse Jurist im Berliner Kammergericht wartet nicht erst einmal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab?

    Deutsche Politik steht in der Pflicht, die "kreative Rechtsauslegung" im Fall Maja T. am Berliner Kammergericht und im zuständigen Ministerium zu heilen.

    Vielleicht recherchiert einmal ein Journalist, ob die im Fall Maja T. betroffenen Juristen am Berliner Kammergericht in rechte bis rechtsextreme Umtriebe in ihrer Studentenzeit verwickelt waren.

    www.lto.de/recht/n...ngarn-rechtswidrig

    • @Lindenberg:

      Ein grottenschlechter Artikel in der LTO. Da steht um 6:50 sollte Maja T. an die östereichischen Behörden übergeben werden. Maja T. wurde mit einem Hubschrauber direkt nach Ungarn geflogen und nicht mit dem KFZ über Österreich gebracht. Und zu diesem Zeitpunkt lag beim Gericht noch kein Antrag auf einstweilige Anordnung vor. Die Anordnung erging als Maja T. schon in Ungarn war. In Obhut der ungarischen Justiz. Ab da hatte Deutschland keinen Einfluss mehr

      Und das Kammergericht wusste vor seinem Urteil auch nichts von einer Verfassungsbeschwerde, die konnte ja erst nach dem Urteil eingereicht werden. Eine Verfassungsbeschwerde auf Vorrat ist nicht möglich.

    • @Lindenberg:

      Was Sie da so vollmundig schreiben, entspricht einfach nicht den Tatsachen.



      Der Antrag auf Nichtauslieferung wurde viel zu spät eingereicht. Hat also nix mit rechtsextremen Umtrieben der Richter in ihrer Vergangenheit zu tun.

    • @Lindenberg:

      Im Zeitpunkt der Überstellung war geradezu keine Beschwerde anhängig. Diese wurde verspätet eingereicht.

      • @DiMa:

        Die wurde nicht verspätet eingereicht, die Entscheidung des Kammergerichts fiel spät am Abend, als Majas Kanzlei schon fast geschlossen war und die Auslieferung erfolgte noch in der Nacht.



        Man sich größte Mühe gegeben, Maja einen effektiven Rechtsschutz zu verwehren und das ist gelungen.

        • @Piratenpunk:

          Noch am späten Abend gab der Anwalt ein Pressestatement ab. Da hätte er genau so gut erst einmal ein vorbereitetes Fax absenden können.

    • @Lindenberg:

      wenn Sie die Seite des BVerfG aufrufen (weiter unten verlinkt), sehen Sie, dass es nicht stimmt. Der Antrag ging dort erst ein, als die Person scho auf dem Weg nach Ungarn war, die Zeitangaben sind dort angegeben.

    • @Lindenberg:

      1. Es handelte sich nicht um eine Abschiebung, sondern um eine Auslieferung.



      2. Das Kammergericht konnte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überhaupt nicht abwarten. Es gab nämlich gar kein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht, als das Kammergericht über die Auslieferung entschied. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Auslieferungsentscheidung des Kammergerichts. Sie wurde erst anhängig gemacht, nachdem das Kammergericht entschieden hatte. Wer nicht abgewartet hat, war die für die Durchführung der Auslieferung zuständige Staatsanwaltschaft, die die Auslieferung vollzog, ohne das zu erwartende Beschwerdeverfahren beim Bundesverfassungsgericht abzuwarten.

      • @Budzylein:

        Hätten Sie abschließend noch angefügt, dass die Staatsanwaltschaft mit der Auslieferung in einer Nacht und Nebelaktion und somit durch eine unumkehrbare Entscheidung auch den Rechtsschutz der Angeklagten ausgehebelt und damit einen rechtsstaatwidrigen Eingriff in ihre Grundrechte getätigt hat, wäre es ein perfekter Beitrag gewesen. Aber auch so, sehr präzise formuliert.

  • Gibt es irgendein Beispiel aus der jüngeren Geschichte, wo so ein Hungerstreik zum gewünschten Ergebnis führte?

    • @Samvim:

      Gibt es irgendein Beispiel aus der jüngeren Geschichte, wo ein Hungerstreik bis zum Ende durchgezogen worden ist?

      • @DiMa:

        In den 1970er Jahren und 1981 in Nordirland. Es starb auch ein gewählter Abgeordneter des Britischen Parlaments dabei.

        • @Käptn Olgi:

          Beides doch schon etwas betagter. Die heutigen Hungerstreiks werden doch eher früher oder später abgebrochen.

    • @Samvim:

      Nein, natürlich nicht.



      Das würde ja die Justiz in gewissem Maße auch erpressbar machen - und: Hungerstreik ist das finale Mittel gegen, aus Sicht des Inhaftierten, unhaltbare Zustände.



      Solche Zustände treten aber eher in undemokratischen Staaten auf - die sich, weil undemokratisch, natürlich davon kaum beeindrucken lassen...



      Deshalb nein, Hungerstreik ist mit dem Kopf durch die Wand, sorgt aber zumindest für mediales Aufsehen - das dürfte auch in diesem Fall das Hauptziel sein

    • @Samvim:

      Einige, allerdings nicht zu dem vom Hungerstreikenden gewünschten.

    • @Samvim:

      Gibt es, die meist aber erst nach öffentlichem Druck zu Teilerfolgen führten.

    • @Samvim:

      ... vieleicht hat sich der inhaftierte Mensch zum Letzten entschieden. Das wäre aus meiner persönlichen Sicht eine Möglichkeit.



      Sehr traurig.

  • Soweit der Eindruck die Faktenlage abbildet, so verwundert (noch immer), dass die Auslieferung (derart) zügig erfolgt ist. Es wäre schön im Wege der Berichterstattung zu erfahren, ob Angehörige oder andere Dritte gegen Beteiligte rechtlich vorgehen.

  • Staatsanwaltschaften sind auch nur ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Dass es da mindestens 1/5 Rechtsextreme gibt, die den Faschisten Orban und die weit verbreitete Nazi Verherrlichung in Ungarn gut finden, ist also nachvollziehbar.



    Da braucht es einen auch nicht wundern, wenn in Nacht- und Nebelaktionen Überstellungen an Faschisten durchgeführt werden um Rechtsmittel zu verhindern oder hier lebenden Nichtdeutschen, wie im Falle Zaid A., kurz mal Artikel 3 GG verwehrt wird.

    Wenn wir nicht aufpassen wird die Anwerbung der so dringend benötigten Fachkräfte aussichtslos, weil hier arbeiten für Ausländer dann genauso unsicher ist wie es sich in den USA aktuell entwickelt.

    Aber sollten wir fallen, fällt die freie Welt, dann heißt es "Vorwärts in die Vergangenheit" und selbst Volker Pispers Löwe wird dann nie wieder sagen "ach jeht et mir juut".

    • @Bernhard Dresbach:

      Die "unsichere" Tätigkeit dürfte hier wohl nicht die Einwanderung nach Deutschland gewesen sein sondern die Reise nach Ungarn, um dort schwere Körperverletzungen zu begehen. Meine Sorge darum , dass sich Menschen, die zu derlei "Freizeitaktivitäten" neigen, nicht mehr nach Deutschland trauen, hält sich in Grenzen.

      • @Normalo:

        Selbst Menschen die Unrecht begehen haben Rechte. Das Prinzip eines Rechtsstaates. Wenn aber die Hüter dieses Rechtsstaates Recht verhindern, wie im Falle Maya T., sind sie wie der Hehler, nämlich nicht besser als der Stehler.

        Auch wenn das verhauen von Krieg verherrlichenden Neonazis nicht besonders fein ist, ist amtsmissbräuchliche Verschleppung tatsächlich ein Verbrechen.

        • @Bernhard Dresbach:

          Nun war es kein Verbrechen sondern die biestige Nutzung einer technisch bedingten Lücke im Rechtsschutz - nämlich dass die pure Möglichkeit, nach einer letztinstanzlichen Entscheidung noch das BVerfG anzurufen, nicht zu einem Aufschub der Rechtskraft führt. Es gibt kein Gesetz, das dem Staat gebietet abzuwarten, ob in so einem Fall noch eine Verfassungsbeschwerde folgt - auch und gerade weil dieses außerordentliche Rechtsmittel keiner der sonst üblichen, kurzen Einlegungsfristen unterliegt. Und was nach dem Buchstaben des Gesetzes nicht strafbar ist, kann nicht durch einen hineininterpretierten "Geist" des Gesetzes (gegen den dieser Sofortvollzug auch nach meiner Ansicht durchaus verstößt) strafbar gemacht werden. Die Auslieferung war also rechtsstaatlich missbräuchlich und damit verfassungswidrig, aber keine Straftat.

          Das Berliner Kammergericht ist auch kein Hinterhoftribunal. Grundsätzlich ist es ok, zu tun, was es sagt.

          • @Normalo:

            Der Skandal geht meines Erachtens weit über die Auslieferung Majas in einer einigermaßen offensichtlich geplanten Nacht und Nebel Aktion hinaus und beginnt beim Berliner Kammergericht, das sich auf mündliche Zusagen aus Ungarn verlassen hat, obwohl bekannt war, unter welchen Bedingungen Menschen, die wie Maja (denen die Taten übrigens erstmal nur vorgeworfen werden) in Ungarn sitzen. Stichworte Ilaria Salis.



            Ein italienischer Staatsanwalt hat sich eben aufgrund der schlechten Haftbedingungen und der Aussicht auf ein unfaires Verfahren gegen eine Auslieferung ausgesprochen und der betreffende Mensch ist in Italien im Hausarrest.



            Der nächste Punkt ist, dass Majas Anwälte extrem spät informiert wurden und Maja mitten in der Nacht ausgeliefert wurde, obwohl die Behörden wussten, dass das Verfassungsgericht darüber noch entscheidet. Mag zwar rechtlich zulässig sein, menschlich hingegen nicht.

            • @Piratenpunk:

              Unter menschlichen Gesichtspunkten hätte es den Prozess um eine Auslieferung nach Ungarn gar nicht geben dürfen.

              Ein Staat der seine Angeklagten wie einen Hund an der Leine in den Gerichtssaal führt, dessen Haftbedingungen bekannt dafür sind Isolationshaft anzuwenden um ein Geständnis zu erzwingen und dessen Strafzumessung weit über den europäischen Durchschnitt liegt, erfüllt vorab schon nicht die Eigenschaften, welche die Justiz als Maßstab für eine Auslieferung grundsätzlich anlegen sollte.

              Als eigentlichen Skandal in der Sache würde ich daher das Vorgehen der zuständigen Staatsanwaltschaft bezeichnen, das Auslieferungsgesuch Ungarns nicht schon im Vorfeld abgelehnt zu haben und den Prozess in Deutschland durchzuführen.

              Denn das war eindeutig eine rechtsstaatswidrige Herangehensweise der zuständigen Staatsanwaltschaft an den Fall.

              • @Sam Spade:

                Unter menschlichen Gesichtspunkten sollte man nicht andere halbtot prügeln.

                • @Käptn Olgi:

                  Können wir bitte über das Thema diskutieren? Es geht hier nicht darum, was Maja, angeblich, getan hat, sondern darum, dass wir es hier mit einem handfesten Justizskandal zu tun haben.



                  Auch Menschen, denen Straftaten vorgeworfen werden, haben Rechte.

  • Sie wird mit ihrem Hungerstreik die ungarische Regierung und Justiz überhaupt nicht beeindrucken, und ob sie die deutsche Regierung beeindruckt, steht auch noch in den Sternen.



    Man kann nur jedermann raten sich von jeglichen Aktionen in Ungarn fernzuhalten.

    • @Hans Dampf:

      Das stimmt wohl. In diesem Land hier werden s.g. "Linke" von Wohlhabenden hinter vorgehaltener Hand auch nur beim Atmen als gefährlicher als "Rechte" bei ihren Untaten beurteilt.

    • @Hans Dampf:

      Ach in DE kommt die Ausführung schwerster Körperverletzungen bzw. das Einhauen auf Menschen mit Hämmern nicht gut an.

    • @Hans Dampf:

      Der Artikel sagt ja ganz klar, dass die Regierung (= Politik) nur konsularischen Beistand leisten kann. Dagegen kann sie nicht ereichen, dass die Person nach Deutschland kommt (und nehmen wir mal den umgekehrten Fall an, zB: die Regierung Erdogan würde Druck machen, dass ein türkischer Angeklagter in die Türkei ausgeliefert wird, während hier ein Gerichtsverfahren läuft, wäre die Empörung wohl zu Recht groß).

      Im übrigen kann ein Deutscher verlangen, dass die Strafe nach dem Urteil in Deutschlang vollstreckt wird - nur für den Prozess muss er eben in Ungarn sein. So wäre das umgekehrt auch, wenn Ungarn Straftaten in Deutschland begehen (oder Deutsche auf Mallorca, was zuletzt häufiger in den Medien war)-

    • @Hans Dampf:

      Mir ist schleierhaft, was die Bundesregierung mit dem Fall zu tun hat. Zum Glück haben wir in Deutschland noch eine unabhängige Justiz (im Gegensatz zu Polen).



      Das ist ein Fall für die Justiz und das Bundesverfassungsgericht hat sich ja auch schon damit befasst. Was soll die Bundesregierunf jetzt noch machen, was nicht nach Einmischung in die dritte Gewalt aussehen würde?

  • Und nach der bewusst rechtswidrigen Auslieferung folgt für die rechtsextremen Beamten - nichts. Obwohl sie genau wussten, welche Haftbedingungen in ihrem präferierten Staatssystem vorliegen. Aber Diktaturfreunde sind in den Behörden wohl gern gesehen.

    • @Genosse Luzifer:

      Die Entscheidung das die Auslieferung rechtswidrig ist kam nachdem Maja. T. schon in Ungarn war. Also war das keine bewuste Fehlentscheidung.Und da dort ungarisches recht gilt hatte deie deutsche Justiz keine Chance mehr Maja. T zurück zu bringen.

      Und wenn ein deutscher Statsbürger nicht in ungarische Haft möchte, begeht er dort keine schweren Straftaten. Maja T. steht dort nicht vor Gericht weil sie mit dem Auto zu schnell gefahren ist.

      Ich möchte auch nicht das ungarische Rechtsextreme nach Deutschland kommen um Zb. bei einer Demo Linke fast zu tode prügeln.

    • @Genosse Luzifer:

      Könnte man genauso gut umdrehen - schließlich sind die linken Extremisten quer durch halb Europa in ein offensichtlich undemokratisches Land gefahren, um dort schwerste Straftaten gegen mutmaßlich Rechtsextreme zu begehen.



      Dass das im Falle des erwischt werdens sehr eklig ausgehen kann, muss ihnen bewusst gewesen sein...



      Das gehört auch zur Wahrheit

    • @Genosse Luzifer:

      Man kann sicherlich die Haftbedingungen und auch die Vorgehensweise der Behördern kritisieren. Sie scheinen aber den Fokus mehr auf unbewiesene Beschuldigungen, Behauptungen und Vermutungen zu legen: "rechtsextreme Beamte", "Obwohl sie genau wussten...", "in ihrem präferierten Staatssystem", "Diktaturfreunde".

      Ob das einem sachlichen Diskurs zuträglich ist, wage ich zu bezweifeln.

      • @Black & White:

        Die Handlungsweise der Beamten war gegen den Rechtsstaat gerichtet und wurde vom Bundesverfassungsgericht explizit als rechtswidrig gerügt. Beamten der brandenburgischen Polizei spielten die Hauptrolle, die Staatsanwaltschaft und das Kammergericht haben mitgespielt. Das zu bewerten und über die Gründe dafür nachzudenken, läuft einem sachlichen Diskurs nicht entgegen. Es zu leugnen schon.

        • @Günter Picart:

          Zu einem sachlichen Diskurs gehört mit Sicherheit nicht, dass ich unbewiesene Behauptungen aufstelle. Das überlassen wir ansonsten doch gerne den Donalds dieser Welt.

        • @Günter Picart:

          Es waren Beamten der sächsischen Landespolizei, die den Blitztransport aus der JVA Dresden nach Ungarn organisiert haben, nicht der brandenburgischen, sorry für den Fehler (aus der Erinnerung falsch im Kopf gehabt).

  • Die Auslieferung war fragwürdig.



    Dass Menschen allerdings in dem Land vor Gericht gestellt werden, in dem sie das Verbrechen begangen haben, halte ich für nachvollziehbar.

    • @Desdur Nahe:

      Die Auslieferung war nicht "fragwürdig", sondern ein klarer Rechtsbruch, bei dem das Verfassungsgericht ausgehebelt wurde.



      Maja hätte nie ausgeliefert werden dürfen.

      • @Piratenpunk:

        "Maja hätte nie ausgeliefert werden dürfen.!"

        Zunächst sollte jede dieser Tipps wie folgt beginnen:



        "Maja hätte nie auf andere Menschen einprügeln dürfen."

        Ich glaube da sind sich alle einig.

      • @Piratenpunk:

        Nein, das ist nicht korrekt. Die Auslieferung erfolgte bevor eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorlag.

    • @Desdur Nahe:

      Sofern dort ein rechtsstaatliches Verfahren durch eine unabhängige Justiz garantiert ist, stimme ich zu. Beides scheint mir in Orbans Ungarn nicht gegeben.

      • @Flix:

        Wenn man das bei EU-Ländern bezweifeln darf, sollte man vielleicht solche Länder auch aus der EU ausschließen.

    • @Desdur Nahe:

      Majas Entführung nach Ungarn war nicht "fragwürdig", sondern eklatant verfassugswidrig!

      Gerne mal direkt beim Bundesverfassungsgericht nachlesen!



      www.bundesverfassu...025/bvg25-013.html

      • @breakdownthewalls:

        Das BVerfG bezieht sich hier aber ausschließlich auf die unzureichende Urteilsfindung des Kammergerichts.

        Auch wenn es einem nicht gefallen muss, waren die exekutive Anteile der Auslieferung verfassungskonform. Mindestens sind Sie nicht Bestandteil des verlinkten Urteils, da eine um 10:00 durchführte Handlung ja nicht um 10:50 ungeschehen gemacht werden kann, weil nun ein anderes Urteil vorliegt.

  • Es ist nicht verwegen zu behaupten, dass sich die Behörden deutlich mehr einsetzen würden, wenn es sich um einen Rechtsextremen handeln würde. Schon die Auslieferung in das faschistische Ungarn war ein Skandal für den niemand Verantwortung übernehmen will.

    • @Perkele:

      Ja und nein.

  • Bis die deutschen Mühlen mahlen, wird sie längst verhungert sein und das nach einer rechtswidrigen Auslieferung. Wer braucht da noch Trump, das können wir auch so

  • Was ist mit den eilfertigen Gerichten die es versiebt haben? Bei Fehlurteilen und Rechtsbeugung durch die Justiz müsste es doch auch eine Art Amtshaftung geben.

    • @Axel Schäfer:

      Spannender Punkt: dieses Thema wird vielleicht nach einer Rückkehr in die BRD aufgegriffen, denn die Überstellungsentscheidung des Kammergerichts Berlin war verfassungswidrig, wie das BVerfG entschieden hat. Nun sind Richter:innen fast nie haftbar zu machen, der Staat springt für diese ein. Aber es wäre tatsächlich nur konsequent, den Staat hier in Haftung zu nehmen.

      Hier und heute gehts aber erstmal darum, die menschenunwürdigen Haftbedingungen zu beenden!