Gegenwehr gegen Donald Trump: Eine neue Antifa-Heldin
Bischöfin Mariann Edgar Budde hat Trump um „Erbarmen“ gebeten für die, denen er schaden will: queere Kinder und Geflüchtete. Sie macht Mut!
E iner nach dem anderen fällt um. Die Top-Manager von Tesla über Amazon, Uber, Ford und Apple bis zu Meta sind alle vor dem US-Präsidenten Donald Trump eingeknickt. Und zwar nicht nur in Form von enormen Spenden für seine Amtseinführung, sondern schon im Vorfeld. Der Washington-Post-Besitzer Jeff Bezos untersagte der Redaktion eine Wahlempfehlung für die demokratische Kandidatin Kamala Harris auszusprechen, Mark Zuckerberg strich die Faktenchecker für Facebook und Co, und McDonald’s kehrte seiner bisherigen Diversitäts- und Inklusionsstrategie den Rücken zu.
Doch diese Form der schaurigen Anbiederung hört nicht bei den US-Unternehmern auf. Auch in der deutschen Politik finden sich immer mehr Fans von dem Ultrarechten – und zwar nicht nur bei der AfD. Jens Spahn gilt schon seit Langem mit seiner Nähe zum Maga-Lager als Trump-Versteher, und auch Kanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz geht auf Kuschelkurs. In einem handgeschriebenen Brief gratulierte er Trump zum Wahlsieg und erklärte es zu seiner Priorität, sollte er Kanzler werden, „mit Ihnen auf ein neues Kapitel in unserer Beziehung hinzuarbeiten“.
Dass zwischen all den Arschkriechern Menschen standhaft bleiben und Widerstand zeigen, ist in diesen Zeiten ein Hoffnungsschimmer. Deswegen ist es auch nicht zu hoch gegriffen, wenn man die Bischöfin Mariann Edgar Budde als antifaschistische Heldin bezeichnet.
Diese hatte im Gottesdienst nach der Amtseinführung in der National Cathedral in Washington, D. C.nicht mit Kritik an Trump gespart, der mit seiner Frau Melania, JD und Usha Vance zu Besuch war. Zum Ende der Predigt sprach sie den Präsidenten direkt an: „Im Namen Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben.“ Und sie macht konkret, wen sie damit meint: queere Kinder, die um ihr Leben fürchten. Menschen, die in die USA eingewandert sind, und heute gute Nachbar_innen sind, die neben einem in der Kirche, der Moschee oder der Synagoge sitzen oder die im Restaurant oder Krankenhaus für die Gesellschaft arbeiten. Kinder, die Angst haben, dass ihre geflüchteten Eltern nun abgeschoben werden.
Nichts Besonderes möchte manch eine_r vielleicht sagen. Schließlich nutzen Pastor_innen, Bischöf_innen und Priester ihre Predigten immer wieder für politische Botschaften. Doch dem US-Präsidenten ins Gesicht zu sagen, dass seine Politik menschenverachtend ist, erfordert Mut. Mut, den gerade nur wenige beweisen.
Dass Budde mit ihren Worten Trumps Herz bewegen wird, ist zwar unwahrscheinlich. Doch mit ihrer fast schon flehenden Bitte zeigt sie einer ganzen Nation und darüber hinaus, dass es möglich ist, sich den Rechten entgegenzustellen. Auch dann, wenn es mächtige Männer in politischen Ämtern sind. Und das Wissen, dass Trump sich die Predigt mit versteinerter Miene bis zum Ende anhören musste, ist vielleicht eine kleine Aufmunterung für viele in diesen düsteren Zeiten. Denn einen Tumult in einem Gottesdienst auslösen, das scheint selbst Trump ein zu großer Konventionsbruch. Und so ist ihm auch nichts Besseres eingefallen als die Bischöfin im Nachhinein als „fies“ und ihren Gottesdienst als „sehr langweilig“ zu bezeichnen.
Bleibt zu hoffen, dass der Mut der Mariann Edgar Budde andere ansteckt. Und zwar nicht nur in den USA. Denn auch in Deutschland braucht es die Kirche – trotz ihrer schwierigen Vergangenheit und Gegenwart – im Kampf gegen rechte und faschistische Kräfte als wichtige Verbündete. Wie das hierzulande aussehen könnte, das hat Anfang des Jahres der katholische Pfarrer Martin Garmaier aus dem bayrischen Erding vorgemacht.
In seiner Silvesterpredigt bezeichnete er Alice Weidel und Co als „Verbrecher an unserer Gesellschaft“, weil sie den Anschlag in Magdeburg für rassistische Stimmungsmache missbraucht hätten. Ein AfD-Mitglied hatte daraufhin Anzeige erstattet. Dabei hat der Pfarrer eigentlich nur seinen Job gemacht, oder was sollte der Widerstand gegen Menschenverachtung anderes sein als gelebte Nächstenliebe?
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