Ende der deutschen Solarmodulproduktion: Ein Fall von vielen
Die letzte Sonnenmodulfabrik zieht mit der Produktion in die USA. Das ist bitter und es sollte ein Wake-up-Call für die Wirtschaftspolitik sein.
D ass ausgerechnet unter einem grünen Wirtschaftsminister eine Firma, die zuletzt das Aushängeschild der deutschen Solarwirtschaft war, ihre Modulfertigung schließt, weil in den USA die Rahmenbedingungen besser sind, ist bitter. Die Reaktionen gestalten sich wie erwartet: Von der einen Seite ertönt Häme über eine grüne Wirtschaftspolitik, die stets das Gute will und doch das Böse schafft.
Auf der anderen Seite erwächst Wut auf die FDP, die an der Schuldenbremse festhält und damit den Spielraum für Industriepolitik einengt. Das eine hilft so wenig wie das andere. Vielmehr ist es an der Zeit, sich ein wenig vom konkreten Fall Meyer Burger zu lösen, denn der ist wirtschaftspolitisch gesehen nicht mehr als ein Symbol.
Viele andere produzierende Unternehmen in Deutschland, die vor ähnlichen Entscheidungen über eine Standortverlagerung stehen, haben lediglich nicht das Glück, so sehr im Lichtkegel der öffentlichen Wahrnehmung zu stehen wie die Solarbranche. Industriepolitisch sind ihre Geschichten aber oft genauso dramatisch. Es ist deshalb nötig, den Blick zu weiten.
Dabei könnte die Aussage des Meyer-Burger-Aktionärs Sentis helfen, der als Vorzug der USA das dort herrschende „starke überparteiliche Engagement“ zugunsten der heimischen Industrie lobte. Dass es solches in Deutschland noch gibt, kann man kaum behaupten. Was das Land also braucht, ist nur am Rande eine konstruktive Lösung im Fall Meyer Burger. Viel wichtiger ist eine grundsätzliche und überparteiliche Strategie zum Erhalt der industriellen Basis im Land.
Die wird freilich Geld kosten und das wird man woanders einsparen müssen. Wo das möglich ist, muss intensiver diskutiert werden. Der Ökonom Clemens Fuest sagte kürzlich zum Konflikt der Finanzierung von Militär versus Konsum den Satz: „Kanonen und Butter, das wäre schön, wenn das ginge, aber das ist Schlaraffenland, das geht nicht.“ Bei diesem Satz kann man getrost das Wort Kanonen durch Industrieförderung ersetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos