Einigung beim Heizungsgesetz: Klimaschutz geht nur sozial
Nach dem Kompromiss für das Heizungsgesetz bleibt eine Frage unbeantwortet: Wie verhindert die Bundesregierung die Überforderung der Bürger:innen?
D as Gezerre hat ein Ende, aber die sozialen Unwuchten bleiben. SPD, Grüne und FDP haben sich nach wochenlangem Streit auf eine gemeinsame Linie beim umstrittenen Gebäudeenergiegesetz (GEG) geeinigt. Dabei haben sie immerhin eine wichtige Korrektur angekündigt. Sie wollen die Bringschuld für die Umstellung auf klimafreundliches Heizen von den Bürger:innen auf die Städte und Gemeinden verlagern. Die sogenannte kommunale Wärmeplanung wird der zentrale Schauplatz für den Umstieg: Nur wenn Städte und Gemeinden Konzepte für das Heizen der Gebäude in ihrem Einzugsbereich vorgelegt haben, gelten die Vorgaben des GEG für die dort lebenden Bürger:innen.
Zu Recht nennt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich das einen Paradigmenwechsel. Denn jetzt muss nicht jede:r einzelne Eigentümer:in für sich eine Lösung finden, sondern die Kommune ist gefragt. Das nimmt Druck von den Bürger:innen. Doch dieser Paradigmenwechsel allein reicht nicht. Ein gravierendes Problem ist ungelöst: Wie verhindert die Bundesregierung die finanzielle Überforderung vieler Bürger:innen?
Die Ampel bleibt schlüssige Antworten auf diese zentrale Frage weiterhin schuldig. Beim langen Hin und Her in der Ampel um das Gesetz stand das offenbar nicht im Zentrum. Stattdessen haben sich die Koalitionspartner:innen in diesem Punkt auf Worthülsen ohne jede Substanz geeinigt. Im Einigungspapier der Ampelfraktionen ist die Rede davon, „möglichst passgenau die einzelnen Bedürfnislagen und soziale Härten bis in die Mitte der Gesellschaft“ zu berücksichtigen. Aber schon die Frage, bis wohin die Mitte der Gesellschaft reicht, dürfte hoch umstritten sein; was „passgenau“ sein soll, erst recht.
Problematisch ist die Wärmewende weniger für diejenigen, die ein Haus bauen – die meisten planen ohnehin bereits mit Wärmepumpe statt Gasheizung. Das Problem trifft mit voller Wucht diejenigen, die ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung haben, vielfach über Jahrzehnte unter vielen Entbehrungen finanziert und noch lange nicht abgezahlt. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte versprochen, dass es eine Staffelung der staatlichen Hilfen für den Heizungsumstieg geben würde: nichts für Villenbesitzer:innen, genug für Leute mit kleinem Budget. Das konnte er in der Regierung nicht durchsetzen.
Leute, die es nicht brauchen, kriegen Geld
Stattdessen gibt es einen Vorschlag, bei dem auch Leute Geld kriegen, die es nicht brauchen – und für die anderen ist es nicht genug. Das Konzept, das die Grünen nachgeschoben haben, ist sozial gestaffelt; es klingt nicht schlecht. Aber wer soll denn glauben, dass sie das in dieser Regierung durchsetzen? Mit voller Wucht getroffen werden Mieter:innen. Denn die Vermieter:innen können die Kosten für die neue Heizung auf sie umlegen.
Der Deutsche Mieterbund warnt zu Recht vor drastischen Mietsteigerungen. Die Lösung der Ampel ist diffus. Die Kosten für Sanierungen wie den Einbau einer neuen Heizung werden über die sogenannte Modernisierungsumlage in der Regel von Eigentümer:innen auf Mieter:innen abgewälzt.
Die Umlage läuft auch dann noch weiter, wenn die Kosten längst abgezahlt sind. Statt, wie von vielen Seiten gefordert, diesen Mechanismus abzuschaffen, will die Ampel eine zweite Modernisierungsumlage einführen. Die soll gewährleisten, dass Vermieter:innen staatliche Förderprogramme in Anspruch nehmen und dieses Geld die Belastung für Mieter:innen mindert. Details sind unklar.
So sollte es nicht gehen
Auf die kommt es aber an. Denn schon heute müssen Eigentümer:innen eine gewährte staatliche Unterstützung von der Modernisierungsumlage abziehen. Aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen verzichten sie aber oft auf eine Förderung, schließlich bekommen sie das Geld ja auch von ihren Mieter:innen. Die Lösung der Ampel ist also alles andere als beruhigend.
Das Heizungsgesetz ist ein Lehrbeispiel dafür, wie es nicht gehen sollte. Die von den Springer-Medien angezettelte Hetzkampagne gegen das Gesetz konnte nur deshalb auf eine so große Resonanz treffen, weil das Projekt Wärmewende von Anfang an eine Sollbruchstelle hatte: die fehlende finanzielle Abfederung. Klimaschutz voranzubringen kann nur gelingen, wenn bei jeder Maßnahme die soziale Seite mitgedacht und vor allem kommuniziert wird – und zwar von Anfang an. Die Grünen, allen voran ihr Klimaminister Habeck, haben an dieser Stelle enttäuscht.
Ja, ein sozialökologischer Umbau mit Finanzminister Christian Lindner ist schwer vorstellbar. Aber wenn die Grünen keinen Weg finden, diese Transformation trotz FDP in Gang zu setzen, werden sie vor der nächsten Bundestagswahl nicht mehr vor der Frage stehen, ob sie eine:n Kanzlerkandidat:in aufstellen sollen oder nicht.
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