Debatte um die Impfpflicht: Verpflichte keinen unter 50
Der FDP-Vorschlag einer Impfpflicht ab 50 ist vernünftig. Sie wäre leichter durchsetzbar – und die Vulnerablen würden so geschützt.
B eim Umgang mit der Coronapandemie ändern sich die Erkenntnisse manchmal schneller, als man auf einen PCR-Test wartet. Und wie das Virus, so verwandelt sich auch die politische Stimmung häufig. Die FDP zum Beispiel galt gerade noch als Bremsklotz auf dem Weg zu einer allgemeinen Impfpflicht. Weil Wolfgang Kubicki gleich laut Nein gesagt hatte, traut sich der neue Ampelkanzler Olaf Scholz bisher kein Machtwort in Sachen Impfpflicht zu und wartet weiter auf Vorschläge aus dem Parlament.
Nun sieht es so aus, als könnte dort ausgerechnet von den Liberalen ein sinnvoller Kompromissvorschlag kommen, der Chancen auf eine Mehrheit im Bundestag hätte – und vielleicht sogar in der Bevölkerung.
Die Impfpflicht soll nach diesem Plan aus der FDP nicht für alle Erwachsenen gelten, wie es Scholz, die Grünen und Karl Lauterbach zumindest offiziell immer noch propagieren, sondern nur für alle ab 50. Dafür Zustimmung zu finden, ist politisch realistischer und nach derzeitigem Erkenntnisstand auch durchaus plausibel. Da die Impfung bei der Omikron-Variante zwar immer noch vor schweren Verläufen, aber leider viel schlechter vor einer Ansteckung schützt als bei früheren Mutanten, lässt sich eine Impfpflicht für jüngere Menschen, die selbst kaum gefährdet sind, kaum noch durchsetzen. Das frühere Argument, wonach Jüngere mit einer Impfung die Ausbreitung eindämmen und die vulnerablen Gruppen schützen sollten, zieht so nicht mehr.
Was aber existenziell wichtig bleibt, ist der Schutz der wirklich Schutzbedürftigen, also vor allem der Älteren. Die Senior:innen, die sich nicht impfen lassen, gefährden nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Wenn die Intensivstationen durch unnötig schwere Covid-Fälle überfüllt werden, die es mit einer Impfung nicht geben würde, wird es für das Gesundheitssystem auch schwierig, andere unvermeidbare Krankheiten angemessen zu behandeln.
Um das zu verhindern, kann nicht auf die Dauer die gesamte Gesellschaft angehalten werden. Wenn eine Impfpflicht wirklich nötig ist, dann höchstens ab 50.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“