Kassenärztliche Vereinigung zur Impfpflicht: Von Zwangsimpfung keine Rede
Impfungen „gegen den Willen der Patient:innen“? Nein, das wollen die Chefs der Kassenärztlichen Vereinigung nicht. Wer das behauptet, streut falsche Behauptungen.
D ie Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen und Stephan Hofmeister, halten nichts von der Corona-Impfpflicht. Sie sind nicht die Einzigen. Selbst viele derjenigen, die seit einem Jahr danach krähen, überfallen plötzlich Zweifel.
Die einen fragen sich, ob Impfpflicht angesichts von Omikron und der Impfdurchbrüche noch sinnvoll ist, andere beschäftigen sich erstmals mit der Frage der Umsetzbarkeit, wieder andere erkennen beim Betrachten der steigenden Impfquote, dass die bisher Ungeimpften doch nicht nur unbelehrbare Hardcore-Impfgegner:innen sind.
Doch was Gassen und Hofmeister am Mittwoch zur Impfpflicht von sich gegeben haben, hat mit vernünftiger Abwägung nichts zu tun. Sollte der Bundestag diese beschließen, so drohen sie damit, dass Ärzt:innen das nicht umsetzen würden. Es sei ihnen „nicht zuzumuten, staatliche Maßnahmen gegen den Willen ihrer Patient:innen durchzusetzen“.
Da dürften bei Coronaleugner:innen die Sektkorken knallen, fabulieren sie doch, dass in Deutschland demnächst Menschen gewaltsam geimpft würden. Richtig ist: Alle, die zum Impfen in eine Praxis oder ein Impfzentrum gehen, werden dies freiwillig tun. Ja, weil sie keine Bußgelder bezahlen und am Ende im Gefängnis landen wollen. Niemand aber wird eine Spritze „gegen seinen Willen“ bekommen.
Gefährlicher Subtext
Aber weil viele von denen, die sich erst dann impfen lassen, Angst davor haben, sind sie beim Hausarzt ihres Vertrauens besser aufgehoben als in der anonymen Massenabfertigung im Impfzentrum. Wenn es den obersten Kassenärzten darum geht, dass beides weiter parallel möglich sein wird, dann sollen sie dafür kämpfen – ohne den genannten gefährlichen Subtext. Sonst müssten sie verlangen, dass Ärzt:innen gar nicht mehr gegen Corona impfen dürfen, da diese nicht wissen können, wer sich gezwungen fühlt.
Gerne dürfen die KBV-Chefs dafür sorgen, dass die Beratungstätigkeit von Haus- und Kinder:ärztinnen besser honoriert wird. Hätten diese mehr Zeit für Gespräche, wäre das zielführender als eine Impfpflicht. Und das gilt auch für Masern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Deutsche und das syrische Regime
In der Tiefe