Debatte über Schuldenbremse: Geld ausgeben! Für die Jugend!
Wenn der Bund kaum Schulden aufnimmt, investiert er nicht genug in Klimaschutz, Arbeitsplätze und Soziales. Darunter leiden die Generationen von morgen.
C DU/CSU und FDP gerieren sich in der Debatte über die Schuldenbremse als Anwalt der Jugend. Sie suggerieren, dass wir ohne die rigide Begrenzung neuer Staatskredite unseren Kindern einen Schuldenberg hinterlassen würden, an dem sie zugrunde gingen. In Wirklichkeit ist es anders: Die Schuldenbremse schadet den Jungen. Deshalb muss sie entschärft oder abgeschafft werden.
Denn wenn Deutschland jetzt zu wenig in Klimaschutz investiert und international nicht mit gutem Beispiel vorangeht, wird die Erderwärmung noch stärker und der Schaden noch größer. Das werden nicht vor allem die heutigen, sondern die zukünftigen Generationen spüren. Und bezahlen müssen.
Unsere Kinder werden auch darunter leiden, dass Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit verliert, etwa weil wir nicht genügend in unser Schienennetz investieren. Oder weil wir zu wenig dafür zahlen, Kinder aus der Armut zu holen, die sonst als Erwachsene von Sozialleistungen leben.
Natürlich sollte der Bund umweltschädliche Subventionen wie die Steuervergünstigungen für Dieselkraftstoff streichen. Aber das lässt sich nicht von heute auf morgen durchsetzen. Um nicht unnötig Arbeitsplätze zu verlieren, wären mitunter lange Übergangsfristen nötig. 60 Milliarden Euro oder mehr, die dem Bund infolge des Verfassungsgerichtsurteils zur Schuldenbremse fehlen, lassen sich nicht mal eben einsparen.
Nicht im Sinne der Generationen von morgen ist es auch, das verbliebene Tafelsilber des Bundes en masse zu verscherbeln und zu privatisieren. Die Beteiligung an der Deutschen Telekom zum Beispiel bringt dem Bund jedes Jahr rund eine Milliarde Euro Dividende und Einfluss auf einen wichtigen Teil der Infrastruktur.
Staatsschulden sind nichts Schlechtes
An neuen Krediten in erheblicher Höhe führt also kein Weg vorbei. Sie haben auch weniger Nachteile, als die Verfechter der Schuldenbremse glauben. Deutschland hat im internationalen Vergleich eine geringe Staatsschuldenquote: 2022 machten die staatlichen Kredite laut Bundesfinanzministerium rund 66 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In Frankreich waren es 112, in den USA 123 und in Japan sogar 259 Prozent.
Keiner dieser Staaten wird diese Billionen jemals zurückzahlen können. Das ist kein Problem, solange die Länder den Schuldendienst leisten. Deutschland kann das. Selbst in diesem Jahr wird der Bund dem Finanzministerium zufolge nur rund 8 Prozent seiner gesamten Ausgaben für Zinsen aufwenden, obwohl die Sätze stark gestiegen sind. Um die Jahrtausendwende war es doppelt so viel – kollabiert ist der Staat dennoch nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“