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Bomben auf ukrainische GetreidesilosEin lange geplanter Angriff

Der ukrainische Militärgeheimdienst veröffentlicht ein Papier, wonach Russland alle ukrainischen Getreideexporte verhindern will.

Zerstörter Getreidespeicher in Odessa nach einem russischen Drohnenangriff am 24. Juli Foto: Ukrainische Armee via reuters

Berlin taz | Russlands Ziel war und ist eindeutig: Getreideexporte aus der Ukraine maximal zu behindern und möglichst komplett zum Erliegen zu bringen. Eine Handlungsanweisung dafür, die Teil eines mehrstufigen Planes ist, wurde jetzt vom Militärgeheimdienst des ukrainischen Verteidigungsministeriums (GUR) veröffentlicht. Sie findet sich auf mehreren ukrainischen Webseiten, darunter dem Nachrichtenportal Ukrainska Pravda.

Das geheime Papier richtet sich an Russlands politische und militärische Führung und legt Regeln für die Arbeit der russischen Vertreter im Gemeinsamen Koordinierungszentrum in Istanbul fest. Die Einrichtung des Zentrums ist Bestandteil der sogenannten „Schwarzmeer-Initiative“, die nach Vermittlung der Türkei und der UNO am 22. Juli 2022 in Kraft trat und den Export von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer sicherstellen soll.

Zur Sabotage dieses Vorhabens seien laut dem Dokument mehrere Hebel eingesetzt worden. Die vorübergehende Aussetzung des Abkommens zwischen dem 29. Oktober und 3. November 2022 habe dazu geführt, dass die Exporte von 4,2 Millionen Tonnen (Oktober) auf 2,6 Millionen Tonnen (November) gefallen seien.

Die Anzahl von Schiffen sei reduziert, Registrierungen sowie Inspektionen verzögert worden. Den niedrigsten Stand hätten die Exporte im Zeitraum zwischen dem 19. März und dem 17. Juli 2023 erreicht: 7,8 Millionen Tonnen. „Das gesammelte Archiv-Wissen wird es ermöglichen, bei der Lösung derartiger Probleme eine hohe Effizienz in kürzester Zeit zu erreichen“, heißt es in dem Bericht weiter.

Keine gute Aussicht für Getreideabkommen-Verlängerung

Am 17. Juli hatte Russland seine Entscheidung bekannt gegeben, das Getreideabkommen nicht zu verlängern – es sei denn zu seinen Bedingungen. Dazu gehört unter anderem, die hauseigene Agrarbank wieder an den internationalen Zahlungsverkehr Swift anzuschließen. Das würde eine Lockerung der Sanktionen bedeuten. Kyjiw hatte daraufhin angekündigt, die Exporte fortsetzen zu wollen und sich um alternative Lieferrouten zu bemühen.

Am Dienstag hieß es in Moskau, man sehe vorerst weiter keine Möglichkeit, das Getreideabkommen mit der Ukraine wieder aufzunehmen. Ein entsprechender Vorschlag von UN-Generalsekretär António Guterres sei nicht auf die Hauptbeschwerde Russlands eingegangen, dass es keine Fortschritte beim Abkommen gegeben habe.

Stattdessen wird der Plan des Kreml weiter abgearbeitet. Massiven Bombardements von Odessa und Mykolajiw, bei denen vor allem Hafenanlagen und Getreidesilos zerstört wurden, folgten in der Nacht zu Montag erstmals Angriffe auf ukrainische Häfen an der Donau beziehungsweise auf die Städte Reni und Ismajil, nicht weit entfernt von der Grenze zum Nato-Mitglied Rumänien und zur Republik Moldau. Der Angriff auf Reni erfolgte mit iranischen Drohnen.

Andrei Sizow vom russischen Webportal für Agrarfragen Sowekon, den der russischsprachige Dienst der BBC zitiert, spricht von einer schnellen Eskalation der Ereignisse. Die Angriffe auf die Donauterminals seien ein größeres Ereignis als jene auf Odessa, die vorhersehbar gewesen seien. Die Donau sei eine wichtige Exportroute mit einer monatlichen Umschlagkapazität von mehr als 2 Millionen Tonnen, schrieb Sizow auf Twitter.

Auch Angriffe unter falscher Flagge geplant?

Alarmiert zeigte sich auch Rumäniens Staatschef Klaus Johannis, der den Angriff verurteilte und von ernsthaften Sicherheitsrisiken im Schwarzen Meer sprach. „Diese Eskalation wirkt sich auch auf den künftigen Getreidetransit aus der Ukraine aus und folglich auf die globale Ernährungssicherheit“, schrieb er in den sozialen Netzwerken.

Laut dem US-Nachrichten- und Medienunternehmen Bloomberg seien bereits jetzt erste konkrete Auswirkungen der Angriffe festzustellen. So seien beispielsweise die Börsenpreise für Weizen in Chicago spürbar gestiegen – für einen Scheffel (27,2 Kilogramm) um 2,6 Prozent auf 7,7 US-Dollar.

Unterdessen machte sich der Sprecher des State Departments, Matthew Miller, über ein weiteres Szenario Gedanken. Washington lägen Informationen vor, wonach Russland Operation unter falscher Flagge vorbereite, sagte er bei einer Pressekonferenz.

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38 Kommentare

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  • Was spricht denn, in einer Abwägung Hungertote gegen Wiederteilnahme an SWIFT, so eindeutig für ein Nicht-Eingehen auf die russischen Bedingungen, dass es nicht stattfindet?

    • @ke1ner:

      Zum Beispiel folgendes: Hungertote gäbe es wegen Getreidemangel - den es nur gibt, weil Russland damit droht,die Schiffe mit ukrainischem Getreide zu versenken. Um dann zu sagen: freut euch, ihr könnt russisches Getreide bekommen. Der Hunger und die Toten wären Folgen russischen Handelns...

    • @ke1ner:

      Ein Aufrechnen von Hunger- gegen Kriegstoten ist nicht wirklich ein schöner Zug, zumal wenn dabei letztere dezent verschwiegen werden.



      Butscha? War da was?

    • @ke1ner:

      Putin verspricht Gratis-Getreide aus Russland.



      Ist doch super und alles Gut. Ehrenwort ist Ehrenwort, oder?

      • @A. Dehaes:

        Ja, wer Putin noch irgendetwas glaubt, das mit Menschlichkeit zu tun hat, glaubt auch an den Weihnachtsmann.

  • 6G
    665119 (Profil gelöscht)

    Hand aufs Herz, wer von den postkolonialen Identitätskriegern wusste vorher, dass das Bevölkerungswachstum des Nahen Ostens und Afrikas überwiegend mit Getreide aus der Ukraine ernährt wird?

    • @665119 (Profil gelöscht):

      Afrika wird nicht "überwiegend" mit Getreide ernährt. Bevor man über angebliche "postkoloniale Identitätskrieger" herzieht erstmal Hausaufgaben machen. Z.B. Westafrika ist gar nicht betroffen weil dort mehr Reis und Manjok gegessen wird. Zum Frühstück ein Baguette und das war es.

      • 6G
        665119 (Profil gelöscht)
        @Andreas J:

        Ihre Hausaufgaben hat wohl der Hund gefressen. Reis und Mais sind ja wohl auch Getreide. Sie meinen Weizen. Daraus wird das im Nahen Osten und Ostafrika dominierende Fladenbrot gebacken.

        • @665119 (Profil gelöscht):

          Der Rest Afrikas ist aber trotzdem nicht so sehr betroffen. Der geplante Exportstop Indiens für Reis ist für Afrika viel problematischer.

          • @Andreas J:

            Die russische Regierung hat gestern ebenfalls einen Exportstopp für Reis verfügt, vorerst bis 31.12.2023.



            lenta.ru/news/2023/07/29/rice/



            Das ist wohl Putins Antwort auf den unbefriedigend verlaufenen Gipfel. Da lädt man 54 Staatschefs ein, und es kommen nur 17. Man macht Geschenke: Der eine Staatschef kriegt einen Hubschrauber mit Echtledersesseln, dem anderen werden die Staatschulden erlassen, fünf ausgesuchte Länder kriegen „Getreidegeschenke“, und dann erdreisten sich die Präsidenten von Ägypten und Südafrika, von Putin die Weiterführung des Getreidedeals zu fordern, weil sie nicht an Almosen, sondern an funktionierenden marktwirtschaftlichen Beziehungen mit der Ukraine interessiert sind...

  • Musste der Beitrag schnell erstellt werden? Oder warum gibt es so viele Fehler darin?

  • Passt übrigens sehr gut dazu, dass Russland und China schon lange die Getreidepreise nach oben schrauben:

    www.tagesschau.de/...telpreise-100.html

    • @metalhead86:

      Danke für den Hinweis.

      Russland wird ein wenig Getreide publikumswirksam verschenken und den großen Rest teuer verkaufen. Russland macht Geld mit Hungertoten.

  • Mir ist nicht klar, warum das Getreide nicht mit dem Zug zum Mittelmeer transportiert wird. Von den Feldern kommt es ja auch mit LKW und Zug nach Odessa. Im Zielland wird es mit LKW und Zug verteilt. Da so viele Mrd. in die Unterstützung der Ukraine fliessen, kann es nicht am Geld liegen, falls die LKW/Zug Variante zum Mittelmeer mehr kostet. Hier wird überflüssigerweise Putin ein Druckmittel und Auftritt auf der Weltbühne ermöglicht.

    • @ganzjahres Reichweite:

      Es geht um die Größenordnung von 25 Mill. t plus x.



      Das erfordert ca 10.000 Güterzüge von jeweils 1 km Länge. Jeweils mit 2 Loks. Es müssen Kapazitäten für die Beladung sowohl in der Ukraine als auch am Mittelmeer. Und Trassen,die diese extreme Dauerbelastung aushalten , insbesondere Brücken...



      Trassen, die ja auch für anderen Verkehr benötigt werden, Güterwagons und Loks, Personal, das ja nicht einfach überall rumsteht....

    • @ganzjahres Reichweite:

      Die polnischen Ostseehäfen wären noch näher…aber das Problem der unterschiedlichen Spurweiten besteht da natürlich auch…

    • @ganzjahres Reichweite:

      Ein bisschen was lief da ja schon, Polen hatte ja deswegen auch schon Probleme mit den Getreidepreisen bzw den eigenen Bauern, die Existenzsorgen bekamen.

      Aber um den Schiffstransport zu ersetzen müssten die entsprechenden Bahnkapazitäten müssten halt auch erst einmal geschaffen werden.



      Die vorhandenen nutzbaren Strecken werden ja auch so schon eine gewise Auslastung haben. Ausbau hieße neue, zusätzliche Gleise oder zusätzliche Strecken. Das verspricht erstmal Spaß mit Grundstückseigentümern.



      Dann müsste man auch mal rechnen, wieviele Güterwagen man bräuchte für eine entsprechende Tagesleistung.



      Außerdem verwendet die Ukraine die russische Breitspur von 1520mm, zwischen Polen, Frankreich und GRiechenland liegt die europäische Normalspur von 1435mm.



      Da muss dann auch erstmal umgeladen oder umgeachst/umgespurt werden, was bei entsprechednen Transportleistungen auch wieder mehr Infrastruktur erfordet.

      Alles nicht unlösbar, aber braucht halt Wille, Mittel und Zeit.



      Zeit hatten wir seit Februar 2022 eigentlich schon ne Menge, seit 2014 noch viel mehr. Mittel gabs aber m.W.n. nicht und Wille ist für mich bisher keiner erkennbar.

    • @ganzjahres Reichweite:

      Mein letzter Stand: Der Seeweg ist meist konkurrenzlos billig, und Schienenkapazitäten reichen nicht für die Mengen.

    • @ganzjahres Reichweite:

      Dafür fehlt es an Kapazität auf Schiene und Straße. Ein Zug von Odessa an die Adria fehlt dann für geschätzt 24h im Zubringerverkehr. Aber ein Schiff fasst pi * Daumen irgendwas zwischen 20 und 50 Zügen. Da braucht es Slots auf den Gleisen, das rollende Material etc.

    • @ganzjahres Reichweite:

      Ein Schiff kann, wie ich gerade nachgeschaut habe, z.B.70.000 Tonnen Getreide aufnehmen.



      Dafür sind 49 Güterzüge notwendig.



      Die Logistik erscheint also ungleich aufwändiger.

    • @ganzjahres Reichweite:

      Ukraine und Westeuropa haben unterschiedliche Spurweiten der Gleise. An der Grenze muss umgeladen werden, das macht es langsam.

      Und wegen der vielen Mrd.€:

      Bei einem Krieg wird ein jeder € gebraucht, da macht man es sich zu einfach wenn man sagt das Geld grundsätzlich kein Problem ist.

    • @ganzjahres Reichweite:

      Die Infrastruktur ist nicht da, die ukrainische Bahn ist schon augelastet mit dem normalen Verkehr, Logistik für das Militär etc. Europas Schienennetz ist nicht dafür ausgelegt jetzt soviele Schiffsladungen zu ersetzen.

    • @ganzjahres Reichweite:

      weil es eben doch am einfachsten und für die Ukraine am lukrativsten ist die Märkte in den Nachbarländer zu fluten. Kurze Transportwege nach Polen/ Ungarn und nach Deutschland ist doch sicherer und billiger als nach Afrika zu verschiffen. Den hungrigen auf der Welt ist damit allerdings nicht geholfen wenn Deutschland von Ukrainischen Weizen überschüttet wird.

      • @Farmer:

        Bedingt schon, wenn die "Nichthungrigen" dafür sorgen würden, dass das Getreide am Ende auch wirklich bei den "Hungrigen" ankommt. Da kann man sehen das dem aber gar nicht so der Fall ist. Ist ja auch blöd wenn die "Hungrigen" nicht genug zahlen können, ähnliches hatten wie bei Covid ja auch....erst die großen Staaten, und Covax blieb am Ende fast ohne Mittel. Fast alle Versprechungen der großen Länder blieben am Ende nur Worthülsen...Naja ist halt nen Unterschied ob Europa und die USA jeden Preis zahlen oder Covax eben auf Unterstützungsgelder angewiesen ist. Und daraus eben nicht soviel zahlen kann. Ein Blick in die Pfizer-Leaks kann da auch helfen...

        Um aber die Bevölkerung hier weiter dem Krieg zugänglich zu machen, können wir natürlich weiter gerne behaupten die anderen verhindern das in Afrika Menschen Essen haben könnten. Ist das eigentlich auch schon Propaganda? ;)

        • @Chris Ehl:

          Und..



          Özdemir unterstützt lieber den ukrainischen Weizenverkauf in die EU anstatt den Export nach Afrika zu forcieren...?!

      • @Farmer:

        Stimmt nicht. Der Großteil der Exporte ging in Entwicklungsländer.

        www.un.org/en/blac...in-initiative/data

        • @Suryo:

          Dann sind China, Spanien, die Türkei, Italien und die Niederlande Entwicklungsländer?

          Oder haben Sie den Link nicht angeschaut?

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            57 Prozent gingen in "developing countries" und 66 Prozent in Länder mit niedrigem bis mittleren Einkommen.

        • @Suryo:

          Ich wußte gar nicht, dass Spanien und die Türkei Entwicklungsländer sind. Das meiste ging nach Spanien, damit dort Schweine gefüttert werden können. Von wegen Hungernden in Not helfen!!!

          • @zio pipo:

            Russische Propagandalügen.

            "Die Hungersnot ist das beste, was uns passieren kann. Dann werden alle einsehen, dass sie unsere Freunde sein müssen!"

            - Margarita Simonyan (mit erregtem Lächeln), 2022.

          • @zio pipo:

            Von dort aus geht es dann weiter an die Entwicklungsländer...

            Die Falschmeldung, dass die Getreidelieferungen nicht weitergeliefert würden ist längst widerlegt.



            Des weiteren sorgt das höhere Angebot für niedrigere Preise.

      • @Farmer:

        Deswegen ist es ja auch mehr als überfällig, dass die EU die Organisation der Getreidehilfslieferungen übernimmt. Polen wird sicherlich gerne behilflich sein, Getreidezüge aus der Ukraine an die Atlantikhäfen weiterzuleiten, und dass im Transit alles schön verplombt bleibt und kein einziges Körnchen aus dem Zug fällt - da wird man allemal auf die volle Unterstützung der polnischen Regierung zählen können.

        Ich habe keine Ahung, warum vdLeyen und Konsorten das verschnarchen. Die Idee liegt seit Monaten auf dem Tisch.

        • @Ajuga:

          Ich schon: Weil die Russem dann direkt oder indirekt die Infrastruktur in den Transitländern ins Visier nehmen würden. Putin muss weg, so oder so. Er ist ein tollwütiger Hund. Schlimmer geht nimmer.

        • @Ajuga:

          Vergessen sie die Atlantikhäfen. Dafür müsste Deutschland Infrastruktur aus dem Boden stampfen. das klappt vielleicht mit Hängen und Würgen bei Erdgasterminals, aber sonst ist das ein ziemliches Luftschloss.



          Fragen sie lieber nach Adria und Ostsee. Das ist wesentlich realistischer.

        • @Ajuga:

          Es ist eben einfacher billiges Getreide für die EU Bevölkerung zu importieren.



          Notwendig ist es sowieso wenn EU Landwirte gezwungen werden die besten Böden stillzulegen (4 % in 2024) und durch immer mehr politisch motivierte Auflagen die Erntemengen stark zurückgehen.



          Schön das die Ukraine dann so billig und schnell liefern kann, also nix Afrika!

        • @Ajuga:

          Die können keine tausenden Kilometer an Schienen, Zügen, und Experten herzaubern. Es fehlt in Deutschland bspw. schon jetzt massiv an Lokführern und wir kommen mit dem Schienenbau nicht hinterher.