Auswege aus dem Dauerlockdown: Neue Perspektiven, bitte!
Trotz Lockdown werden die Infektionszahlen weiter steigen. Es ist an der Zeit, kontrollierte Öffnungen zu ermöglichen – verbunden mit Schnelltests.
N achdem sich Angela Merkel bei uns allen entschuldigt hat und die allgemeine Aufregung um die Osterruhe abgeebbt ist, bleibt als Ergebnis dieser verrückten Woche: Es geht weiter wie bisher. Das ist so unbefriedigend wie inakzeptabel. Denn klar ist: Trotz Lockdown werden die Infektionszahlen weiter steigen. Die Notbremse killt vielleicht ein paar berufliche Existenzen zusätzlich, aber nicht das Virus. Es ist deshalb an der Zeit, neu zu denken, vielleicht umzudenken und auch alternative Pfade auszuprobieren.
So wie das Saarland, das ab 6. April den Tübinger Weg gehen will: Öffnungen gegen Tests. Die Bürger werden Gastronomie, Kinos und Fitnessstudios wieder nutzen können, sofern sie einen tagesaktuellen negativen Coronatest vorweisen. Die Randbedingungen für den Feldversuch sind gut: Ein Bundesland von überschaubarer Größe mit nicht einmal einer Million Einwohnern; eine bundesweit niedrige Inzidenz; eine gut ausgebaute Test- und Impfstruktur.
Die Möglichkeit, sich freizutesten, hätte zudem den Effekt, dass ein Teil der ohnehin stattfindenden zwischenmenschlichen Kontakte, die zurzeit in ungelüftete Wohnzimmer verbannt sind, in einen öffentlichen und besser kontrollierbaren Raum verlagert würden. Kritiker wie der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach halten den saarländischen Versuch dennoch für fahrlässig. Bedenken mögen berechtigt sein, aber was ist die Alternative? Den Lockdown zu verschärfen, Schulen, Kitas und nicht systemrelevante Industriezweige zu schließen, bis die Infektionszahlen nahe null sind.
Tests und Impfungen
Abgesehen von der mangelnden Akzeptanz einer solchen ZeroCovid-Strategie – die entsprechende Petition haben in zwei Monaten gerade mal knapp über 100.000 Menschen unterzeichnet – ist ein Total-Lockdown unrealistisch. Die ZeroCovid-Aktivist:innen selbst setzen für ihre Strategie eine Vermögensabgabe voraus, um soziale Härten und Massenarbeitslosigkeit zu vermeiden. Eine solche Abgabe ist kurzfristig nicht in Sicht.
Wenn Deutschland also nicht wie gelähmt im Lockdown verharren will, dann bleiben zwei wesentliche Instrumente, uns aus der Pandemie heraus und die Gesellschaft wieder ins Offene zu manövrieren: Tests und Impfungen. Tests stehen bereits und Impfungen bald in ausreichender Zahl zur Verfügung.
Selbst wenn das Modell Saarland nicht als bundesweite Blaupause taugte – was man sich wünschte, was aber wie alle Versuche auch scheitern kann – sollten Bund und Länder jetzt alle Energien darauf konzentrieren, systemrelevante Bereiche, Schulen und Kitas an erster Stelle, konsequent freizutesten und zu impfen. Es ist höchste Zeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku