CDU-Rückstoß zum Bürgergeld: Die Bestrafungssucht der CDU
Mit der „Neuen Grundsicherung“ will die CDU Sozialhilfeempfänger bestrafen. Dabei offenbart die Partei Fakten- und Realitätsferne.
H artz IV, Bürgergeld, Neue Grundsicherung. Letzteres soll der Name der Sozialleistung werden, wenn es nach der CDU ginge. Damit er nicht an ein bedingungsloses Grundeinkommen erinnert?
Sei’s drum! Für Menschen, die darauf angewiesen sind, macht der Name keinen Unterschied. Vor allem lenkt dieses parteipolitische Geplänkel vom Wesentlichen ab. Der CDU-Vorstoß atmet den Geist der Vergangenheit: Sanktionen bis zu 100 Prozent, Vermögensprüfung, keine Karenzzeit, Arbeit, Arbeit über alles. Getragen wird das vom chauvinistischen Klischee des „faulen Arbeitslosen“, das uns jahrzehntelang eingetrichtert wurde.
Wer erwerbslos ist und zumutbare Jobangebote ablehnt, dem müsse aus Sicht der CDU das Bürgergeld unbefristet komplett gestrichen werden. Das widerspricht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes. Und auch darüber hinaus hat es die Forderung in sich: Es ist doch gerade eine Errungenschaft des Bürgergelds, dass der sogenannte Vermittlungsvorrang abgeschafft wurde.
Dieser hat Menschen in schlechte, oft kurzfristige und saisonale Jobs gezwungen, statt sie zu qualifizieren und langfristig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die heutigen Herausforderungen sind anders als vor 20 Jahren. Händeringend werden Fachkräfte gesucht. Mehr denn je sollte gute Arbeitsmarktpolitik auf Qualifizierung setzen.
Ein weiterer Punkt offenbart die Realitätsferne und Bestrafungssucht der CDU. Menschen, die Termine mehrfach nicht wahrnehmen (können), sollen sanktioniert werden. Doch das hat Gründe, etwa, dass sie unter Depressionen leiden. Sie brauchen Hilfe statt Strafe. Studien belegen, dass Sanktionen nicht dazu führen, mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Die CDU ignoriert diese wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Vordergründig spricht sie von einem „gerechten System“, in Wirklichkeit profiliert sie sich mal wieder auf Kosten der Ärmsten und spielt Sozialhilfeberechtigte gegen Schlechtverdiener aus. Damit ist niemandem geholfen, außer der Minderheit, die von der billigen Arbeit eines großen Niedriglohnsektors profitiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren