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Politologe über Migrationspolitik„Das hilft der AfD“

Migration vor allem als Problem zu diskutieren, legitimiere die AfD, sagt der Politologe Werner Krause. Wäh­le­r*in­nen bekomme man so nicht zurück.

Berliner Brandmauer: Die Anti-Rechts-Proteste signalisieren Parteien, jede Kooperation mit der AfD klar auszuschließen Foto: Stefan Boness/Ipon
Dinah Riese
Interview von Dinah Riese

taz: Herr Krause, die AfD ist im Umfragehoch. Gleichzeitig gehen Hunderttausende gegen Rechts auf die Straße. Wird das den Höhenflug der Partei bremsen?

Werner Krause: Das ist nicht so einfach zu beantworten. Es gibt Studien etwa aus Italien, Frankreich oder Griechenland, die gezeigt haben: Proteste können den Stimmenanteil von Rechtsaußenparteien durchaus negativ beeinflussen. Untersucht wurden da aber meist Proteste unmittelbar vor Wahlen – da sind wir ja noch nicht.

Es könnte also völlig wirkungslos sein?

Erst mal sind diese Proteste ein wichtiges Signal, das zeigt: Sehr viele Bür­ge­r*in­nen nehmen nicht nur die Radikalität dieser Partei wahr, sondern sind bereit, aktiv dagegen zu demonstrieren. Für drei Gruppen könnte das bei einer Wahl durchaus relevant sein: Für jene, die erwägen, zum ersten Mal AfD zu wählen und die nun sehen: Große Teile der Gesellschaft sind mit dieser Partei nicht einverstanden. Dann für Menschen, denen bisher vielleicht das Interesse gefehlt hat, sich mit der AfD zu beschäftigen, und die nun lieber ihre Stimme einer anderen Partei geben, statt gar nicht zur Wahl zu gehen. Und drittens die Mitte-Rechts-Parteien: Die Protestierenden signalisieren ihnen gerade sehr klar, dass die Brandmauer für sie stehen muss.

Was hieße das übersetzt in konkrete politische Handlungen?

Das hieße für die Parteien der politischen Mitte einerseits, jede Kooperation mit der AfD klar auszuschließen. Und andererseits, weniger häufig ihre Themen zu bedienen, sondern politische Debatten zu führen, die tatsächlich zu besseren Lebensbedingungen für die Menschen führen würden. Also etwa über eine bessere Mietenpolitik oder das Bildungssystem, statt sich in der Migrationsfrage von rechts treiben zu lassen.

Viele argumentieren, die AfD sei überhaupt nur so erfolgreich, weil Deutschland die Fluchtmigration nicht unter Kontrolle habe.

Was Rechtsaußenparteien vor allem hilft, sind mediale Aufmerksamkeit und Framing. Für viele von ihnen ist Migration ein zentrales Thema, das sie wie einen Trichter nutzen: Jedes andere gesellschaftliche Thema muss diesen Trichter passieren, sei es Wohnen, Bildung oder der Arbeitsmarkt. Je präsenter das Thema im Diskurs ist, desto besser für Parteien wie die AfD. Die Ampel spürt den Druck und will mit dem Thema Handlungsfähigkeit signalisieren. Stünde es nicht auf der Tagesordnung, würde der AfD ein Stück weit die Existenzgrundlage wegbrechen.

privat
Im Interview: Werner Krause

35 Jahre alt, ist Politikwissenschaftler an der Uni Potsdam und Mitautor der 2022 erschienen Studie „Does accommodation work? Mainstream party strategies and the success of radical right parties“.

Aber die anderen Parteien können doch nicht aufhören, über Migrationspolitik zu sprechen, nur weil das ein Lieblingsthema der AfD ist.

Natürlich nicht. Die Frage ist: Welches Maß und welches Narrativ wird gewählt? Im vergangenen Jahr wurde von der Union, aber auch von Ampel-Politiker*innen häufig das Narrativ aufgegriffen, das auch die AfD bedient: Dass das Mittel zur Lösung grundlegender gesellschaftlicher Probleme weniger Migration wäre. Weniger gesprochen wurde hingegen darüber, was es denn bräuchte, um die Herausforderungen zu meistern. Über Integration, über Problemlösungen für den Bildungs- oder Wohnungsbereich.

Die Ampel hat zuletzt die Situation Geflüchteter sehr verschärft – auch mit dem Argument, man verliere sonst Wäh­le­r*in­nen an die AfD.

Das klingt ja auch erst mal ganz rational: Wenn Rechtsaußenparteien mehr Restriktion fordern und außerdem immer mehr Zulauf haben, müssten Parteien in der Mitte diese Wäh­le­r*in­nen doch zurückgewinnen, wenn sie selbst mehr Restriktion fordern oder umsetzen. Wir haben das in unserer Studie oft beobachtet.

Sie haben anhand von 12 westeuropäischen Ländern untersucht, ob Wäh­le­r*in­nen rechten Parteien wieder den Rücken kehren, wenn Mitte-Parteien deren Kurs übernehmen. Was war das Ergebnis?

Der erhoffte Erfolg stellt sich nicht ein. Entweder passiert gar nichts – oder der Zulauf nach Rechtsaußen wird sogar noch größer. Die Debatte in Deutschland zeigt das ja deutlich: Weder Schlagworte des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz wie „kleine Paschas“ oder „Sozialtourismus“ noch die Abschiebeforderungen der Bundesregierung haben dazu geführt, dass die Zustimmung zur AfD gesunken wäre. Eher im Gegenteil.

Die Union hat bei der Landtagswahl in Hessen im vergangenen Jahr ein recht erfolgreiches Ergebnis eingefahren, und im Saale-Orla-Kreis hat der CDU-Kandidat mit seinen harschen Asylforderungen gerade gegen den AfD-Kandidaten gewonnen.

Die AfD war aber bei beiden Wahlen ebenfalls sehr erfolgreich. In Hessen hat sie über 18 Prozent bekommen, im Saale-Orla-Kreis hat sie im zweiten Wahlgang in absoluten Zahlen ebenfalls keine Stimmen verloren, sondern noch dazugewonnen. Viele dürften den CDU-Kandidaten nicht wegen, sondern trotz seiner Positionen in der Asylpolitik gewählt haben. Das kennen wir aus anderen Stichwahlen, etwa um die französische Präsidentschaft: Da haben auch sehr viele Progressive Macron gewählt, um die rechtsextreme Le Pen zu verhindern. Aber die Rechtsverschiebung im Diskurs hat die AfD kein bisschen geschwächt.

Wieso ist das so?

Weil die Mitte-Parteien damit die von rechts gesetzten Narrative bedienen und letztlich auch legitimieren. Schaut her, wir haben es immer gesagt, und jetzt haben die anderen es auch erkannt. Es gibt dieses bekannte Zitat des Front-National-Gründers Jean-Marie Le Pen: Die Leute wählen lieber das Original als die Kopie. Unsere Forschungsergebnisse unterstützen diese These leider.

Sind denn die Wäh­le­r*in­nen in Deutschland so rechts, dass sie sich zwischen einem Rechtsaußen-Original und einer Kopie entscheiden müssen?

Ein Rechtsruck im Diskurs muss nicht unbedingt auch einen Rechtsruck in der Bevölkerung bedeuten. Auch dafür sind die aktuellen Anti-AfD-Proteste ein gutes Beispiel. Die Forschung zeigt, dass vor allem bestimmte Stimmen lauter geworden sind. Wir wissen, dass Teile der Bevölkerung schon in den 1990er und 2000er Jahren migrations- und flüchtlingsfeindliche Einstellungen vertreten haben. Die haben mitunter aber trotzdem nicht Rechtsaußen gewählt, weil andere Themen für sie dringender waren, etwa die soziale Frage. Gerade aber diskutieren wir wie gesagt viele dieser Fragen vor allem durch die Migrationsbrille – und das hilft der AfD.

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37 Kommentare

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  • Eine Brandmauer nützt wenig, wenn durch Ungeschicklichkeit oder Ignorieren anderer Probleme die gleiche schlechte Regierungsführung erfolgt. Wenn man mit fähiger Technik die Flüchtlinge versorgt, werden sie nicht als Problem wahrgenommen. Da muss der Bund die Kosten bezahlen und nicht in die Gemeinden Angst vor unsozialen Erhöhungen der Grundsteuern schühren.



    Ökologisch nicht mehr Auto fahren: da muss der ÖPNV auch funktionieren. Die AfD kämpft für mehr Auto.



    Frauen zurück an den Herd? Mangel an Kindergärtnerinen und rechte Machos wirken gleich.

  • Ich denke er übersieht dass das Migrationsthema kein rein rechtes ist, sondern auch umgekehrt die Forderung nach offenen Grenzen im linken Lager Stimmen holt. Deshalb hielten auch die linken Parteien lieber das Thema warm und wollten damit ihre eigenen Leute bei der Stange halten, statt die Probleme lautlos und pragmatisch zu lösen als dafür noch Zeit war. Das war nur ziemlich kurzsichtig und jetzt rudern sie herum.

    • @Descartes:

      CDU/CSU und FDP sind Vorreiter bei "open borders"; Schengen usw. war alles unter CDU/FDP.

    • @Descartes:

      Nein, ein ausschließlich rechtes Thema ist die Migrationspolitik beileibe nicht, sie ist historisch stets auch ein linkes Thema gewesen - dort aber immer strittig diskutiert. Und natürlich unter anderen Vorzeichen als das, was in rechten Kreisen unter Remigration verstanden wird. Das gilt es zu beachten, auch in aktuellen inner-linken Kontroversen.



      Die reformistische Fraktion auf den internationalen Sozialistenkongressen in Amsterdam (1904) und Stuttgart (1907) beispielsweise bezog dazu eine Haltung, die als „Arbeiterprotektionismus” bezeichnet werden kann. Sie forderte den Schutz der autochthonen Arbeiterklasse in den industrialisierten Ländern vor Lohndumping sowie ihrer schon erkämpften Rechte durch Zuwanderungsbegrenzung. Diese Debatten waren natürlich stark eingebettet in den damaligen rassistischen Zeitgeist.



      Insofern können die Positionen Wagenknechts (und Lafontaines) in dieser Frage durchaus als klassisch sozialdemokratisch bezeichnet werden. Der rassistische Zeitgeist hingegen hat sich nie gewandelt, würde ich behaupten. Überhaupt sehe ich Rassismus (und Antisemitismus) eher aus einer soziologischeb bzw. sozialpsychologischen Perspektive als ein Thema der Zuordnung zu bestimmten politischen Lagern.

    • @Descartes:

      Dürften Sie recht haben.

    • @Descartes:

      "eshalb hielten auch die linken Parteien lieber das Thema warm und wollten damit ihre eigenen Leute bei der Stange halten, statt die Probleme lautlos und pragmatisch zu lösen als dafür noch Zeit war."

      Wann genau gab es in Deutschland, "als dafür noch Zeit war", eine linke Regierung?

      • @Ajuga:

        Ende der 70er Jahre unter Helmut Schmidt.

        • @Tom Tailor:

          Auch in den 80ern war noch manches machbar.

          Gerade auf Länderebene.

          • @rero:

            Korrekt. Nur hatte Helmut Schmidt zu diesem Thema eine sehr eindeutige Meinung und als damaliger Kanzler die Möglichkeit zur Gestaltung. Nur wurde das in seiner Partei als nicht relevant betrachtet, andere Themen hatten höhere Priorität. Und danach kam dann ja auch schon bald der Regierungswechsel.

  • "welches Narrativ wird gewählt?"

    Friedrich Merz (CDU) hat mit Ursula von der Leyen das Narrativ der Neofaschisten, der Front National , der NPD, der Nationalzeitung komplett bedient und im Gegensatz zu den Thesen hier, hat es der Union wohl kurzfristig einen Nutzen verschafft: Sie haben knappe Wahlen gewonnen.



    Merz hat die Regierung angeschossen und macht- bzw. ziellos abbilden können. Nur die Union kann das selber nicht liefern, was sie da nebulös in Aussicht stellt, weniger Einwanderung, also landen wir bei den hier dargestellten Erkenntnissen.

    Das Grundproblem ist wohl auch noch, dass es an politischem Bewußtsein mangelt. Wer Syrer abschieben will, muss gute diplomatische Beziehungen mit dem Assad-Regime etablieren, wer meint, Menschen nach Kabul bringen zu müssen, der muss mit den Taliban sprechen, diplomatische Beziehungen aufbauen und der muss auch was geben.

    Die politischen Implikationen des AfD-Diskurses zur Migration werden eigentlich nie besprochen.



    Grundsätzlich ist Einwanderung auch nicht schlecht, mit diesem Narrativ haben es aber SPD, Grüne, CDU, CSU und FDP gehalten, sie sagen: Die Zahlen müssen runter.

    Die Menschen können, sollen, dürfen hier nicht ein Zuhause finden, müssen wegbleiben. Die müssen woanders bleiben, wie etwa Ortskräfte und ehemalige Soldaten Afghanistans, die in Pakistan leben und darauf warteten, nach Deutschland oder in die USA oder in die EU zu können und die nun damit rechnen müssen, dass Pakistan sie nach Kabul ausweist.

    Deutschland und viele andere EU-Staaten haben jetzt bereits Zusagen nicht eingehalten. Ob das bereits Konsequenzen hatte, weiß so recht auch niemand.

    Das alles juckt die AfD nicht, weil sie nur laut spricht, so wie sie das tut, müsste man wohl unsere bisherige Verfassung abschaffen oder komplett abschleifen, anderens falls gehen deren Lösungen gar nicht.

  • Hier wird eine Ablenkungsdebatte aufgemacht um eine unvermeidliche Folge des Grundproblems: Die Transformation des Planeten durch unsere egoistische, giergesteuerte Wirtschaftsweise (Kapitalismus). Dabei ist es egal, wem das Kapital gehört. Die Verfügungsgewalt durch eine Managerkaste, die sich dann durch Boni bereichern, hat die gleiche Wirkung.



    Die Erde wir nach und nach unbewohnbar, bei gleichzeitig steigender Bevölkerung. Das führt logischer Weise zu Migration und weniger Freiheit für den Einzelnen. Wir können uns diesen Wohlstand auf Kosten der Natur nicht leisten! Das Wissen wir auch, aber Gier ist eine weit verbreitete Sucht. Scheindebatten über Migration und Gendern sind daher willkommene Ablenkungsmöglichkeiten, die aber nicht helfen. Wir müssen uns zum Homo Sapiens 2.0 upgraden. Mit Digitslisierung und KI und dem damit verbundenen enormen Enegieverbrauch schaffen wir uns als Lebewesen aber ab.

  • Eine Antwort ist nicht ganz richtig. In Dänemark haben die Sozialdemokraten mit einer harten Migrationspolitik Stimmanteile von den Rechten erfolgreich zurück bekommen.

    Egal ob man den Weg der dänischen Sozialdemokraten gut oder schlecht findet, verschweigen oder ignorieren sollte man es nicht.

    Man muss halt darüber sprechen ob es das wert ist oder nicht

    • @Müller Christian:

      "In Dänemark haben die Sozialdemokraten mit einer harten Migrationspolitik Stimmanteile von den Rechten erfolgreich zurück bekommen."

      Der Preis dafür war eine Umkrempelung des stabilen dänischen Parteiensystems (ein links-der-Mitte- und ein rechts-der-Mitte-Block, bestehend jeweils aus einer "Volkspartei" mit assoziierten "Satelliten") zu einem "modernistischen" und einem "traditionalistischen" Lager, wodurch eine konsistente Politik enorm erschwert wird, da nunmehr jede Regierung auf Koalitionspartner mit unvereinbaren Interessen angewiesen ist.

      Also dasselbe Problem, was sich auch anderswo im Gefolge der "New Left" des Blairismus-Schröderismus eingestellt hat.

      Seit rund 20 Jahren ist es so gut wie keiner dänischen Regierung mehr gelungen, eine komplette Legislaturperiode zu halten. Davor war das das normalste der Welt

      Und statt einer Rechtsaußen-Partei gibt es jetzt 2 (Dansk Folkeparti und Nye Borgerlige), die sich durch wenig mehr unterscheiden, dass die eine in ihren wirtschaftspolitischen Vortellungen national-, die andere neoliberal ausgerichtet ist. Es ist also langfristig gesehen in Dänemark weitaus schwerer geworden, die extreme Rechte aus der Regierung rauszuhalten.

    • @Müller Christian:

      Es laufen Klagen dagegen und die Regierung könnte verlieren. So klar ist das alles gar nicht.

      • @Andreas_2020:

        Das ändert aber nichts daran dass die dänische Sozialdemokratie mit ihrer Politik am rechten Rand Stimmen eingesammelt hat. Und nur darum geht gerade.

  • Das wirkt alles etwas hilflos. Man hat doch über die letzten Jahre versucht, andere Themen als Migration zu promoten (Mieten, Klima, Verkehr etc.) und auch Migration positiv zu besetzen. Wenn man es an den Wahl- und Umfrageergebnissen der AFD misst, hat das alles nix gebracht.

  • 》Weder Schlagworte des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz wie „kleine Paschas“ oder „Sozialtourismus“ noch die Abschiebeforderungen der Bundesregierung haben dazu geführt, dass die Zustimmung zur AfD gesunken wäre. Eher im Gegenteil《

    Merz spielt gerade ein besonders übles Spiel: da ohne die Union die AfD nicht von der Macht fernzuhalten ist, wird sie für die "Brandmauer" gebraucht.

    Was er dazu nutzt - unterstützt verbal die Demos, wettert gegen die AfD -, die Union tatsächlich weiter nach rechts zu rücken, so zu tun, als sei seine rechtspopulistischen Inhalte noch innerhalb des demokratischen Spektrums.

    Gerade hat er angekündigt, sich auf keinerlei Zusammenarbeit mit der Regierung einzulassen. Eine Fundamentalopposition, die sich kaum noch von der AfD unterscheidet (staatspolitische Verantwortung ist nicht), und dies in den sozialen Medien mit "Wir stehen für eine Regierungsshow nicht zur Verfügung" begründet www.instagram.com/...h=MzRlODBiNWFlZA== - ein im Grunde rechtsradikales Framing, das sich prinzipiell von dem der AfD - Politik als angeblicher Inszenierung - nicht mehr unterscheidet.

    Was natürlich - neben einer persönlichen Neigung zum Polarisieren besonders dann, wenn es Brücken zu schlagen gälte - auch daran liegt, dass die Ampel z.B. mit ihren "Abschiebeforderungen", s.o., auch schon so weit rechts angekommen ist, dass in der Mitte für die Union kaum etwas zu holen ist.

  • Für einen Wissenschaftler ist mir das dann doch zu einseitig.



    Die Parteien der Mitte übernehmen eben nicht die Position der" Remigration".



    Auch die Behauptung, Migration würde nur als Problem betrachtet, geht an der Realität vorbei:



    Gerade wurde der Doppelpass auch für NichtEuropäerInnen möglich gemacht.



    Außerdem werben PolitikerInnen der Ampel seit Beginn der Legislaturperiode um Zuwanderung.



    Das Facharbeiterzuwanderungsgesetz ist ein klarer



    Schritt !



    Der Gesetzgebung folgte die Umsetzung, ich verweise hierzu auf die Artikel zum Abkommen mit Marokko in dieser Zeitung.



    Die Position der Forderung nach Zuwanderung wird, im Übrigen, auch von Wirtschaftsverbänden erhoben.



    Der Einzige, der es noch nicht so ganz kapiert hat, ist Friedrich Merz.



    Der denkt leider nur an sich und hat noch nicht bemerkt, dass er gegen seine eigene Klientel arbeitet.

    • @Philippo1000:

      Doppelte Staatsangehörigkeit, Facharbeiterzuwanderungsgesetz - alles richtige Schritte, da stimme ich zu.



      Andererseits finde ich es irritierend, dass die Ampel - erst recht die Unionsopposition - in der Migrationspolitik widersprüchliche Signale aussendet, die doch stark nach Anbiederung an AfD-Positionen aussehen. Das lässt sich einfach nicht wegdiskutieren.



      Wie passt eine Erleichterung des Erwerbs der Staatsangehörigkeit und vereinfachter Zugang zu den europäischen Arbeitsmärkten zu einer immer restriktiver werdenden Asylpolitik, die schutzsuchenden Flüchtlingen Hilfe verweigert und sogar deren Tod an den EU-Aussengrenzen in Kauf nimmt?



      Diesen Widerspruch aufzudecken wäre Aufgabe einer linken Kritik der vorherrschenden neoliberal-kapitalistischen Migrationspolitik, die Menschen lediglich im Sinne ihrer Produktivität bzw. Verwertbarkeit für den Arbeitsmarkt betrachtet. Das ganze Multikulti- und Offene-Gesellschaft-Gedöns von interessierter Seite - denn bei näherem Hinsehen ist so offen diese Gesellschaft nun auch wieder nicht - dient dabei nur zur Verschleierung der tatsächlichen Machtverhältnisse.



      Denn sind Menschen NICHT in diesem Sinne verwertbar bzw. Migrationsbewegungen nicht (mehr) steuerbar - Stichwort: multiple globale Krise! -, werden die Grenzen dicht gemacht (wobei die Geschichte gezeigt hat, dass letzten Endes keine Mauer unüberwindbar ist).



      Über die völkisch-rassistischen Remigationspläne von rechts (und wohin sie in letzter Konsequenz führen), müssen wir hier nicht weiter diskutieren, wohl aber darüber, welche Antworten von links gegeben müssen/können.



      Um es vorwegzunehmen und um bloß keine Missverständnisse aufkommen zu lassen; die Antwort des BSW halte ich für falsch - aber ob „open borders“ (und nach mir die Sintflut) das richtige Konzept ist, wenn der Sozialstaat „über die Wupper“ zu gehen droht?

    • @Philippo1000:

      CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne haben sich darauf geeinigt, die Anzahl der Asylantragstellungen 2024 zu senken. Das ist noch was anderes, als die Anzahl migrantischer Menschen in Deutschland zu senken, bzw. sogar Deutsche mit Migrationshintergrund nach Afrika auszufliegen, aber es kommt der Sache extrem nahe.

  • Ich hatte ja fast vergessen, warum die Leute AfD wählen.

    Dank Herrn Krause erinnere ich mich wieder.

    Alles nur eine Frage des Framings?

    Besser Diskussionen um Bildung und Wohnungspolitik?

    Wo jeder sieht, dass die in Bund und den meisten Ländern regierenden Parteien es seit Jahrzehnten in beiden Bereichen nicht gebacken kriegen?

    Wer Migration massiv begrenzt oder kontrolliert haben möchte, weiß natürlich nach vielen Jahren Merkel, dass die CDU nicht auf einmal anfängt, Migration zu begrenzen, nur weil Merz mal von "kleinen Paschas" spricht und über Zahnarzttermine jammert.

    Die Leute sind doch nicht dämlich.

    Sicher haben Leute mit migrationsfeindlichen Einstellungen in den 90ern und 00ern CDU gewählt.

    Nach 2015 tun sie das logischerweise nicht mehr.

    Die CDU steht nicht mehr glaubwürdig für Asyl-oder Migrationsfeindlichkeit.

    Sie waren lange genug an der Regierung, um zu zeigen, dass sie keine ernsthafte Begrenzung hinkriegen (wollen) würden.

    Ich staune, dass ein Wissenschaftler das übersieht.

    • @rero:

      Die Frage ist doch aber auch: lässt sich eine „ernsthafte Begrenzung“ der Zuwanderung „hinkriegen“ - ohne Preisgabe von Humanität, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie? Denn darauf bauen doch alle unsere politischen Prinzipien wie auch die Idee eines geeinten Europas auf, oder etwa nicht?



      Die Situation an den EU-Aussengrenzen, der menschenunwürdige Umgang mit Flüchtlingen dort lässt mich jedoch daran zweifeln.



      Auch die CDU steht - wie alle anderen demokratischen Parteien in Verantwortung (die AfD tut es definitiv nicht!) - vor dieser Frage - Frau Merkel hat sich in dieser Frage 2015 lediglich für das “C” im Parteinamen entschieden.



      Wofür entscheidet sich die Union heute? Status confessionis.



      de.m.wikipedia.org...tatus_confessionis

    • @rero:

      Der entscheidende historische Punkt ist doch die Wahl zum Bundestag 2013: 4 Parteienparlament, die SPD hat mit Linken und Grünen die Parlamentsmehrheit, entscheidet sich aber Juniorpartner der CDU zu werden.

      • @FancyBeard:

        Was soll daran entscheidend gewesen sein? Meinen Sie, eine RRG-Koalition hätte verhindert, dass die Ereignisse von 2015 den Rechtsschwenk der AfD und die Attraktivität ihrer migrationsfeindlichen Politik beflügeln? Hätten die ihre Version des "Wir schaffen das." irgendwie sanfter und früchteteeiger gesagt und so die Angst vor Überfremdung im Keim erstickt?

        Davon abgesehen war es 2013 illusorisch, eine solche Regierung zu bilden. Die SPD hätte lautstarke Wahlversprechen pulverisieren und ihren Kanzlerkandidaten auswechseln müssen. Und mit ihren mageren vier Stimmchen über BT-Mehrheit hätten alle drei Parteien sich laufend von einer Wagenknecht durch die Manege treiben lassen müssen, die vor lauter Zünglein-an der-Waage-Auftrieb nochmal 20 cm weiter über dem Fußboden gelaufen wäre, als ihre Fans ihr das eh schon nachsagten.

      • @FancyBeard:

        Nein? SPD, Grüne und Linke kamen zusammen auf 42,7% der Stimmen.



        Die CDU kam alleine auf 41,5% der Stimmen.



        Die Parlamentsmehrheit gab es zwar, aber bei diesem Wahlergebnis schlichtweg nicht darstellbar. Dafür war die CDU zu stark gegen ein drei Parteien Bündnis mit lediglich 42,7 Rückhalt.

        RRG war nicht darstellbar nach der Wahl!

        • @Walterismus:

          “Die Parlamentsmehrheit gab es zwar, aber bei diesem Wahlergebnis schlichtweg nicht darstellbar.”



          Das ist KEIN schlagendes Argument in einer parlamentarisch-repräsentativen Demokratie. Es ist eine Frage des politischen Willens, der tatsächlichen Gestaltungskraft, der gehegten Absichten und der sich ergebenden programmatischen Umsetzungsmöglichkeiten der angestrebten jeweiligen Regierungskonstellation.



          Bei „Nichtgefallen“ bzw. Erfolglosigkeit kann der Souverän eine solche Konstellation ja durchaus wieder abwählen oder - z.B. in zwischenzeitig stattfindenden Landtagswahlen - zur Korrektur zwingen (einen Denkzettel verpassen).



          Sonst wäre es beispielsweise in Sachsen nach der Landtagswahl auch nicht möglich, eine Regierung OHNE die AfD zu bilden, falls diese dort etwa ein Ergebnis von 30% einfahren sollte.



          Ihr Argument der „Darstellbarkeit“ lässt also viel Interpretationsspielraum. Nein, ich denke, der SPD hat es 2013 schlicht an Courage gefehlt, zu einer anderen Entscheidung als der eines Juniorpartners der Union in einer GroKo zu gelangen.

          • @Abdurchdiemitte:

            Mit ihrem zweiten Absatz liegen Sie natürlich richtig. Jede Partei muss schauen, welche Optionen ihr ein Wahlergebnis lässt und welche von denen ihr die besten Aussichten bietet, eigene Programmpunkte durchzubringen und effektiv zu regieren.

            NUR: eine RRG-Regierung mit nur 4 Stimmen Kanzlermehrheit gegen eine monolithische Opposition wäre aus SPD-Sicht verständlicherweise NICHT diese Option gewesen. Zwei streitbare, gerne auch mal in sich zerstrittene Juniorpartner, die grundsätzlich beanspruchen, der Schwanz zu sein, der mit dem Hund wedeln kann, von denen man im Zweifel immer jede Stimme braucht, sind einfach keine verlässliche Konstruktion. Insbesondere einer Sarah Wagenknecht (und damit über Bande auch noch ihrem immer noch innerlich kochenden Gatten) mehr oder minder einen Selbstzerstörungsknopf für die ganze Regierung auf den Schreibtisch zu bauen, wäre politischer Harakiri gewesen. Und auf der anderen Seite stand die stets kompromissbereite Merkel mit einer riesigen Stimmgewalt, die zumindest an Steinbrücks Agenda eh schon so nah rangerückt war, dass der sich kaum verbiegen musste.

            Aus meiner Sicht eine völlig klare Sache: Courage DIESER Art ist eher was für die Kavallerie - "schneidig aber dumm". Nicht dass speziell Peer Steinbrück diese Qualitäten nicht auch dann und wann durchaus im Repertoire hatte, aber das ging halt bei IHM meist in die andere politische Ausschlagsrichtung los.

          • @Abdurchdiemitte:

            Es ging mir bei dem Verweis vor allem um den Prozentualen Abstand. Natürlich kann eine Regierung gebildet werden, wo nicht die Parte mit den meisten Stimmen den Ministerpräsidenten oder Kanzler stellen.

            Aber in dem konkreten Fall war dies nicht darstellbar. Denn RRG hätte als 3 Parteienbündnis nur 1,2% Mehr Stimmen als die CDU alleine aufbringen können.



            Angesichts dieser Tatsache ist eine solche Konstellation schlicht nicht machbar.



            Um solch einen Schritt zu gehen muss der Abstand zwischen stärkster Partei und Regierungskoalition größer sein.

            Die von ihnen angebrachten 30% für AFD in Sachsen sind halt was anderes als 41,5% für eine klar demokratische Mitteparte, der nur 4 Sitze zur absoluten Mehrheit fehlte.

            • @Walterismus:

              Seufz, ich gebe mich geschlagen - siehe meine Antwort auf @Normalo.



              Aber das muss man sich mal vorstellen: 41,5% für die CDU - nun gut, die AfD wurde in diesem Jahr erst gegründet. Solche Ergebnisse sind für einzelne Parteien heutzutage wohl unerreichbar. Mit ihren aktuell 30% stehen die Unionsparteien in Zeiten einer sich immer weiter ausdifferenzierenden Parteienlandschaft aber noch relativ gut da - das muss man neidlos anerkennen.

    • @rero:

      Ich würde sagen: Die Leute sind doch dämlich, sonst würden sie nicht AfD wählen. Was solche Populisten machen, wenn sie an die Macht kommen, hatten wir hier schon. Putin in Russland, Erdogan in der Türkei und vielleicht auch bald Donald I, der erste Kaiser von Amerika, zeigen es. Die neuen Herrscher und Ihre Günstlinge beuten Ihr Volk aus, werden unfassbar reich, während die Völker sich bekriegen.



      Das ist doch nicht so schwer zu begreifen, aber viele Leute sind eben strohdoof. Privatfernsehen und Socialmedia haben da ganze Arbeit geleistet.

    • @rero:

      Frau Merkels Mama ist sonntags einmal mit der kleinen Angela im Bauch bei einem FC St. Pauli Heimspiel ganz in der Nähe gewesen. Diesen Vorteil kann Herr Merz bisher nicht vorweisen. Gysi und Wagenknecht waren auch zusammen in einer Partei. Dazwischen liegen "Welten".

    • @rero:

      Klar und nüchtern analysiert. Sie haben Recht.

  • AfD bekämpfen:



    1. Probleme lösen und den Fokus darauf lösen. Großes Programm für Sozialen Wohnungsbau. Großes Programm für bezahlbare erneuerbare Energien. Großes Programm für die Eisenbahn. Mehr Unterstützung für Familien wegen Kinderarmut.



    2. Migration als etwas sehen, das weder ganz toll noch ganz schlecht ist, sondern das einfach mal ist.



    Und richtig gemanaged und geordnet werden muss, damit eine Win-Win-Situation für Einwanderer und Einwanderungsland entsteht.

    • @Kartöfellchen:

      Ja, aber wir haben doch die SCHULDENBREMSE im GG (warum eigentlich?).



      Ach ja, wenn alle genug zum Leben haben, ist das Leistungsfeindlich und was hat man von seinem Reichtum, wenn niemand arm ist??

  • Aber wenn doch die Ampel bei den eigentlich Problemen und Sorgen (Miete, Energiepreise, Verkehrswende etc.) nichts anderes will als die AfD, dann bleibt am Ende nur das Flüchtlingsthema.

    Oder will die Ampel wohnen wieder bezahlbar machen? Davon merke ich nichts.

  • Danke, Herr Krause. Endlich mal ein vernünftiges Wort.

    CDU und SPD (und leider oft genug die Grünen, über FDP rede ich lieber nicht, sonst brauch' ich wieder meine Tabletten) framen, AfD erntet.

    Die Sache mit Macron ist noch ein besonders perfides Spiel, was speziell bei Stichwahlen zieht: bei den letzten Wahlen hat er es geradezu darauf angelegt, dass er am Ende Le Pen gegenüberstand. Um dann die (zähneknirschenden) Stimmen obendrauf zu kriegen (kann man bei manchen CDUlern hier auch in abgewandelter Form sehen).

    Das nächste Mal geht es schief.

  • Passt hier wohl auch:



    Bezüglich "Re"-Migration:

    "Wagenburgstimmung" - muss das nicht

    Wagenknechtstimmung heißen?

    Kommentar zu "Pfeife Weidel"🤮