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Streit über BürgergeldJährlich grüßt die Arbeitspflicht

Vor der Haushaltsdebatte geht es ums Bürgergeld. Der Arbeitsminister warnt, den Job für Sozialleistungen aufzugeben.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei „hart aber fair“ am Montag Foto: Thomas Bartilla/imago

Berlin taz | Angefeuert von führenden Politikern der Union beginnt im Zuge der Bürgergelderhöhung zum Januar 2024 erneut die Debatte, ob die Einkommensunterschiede zu Menschen, die für Mindestlohn arbeiten, zu gering werden. Aber wegen des Bürgergelds, den Job aufzugeben, sei „bescheuert“, stellte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Montagabend in der ARD-Sendung „hart aber fair“ klar. Wer das tue, „der bekommt erst mal kein Bürgergeld, der kriegt erst einmal eine Sperre beim Arbeitslosengeld“.

In Folge der gestiegenen Kosten für Sozialleistungen kommt aus der CDU die Forderung, das Bürgergeld abzuschaffen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht das Bürgergeld als gescheitert an. Er verlangt: „Jeder, der arbeiten kann und Sozialleistungen bezieht, muss nach spätestens sechs Monaten einen Job annehmen, ansonsten gemeinnützig arbeiten.“ Dem stimmt auch Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, zu.

Ab Januar gibt es deutlich mehr Bürgergeld, um 12 Prozent sollen die Sätze steigen. Damit sollen Alleinstehende 61 Euro mehr als bisher, nämlich 563 Euro im Monat erhalten. Mit Partnern zusammenlebende Erwachsene erhalten künftig 506 Euro statt bisher 451 Euro. Heil verwies auf den Mechanismus, dass die starke Erhöhung mit der hohen Inflation dieses Jahres zu tun habe.

Mit der Einführung des Bürgergeldes zu Beginn des Jahres wurde – mit Zustimmung der Union – beschlossen, die durch Inflation folgenden Preisanstiege schneller in die Regelsätze beim Bürgergeld einfließen zu lassen als früher. So folgte bereits Anfang 2023 die erste Erhöhung. Wenn die Inflation aber 2024 wieder sinke, werde die darauffolgende Bürgergelderhöhung „relativ mickrig sein“, sagte der Minister voraus.

Höhere Haushaltskosten wegen Inflation

Durch die Erhöhung steigen aber auch die Kosten: Bisher war die Bundesregierung von 23,76 Milliarden Euro für das Bürgergeld im laufenden Jahr ausgegangen. Vergangenen Sonntag wurde dann bekannt, dass 3,25 Milliarden Euro zusätzlich für das Bürgergeld nötig sind. Gründe für die gestiegenen Kosten lägen vor allem in der hohen Inflation, einer schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung und der Versorgung ukrainischer Geflüchteter, sagt Heil gegenüber T-Online.

Was Linnemann betreibt, sei „substanzloses Armenbashing“, erklärte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Linnemanns Forderung zur gemeinnützigen Arbeit sieht Schneider kritisch, für diese brauche es Organisationen und Träger, die das überhaupt anböten.

Entgegen der Behauptung von der Union lohnt sich Arbeit weiterhin. Zu dem Schluss kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die für die ARD nachgerechnet haben. Ihren Ergebnissen zufolge bliebe das Haushaltseinkommen von Erwerbstätigen mit Mindestlohn auch nach der anstehenden Bürgergelds-Erhöhung deutlich über dem Bürgergeld.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken kann über die Kritik der CDU nur staunen. „Die CDU hat dem Bürgergeld und damit auch dem frühzeitigen Inflationsausgleich doch zugestimmt“, so Esken zur taz. Sie halte es weiterhin für richtig und notwendig, dass die Bürgergeldsätze im Zuge der Inflation steigen. „Das und die Tatsache, dass wir eine Million Ukrai­ne­r:in­nen aufgenommen und direkt im Bürgergeld versorgt haben, führt erwartbar zu höheren Kosten.“

Esken fordert bessere Arbeitsmarktintegration

Um die Kosten für das Bürgergeld in den Griff zu bekommen, werde die Ampel dafür sorgen, die Ukrainerinnen und Ukrainer sowie andere Geflüchtete schneller als bisher in Arbeit zu bringen. Für Esken ist vor allem eine schnellere Anerkennung von Abschlüssen entscheidend. Viele Ukrainerinnen hätten gute berufliche Qualifikationen, die schneller anerkannt werden müssten.

Statt das Bürgergeld niedrig zu halten, gäbe es auch die Möglichkeit Löhne zu erhöhen. So argumentiert auch Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang. Wer jetzt, wo es gegen das Bürgergeld gehe, sein Herz für Menschen im Niedriglohnsektor entdecke, solle sich doch lieber für bessere Löhne einsetzen. Auch sie sei für das Lohnabstandsgebot. „Aber wer im Niedriglohnsektor arbeitet, hat wenig von einem schlechten Bürgergeld, dafür aber viel von guten Tariflöhnen und einem höheren Mindestlohn.“

Ulrich Schneider betont, Menschen im Niedriglohnsektor und Bü­r-ger­geld­zie­he­r*in­nen gegeneinander auszuspielen – das sei genau das Gegenteil von dem, was nötig sei: Solidarität.

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40 Kommentare

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  • Der richtige Ansatz wäre: Arbeit attraktiver zu machen, dh. höhere Löhne u. geringere Abzüge, bessere



    Vereinbarung von Beruf u. Familie.



    Letzteres hat der Staat in der Hand, macht aber zu wenig.

    • @Hubertus Behr:

      Vereinbarung von Beruf u. Familie.

      Letzteres hat der Staat in der Hand, macht aber zu wenig.

      Das stimmt natürlich. Elterngeld, Elternzeit, Mutterschutz, Kinderzuschlag, immense Steuererleichterungen, Kindergeld, etc. pp. ... Das ist alles viel zu wenig.

  • Diese Debatte ist so krank, dass sogar das Gegenteil falsch ist. Deswegen gedanklich mal kurz Reset.

    Es gab in Deutschland bis vor nicht allzu langer Zeit (25 Jahre, bis vor Rot-Grün, um genau zu sein) einen halbwegs funktionierenden Sozialstaat. Damals gab es keine "Tafeln", wo Verzweifelte hinmüssen, die sonst halt hungern. Es gab einen Spitzensteuersatz, der 11% höher lag als heute. Es gab eine Vermögenssteuer. Eine immer noch (trotz jahrzehntelanger Plünderung) funktionierende Kranken- und Rentenversicherung. Keinen Arbeitszwang und keinen nennenswerten Niedriglohnsektor. All das unter Kohls CDU!! Trotzdem war Deutschland eins der reichsten Länder der Erde und den Menschen ging es soweit passabel und die Reichen und großen Konzerne waren auch nicht in Scharen ins Ausland geflohen.

    Es geht hier nur um die billige Ablenkung von der Tatsache, dass in diesem Land nach wie vor immenser Reichtum produziert wird, der aber immer mehr bei immer weniger Menschen angehäuft wird und werden soll.

    Neulich hatte Sarah Bosetti in ihrer Late Night Show das Thema Armut und ein Rechenbeispiel parat: Wenn den 10! Zehn! reichsten Menschen in Deutschland alles über 1 Milliarde wegbesteuert würde, wäre damit die Kinderarmut in Deutschland für die nächsten 20 Jahre morgen früh beseitigt. Oder die gut 60 Milliarden Cum-Ex-Steuerbetrug (wenn das mal reicht) zurückholen. Die ganze Steuerflucht. *Da* sind Summen unterwegs, damit könnten zig absichtlich und bewusst herbeigeführte gesellschaftliche Probleme auf einen Schlag erledigt werden. Bildung, ÖPNV, Gesundheitsversorgung, Renten, Umweltschutz, Lebensperspektive für Millionen.

    Und *das* ist die grundsätzliche, gesellschaftlich toxische Situation, die von Politik, Lobby und diversen Medien absichtlich herbeigeführt wurde, von der hier abgelenkt werden soll. Indem die ganz Armen gegen die fast Armen ausgespielt werden. Und dann wundern sich viele, dass Leute rechts wählen, obwohl klar ist, das die auch nix anderes zu bieten haben.

    • @uvw:

      "Es gab in Deutschland bis vor nicht allzu langer Zeit (25 Jahre, bis vor Rot-Grün, um genau zu sein) einen halbwegs funktionierenden Sozialstaat."

      Richtig, denn da gab es noch keine 1000 Tafeln, an denen arme Menschen um Essen anstehen mussten und auch noch keine armen Rentner, die Pfandflaschen aus Mülleimern sammeln müssen und schon gar keine Kinderarmut.

      Wer hatte sich das mit dem Niedriglohn in Deutschland eigentlich ausgedacht? - „Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.“ [Gerhard Schröder (SPD) 2005 vor dem World Economic Forum in Davos] - Ach ja, das war ja die SPD unter dem Kanzler Schröder. Wer hatte sich das Hartz IV System eigentlich ausgedacht, mit dem man den Niedriglohnempfängern "so schön" klar machen konnte/kann, dass sie auch alle in Hartz IV (jetzt heißt Hartz IV ja Bürgergeld, damit es mehr nach einem Sozialstaat *Art. 20 GG* ausschaut) landen werden, wenn sie aufmucken und mehr Lohn verlangen? Schau mal einer an, das war also auch die SPD. Wer hat Hartz IV jetzt nur einen anderen Namen (Bürgergeld = Hartz 5) gegeben, obwohl das "Hartz-5-Bürgergeld"-System zum großen Teil so menschenverachtend bleibt wie man es seit vielen Jahren von Hartz IV kennt? Schon wieder die SPD. Wer sitzt bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf dem Chefsessel und bekommt 300.000 Euro im Jahr vom Steuerzahler? Andrea Nahles (SPD). Wohin man auch schaut, man erblickt immer die "soziale" SPD.

      Und jetzt warnt sogar schon der SPD-Arbeitsminister (der 15.000 € "Monatsgehalt" vom Steuerzahler bekommt) im CDU-Merz/Linnemann-Jargon davor, bloß nicht 'den Job für Sozialleistungen aufzugeben'. Was ist eigentlich mit der SPD los, dass die nicht endlich wieder vernünftig wird? Nun ja, seit Schröder ist die SPD eine 'rot angestrichene' CDU, die lukrative Posten unter den Genossen verteilt, aber mit einer sozialen Volkspartei schon lange nichts mehr zu tun hat.

    • @uvw:

      Ja wir sollten grundsätzlicher diskutieren und sich nicht im Klei/Klein aufhalten.



      Die großen Linien einer sozialen und ausgleichenden Politik, wie UVW beschrieben hat sollte jetzt auf der TO stehen!

  • Warum sind soviele Leute gegen gemeinnützige Arbeit?



    Wenn ich über sehr lange Zeit Hilfe vom Staat erhalte, bzw. Geld von Menschen, die meinen Unterhalt erarbeiten, kann ich auch etwas zurückgeben.



    Ausnahmen für Kranke, Ältere.

    • @M. Dilsburg:

      Richtig.

    • @M. Dilsburg:

      Ich glaube nicht, dass irgendjemand gegen gemeinnützige Arbeit ist. Gemeinnützige Arbeit ist toll, schön wäre, wenn möglichst viel Arbeit (gerade auch Erwerbsarbeit) dem Gemeinwohl nützen würde - oder wenigstens nicht schaden (wie z.B. Arbeit in den Fossilen Industrien oder der Tabakindustrie usw.).

      Viele sind aber gegen ZWANGSarbeit, die als gemeinnützig betitelt wird. Erstens verbietet das Grundgesetz Zwangsarbeit, zweitens ist das furchtbar ineffizient. Und was die Bezeichnung "gemeinnützig" angeht: Wir leben in einer hoch komplexen, pluralistischen Gesellschaft. Welche Arbeit wie nützlich ist, darüber gibt es sehr viele sehr verschiedene Auffassungen. Der Staat oder irgendeine Behörde ist damit definitiv überfordert, eine halbwegs objektive Klassifizierung von Arbeit bezüglich ihrer Gemeinnützigkeit zuwege zu bringen. Es muss also schon jede/r von uns selbst in die Verantwortung genommen werden, rauszufinden, was sie oder er zum Gemeinwohl beitragen kann.

      Die Frage ist also nicht gemeinnützige Arbeit oder nicht, sondern Top-Down-Chrematistik oder Bottom-Up-Ökonomie. M.E. ist nur letztere mit unserer Verfasstheit als DEMOKRATISCHER SOZIALSTAAT vereinbar.



      Aber wir können ja auch noch ein bisschen so weitermachen wie bisher und uns über die Wahlergebnisse der Verfassungsfeinde wundern...

    • @M. Dilsburg:

      Wenn die, die von Aktiengewinnen leben, mit gutem Beispiel voran gehen...

    • @M. Dilsburg:

      Es sind ned soviele Leute gegen "gemeinnützige Arbeit" sondern gegen des, was einem einige drunter verkaufen wollen; nämlich die Verdrängung von Arbeit in den Bereich "gemeinnützig".



      Also wenn eine*r nen Besen in die Hand nimmt und den Rathausplatz kehrt, ist das Arbeit, die mit Mindestlohn oder als kommunaler Angestellter irgendwas TVÖD bezahlt wird. Alles andere ist ne Combo aus Menschenverachtung und "Volksverarsche". Die sollen Angebote machen und ned Zwangsarbeit legitimieren (was z.B. die "1-€-Jobs" waren/sind).

  • Mit dem neuen Urteil des Bundesverfassungerichts zur Schuldenbremse dürfte sich das Thema mehr Bürgergeld erledigt haben, wenn nicht sogar das Thema Bürgergeld als solches.

    • @Rudi Hamm:

      Aha. Wir schießen uns in alle Füße gleichzeitig.

    • @Rudi Hamm:

      Wahrscheinlich, wie vieles andere auch.



      12% war und ist überhaupt nicht zu vermitteln.

  • 12% Erhöhung ist sehr viel.



    Gibt es auf dem Arbeitsmarkt kaum und bei der Rente schon gar nicht.



    Macht keinen Frieden unter den Leuten.

  • Wann fängt eigentlich der Linnemann mal an zu arbeiten ? ;-)

    • @Anna Bell:

      Er arbeitet doch hart daran, die CDU der AfD anzunähern.

  • Mindestlohnerhöhung klingt immer super (vor allem wenn man ihn nicht bezahlen muss).

    Der Mindestlohn ist in den letzten 2 Jahren - rechnet man bis 1.1.2024 um 25% gestiegen. Das ist schon ein Wort und echt weit entfernt von dem was ich an Steigerung auf meiner Lohnabrechnung finde.

    Die Frage ist auch, ob ein Überbietungswettbewerb beim Mindestlohn zu mehr Wohlstand führt.Bin gelegentlich in Norwegen wo die Löhne erheblich über unseren liegen. Da zahlt man für einen Salat in ein Bier in der Kneipe auch 60€. Oft sieht man die unteren Lohngruppen da nicht beim essen.

  • Es ist ein Märchen, dass Menschen mit SGB-II-Leistungen ohne Arbeit besser wegkommen als in einem Beschäftigungsverhältnis.

    Dachdecker, Schlachthöfe und Gebäudereiniger haben zu niedrige Löhne, das würde ich auch so betrachten, aber dafür alles sein zu lassen und sich beim Jobcenter zu melden, ist Quatsch. Die gehen morgens dennoch dahin und arbeiten.

    Und vielleicht ist das sehr gut ausgedacht, weil irgendwann für die Rechten das Thema der Migrationswelle, der ungezügelten, illegalen Migration durch ist und dann braucht man eine neue Sau, die man durchs Dorf treibt.

    Eine SPD, die wieder sozialer daher kommt, könnte sich langfristig strukturell verbessern. Wohlgemerkt kann, weil von echten Verbesserungen sind wir m.M. sehr weit weg.

    Aber es macht dann schon Sinn, Empfänger von Transferleistungen irgendwie vorzuführen, als unwürdig abzubilden. Das befeuert auch Gefühle und die treiben eine Sache an, warum also nicht wieder den faulen Arbeitslosen entdecken, der nicht macht, was die Gesellschaft will, nämlich arbeiten gehen, es gibt doch genug Arbeitsplätze, jeder kann sofort arbeiten und Geld verdienen.

    Wichtig wäre wohl, dass die Ampel einen guten Umgang damit findet, denn es ist Quatsch und man kann nicht Menschen, die nicht arbeiten, zu einer Großgruppe zusammen fassen und dann auch noch sagen, die arbeiten nicht, obwohl sie könnten.

    Die andere Sache ist aber, dass man in Deutschland einen großen Niedriglohnsektor aufgebaut hat. Dort werden schöne Gewinne realisiert, nur dass viele Arbeitskräfte dort so wenig verdienen, dass die Jobcenter einspringen müssen.

    Diesen Sachverhalt will momentan niemand thematisieren, dass viele Familien mit arbeitenden Menschen dennoch anspruchsberechtigt bei SGB II sind.

    In Deutschland steigen Löhne extrem schwach. Im Öffentlichen Dienst hat die Politik 2023 einen Abschluss gemacht, der ein Reallohnverlust erzeugt hat. Viele Branchen machen das seit Jahren. Da liegt m.M. das Problem.

  • „Was Linnemann betreibt, sei „substanzloses Armenbashing“, erklärte Ulrich Schneider…“

    Allerdings ist es leider so, dass einer wie Linnemann es versteht, mit dieser Substanzlosigkeit Politik zu betreiben die verfängt. Linnemann will das neue Bürgergeld am liebsten wieder weg haben. Was will er stattdessen?



    Bei all seiner eifernden Rede z. B. über 600.000 gesunde junge Menschen, die nicht arbeiten (wollen), in keiner Ausbildung sind oder in arbeitsförderlichen Aktivitäten, nur im Bürgergeld, wo ihnen keiner Beine macht, kann er eines doch nicht unsichtbar machen. Seine CDU ist eine arbeitsmarktpolitische Null, eine Niete. Für die CDU war mit „Hartz IV“ das Ende der arbeitsmarktpolitischen Geschichte gekommen. Nicht das optimale aber eines, mit dem es ohne Ende hätte weitergehen können. Inzwischen dämmerte es in der SPD, dass das möglichst billige Ausparken von Erwerbslosen nicht mehr die Antwort sein konnte, auf die zu erwartenden Umbrüche des Arbeitsmarktes durch die KI und mehr. Und die Grünen sprachen da manches Wort mit. Auch in der Opposition gelingt es der CDU offenbar nicht, sich das gedanklich u. konzeptionell zu erschließen. Was von Experten außerhalb der Politik auch kritisiert wurde. Das war in den Wind gesprochen. Man setzte auf eine fast schon parasitäre Art von Mitmachen bei Hartz IV. Immer mal wieder kritisieren, ausbremsen, boykottieren, das kam bei vielen Wählern gut an. Das funktionierte sogar noch beim Bürgergeld, wo man sich als großer Bewahrer u. Verhüter des rot-grünen Schlimmsten zu profilieren glaubte. Dazu war kein einziger eigener Gedanke zu den oben angesprochenen Herausforderungen nötig. Profilbildung durch Trittbrett fahren.

    Doch unterm arbeitsmarktpolitischen Schottenrock der CDU ist noch immer nichts. Da ist nichts u. da war nichts. Nur drüber spielt ein Linnemann die alte Melodey auf Pfeife mit Luftsack. Er weiß: Wenn er nur laut genug spielt, ist das sehr vielen Leuten Substanz genug.

  • Auch hier hat die CDU die Positionen der AfD übernommen, die schon lange einen Reichsarbeitsdienst 2.0 fordert.



    Ist schon spannend, wie schnell die CDU nach dem Abgang von Merkel wieder "Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun bin auch ich" singt.



    Das geht ja sogar über das hinaus, was unter dem Bimbeskanzler Usus war.



    Und demnächst wird sich im Adenauerhaus wieder über die Wahlerfolge des "Originals" gewundert.



    Die aktuelle CDU-Führung insbesondere Merz und Linnemann scheinen systematisch überfordert

  • Ich verstehe die Debatte nicht. Die Arbeitspflicht ist doch schon immer im Gesetz vorgesehen.



    Jeder wird nach § 31, 31a SGB II mit Kürzungen von bis zu 30% des Regelsatzes bestraft, der sich weigert, "eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis (1-EUR-Job) aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch sein Verhalten verhindert oder eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antritt, abbricht oder Anlass für den Abbruch gegeben hat."



    Wo soll denn da noch etwas ergänzt werden? Die 30% sind ja schon das Höchstmaß der Kürzung nach BVerfG, darunter kann man also schon mal nicht gehen.

  • Ansichten aus verschiedenen Perspektiven abwägen, dazu als Hinweis mit aktuellen Bezügen:



    /



    Streit ums Bürgergeld – Interview Marcel Fratzscher, DIW-Präsident



    /



    www.deutschlandfun...-03903f81-100.html

  • "Entgegen der Behauptung von der Union lohnt sich Arbeit weiterhin. Zu dem Schluss kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die für die ARD nachgerechnet haben. Ihren Ergebnissen zufolge bliebe das Haushaltseinkommen von Erwerbstätigen mit Mindestlohn auch nach der anstehenden Bürgergelds-Erhöhung deutlich über dem Bürgergeld."

    ----------

    Ja, weil diese Niedriglohn-Einkommen ebenfalls die Möglichkeit haben Sozialleistungen zu beantragen. Würde man diese Subventionen außen vor lassen ist das Bürgergeld einem Niedriglohnjob vorzuziehen, vor allem wenn davon eine Familie ernährt werden muss.

    Weil es gerade in den Medien (Bild) kursierte und bei TikTok bekannt: Eine 6-köpfige Familie bezieht mit Bürgergeld, Kindergeld etc. ein monatliches Einkommen von 2495 €. Die Miete ist da schon abgezogen (!).



    Dieser Beitrag wird kommendes Jahr nochmal kräftig ansteigen.

    Wäre ich in einer derartigen familiären Konstellation würde ich mit so einem monatlichen finanziellen Polster meinen Job an den Nagel hängen.

    • @SeppW:

      Das 6 Leute von 2495 Euro Leben ist ja wohl alles andere als Reichtum. Bild und TikTok, gehts noch?

    • @SeppW:

      "Weil es gerade in den Medien (Bild) kursierte und bei TikTok bekannt: Eine 6-köpfige Familie bezieht mit Bürgergeld, Kindergeld etc. ein monatliches Einkommen von 2495 €. Die Miete ist da schon abgezogen (!)"

      Sie haben diese Information also aus der Bildzeitung, dem 'Fachblatt für Wahrheit'. Nun ja, dann muss es ja stimmen, denn die Bildzeitung ist ja bekanntlich eine sehr seriöse Zeitung, die sich auch niemals 'Geschichten' ausdenken würde, um die kleinen Lohnarbeiter gegen die Arbeitslosen zu hetzen, damit man damit schön ablenken kann, dass Deutschland seit der Agenda-2010 von SPD-Schröder ein Niedriglohnland geworden ist.

      Schröder sagte 2005 vor dem World Economic Forum: "Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt". Und das funktioniert natürlich nur, wenn man gleichzeitig Art. 1 GG und Art. 20 GG mit neuen Gesetzen (SGB II, ...) aushebelt und aus arbeitslosen Menschen mit § 10 SGB II gefügige "Leibeigene" macht. Ob das jetzt Hartz IV heißt oder Bürgergeld, ist dem Arbeitgeber auch völlig egal, denn es geht immer nur darum, dass man genügend "Lohnsklaven" zum ausbeuten bekommt, damit der klimaschädliche kapitalistische Irrsinn ungebremst weitergehen kann.

    • @SeppW:

      Diese 6-köpfige Familie ist arm dran. 6 Leute koste nämlich auch viel Geld.

      Aber Bild hat ja Erfahrung darin, Stimmung zu machen...

  • Nachdem es in der Vergangenheit Verwirrung unter den KommentarorInnen gab, ist gut an der Diskussion, dass



    die Sozialpolitik der SPD mit Unterstützung der Ampel klar von der Unsozialpolitik der CDU /CSU abgegrenzt wird.

  • Es ist nach wie vor unglaublich, wie soziale Gruppen, Arbeit und Einkommen hier in der Sache gegeneinander ausgespielt und Verhaltensweisen von Armen als maßgeblich gekennzeichnet werden, während, natürlich nicht nur, Wohlhabende die Umwelt und das menschliche Zusammensein vergiften.

  • Bürgergeld ist von ein paar kleinen Änderungen abgesehen das gleiche wie Hartz 4.

    Einzig bedeutender Unterschied: Hartz 4 war ziemlich stigmatisiert. Das Bürgergeld (bisher) noch nicht..

    Aber offensichtlich möchte Hr Linnemann das ändern..

    Also wenn die CDU sonst nix zu bieten hat..

    ..dann halt: weiter so Hr Linnemann..

  • CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: „Jeder, der arbeiten kann und Sozialleistungen bezieht, muss nach spätestens sechs Monaten einen Job annehmen, ansonsten gemeinnützig arbeiten.“

    Das sollte man vielleicht mal für 'arbeitsscheue Politiker' einführen, die sehr gut von den Steuergeldern der Bürger leben, aber sich nur um das Wohl der Reichen und Mächtigen kümmern.

    • @Ricky-13:

      Ja teile und herrsche, das Prinzip hat die CDU besonders verinnerlicht. Die Klassenauseinandersetzung der Geringverdienenden zu schüren dass können die gut!



      Georg Schramm, hat einmal gesagt: "Bürger haltet euch von der bürgerlichen Mitte fern". Recht hat er!!!

    • @Ricky-13:

      Ja. Das ist genau der Gedanke, wenn ich diesen "Herrn" Linnemann geifern sehe. Ein Milchbubi, der sehr wahrscheinlich noch den ersten Handschlag zu irgendeiner Arbeit zu verrichten hätte. Ein sehr unangenehmer Typ.

    • @Ricky-13:

      Das eine schliesst das andere ja nicht aus ;-)

      Ob gemeinnuetziges Arbeiten zumutbar ist? Ich habs als 18-Jaehriger ueberlebt, da hiess es noch Zivildienst (und die Alternative war Knast). Es kommt auf die Umsetzung an.

      • @elektrozwerg:

        Das Problem ist doch, dass sich weder Gemeinnützigkeit, noch Arbeits(un)fähigkeit objektiv feststellen lässt.



        Wäre es anders, könnten wir einfach wieder zur sozialistischen Planwirtschaft zurückkehren.

  • Wie können Vergleiche eigentlich funktionieren, wenn in einem Fall (Bürgergeldempfänger) der Staat die Wohnungskosten (unabhängig von der Höhe)



    übernimmt, im anderen Fall (zB Niedriglohnsektor) der Betroffene die ja nicht



    festgeschriebenen gleichen Aufwendungen selbst bezahlen muß und hierbei jederzeit auch Erhöhungen ausgesetzt ist ?

    • @Hubertus Behr:

      Es wird - aber das ist sicher reiner Zufall - in aller Regel nicht erwähnt, dass Bürgergeldempfänger das Recht auf die freie Wohnungswahl verlieren. Wenn die Miete oberhalb einer Grenze liegt, kann der Umzug verlangt werden.

    • @Hubertus Behr:

      "...wenn in einem Fall (Bürgergeldempfänger) der Staat die Wohnungskosten (unabhängig von der Höhe)

      übernimmt..."

      Tut er nicht, ist aber eine weit verbreitete Legende.

    • @Hubertus Behr:

      Di Menschen im Niedriglohnsektor können andere Leistungen wie Wohngeld beantragen. Insofern müssen Sie nicht alles selber tragen. Das ist gerade erst erhöht worden und die Grenzen sind rauf gesetzt worden.

    • @Hubertus Behr:

      Aus Transparentsgruenden sollte man die Verguenstigungen abschaffen und den Gegenwert aufs Buergergeld anrechnen.



      Erst dann ist das einigermassen vergleichbar.



      Der kaputte Ruecken mit 40 wird aber niemals miteinfliessen.

      • @elektrozwerg:

        Dann hören Sie einfach auf, Arbeiten zu verrichten, die laut Arbeitssicherheit absolut verboten sind und zu Ihrem angeblichen kaputten Rücken mit 40 führt!



        Das ist, sorry genau so eine dumme Binsenweisheit wie dass Hartzler im Gegensatz zu Niedriglohnern ja die Miete übernommen bekommen. Hat halt alles nicht mit der Realität zu tun, aber die Gehässigkeit der Menschen schert sich ja um solche Kleinigkeiten nicht.



        Und sorry, bei solchen dummen Sprüchen geht mir die Hutschnur hoch: Die Leute, die sich mit 40 über "Rücken" beklagen sind meisten genau die Leute die 20 Jahre vorher auf den Rat "Trag das nicht, das ist zu schwer für dich, wart kurz dann helfen wir" nur "Jaja" geantwortet haben.