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Harte Tür: Die meisten der 736 Bundestagsabgeordneten haben einen Hochschulabschluss Foto: Christoph Soeder/dpa

Haupt­schü­le­r:innen im BundestagStändig lückenhafte Vertretung

Mehr als 20 Millionen Menschen haben einen Hauptschulabschluss. Nur 20 von ihnen sitzen im Parlament.

T ina Winklmann ist eine seltene Erscheinung im Deutschen Bundestag. Die Oberpfälzerin sitzt für die Grünen in Deutschlands höchstem Parlament in Berlin. Sie tritt zu ihren Reden über Sport- und Arbeitsmarktpolitik im Plenum meist in Turnschuhen ans Pult und spricht mit einem unverkennbar baye­rischen Akzent. Und sie hat es dorthin als eine von wenigen Abgeordneten mit Hauptschulabschluss geschafft.

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„Politik steht jedem und jeder offen, egal mit welchem Abschluss“, sagt Winklmann. Häufig würde den Grünen unterstellt, eine „Akademiker-Partei“ zu sein, berichtet sie. Das weist die Politikerin jedoch zurück. Trotzdem haben die meisten der 736 Bundestagsabgeordneten studiert. Extrem unterrepräsentiert sind dagegen Abgeordnete mit Hauptschulabschluss, die – wie Winklmann – nach der Schule eine Ausbildung absolviert und sich danach beruflich weiterqualifiziert haben.

Fast ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland hatte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2022 den Haupt- oder Volksschulabschluss. Das sind mehr als 20 Millionen Menschen, rund ein Drittel der Wahlberechtigten. Jedoch sitzen laut Datenhandbuch des Bundestags in dieser Legislaturperiode insgesamt nur 20 Volksvertreterinnen und -vertreter mit Hauptschulabschluss im Parlament. Tina Winklmann ist eine von fünf, mit denen die taz gesprochen hat.

Die 43-Jährige hat nach der Hauptschule Verfahrensmechanikerin für Kunststoff- und Kautschuktechnik gelernt und sei in einem „Arbeiterhaushalt“ in der „immer noch sehr CSU-lastigen“ Oberpfalz aufgewachsen, wie sie es formuliert. Zwischen zwei Sitzungen im Bundestag hat sie das telefonische Interview mit der taz gelegt und für das Telefonat kurz den Plenarsaal verlassen. „Politik ist unser Leben, und mein Weg in die Politik war klar“, sagt Winklmann über ihre Familie und ihren politischen Werdegang. „Mit 15 habe ich die Ausbildung begonnen und bin gleich Gewerkschafterin geworden.“ Mitglied der Grünen wurde sie wenig später. Weil Sport- und Arbeitsmarktpolitik als vorrangig bundespolitische Themen zu ihren Schwerpunkten zählen, sei ihre „Heimat immer im Bundestag“ gewesen, sagt sie.

Für viele dürfte ein solcher Weg jedoch weniger selbstverständlich sein. Von einer „Repräsentationslücke“ spricht daher die Hamburger Soziologin Christiane Bender. „Da fehlen Stimmen im Bundestag, die von Menschen geäußert werden können, die vorwiegend von den Verwerfungen des sozialen Wandels betroffen sind“, sagt Bender. Durch „Werbung, Werbung, Werbung“ will die Grünen-Parlamentarierin Winklmann mehr Menschen mit mittlerem Bildungsabschluss die Möglichkeit zu politischer Teilhabe sowie den Weg in die Parlamente aufzeigen. „Viele Menschen trauen sich schlichtweg nicht den Weg zu gehen“, so Winklmann. Sie besuche öfter Berufs- und Mittelschulen, wie die Hauptschulen in Bayern heißen, motiviere dort für politisches Engagement und ernte „positive Reaktionen“.

Tina Winklmann (Bündnis 90/Grünen) Foto: Frederic Kern/imago

Politisches Engagement aus allen Schichten scheint dringend notwendig zu sein. Denn für die Soziologin Bender hat die Repräsentationslücke auch Auswirkungen auf die Demokratie und den sozialen Frieden. „Wer über keinen oder einen niedrigen Bildungsabschluss verfügt, den treffen die Risiken in der Arbeitswelt hart“, sagt sie. Weitere soziale Probleme, wie die am Wohnungsmarkt, zeigten sich am stärksten dort, wo Menschen mit geringen Einkommen leben.

Im Bundestag fehlen Abgeordnete, die sich aufgrund ihrer eigenen Erfahrung diesen Problemen widmen und dadurch entstehe ein „Ungerechtigkeitsgefühl“. Eine Folge davon sei ein „Protestverhalten“, sich nicht an Wahlen zu beteiligen. Fehlende Repräsentation führe zu einem „Vertrauensentzug“ in die Politik, in die politisch Handelnden und in die Parteien, möglicherweise sogar in die demokratischen Institutionen.

„Wenn es Menschen wie mich hier gar nicht mehr geben würde, würden gewisse Themen gar nicht mehr behandelt“, sagt Alexander Ulrich. Er ist Parlamentarier der Linkspartei. Nach seinem Hauptschulabschluss in Rheinland-Pfalz hat er Werkzeugmacher gelernt und mehrere Jahre in seinem Lehrberuf bei Opel in Kaiserslautern gearbeitet, ehe er für den Betriebsrat freigestellt wurde und später in die IG-Metall wechselte. In seinem Büro im Parlamentsgebäude des Jakob-Kaiser-Hauses, angrenzend an den Reichstagsbau, erzählt er von seiner Geschichte.

„Ich habe einen anderen Zugang zu Bürgern mit kleineren und mittleren Einkommen“, betont Ulrich. Sorgen um die hohe Inflation und die damit verbundenen stark gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise könnten Abgeordnete aus wohlhabenden Akademikerfamilien kaum nachvollziehen, findet er. Seit 18 Jahren sitzt der ehemalige Gewerkschaftssekretär und Geschäftsführer der IG-Metall im Bundestag.

Alexander Ulrich (Die Linke) Foto: Jean MW/imago

Er habe „nie Interesse gehabt, Abgeordneter zu werden“, berichtet der 52-Jährige. Doch 2005, zur vorgezogenen Bundestagswahl, habe die neu gegründete Partei „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“, die sich später mit der PDS zur Linkspartei zusammenschloss, Kandidatinnen und Kandidaten gesucht. Weil Ulrich als Gewerkschafter einen gewissen Bekanntheitsgrad hatte, sei er als Kandidat vorgeschlagen worden und schließlich in den Bundestag eingezogen.

Woran es liegt, dass nicht mehr Menschen mit einer ähnlichen Biografie wie der von Ulrich und Winklmann in den Bundestag kommen, erklärt Soziologin Bender: „Für dieses Problem sind die Parteien verantwortlich, vor allem die Volksparteien, oder die, die es werden wollen.“ Sie bezeichnet Parteien als die „wichtigsten Interessensinstrumente der Bürgerinnen und Bürger, ihren Willen in unserer repräsentativen Demokratie durchzusetzen“. Daher müssten sich Parteien wieder in breiten Bevölkerungsgruppen engagieren, um möglichst viele Menschen zu erreichen.

Bender plädiert dafür, dass Parteien ihre Arbeit vor Ort verstärken und mit Menschen in Kontakt treten, die an der gesellschaftlichen Basis leben und arbeiten. „Wenn sie in den Parteien nicht vorkommen, kommen sie auch nicht im Parlament vor“, bekräftigt die Soziologin. Sonst würden sich immer mehr Menschen von der parlamentarische Politik abwenden, weil sie ihre Anliegen nicht mehr repräsentiert sähen. Eine Folge davon sei, „dass sich extremistische Ränder verstärken“. Mehr Basisarbeit erwartet sich die Gesellschaftswissenschaftlerin beispielsweise durch die Eröffnung von Parteibüros, insbesondere in strukturschwachen Gegenden. Die SPD sei dafür einst Vorbild gewesen.

Als Sozialdemokratin sitzt Peggy Schierenbeck im Bundestag. Die 52-Jährige ist in einer Schaustellerinnen- und Schaustellerfamilie groß geworden und hat mit ihrem Mann eine Achterbahn und eine Riesenrutsche auf Volksfesten betrieben, ehe sie sich zur Business- und Personaltrainerin ausbilden ließ. Weil die Eltern mit ihr von Rummel zu Rummel gezogen sind, sah Schierenbeck 113 Schulen von innen, bevor sie ihren Hauptschulabschluss machte.

Peggy Schierenbeck (SPD) Foto: Frederic Kern/imago

Zu ihrem „politischen Zuhause“ sei die SPD während der rot-grünen Bundesregierung von 1998 bis 2005 unter Kanzler Gerhard Schröder geworden, berichtet Schierenbeck, die sich einen „sehr, sehr starken Leistungsmenschen“ nennt und gern mehr Unternehmerinnen und Unternehmer im Bundestag sehen würde. Sie trat zunächst in die Hamburger SPD ein und engagierte sich ab 2016 in der Kommunalpolitik ihres „Heimatorts“. Von dort rutschte sie schließlich in die Bundespolitik. Im Frühherbst 2021 zog sie für den niedersächsischen Wahlkreis Diepholz und Nienburg erstmals in den Bundestag ein. Unterstützt wurde sie bei ihrem politischen Aufstieg durch eine Mentorin.

Was Schierenbeck grundsätzlich vermisst, ist eine gleichwertige Anerkennung aller Schulabschlüsse. „Eine Stigmatisierung als Hauptschülerin habe ich selbst nie erlebt, und doch spürt man derzeit solche Tendenzen“, sagt sie und ergänzt: „Heutzutage steht oft das Abitur im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.“ Deshalb plant sie „ab diesem Jahr“ Abschlussfeiern von Haupt- sowie Realschülerinnen und -schülern in ihrem Wahlkreis zu besuchen und dort aus ihrer Biografie zu berichten.

Wenn Menschen sich nicht mehr repräsentiert fühlen, verstärken sich die extremistischen Ränder

Dass es trotz Motivation Hürden geben kann, sich politisch zu engagieren, unterstreicht Christiane Bender. „Milieueigenarten des Bildungsbürgertums, was den Kommunikationsstil angeht, prägen zurzeit die Politik“, sagt sie. Es gibt also zahlreiche Politikerinnen und Politiker, die davon profitieren, dass sie aus einem gehobenen Milieu kommen und sich dadurch gewählter ausdrücken können. Bevölkerungsgruppen aus anderen Schichten können sich dadurch ausgegrenzt fühlen. Studierte Abgeordnete hätten laut Bender häufig bereits ein langes Trainingsprogramm durch viele Seminardiskussionen hinter sich, um Debatten erfolgreich zu bestreiten. Aus Benders Sicht sollte in Parlamenten „Sprache aber eher dereguliert“ werden, um Barrieren der Verständigung abzubauen. Sie fordert „mehr Dialog auf Augenhöhe“.

Muhanad Al-Halak, seit dieser Legislaturperiode Bundestagsabgeordneter der FDP, hat anfangs Hürden im Bundestag erlebt. Um die Mittagszeit ist er zum Interview vom Reichstagsgebäude die wenigen Schritte in sein Büro im Berliner Regierungsviertel herübergeeilt, zwischen Parlamentsdebatte und Parteiverpflichtungen. Zur Stärkung hat er sich eine Energydrink-Dose geöffnet und sich in einen Sessel neben seinem Schreibtisch fallen lassen.

Muhanad Al-Halak (FDP) Foto: Christian Spicker/imago

Während Al-Halak erzählt, lacht er viel, wird aber auch immer wieder ernst. Er bezeichnet das Parlament als „Haifischbecken“. Der 33-Jährige sagt: „Man muss gut überlegen, was man sagt.“ Das sei „extrem“. Im Innen- sowie Umweltausschuss, in denen Al-Halak als Experte für Wasserversorgung sitzt, gebe es fast nur Juristinnen und Juristen. Da habe er gemerkt, dass er eine andere Sichtweise habe. Und er fügt hinzu: „Die erste Zeit war sehr schlimm, und ich war sehr zurückhaltend.“ Insbesondere, weil die FDP Regierungspartei sei, müsse er seine Wörter genau wählen.

Al-Halak ist als Elfjähriger mit seiner Familie vor dem Krieg im Irak geflohen und hat im niederbayerischen Grafenau eine „Heimat“ gefunden, wie er sagt. Durch Ehrenämter im Fußballverein und bei der Feuerwehr fand er seinen Weg in die Politik, fuhr bei seiner ersten Kommunalwahl in Grafenau prompt ein starkes Ergebnis ein und machte so bei der Bundesfraktion der FDP auf sich aufmerksam.

Er spricht sich, wie Winklmann bei den Grünen, gegen das Image der FDP als „Partei für Akademiker, nur für Reiche“ aus. Auch er geht in Schulen und erzählt seine Geschichte. „Ich bin stolz, dass ich eine berufliche Ausbildung habe“, sagt der Abwassermeister, der nach der bayerischen Mittelschule zunächst Fachkraft für Abwassertechnik gelernt hat. Er sagt, er rede „verständlicher, bodenständiger“ als manch andere Abgeordnete.

Alois Rainer (CSU) Foto: Christoph Hardt/imago

Das reklamiert auch Alois Rainer von der CSU für sich. Der Politiker sitzt in seinem Büro im Paul-Löbe-Haus, das mit dem Kanzleramt zum Gebäudeensemble „Band des Bundes“ entlang der Spree gehört. An der Wand hängt ein schwarz-rot gestreiftes Fußballtrikot mit der Nummer neun, aus seiner aktiven Fußballerzeit als Stürmer beim FC Bundestag. „Ich komme vielleicht ein bisschen schneller auf den Punkt“, sagt der 58-Jährige, der sich als „familiär vorgeprägt“ betrachtet, was seine politische Biografie angeht.

Rainers Vater war wie er Bürgermeister und Bundestagsabgeordneter. Seine Schwester ist die ehemalige Bundesbau- und Bundesgesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt. Ihm sei die politische Rhetorik „ein Stück weit in die Wiege gelegt worden“, sagt der Metzgermeister aus Straubing, der nach seinem Hauptschulabschluss Fleischer gelernt hatte. Wenn er in seinem Wahlkreis Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhalte, animiere der 58-Jährige regelmäßig zum Einstieg in die Politik. Wie Al-Halak hebt er das Ehrenamt für seinen politischen Werdegang hervor: „Vor dem Hauptamt kommt das Ehrenamt.“

Um grundsätzlich eine „differenziertere Sozialstruktur“ im Parlament abzubilden, schlägt Christiane Bender neben einer breiteren Auswahl durch die Parteien ein weiteres Instrument vor: das uralte demokratische Losverfahren, das seinen Ursprung im antiken Griechenland hat. Am Wahlabend einer Bundestagswahl könnten so 5 Prozent der Sitze des neuen Parlaments durch geloste Abgeordnete besetzt werden. Zwar dürfte diese Gruppe nach Benders Konzept verfassungsgemäß nicht an Abstimmungen teilnehmen. „Sie besitzen aber sonst die Rechte und Privilegien von gewählten Abgeordneten“, so Bender. Die Stimmen dieser Delegierten würden im Bundestag eine enorme Aufmerksamkeit in der Bevölkerung erhalten, ist sich die Soziologin sicher.

Eine Quotenregelung hält sie dagegen weder für angemessen noch mit dem Grundgesetz vereinbar: „Quoten machen Wahlen tendenziell überflüssig.“ Der Bundestag sei „kein Ständeparlament“. Lobbygruppen könnten laut der Sozialwissenschaftlerin fordern, Abgeordnete zu nominieren, die ihre Interessen vertreten. „Jede hervorgehobene gesellschaftliche Gruppe könnte dann mit gleichem Recht verlangen, Abgeordnete „zu delegieren.“ Das Parlament würde dadurch an Legitimität einbüßen, Beschlüsse für die ganze Bevölkerung zu fassen.

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49 Kommentare

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  • Liegt daran, dass das deutsche Schulsystem noch aus Adolfs Zeiten ist.

    Wie so vieles Andere auch.

    Interessiert nur niemanden in diesem Land.

    • @Tyramizou:

      Also ich bin Berufsschullehrer und halte ihre Aussage für Polemik und am Thema vorbei.



      Eventuell wäre mal mehr Respekt und auch bessere Bezahlung für Malocherjobs von Nöten.

    • @Tyramizou:

      ...welches Schulsysteme , aus welchen Ländern , bevorzugen Sie denn so ?

  • "rund ein Drittel der Wahlberechtigten": Das lässt sich mit einer Quote regeln. Die Parteien müssten dazu verpflichtet werden, jeden dritten Listenplatz für diese Zielgruppe zu reservieren.

    • @Winnetaz:

      Nachtrag: Um auch Menschen angemessen zu repräsentieren, die gar keinen Schulabschluss haben (geschätzt 5% der Wahlberechtigten), müssen Parteien jeden 20ten Listenplatz für diese Zielgruppe reservieren.

  • Mir ist das Phänomen der beschriebenen Unterrepräsentanz dieser Gruppe zu oberflächlich betrachtet - auch von der soziologischen Fachschaft. Für den Gang in die Spitzenpolitik braucht es das nötige Selbstbewusstsein und -vertrauen. Dies zu entwickeln wird dem Hauptschüler i.d.R. vorenthalten – sei es durch Elternhaus, Schule oder vorherrschende Dispositiv verursacht. Ist anschließend eine erfolgreiche Berufsausbildung und Job erfolgt, steigt oft auch deren Selbstvertrauen. Doch wird der Job üblicherweise einer sein, der sehr kräftezehrend ist, wie heute im unteren Einkommensbereich an der Tagesordnung. Doch beherrschend bleibt bei diesen Menschen weiterhin, dass diese oft unter autoritären, bildungsfernen oder auch prekären Verhältnissen groß geworden sind. Eine Prägung die lebenslang mehr oder weniger bestimmend bleiben wird. Das sind schlechte Voraussetzungen, um im heißen Feuer der Hochpolitik bestehen zu können. Ausnahmen bestätigen die Regel.

    • @zeroton :

      ...feine Argumentation - was mir in unsere Regierung, unabhängig von Studiengängen - mit und ohne Abschluss der Abgeordneten fehlt, sind explizit Fachleute/Fachkräfte - denn das sind die Minister/innen meistens nicht - sie wechseln von einem Ministerium ins andere - mit der Argumentation - der Verwaltungsakt - der derselbe ist...



      ...dann kommen die externen Berater - Beraterfirmen ins Spiel - wobei es schon etwas Zeit und akribisch Arbeit benötigt hier Einsicht zu gewinnen, wer finanziert/ sind die Gesellschafter dieser Beraterfirmen und welche Interessen werden durch die Beraterfirmen , über die Minister - ins Parlament " getragen "....



      ...was hat dies dann mit



      " demokratischen " Wahlen noch gemein ?

      • @Alex_der_Wunderer:

        Kein Abgeordneter und erst recht kein Minister kann sein Ressort vollständig fachlich beherrschen. Nehmen Sie den "fachkompetentesten" Minister, den wir aktuell haben: Karl Lauterbach, habilitierter Medizinier und Gesundheitökonom. Hat aber nie ein Krankenhaus geleitet oder (seit der Ausbildung) mal einen Patienten behandelt - "Gottseidank!", wie die meisten mir bekannten Ärzte augenrollend befinden, wann immer er sich mal zu wirklich medizinischen Äußerungen versteigt. Seine fachliche Perspektive auf das Gesundheitssystem ist also EIGENTLICH ziemlich bestmöglich auf sein Ressort zugeschnitten, hat aber trotzdem blinde Flecken, die aus Sicht der Betroffenen umso dramatischer zum Tragen kommen, weil er DENKT, er wüsste, wovon er redet.

        Am Ende ist da die Draufsicht eines selbsterkannten Laien, dem die Fachleute nur zuarbeiten, häufig die weniger verbaute.

        • @Normalo:

          ...bin ja zimmlich bei Ihnen - nur wäre es schon wünschenswert, wenn Minister wenigstens etwas von der Materie verstehen würden...



          Zudem , wie schon geschrieben - es haben mir zuviel externe ihre Griffel im Spiel - und die " grauen Eminenzen " bleiben im Hintergrund.

  • Als kleiner Hinweis zur "Provenienzforschung", nicht 'taufrisch', aber dennoch interessant wegen der aufgezeigten Tendenzen und Verwerfungen:



    //



    "Die Juristenschwemme in deutschen Parlamenten – besonders bei CDU und FDP – wurde zuletzt von der Bundeskanzlerin und Physikerin Angela Merkel gerügt. Auf 30 Prozent bringen es die Juristen in der schwarz-gelben Koalition im Bundestag. Das können nur noch die Berliner Christdemokraten toppen."



    //



    www.tagesspiegel.d...riker-7449502.html



    //



    Ich las neulich einen Text zu Schöffen, in dem ein renommierter Ex-Berufsrichter die Auffassung vertrat, dass es sich um historisch überkommene Konstrukte handelt, wenn Laien Recht sprechen. Er verglich das mit der Situation des Chirurgen, dem zwei Laien am OP-Tisch erklären, wie er zu schneiden hat. Offensichtlich bilden sich bei Eliten oder Profis gewisse Ansprüche heraus, die andere (vielleicht unbeabsichtigt) diskreditieren, bei Chirurg:innen, um im Bild zu bleiben, wäre ich auch gegen "Mitbestimmung". Bei Richter:innen kann ich sogar Teilen der Argumentation folgen, beim Parlament aber ist für mich eine repräsentative Vertretung eine Bereicherung an gelebter Demokratie. Ich hab mal gehört, wie Bürger:innen den örtlichen MdB fragten, was ein Liter Milch kostet...

  • @ bolzkopf u.a. "hochgesohnt bzw hochgetochtert"



    Ist nicht nur ne hübsche Wortschöpfung, sondern vielfach auch die lebendige Realität.



    Wer dabei am besten wegkommt?



    Inch Allah.

  • Woher kommt eigentlich die Idee, das Parlament müsse alle Bevölkerungsschichten "angemessen" repräsentieren? Gewählt werden immer Personen, die sich entsprechend "verkaufen" können. Da sind akademisch ausgebildete Menschen in der Regel sicher im Vorteil. Wenn man etwas anderes will, kann man sich den "Wahlzirkus" sparen und das statistische Bundesamt lost alle 4 Jahre einen Proporz-Bundestag aus. Vielleicht wäre das gar nicht schlecht, aber mit unsrer Verfassung nicht vereinbar!

    • @Matt Gekachelt:

      "Woher kommt eigentlich die Idee, das Parlament müsse alle Bevölkerungsschichten"

      Frage ich mich auch. Das Ständewahlrecht wurde ja berechtigt abgeschafft . Und vor allem wer definiert "Bevölkerungsschicht". Ist der "Schulabschluss" ein Schichtenmerkmal?. Und wenn der Schulabschluss beim Beruf "Politiker"gleich verteilt sein soll, warum nicht auch bspw. bei Ärzten?

      In Bremen wird aktuell über das Bremer Wahlsystem debattiert. Die Bürger haben dort die Möglichkeit ihre 5 Stimmen Parteien an sich aber auch konkreten Personen zu übertragen.

      Das führte dazu, dass Parteien wie die SPD zwar geschlechtlich gesehen eine 50/50 Verteilung auf ihren Listen hatten, der SPD Wähler aber eher Männer wählte. Was sich dann auch entsprechend in der Bürgerschaft wieder spiegelt.



      Der Bürger wollte sich anders repräsentiert sehen als es Politiker vorsahen.

      Nun wird darüber debattiert, dass man diesen "Fehler" der Wähler dem selbigen schwerer machen will. Es scheint wohl manchem Politiker zufiel Demokratie zu sein.

      Bei dem Thema Hauptschüler hier sieht es ähnlich aus. Man will dem Wähler vorgeben, wie er wählen kann.

      Und noch am Rande: am besten schnitten in Bremen beim Geschlechterproporz Grüne und die CDU ab. ( www.weser-kurier.d...r0guocw90m2m5vk4ny )

    • @Matt Gekachelt:

      "Woher kommt eigentlich die Idee, das Parlament müsse alle Bevölkerungsschichten "angemessen" repräsentieren?"



      In einer repräsentativen Demokratie scheint die Frage nach der tatsächlichen Repräsentanz der Repräsentant*innen so abwegig nun nicht.

      • @Ingo Bernable:

        Abwegig nicht, aber ein Drahtseilakt mit der Wahlfreiheit: Jeder Abgeordnete, der aufgrund eines von ihm speziell repräsentierten Gesellschaftsbereichs "gesetzt" wird, nimmt jemand anderem die Möglichkeit, GEWÄHLT zu werden. Denn im Idealfall ist eben doch die einzig wesentliche Qualifikation eines Abgeordneten in einer repräsentativen Demokratie die Zahl der auf ihn vereinten Stimmen.

        Man kann sich also höchstens auf den Standpunkt stellen, dass es "sinnvoll" wäre, ein möglichst breites gesellschaftliches Spektrum im Parlament abzubilden (vollständige Repräsentanz jeder Partikulargruppe, die einen "einzigartigen" Blick auf die Dinge hat, wäre ohnehin illusorisch). Denn am Ende fehlt es an demokratischen Mitteln, das wirklich schablonenmäßig durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit den kassierten Paritätsgesetzen schon klargestellt, dass es keine Grundlage für einen identitären Repräsentationsanpruch sieht. Es ist ja auch nicht gesagt, dass irgendwer kompetent ist, die Gedankengänge seiner jeweiligen Gruppe wirklich abzubilden (nehmen Sie z. B. nur den prominentesten "Vertreter" der Gruppe der Nordostdeutschen zwischen 18 und 40 im BT, Philipp Amthor - repräsentativ??).

      • @Ingo Bernable:

        ...vielleicht in diesem Zusammenhang nocheinmal " Repräsentanz " und " repräsentative Demokratie " für sich definieren...

  • Die Beispiele zeigen doch auch, wie relativ und wenig aussagekräftig ein deutscher Schulabschluss ist. Eine Abgeordnete kommt aus einer Unternehmerfamilie, einer kam mit 11 Jahren vom Krieg in einen völlig anderen, exotischen Kulturkreis mit krasser Sprache (Niederbayern!), einer hat einen Meisterabschluss, praktisch alle einen zweiten Bildungsweg oder höheren Berufsabschluss. Zwei kommen über die Gewerkschaften. Umgekehrt gibt es sehr viele Abiturienten, die man nicht zur Bildungs- oder beruflichen Elite zählen kann. Ein Abi ist bei entsprechender Herkunft auch ohne große Leistung oder Talent möglich. Biographien verlaufen nicht linear.

    Die etablierten Parteien haben allerdings praktisch alle versagt, an das "Normalklientel" Anschluss zu halten. SPD und Gewerkschaften sind längst keine Arbeitervertretungen mehr. Die CSU hat das freibiersaufende Prollvolk vom Land an AfD und Aiwanger (AfD-Light) verloren. Die CDU hat praktisch keinen Sozialflügel mehr, er wird seit Jahrzehnten bewusst marginalisiert. Wer es nicht kennt: Man lese sich mal das "Ahlener Programm" der CDU von 1947 durch, man reibt sich die Augen über die "christlichen Sozialisten" und Kapitalismuskritiker, davon ist nichts mehr übrig, trotz Parteivorsitzenden aus der "Mittelklasse". Die Grünen werden immer älter und (bildungs-)bürgerlicher (schaffen es nicht mehr, die aktivistischen Ökos zu binden), die Linke zerstört sich selbst und hätte sich schon seit 5 -10 Jahren von Wagenknecht lösen müssen. Jetzt spielt die gesellschaftlich benachteiligte Gruppen gegeneinander aus. Die FDP schließlich wird sich immer für die Reichsten und Privilegiertesten sowie das grenzenlose, steuerfreie Privatfliegen einsetzen, egal wie dumm die Mitglieder sind und ob die Welt noch lange bewohnbar sein wird. Das ist keine Frage des Bildungsabschlusses.

  • ...generell sollte schon ein gewisses Bildungsniveau und praktische Lebenserfahrung bei unseren Abgeordneten vorhanden sein.



    Hierzu gehören zudem Charaktereigenschaften wie Sozialkompetenz, Empathie und unbedingt eine mindestens, nachweislich 5 Jahre ausgeübte, erfolgreiche Berufstätigkeit, nach Ausbildung oder abgeschlossen Studium.



    Direkt nach der Uni in den Plenarsaal halte ich für problematisch, da einfach die erlebte Erfahrung im Zusammenleben-/arbeiten und reflektieren fehlt.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Dem letzten Abschnitt würde ich nicht zustimmen. Ich habe mein Studium vor über fünf Jahren beendet und kann mit großer Sicherheit sagen, dass ich das Zusammenarbeiten und Reflektieren an der Uni gelernt habe. Kommt vielleicht auch auf den Studiengang an, aber ich finde es gibt bessere Gründe für Arbeitserfahrung vor dem Plenarsaal.

      • @Iguana:

        ...Sie haben sicher recht, es kommt sicherlich auch auf den Studiengang an.



        Interessieren würde mich jetzt aber einmal, welche Gründe würden denn für Sie, für ein Berufsleben vor dem Eintritt ins Parlament sprechen ?



        Mein letzter Absatz bezog sich ja auf das Berufsleben. Ich hatte da jetzt auch explizit unseren jüngsten Sohn auf dem Schirm, der nach seinem Studium auf Lehramt, in seiner Referendariatszeit fast die Krise bekommen hat, da die Realität im Klassenzimmer doch krasser war, als erwartet.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Auch das passive Wahlrecht ist ein demokratisches Grundrecht von dem man Menschen nicht so einfach ausschließen kann.



      Und wer würde wenn ich zur Wahl antreten wollte darüber entscheiden ob meine Empathie und Sozialkompetenz dafür ausreichend vorhanden sind oder ob ich nicht antreten darf. Ganz abgesehen davon, dass man so eben auch etliche Gruppen ausschließen würde für die Beruf und Karriere eben nicht gewollt oder möglich sind, wie Hausfrauen oder Menschen die aufgrund irgendwelcher Einschränkungen keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Und der frisch promovierte Politologe wäre nach ihrem Reglement ebenso ausgeschlossen wie der Schulabbrecher der seit 30 Jahren einen Knochenjob am Band macht. Wirklich demokratisch kann ich all das eigentlich nicht finden. Wenn man meint, dass zu viele Akademiker im Politikbetrieb ein Problem seien muss man eben aufhören sie zu wählen.

  • Vereinfacht gesagt ist dies doch auch nur eine soziale Frage, denn mit der zunehmenden Arbeitsbelastung, der letzten Jahrzehnte, einhergehend mit den Realeinkommensverlusten, hat doch ab der Mittelschicht kaum noch jemand Zeit, sich politisch zu engagieren, wenn er nicht irgendwo einen ausreichenden finanziellen und sozialen Rückhalt hat.



    Da hat der neoliberale Wahn mit seinem "sozial ist was Arbeit schafft" ganze Arbeit geleistet, und den Plebs aus der "großen Politik" rausgekegelt, in dem es ihn unter ständigem Druck hält.

    • @Axel Schäfer:

      Ja, das sehe ich auch so.

      Ein politischer Mitstreiter (BGE) hat mal vorgeschlagen, dass der Anteil der Bundestagsmandate, der auf Nicht- und Ungültigwähler entfallen müsste, ausgelost und nicht den Parteien über der 5%-Hürde zugeschlagen wird. Finde ich jedenfalls eine interessante Idee. (Ob das zurzeit verfassungsmäßig wäre, weiss ich nicht, aber Gesetze kann man ja auch ändern.)

      Grundsätzlich ist doch in unserem Zusammenhang die Frage interessant, inwieweit formale Bildung Leute wirklich klüger (und vielleicht sogar zu besseren Menschen macht) macht. Wenn das der Fall ist, spricht vieles dafür, dass das hier benannte Problem keines oder kein so großes ist. Ich weiss es nicht.

      Ich selbst hab zwar viele Hochschulsemester auf dem Buckel, aber keinen Hochschulabschluss, und ich kenne kluge Leute mit und ohne höheren Abschluss und weniger kluge mit und ohne...

  • In der Süddeutschen Zeitung stand ein sehr interessanter Artikel, was jemand finanziell leisten muss, im eigenen Wahlkampf.

    Jemand, der keinen finanziellen Rückhalt hat ,kann das schwerlich alleine aufbringen.

    Da müsste dringend eine Änderung her.

  • Der Migrationsanteil meiner Hauptschulklasse liegt bei 92 %, 8 kommen aus Familien, die Sozialleistungen erhalten, 5 weitere erhalten ergänzende Sozialleistungen. 7 benötigen eine Sprachförderung, die es nicht gibt, da einfach kein Personal da ist. Theoretisch könnten sich 17 in den deutschen Bundestag wählen lassen - bin gespannt.



    Ich bin schon froh, dass es noch Politiker und Politikerinnen gibt, die die Hauptschule nicht nur vom Hörensagen kennen. Die Realität schaut jedoch eher so aus. Der Landrat lässt sich feiern, wenn ein Gymnasium "Tabletklassen" anbieten kann. Wir feiern, wenn unser Chef ausrangierte Büromöbel ergattert.

  • Wir werden schon seit Jahren von Akademikern regiert. Manche ohne jegliche Berufserfahrung. Das ist das Dilemma. Sie haben Zeit und Geld um sich politisch zu betätigen. Genau dadurch kommen sie in die Ämter.



    Wahlkampf muss man sich leisten können!

    • @R.A.:

      Wo bekommen diese Akademiker*innen denn das ganze schöne Geld her wenn sie nicht arbeiten? Ist das alles ererbt? Und warum sollte man sich als reiche*r Erb*in dann noch mit Studium und Politik belasten wenn man doch eigentlich ausgesorgt hat und sein Leben genießen könnte. Und was wäre ihre Alternative zur Demokratie wenn die doch offenbar systemisch dazu führt, dass dann doch nur akademische Rich-Kids an die Macht gelangen?

      • @Ingo Bernable:

        Wie wärs denn mal mit Teilhabe aller Klassen! Wenn wir darum kämpfen, dass richtig Geld ins Bildungssystem gepumpt wird und zwar von unten nach oben? Wenn endlich mal die Kindergärten nicht zur reinen Verwahranstalt mit einem Betreuungsschlüssel von 2 auf 27 Kinder reduziert werden? Wenn Deutsch 240 nicht nach Kassenlage und Personal angeboten wird, sondern sogar noch ausgebaut wird?Wenn ausländischen Schülern das Angebot unterbreitet wird, mindestens 2 Jahre in kleinen Willkommensklassen Deutsch zu lernen?

      • @Ingo Bernable:

        Meistens haben Akademikerkinder, die studieren, einen besseren finanziellen Hintergrund. Ermöglicht ihnen ein besseres Zeitvolumen.

        • @R.A.:

          Wenn man sich die Biographien des aktuellen Kabinetts anschaut stellt man fest, dass gerade mal 3 von 19 Personen dort den nahtlosen Wechsel vom Studium in die politische Karriere vollzogen haben, also knapp 16%. Berücksichtigt man dann noch, dass verschiedene andere Kabinettsmitglieder vor ihrem Gang in die Politik bereits mehreren Jobs nachgegangen sind, scheint sich das Bild der abgehobenen und entfremdeten Elite doch etwas zu relativieren.



          Wenn man zu viel akademische Bildung im Parlament für ein Problem hält muss man eben aufhören Akademiker*innen ins Parlament zu wählen.

          • @Ingo Bernable:

            Das "dann muß man halt aufhören, X zu wählen" schreiben Die immer wieder... abseits der nicht-Option einer Partei-Neugründung (5%-Hürde und so weiter) gibt es da für den gemeinen Wähler keine Handhabe, da effektiv von Parteigremien bestimmt wieder wer in die Parlamente kommt und wer nicht. Das ist auch nicht etwas, was sich ohne weiteres heilen lässt.

            Eine andere Dimension ist das berufliche Risiko für alle, die keine Beamten sind - daher sind auch jene in den Parlamenten massiv überrepräsentiert.

  • Der Ansatz, man müsste frühere Hauptschüler:innen belehren, sich mehr für das Parlament zu engagieren, ist typisch akademisch paternalistisch. In einer Gesellschaft, die bürgerlich strukturiert ist, ist die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen keine Hole-, sondern eine Bringeschuld einer jeden Einzelnen und eines jeden Einzelnen. Hier wird das Recht auf Partizipation durch Minderheiten verwechselt mit der freien Entscheidung etwas zu tun ... oder zu lassen. Die Jammerei passt zu der immer wiederkehrenden Anklage, der Bundestag bestehe nur aus Lehrer:innen, abgebrochenen Studierenden und Jurist:innen. Stimmt. Und 83 Millionen Besserwisser:innen ringsherum, die sich alle an die Nase fassen könnten. Wenn 50.000 Landwirt:innen, Büroangestellte und Facharbeiter:innen lieber gemeinsam jemanden mit juristischem Staatsexamen wählen, ist das deren Entscheidung. Wir können natürlich anfangen, unser Gesellschaftsmodell nach Beruf und Schulabschluss in Kontingente aufzuteilen. Als Ständemodell hatten wir das schon; war nicht dauerhaft erfolgreich. Und die Variante Libanon oder Bosnien und Herzegowina sollte ebenfalls abschreckend genug sein. Lasst uns weiternörgeln. Und wer sich wählen lassen möchte, hat meinen großen Respekt und jederzeit das Recht dazu, es zu versuchen.

    • @Markus Wendt:

      Sie verkennen, dass sich nicht irgendwer Dahergelaufenes aufstellen lassen kann sondern nur aufgestellt wird, wer sich in einer politischen Partei "hochgedient" hat.

      Ok - kann ja jeder eine Partei gründen.



      Nein, doch nicht ... es muss ja eine Mindestmitgliederzahl zusammenkommen.



      Das sind ... raschel .. blätter.. grübel ... tja, man weiß es nicht.



      Aber mehr als 60 auf jeden Fall.

      Die rein theoretische Möglichkeit eines parteilosen Direktkandidaten kann man geflissentlich ausschliessen. Zumal ja nur Parteien eine Schluck aus der Wahlkampffinanzierungspulle bekommen.



      Ach so .. bei Bundestagswahlen gibt es ja garkeine parteilosen Kandidaten ...

      Also doch hochgedient oder hochsonstwas.

      "Hochgespendet" wäre da ja auch nur ein prominentes Beispiel.



      Oder hochgesohnt bzw hochgetochtert ...

      Aber ganz entscheidend ist dabei ja, dass der Stallgeruch stimmen muss.



      Und da haben Hauptschüler schonmal extrem schlechte Karten.

      Denn Stallgeruch bedeutet ja genau nicht, nach Stall zu stinken.

      Im Parteiengesetz lies man:



      "Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie erfüllen mit ihrer freien, dauernden Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes eine ihnen nach dem Grundgesetz obliegende und von ihm verbürgte öffentliche Aufgabe."

      Weiter heisst es dort:

      "... und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen"

      Ich kommentiere das jetzt mal nicht ...

      • @Bolzkopf:

        200 Unterschriften aus dem Wahlkreis plus ein gültiger Kreiswahlvorschlag und man ist bei der Bundestagswahl als parteiloser Kandidat dabei.

  • Das Schulsystem sollte ohnehin geändert werden. Das heutige zwei- bis dreigliedrige System ist ein Relikt des 19. Jahrhunderts, auf einer Denkstufe mit dem preußischen Dreiklassenwahlrecht. Den Klassismus gilt es endlich auszurotten.



    Das Problem ist eher die extreme Überrepräsentation von Juristen. Natürlich schadet es nichts, wenn die Gesetzgeber eine Vorstellung davon haben, wie ihre „Produkte“ im Alltag gehandhabt werden von den Fach-Anwendern. Nur darf man darüber den Endverbraucher nicht aus dem Blick verlieren. Das ist inzwischen so wie zu oft in der IT: Programmierer bleiben unter sich und koppeln sich von den Alltagsnutzern ab.



    Die Gesetze werden aber auch aufgrund der extremen personellen Zuspitzung in den Medien gerade so schlecht. Wenn sich Merz, Scholz, Lindner oder Baerbock erstmal zu einem Thema in einem Interview geäußert haben, können die Experten in ihren Parteien hundert Mal andere, vernünftigere Ansichten vertreten, sie werden sich auch als Juristen nicht mehr durchsetzen, weil es sonst einen medialen Shitstorm gäbe, dass die Spitzenleute „ihre“ Partei nicht „im Griff“ hätten. Auch das gefährdet unsere Demokratie und leistet faschistoidem Personenkult Vorschub!

    • @Zangler:

      Ja, es ist in der Tat die Frage, ob unser Problem nicht eher im Schulsystem liegt, als in der mangelnden Repräsentanz der formal weniger Gebildeten im Bundestag.

      Und es gibt das Bedürfnis vieler Menschen nach irgendwelchen "Führern", auch in den Medien. Das ist natürlich fatal, weil dann eine sachliche, lösungsorientierte Auseinandersetzung kaum mehr möglich ist.

      Davon wegzukommen, ist eine riesige (Bildungs-)Aufgabe.



      Eine kurze Zeit lang sah es ja mal so aus, als könnte die Piratenpartei das aufbrechen. Auf Plakaten standen Slogans wie "denk selbst" oder "trau keinem Plakat" und der Berliner Abgeordnete Christopher Lauer sagte zu dem Bedürfnis der Medien/der Öffentlichkeit nach konfliktfrei funktionierender Parlamentsarbeit einmal (in etwa wörtlich): "Die Mafia arbeitet reibungslos."

      Warum die PIRATEN nach einigen Jahren weitgehend wieder verschwunden sind, wäre noch herauszuarbeiten (und braucht mindestens einen eigenen Artikel), aber mit Blick auf eine Demokratie, die alle mitnimmt und Probleme wirklich zu lösen versucht, ist es schade (ich war auch einige Jahre Mitglied).

  • Berufspolitiker wie z.B. Lindner arbeiten ihr Leben lang darauf hin, im Bundestag zu sitzen. Das kann man von normalen Berufen gar nicht erwarten. Als Politiker braucht man bekanntlich keine Berufsausbildung.

    • @Kappert Joachim:

      ...gerade Ihr Beispiel von Christian Lindner zeigt doch, ne eigene Firmenpleite , Kredite von der KfW Bank & etwas Talent zum BLENDEN - reichen fast schon für'n Finsnzminster...



      Ich will da nicht die Lebenszeit, die Herr Lindner von seiner, investiert herunter reden - da legt jeder selber seine Kriterien....

  • Ein heres Ziel.



    Grundsätzlich lässt die Zahl der Hauptschulabschlüsse deutlich nach und der Pozentsatz der Deutschen mit Hauptschulabschluss dürfte zu großen Teilen bei älteren BundesbürgerInnen liegen.



    Natürlich bin ich für eine offene Gesellschaft, auch, was den Zugang zur Politik betrifft.



    Politik ist allerdings mehr, als eine Meinung haben.



    Wer Interessiert ist, kann recht einfach einen Einstieg in die Kommunalpolitik finden.



    Bis zu einem Mandat ist der Weg jedoch weit.



    Doch schon in der Kommunalpolitik trennt sich die Spreu vom Weizen.



    Hier ist viel Textarbeit notwendig und auch für AkademikerInnen eine "Fortbildung " notwendig.



    Wer das Alles als HauptschülerIn einfach so verarbeitet, hätte wahrscheinlich auch einen weiteren Schulabschluss aufsatteln können.



    Für Alle Anderen ist das ein steiniger Weg.



    Der Weg von der ehrenamtlichen politischen Arbeit hin zum Bundestagsmandat, entspricht dem Singen unter der Dusche und Starqualitäten.



    Davon abgesehen spielt Geld auch eine nicht unwesentliche Rolle.



    Man/frau muss sich das ganze Ehrenamtliche auch leisten können, sprich neben der Arbeit noch Zeit und Mittel haben um ein "besonderes Hobby" zu pflegen.



    Meiner Meinung nach brauchen wir nicht mehr HauptschülerInnen im Bundestag, sondern mehr Jugendliche mit besserer Schulbildung.



    Das ist auch für Handwerk und Indudtrie nötig.



    Ein Elektriker muss heute schon mehr können, als " Schlitze stemmen " und wie ein Heizungs- und Wärmetechniker komplizierte Berechnungen durchführen.



    Mit dem Hauptschulabschluss ist man/frau weit davon entfernt.



    Dass in der Folge mehr HandwerkerInnen, Selbstständige, FreiberufletInnen in die Politik gingen, würde ich sehr begrüßen.

    • @Philippo1000:

      👍👍

  • Wie im alten Griechenland die Hälfte des Parlaments via Losentscheid unter allen Wahlbürgern ermitteln wäre ein Weg. Dann müsste die andere, die parteiabhängige Hälfte mit Sachargumenten Mehrheiten unter diesen Abgeordneten suchen, die ja die Bevölkerungsstruktur (weil Losentscheid) nahezu ideal repräsentieren würden.



    Übrigens: Ist der Vergleich Hauptschüler zu Akademiker/Studierte legitim? Nein, es müssten die beruflichen Positionen verglichen werden. Es gibt auch Akademiker am Monatgebandband hier beim Daimler .... nur mal so,

    • @Tom Farmer:

      Ich hoffe doch, Sie meinen nicht, wir sollten uns an diesem:

      de.wikipedia.org/w...tischen_Demokratie

      Witz einer Demokratie orientieren? Schließlich stellte dieses System nur sicher, dass eine kleine, männliche Oberschicht ungestört regieren konnte.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Lesen bildet. Alle Wähler.... hatte ich geschrieben. Das wir im Jahr 2023 leben und natürlich darauf Bezug nehmen, also zig Mio Wahlbetechtigte und nicht auf eine altgriechische Oberschicht, muss ich das jetzt auch noch schreiben? Hmm? Gerne!

        • @Tom Farmer:

          Wenn da steht "Wie im alten Griechenland" und "alle Wahlbürger"...

          Aber auch wenn wirklich alle mündigen Bürger und Bürgerinnen gemeint sind. Ein Lossystem ist immer extrem ungerecht, weil es den Zufall abbildet und nicht den Willen der Wählerschaft. Mit Demokratie hat das sehr wenig zu tun.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Die 'repräsentative' Demokratie leider auch nur bedingt, da der Wähler viel Glauben muss...



            Das Losverfahren ist in Bezug auf "Gleichberechtigung aller' eine gute Lösung und hätte den Vorteil, daß sich der Klüngel nicht selbst wählt. Im Bayern ist man/frau ja nicht in der CSU weil man/frau gutes tun will, sondern um 'Gutes' zu erhalten..

            • @Jemandzuhause:

              Das stimmt schon. Aber wenn man Pech hat, werden nur CSU Leute ausgelost. Oder noch schlimmer.

              So haben die Wähler wenigstens theoretisch die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Dann wird aber zumindest hälftig die Bevölkerung direkt repräsentiert. Und darum geht's auch im Artikel...., dass die eine Hälfte ggf. da nie hinkommt Mangels Chance.

            • @Tom Farmer:

              Mal abgesehen davon, dass die Einteilung der Bevölkerung in irgendwelche Losgruppen äußerst fragwürdig ist.

              Die "Abgesandten" der Gruppe sind per Zufall bestimmt. Nicht nach dem politischen Willen. So eine Gruppe besteht nämlich trotzdem noch aus Menschen mit den unterschiedlichsten politischen Ansichten. Man kann also auch nicht per Los entscheiden, wer für sie sprechen soll. Tut man es trotzdem, schafft man ein Scheindemokratie.

  • Menschenskinder !



    Da haben es ja fast so viele Hauptschulabsolventen in den Bundestag geschafft wie Fake-Doktor:innen ...