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Kritik an ProtestenSind Klimaschützer die Mehrheit?

Transformation fürs Klima ist wichtig, das wissen längst alle. Traditionelle Widerstandserzählungen sind überholt.

Blockade der Letzten Generation in Berlin am 17. Februar Foto: Jonas Gehring/aal.photo/imago

K limaschutz-Aktivisten haben in dieser Woche in Berlin einen kleinen Baum vor dem Kanzleramt gefällt, um die „Zerstörung der Zivilisation durch Wirtschaft & Politik sichtbar“ zu machen. Putzig, danke vielmals. Da wären wir ja ohne die pädagogisch-metaphorische Belehrung der „Letzten Generation Hänschen klein“ niemals drauf gekommen.

Offenbar hält diese Truppe die Deutschen, also uns, für bescheuert, gehirngewaschen durch Konsumfetischismus und so was, und deshalb apathisch und ignorant gegenüber bösen Kapitalisten und ihren liberaldemokratisch gewählten Helfershelfern, sodass man uns wachrütteln muss.

Das ist eine traditionelle Widerstandserzählung, sie stimmt halt nur so nicht. Vor allem ist sie nicht produktiv zu bekommen. Was wäre denn die Alternative zu Marktwirtschaft und parlamentarischer Demokratie? Linksautoritäre Staatswirtschaft ja wohl nicht, in der die Läden halbleer sind, die Staatskassen ganz leer und die Leute davonrennen, wenn man sie nicht erschießt. Ich chargiere jetzt auch mal etwas.

Oder sorgen statt gewählter Parlamentarier ausgeloste Bürger dafür, dass es keine unterschiedlichen Interessen mehr gibt? Und dann sind wir alle gute Menschen, und es kommt zu einem kollektiven moral change hin zu einem Kleinstfußabdruck-Lebensstil ganz ohne Bali-Flüge? Get a life.

Protest ist ein System

Protest ist ein System und hat eine Funktion. Aber wenn die sozialökologische Transformation nach den verlorenen CDU-SPD-Jahrzehnten jetzt an Dynamik gewinnen soll (und das soll sie!), muss die Gesellschaft wissen, an welchem Punkt wir jetzt sind. Und da finde ich die These des sozialökologischen Politikers Boris Palmer diskussionswürdig, dass wir über die Phase hinaus seien, in der es noch darum ging, politische Mehrheiten zu gewinnen und die Leute mit apokalyptischen Endzeitdrohungen zu bearbeiten. Das heißt: Wir wissen mehrheitlich, dass wir transformieren müssen, sehen die vielen Vorteile und wollen das jetzt auch tatsächlich machen.

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Leider gehen damit die Herausforderungen erst los. Doch es sind eben andere als die, die wir bisher bearbeiteten. Und sie sind womöglich noch größer. Es braucht eine gesetzliche, digitale, unternehmerische und handwerkliche Infrastruktur des Machens. Beispiel: Wenn die entsprechende Gesetzesvorlage des grünen Wirtschafts- und Klimaministeriums durch den Bundestag ist, müssen Windräder in sehr großer Zahl produziert sein, am besten von weltmarktorientierten deutschen Firmen, und dann unverzüglich von Behörden genehmigt, von Fachkräften hingestellt und in Betrieb gebracht werden. Dito Solaranlagen, dito Wärmepumpen. Dito Ladeinfrastruktur für unsere Elektroautos. Und so weiter.

Das klingt jetzt in der alten Change-the-world-yeah-yeah-Romantik etwas lahm. Gerade mancher traditionelle „Radikal“-Sprecher wird sich damit schwertun. Aber wer wirklich seit Jahren als verantwortlicher Politiker oder in Energie-Genossenschaften die Transformation voranbringt, weiß, wovon die Rede ist: Sitzungen, Anträge, Vorschriften von 1896, Bürokratie-Irrsinn.

Protestieren, so verständlich das in emotionaler Not sein mag, ist nicht die zentrale Aufgabe der nächsten Zeit. Es geht jetzt um eine Infrastruktur des Machens. Wir brauchen Firmen, wir brauchen Produkte, wir brauchen Installateure, wir brauchen eine funktionierende Bürokratie. Was wir gar nicht brauchen, ist eine anachronistische Widerstandshaltung, die das Missverständnis pflegt, die postfossile Bewegung sei in der Minderheit. Ja, die FDP bremst, und andere blockieren noch.

Aber wir sind die Mehrheit.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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45 Kommentare

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  • Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • taz: „Offenbar hält diese Truppe die Deutschen, also uns, für bescheuert, gehirngewaschen durch Konsumfetischismus und so was, und deshalb apathisch und ignorant gegenüber bösen Kapitalisten und ihren liberaldemokratisch gewählten Helfershelfern, sodass man uns wachrütteln muss.“

    Weshalb sollte diese "Truppe" uns Deutsche für bescheuert halten? Der Deutsche ist doch auch ein Homo sapiens, und gehört damit dem Namen nach zu den "weisen Menschen". Nun ja, wie "Weise" der Deutsche ist, das sehen wir ja gerade sehr gut im Land der 'Dichter und Denker', wo man den Verursachern des Klimawandels den roten Teppich ausrollt, aber wo gleichzeitig Klimaschützer "kriminalisiert" werden.

    taz: „Was wäre denn die Alternative zu Marktwirtschaft und parlamentarischer Demokratie? Linksautoritäre Staatswirtschaft ja wohl nicht, in der die Läden halbleer sind, die Staatskassen ganz leer und die Leute davonrennen, ...“

    Die Welt im 21. Jahrhundert muss und wird sich dramatisch verändern; auch wenn einige ewig Gestrige den ausbeuterischen und klimaschädlichen Kapitalismus weiterhin am Leben halten möchten, weil sie davon (momentan) noch sehr gut leben. 2021 wurde am Mauna-Loa-Observatorium auf Hawaii erstmals eine CO2-Konzentration von mehr als 420 ppm gemessen. Vor der vorindustriellen Epoche, also bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts, lag dieser Wert noch im Bereich von 280 ppm. In ein paar Jahren werden 430 ppm CO2 erreicht sein und dann ist der weitere Anstieg der CO2-Konzentration nicht mehr aufzuhalten. Trotz alledem echauffiert sich das naive Bürgerlein aber lieber darüber, dass besorgte Klimaaktivisten 'Bäume und Dörfer besetzen oder Straßen blockieren', und ob es nicht besser sei, diese Klimaschutzaktivisten mit der ganzen Härte des Gesetzes wieder in die "rechtsstaatliche Realität" zurück zu bringen, damit dem Kapitalismus auch ja kein 'Schaden' zugefügt wird. Dass die "CO2-Party" jetzt zu Ende ist, möchten viele Bürger und Politiker anscheinend immer noch nicht wahrhaben.

  • "Offenbar hält diese Truppe die Deutschen, also uns, für bescheuert, gehirngewaschen durch Konsumfetischismus und so was, und deshalb apathisch und ignorant gegenüber bösen Kapitalisten und ihren liberaldemokratisch gewählten Helfershelfern, sodass man uns wachrütteln muss."



    Naja, wenn mensch das (alltägliche) Handeln (Konsum bezüglich Tierprodukte, Flugreisen, Kleidung, elektrisch-digitale Geräte usw.) und die Wahlergebnisse (Stimmen für SPD, FDP, CDU, CSU...) beobachtet, kann mensch schon den Eindruck bekommen, dass viele zwar Klimaschutz wollen, aber dies kaum politisch und im Alltag ausdrücken.



    "Dito Ladeinfrastruktur für unsere Elektroautos. Und so weiter."



    Und offenbar gibt es zu einem Teil Fehlinformation darüber, was an Lebensweise zukünftig noch drin ist, wenn sie tatsächlich nachhaltig sein soll, wie bspw. das Ersetzen von 48 Mio. Autos durch neue. Meiner Ansicht nach ist das ökologischer Wahnsinn.



    Und ja, die Klimakrise wurde halbwegs verstanden, obgleich die bereits weitgehende Entwicklung und die Möglichkeiten der Abwendung falsch eingeschätzt werden. Was kaum beachtet wird, ist die ebenso dramatische Überbelastung der Ökosysteme und das Massenaussterben der Tiere. Es reicht nicht ein paar Wärmepumpen und Erneuerbare Energien zu installieren, der Verbrauch an (Luxus)Gütern muss insgesamt drastisch reduziert werden. Derzeit tragen Flächenverbrauch, Rodung, Monokulturen, Pestizide usw. massiv zur Vernichtung der Lebensgrundlagen bei.[1][2]



    [1] Vortrag von Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke



    m.youtube.com/watch?v=Z_p9yYXZuCI



    [2] Vortrag von Evolutionsbiologe Prof. Matthias Glaubrecht



    www.youtube.com/watch?v=cO02czG4U-s

    • @Uranus:

      Der Vortrag von Dr. Mark Benecke ist sehr gut. *Danke* für den Link.

  • Nochmal nachgeschoben, weil gerade bei republik.ch gelesen, wo übrigens auch positiv das futur2 Projekt von taz/Welzer erwähnt wird:

    "Ungenügende politische Reaktionen auf den Klima­notstand sind der grosse Angst­treiber – nicht apokalyptisch grundierte Warnungen. Und die Literatur­wissenschaftlerin Eva Horn, die sich auf Zukunfts­erzählungen und die Narrative der Klima­krise spezialisiert hat, hält in einem brillanten Essay fest: Wir brauchen die Schwarz­malerei – und zwar eine, die nicht defätistisch, sondern kritisch, ernsthaft, realistisch und mit einem scharfen Bewusst­sein für die akute Dringlichkeit argumentiert."

    www.republik.ch/20...ewtab-global-de-DE

  • Na ja, die Realität liegt -wie so oft-irgendwo dazwischen. Weder ist die Mehrheit Klimaschützer, noch spricht die Letzte Generation für die Mehrheit der klimabewußten Menschen.

    Es benötigt sowieso ein Zusammenspiel aus Druck auf Politik, individuelles Engagement und technischen Fortschritt. Transformation, Verzicht, nationale Anstrengung, globales Bewußtsein. Nichts von all dem führt allein zum Ziel.

    Die Idee, dass allein grüne Technologie und ein bisserl mehr Biofleisch auf Teller ein geeignetes Mittel gegen den Klimawandel sei, ist genauso fernab der Vernunft, wie mit Blockaden Bürgerräte einzufordern, die Politik am Parlament vorbei machen sollen.

    In erster Linie brauchts mehr echtes Bewusstsein, mehr Zusammenarbeit und weniger "ich hab Recht".

  • "Wir sind in der Mehrheit". Wenn man von 2,4 Mio potenziellen Stimmen 4100 bekommt, erscheint diese Aussage ein wenig übertrieben. www.berlin.de/wahl...eilung.1293858.php

  • "Wir sind die Mehrheit". Gemeint sind die Fleisch essenden Menschen, die nicht nur Milliarden Tiere ins Elend stürzen und die Vogelgrippe weltweit anheizen, sondern auch diesen Planeten erhitzen.

    Ja, Fleischesser und Klimaerhitzer:innen sind in der Mehrheit, Klimaschützer:innen sind in der Minderheit und können als Minderheit nur durch entschiedenen und sichtbaren Protest überhaupt etwas bewirken.

    Wer wird wohl in 20 Jahren als "Helden" wahrgenommen werden - die, die meinten, es könne ruhig weiter alles schrittweise den regierenden Bürokrat:innen überlassen werden, oder die, die gegen das, was bereits erkennbar und sicher war, wenigstens versuchten, Widerstand zu leisten, wenn auch verzweifelt?

  • Danke. Volle Zustimmung: "Es geht jetzt um eine Infrastruktur des Machens."

    Letzte Wocher erlebt: stehe mit einem Malermeister 60+ vor einem Haus und lasse mich beraten wegen Wärmedämmung der Fassade. Danach Gespräch über Privates, trübes Februarwetter, Arbeitspause, die anstehende Mittelmeerkreuzfahrt incl. Anreise mit dem Flugzeug.

    Ich finde die Reise problematisch, aber steht es mir zu, ihn zurechtzuweisen, auf die Klimafolgen hinzuweisen oder gar die Reise zu sabotieren? Ich finde nein, denn ich unterstelle dann, dass der Gegenüber uninformiert und gedankenlos ist. Genausogut kann die Reise aber Resultat eines Abwägungsprozesses (Erholungsbedürfnis, wohin, was möchte ich noch gerne sehen, worauf verzichte ich stattdessen ...) sein.

    Im Sommer wird der Malermeister mit seinen Leuten in einer 40+ Stundenwoche (Fachkräftemangel...) wieder Fassanden sanieren und dämmen. Viele Klimaktivisten haben dann vermutlich Semesterferien.

    Wer weiss es besser und wer hat "Recht"?

    • @Newjoerg:

      Auf jeden Fall kann man feststellen, dass das Jahresbudget an Emissionen das das Ökosystem binden kann mit dieser Flugreise in etwa aufgebraucht ist, die sonstige Lebensgestaltung also Null- oder Negativemissionen aufweisen müsste. Wie also sehen ihrer Meinung nach die Argumente in einem Abwägungsprozess aus die mein persönliches Erholungsbedürfnis, das sich ja möglicherweise auch anders würde stillen lassen, und meine Neugier höher bewerten als das Interesse folgender Generationen einen noch halbwegs bewohnbaren Planeten vorzufinden?

  • "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör."

    Das kriegen wir hin. Da haben wir schon ganz andere Sachen hinbekommen.

    Die deutsche Ingenieurskunst hat doch in der Welt einen Ruf wie ein Donnerhall.

    Das bisschen Klimawandel sollten wir also leicht in den Griff bekommen und der Welt zeigen, wie man so etwas macht.

    Und was die Bürokratie angeht, da waren wir in der Geschichte auch schon mächtig auf Zack.

    Obendrein sind wir die Mehrheit und stehen hinter uns wie ein Mann.

    Also, ran an die Buletten!

    • @Jim Hawkins:

      Klar & bei so nem selbstgefällig altfränkischen lenorgespülten mittelscharfem Senf (“was ein Quatsch - braucht kein Mensch“ ©️ Harry Rowohlt!;) rutschen die dann auch glatt wie nix Gutes! Gellewelle&Wollnichtwoll •

      Na Mahlzeit



      Im Ernst: Wie peinlich verstiegen ist das denn wieder! Na - Hauptsache verläßlich! Gell

    • @Jim Hawkins:

      Was kann ein Ingeniör schon ausrichten.

      Das Windrad ist schon vor über hundert Jahren erfunden worden und eine Ladesäule ist auch nicht gerade Raketentechnologie.

      Es hapert wie immer bei der Umsetzung. Man sollte sich für mehr Beschleunigungsgesetze auf den Straßen festkleben.

      • @Rudolf Fissner:

        Ah. Die Weser weest!

        Die Bescchleunigungsgesetze - die ich in 30 Jährchen erlebt habe - liefen alle auf Rechtsschutzverkürzungen hinaus - beschleunigt wurde da nix.



        & Däh - heute Präsi



        Gesetzentwurf



        Klagen gegen Windräder und Stromleitungen: Bundesverwaltungsgericht kritisiert Beschleunigungsplan



        Bedenklich, praxisfremd und überflüssig – mit harten Worten kritisiert das Bundesverwaltungsgericht Justizminister Buschmann, der Klageverfahren bei Infrastrukturprojekten verkürzen will.



        www.handelsblatt.c...plan/28810756.html



        &



        www.verwaltungsger...esseerklaerung.pdf



        &



        regionalheute.de/b...fahren-1668585726/

        kurz - But. Wennse sich irgendwo festkleben - meinen Segen hamse!



        PU liefert generös den MO —— dazu!

        Na Mahlzeit

      • @Rudolf Fissner:

        Das mit dem Festkleben könnte Schule machen.

        Von fünf Bestellungen an meine Packstation wurden vier nicht dorthin geliefert.

        Vielleicht sollte ich mich da mal drankleben.

  • Wir sind eben nicht die Mehrheit. Obwohl eine Solaranlage auf dem Dach günstiger ist als eine Woche Ski fahren wird keine Solaranlage gekauft. Mallorca ist nach wie vor das Wunschziel Nummer 1 für den Sommerurlaub - nicht etwa die schöne Ostsee. Das eigene Auto ist immer noch bequemer als das Fahrrad. Nein, wir sind immer noch Assis

    • @Andreas Geiger:

      Sie waren offensichtlich in den letzten Sommern nicht an der Ostsee. ;-)

  • Lieber Herr Unfried, die Aktionen der Letzen Generation ergeben offenbar immer noch Sinn, solange daraus solche Abkommen wie die mit dem OB in Hannover entstehen können. Viele Grüße, Ursula Binder

  • Ein anachronistischer Artikel. Toll. Alles wird schon, wartet doch nur, klappt schon.

    Solange nicht mal ein Geschwindigkeitslimit umgesetzt wird (quasi kostenfrei), freue ich mich über jeden Protestler. Und nach allem was man hört von der Mehrheit gewûnscht. Und seit Jahrzehnten blockiert. Wer genau höhlt hier Demokratie aus?

    Einstellungen wie die von Herrn Unfried hier sind doch gerade das Problem. Und auf solche billigen Kommentare in der taz kann ich sehr gerne verzichten, davon hört man ja aus Richtung der FDP und CDU schon genug.

  • „Wir sind die Mehrheit!“…

    JA, in der TAZ (vielleicht). Bei der FAZ können Sie einen ähnlichen Artikel schreiben, da wird die Begeisterung schon dünner. Von der WELT, BILD oder der NZZ fange ich gar erst an.

    Dieser Glaube, man wäre mit dieser Meinung in der Mehrheit ist doch Irrsinn. Dann gäbe es weniger CDU Wähler, weniger FDP Wähler und kaum noch AFD Wähler. Dafür aber absolute Mehrheiten für die Grünen. Das alles sah in den letzten Wahlen aber anders aus.

    NEIN, „wir“ sind NICHT in der Mehrheit! Jeder würde gerne beim Klimawandel helfen, nur nicht bei sich selber (siehe die Probleme beim Aufstellen der Windkrafträder etc.). Das alles bedarf weiterhin viel Überzeugungsarbeit, Ausdauer und Kompromissen und wird noch Jahre, eher sogar Jahrzehnte dauern. Das aber ist Demokratie, und die ist nicht fehlerfrei. Zu glauben, man könnte sich mit ein bisschen Sekundenkleber über jene stellen, dem ist halt auch nicht mehr zu helfen. Aber jedem das seine, wie gesagt: wir leben in einer Demokratie…

  • Echt jetzt? Hat Herr Unfried gerade eine Fortbildung bei der Friedrich-Naumann-Stiftung gemacht? Hat er mal das schlaue Buch seiner Kollegin Herrmann gelesen? Klar ist es richtig, dass der Kampf auch auf dem Feld bürokratischer Nichtigkeiten und praktischer Umsetzung stattfindet, aber all das bringt nichts ohne fundamentale Transformation zu einer Null-Wachstumsgsellschaft und ohne politischen Zwang gegenüber den Fossillobbyisten, die sonst nur greenwashing betreiben. Korrekt ist, dass die Letzte Generation sich zu sehr mit Symbolpolitik beschäftigt, statt Konzernzentralen zu besetzen und die fossile Wirtschaft massiv zu blockieren. Aber gut, immerhin stören sie schonmal den Burgfrieden der merkelisierten Paralyserepublik.

  • "Transformation fürs Klima ist wichtig, das wissen längst alle."

    Stimme voll zu!

    Das Deutschland nicht alleine mit Sonne und Wind seinen Energiebedarf decken kann, sondern dafür auch Atomenergie notwendig ist, dass wissen längst alle. Man muss dafür bloß in Ausland schauen, ohne französischen Atomstrom würden bei uns nämlich die Lichter ausgehen.

    Und das auch in Zukunft das Auto das Verkehrsmittel Nummer 1 sein wird, das wissen auch längst alle, abgesehen vielleicht von ein paar gutverdienenden Großstädtern mit Penthouse-Wohnung im Zentrum. Aber die sind in der Minderheit.

    • @Rudolf123:

      Nur gut das wir zuletzt die Stromversorgung in Frankreich mit unserem alten fossilen Kraftwerken stützen konnten, da deren Kernkraftwerke überwiegend ausgeschaltet waren; zu wenig Kühlwasser, zu viele Störprobleme. Daher ist es gut wenn Mitte April 2023 unsere A-Kraftwerke hoffentlich endlich abgeschaltet werden.

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @Rudolf123:

      Bitte überprüfen Sie Ihre Schablonen.



      Dass das Auto nicht Verkehrsmittel #1 bleiben kann, wissen auch bereits die geringverdienenden Großstädter in den Innenbezirken (ohne Tiefgarage) und die in den Speckgürteln. Sind damit schon 3 Minderheiten.



      Ein zuverlässiger ÖPNV sowie ein schnelles Radwegesystem wären extrem hilfreich.

  • Man kann das Problem nicht mit den Mitteln lösen die es verursacht haben. Grüner Kapitalismus? Einfach aus der Katastrophe herauswachsen? Halt einfach mal vom Hummer in den Tesla Cybertruck umsteigen? Get a life.



    Die Klimakrise ist radikal, entsprechen bleibt die Wahl gleichermaßen radikale Maßnahmen zu ergrefen oder Folgen in Kauf zu nehmen die so radikal sein werden, dass sie die Systemfrage en passant gleich mit erledigen. Die Veränderungen die es braucht gehen über Wärmepumpen und eAutos extrem weit hinaus. Angesichts dessen so tun als gäbe es einen Weg der Katastrophe ohne veränderte Konsum- und Lebensgewohnheiten hinaus und die derzeige Wirtschaftsweise mit dem TINA-Argument zu verteidigen ist so illusorisch wie verantwortungslos. So wie es ist kann - und wird es in jedem Fall - nicht weitergehen, auch nicht mit grünem Anstrich.

  • Das ist mir jetzt noch nie passiert, aber diesen Artikel von Peter Unfried könnte ich jetzt, ohne Einschränkung, unterschreiben.



    Mach doch mal!



    Die Diskussionen über das für und Wider UHU Aktivismus wurde vor einiger Zeit ja bereits geführt.



    Bereits zu dieser Zeit vertrat ich den Standpunkt:



    Einsatz für das Klima ist super, im Moment klappt das am Besten auf dem Dach.



    Die erfreuliche Nachricht in der taz war irgendwann, dass die Nachfrage nach " klimarelevanten Berufen" in Berlin gestiegen ist. Gut so!



    Auch wenn sich in meiner Generation schon Einige dafür krumm gemacht haben, für eine klimaschonende Zukunft brauchen wir mehr man- und Frauenpower!



    Mach doch Selber!

  • Und noch immer wird geglaubt,mit etwas Technik lässt sich der Klimawandel regulieren.



    Och ne,das ist mir dann doch zu nah an den Versprechen der FDP.



    Abgeben, aufgeben, weniger ist angesagt und die Erzählung vom Steinzeit-Kommunismus langweilig. Die Abschaffung der Demokratie öde.



    Hauptsache ist,die Lobbydemokratie wird als Freiheit verkauft und alles bleibt vom Prinzip wie es ist. Stillstand als Fortschritt verkauft.



    Mir persönlich zu wenig.

  • Zu den Windrädern, Solaranlagen, Wärmepumpen, Ladeinfrastruktur für E-Autos gehört aber noch eine Modernisierung/Leistungsverstärkung des ganzen Niederspannungsnetzes sonst kracht es bei immer mehr elektrischen Verbrauchs. Dazu braucht man Facharbeiter und keine Klebeaktivisten.

    • @Der Cleo Patra:

      Unabhängige Facharbeiter, die zum Wohle der Bürger arbeiten und nicht zum alleinigen Wohle der Netzbetreiber und Versorgungskonzernen. Letztere sind nur daran interessiert die Abhängigkeitsstrukturen zu erhalten um ihre Gewinne durch Abhängige zu ermöglichen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Transformation fürs Klima ist wichtig, das wissen längst alle. Traditionelle Widerstandserzählungen sind überholt.“ Natürlich. Der Robert wird’s schon richten. (Ich spar mit mal das Dichten)

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      and btw: "Hänschen Klein" nennen ihre Bewegung "Letzte Generation vor den Kipppunkten".



      Die wissen, dass die Erde weitermacht - und die Sonne lacht.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Der hat auch immer Verständnis für alle Kritik, kann sie nachvollziehen.

      Und weiß auch immer den Grund: "Uninformiertheit"!

      Außer wenn sie zu "vulgär" ist.

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Da bin ich nicht so sicher, Herr Unfried. Eine Mehrheit befürwortet vielleicht eine kosmetische Transformation, die mit neuer Technik einhergeht, einer neuen Mobilität u.Ä.



    Sie soll eine Art Update sein, das uns ermöglicht so weiterleben zu können wie gewohnt.



    An die Substanz - also unseren geliebten Lebensstil - soll das aber gefälligst nicht rühren.



    Wer sucht tatsächlich nach echten Alternativen? Wer experimentiert mit anderen Arbeits- und Lebensformen? Wer ist bereit vom hohen, bequemen Ross zu steigen und eine globale Umverteilung überhaupt ernsthaft ins Auge zu fassen?



    Dem Klima, der Umwelt, den Arten zuliebe? Eine winzige Minderheit, höchstens.

    • @90946 (Profil gelöscht):

      "



      Wer sucht tatsächlich nach echten Alternativen? Wer experimentiert mit anderen Arbeits- und Lebensformen? "



      Es gibt sie, die Solawis und Lebensgemeinschaften in selbstorganisierten Wohnprojekten, Genossenschaften, Vereine, die sich für einen schlichteren Lebensstil einsetzen.



      Kleine Samenkörner. Bitte gießt sie gut, gebt ihnen ausreichend Licht und Schatten und eine Handvoll fruchtbare Erde.

  • Eigentlich ein hervorragender Kommentar, Danke dafür, aber da fehlt noch was:







    1) Die Fachkräfte fehlen vorne und hinten.



    Wir sind gar nicht in der Lage ihre richtig erkannten Maßnahmen umzusetzen, da wir gar nicht genügend Fachkräfte haben. Und wir werden sie auch nicht in 5 Jahren haben, weil wir nichts dafür tun.

    2) Der Paragraphensumpf, komplizierte Verordnungen, die allen das Leben schwer macht.



    Ein Beispiel: Ich selbst darf in meinem Haus keine Balkonsolaranlage als solche gemäß Gesetz "Balkonanlage" installieren, weil ich schon eine PV-Anlage mit Eigennutzung habe. Ich müsste sie von einem Fachbetrieb (andere Regeln) installieren und im im Marktstammdatenregister anmelden lassen, als "Erweiterung" der bestehenden Anlage, was mich hunderte Euro kosten würde.

    So wird das nichts mit der Energiewende, egal wer regiert.

  • "Das ist eine traditionelle Widerstandserzählung, sie stimmt halt nur so nicht."



    Doch stimmt genau so.

    "wir brauchen Installateure"



    Genau! ... und vor allen Dingen vernünftige Eltern plus förderndes und forderndes Schulsystem plus gesellschaftliche Anerkennung der Handwerksberufe. Influencer, Möchtegernmoderatoren, Legislaturperiodenpolitker und manche Verwaltungsbeamte bringen dabei nix voran

  • Alles wissen, aber nix können. Die Mehrheit? Ja klar!



    Auf den Punkt gebracht die Lage unserer Gesellschaft. Vielleicht braucht es deswegen die Asphaltkleber. Arschtritte von morgens bis abends. Mal endlich in Richtung Können, Machen, Wandel marschieren, anstatt nur zu labern?

    • @Tom Farmer:

      Also ich weiß nicht wie es den anderen Pendlern geht, aber wenn ich dann mal in die Stadt muss (Homeoffice sei dank eher selten) und dann ein oder zwei Stündchen auf Klimakleber warte, dann bringt mich das kein bisschen dazu mein Verhalten zu überdenken.

      Außer dass es natürlich den Wunsch weckt auf dem Heimweg an einer Bahnstation anzuhalten und ein paar Fahrrädern die Reifen zu schlitzen und mit ein paar Belehrungen über die Emission einer Regionalbahn zu versehen.

      Solche Wünsche lagen mir bisher fern, so dass ich dann irgendwie doch zugeben muss dass die Kleber etwas bewirken.

      • @Questor:

        Sie stehen aber nicht wegen der Radfahrer im Stau. Nicht vergessen: Sie sind der Stau.

      • @Questor:

        Da sollten Sei Ihren Zorn doch sinnvolleren Zielen widmen. Wie wäre es die Schadenshöhe Ihrer aufgeschlitzten Fahrradreifen einem Mitpendler für eine Freifahrt mit der Bahn zu spendieren? Oder die Zeit zu investieren unserem Verkehrsminister einen persönlichen Brief zu schreiben; auf dem Bahnweg in die Arbeit versteht sich, sonst bleibt einem eh keine Zeit dafür. Sie werden bemerken wie sich Ihre Welt verändern wird, ohne Ihren Zorn zu Schaden zu erheben.

    • @Tom Farmer:

      Wer soll da umsetzen, wir haben nicht 30% der Fachkräfte die wir dafür bräuchten.



      Zum "Machen" braucht man "Macher", die haben wir nicht genügend.



      Wem wollen sie nun " Arschtritte von morgens bis abends" verpassen?

      • @Rudi Hamm:

        Kurze Frage, kurze Antwort:



        Alle Mitarbeiter von Tankstellen umschulen mit Zwang. Zwang wie? Doppeltes Gehalt wie an der Tanke. Da Tankstellen öfters wegen Personalmangel geschlossen, fahren dann mehr Leute Fahrrad und Bus. Deal? Wer hier die Arschtritte kriegt? Da kommen Sie jetzt selbst drauf.

    • 9G
      90946 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Das habe ich in Bezug auf die Klimaaktivisten auch gedacht. Die haben wahrscheinlich längst erkannt, dass bei hartgesottenen Gewohnheitsmenschen Worte nichts mehr ausrichten können.

  • "Offenbar hält diese Truppe die Deutschen, also uns, für bescheuert, gehirngewaschen durch Konsumfetischismus und so was, und deshalb apathisch und ignorant gegenüber bösen Kapitalisten und ihren liberaldemokratisch gewählten Helfershelfern, sodass man uns wachrütteln muss."

    Eine realistischere und stringentere Einschätzung als das, was Sie zu bieten haben.

    "Das klingt jetzt in der alten Change-the-world-yeah-yeah-Romantik etwas lahm."

    Wenn's so klingt, dann vielleicht, weil es so ist.

    Und wenn Sie jetzt mal aufhören würden dagegen zu sein, dass man dagegen ist, selber einen Spaten in die Hand nähmen und den anderen ihren Spaten zu lassen, dann kämen wir vielleicht weiter.

    Bisher haben Greta Thunberg, Luisa Neubauer oder Carola Rackete jede für sich mehr zur Veränderung beigetragen als Sie und ich zusammengenommen. Nehmen wir sie im Verbund, dann sehen wir wahrlich alt aus.

    Sie scheinen keine Ahnung davon zu haben, wie fragil all diese "wir machen's besser" Impulse sind, wenn sie "da oben" angekommen sind.

    Wenn Sie sich anschauen, was für ein Zombiekabinett die nächste COP (28) präsidiert [1], dann werden Sie hoffentlich nachvollziehen, dass wir den Protest noch nicht liegen lassen können.

    [1] www.theguardian.co...-oil-company-cop28

  • Auf Straßen, Flugplätzen und an den Wursttheken dieser Nation ist jeden Tag zu beobachten, dass der Verfasser dieses Kommentars in einer anderen Welt lebt.