Anschuldigungen gegen Till Lindemann: Youtuberin untermauert Vorwürfe
In der Missbrauchsdebatte um Rammstein-Frontmann Till Lindemann melden sich neue Stimmen. Eine Rolle spielt die entlassene „Casting Direktorin“.
Till Lindemann gerät weiter unter Druck. Seit Tagen gibt es Missbrauchsvorwürfe gegen den Sänger der Berliner Rockband Rammstein. Die Rede ist von sexuellen Übergriffen im Backstagebereich, Frauen aus der sogenannten „Row Zero“ – dem Bereich direkt vor der Bühne, zu dem nur ausgewählte Konzertbesucher*innen Zugang haben – sollen KO-Tropfen verabreicht worden sein. Am Dienstag soll sich die Band verschiedenen Medienberichten zufolge nun von ihrer „Casting Direktorin“ Alena Makeeva getrennt haben.
Bei den Vorwürfen gegen Lindemann fällt immer wieder Makeevas Name. Die Russin soll junge Frauen für Partys vor und nach Rammstein-Konzerten „rekrutiert“ haben, über Social Media, in Clubs, und in besagter „Row Zero“. Den Aussagen einiger Frauen zufolge soll dies allein dem Zweck gedient haben, Lindemann Sexualpartnerinnen zuzuführen. Am Montag hatte die bekannte Youtuberin Kayla Shyx ein Video veröffentlicht, in dem sie eigene Erlebnisse auf einer Rammstein-Afterparty ausführlich schildert.
Im Video, das inzwischen fast drei Millionen Views verzeichnet, erzählt Shyx, wie sie und ihre damals 18-jährige Freundin auf einem Konzert der Band von Makeeva angesprochen und zur Party eingeladen wurden. Die „Casting Direktorin“ habe ihnen in Aussicht gestellt „Till zu treffen“, obwohl sie nicht danach gefragt hätten. Auf der Party seien die beiden in einen Nebenraum geführt worden. Am Eingang seien ihre Handys konfisziert worden. Dort hätten bereits andere Frauen gewartet, von denen einige bereits benebelt schienen.
Youtuberin untermauert Vorwürfe
Shyx habe dann von einer der Anwesenden erfahren, dass sie zu einer Auswahl an Frauen gehöre, von denen Lindemann sich später einzelne „aussuchen“ werde. Sie sei daraufhin in Panik geraten und habe mit ihrer Freundin versucht, den Raum zu verlassen. Makeeva sei ungehalten geworden und habe versucht, sie zum Bleiben zu überreden, ihnen Alkohol angeboten, worauf die zwei sich jedoch nicht eingelassen hätten.
Im Video gibt Shyx an, dass es schwer für sie sei, mit ihren Erlebnissen an die Öffentlichkeit zu gehen, sie wolle jedoch ihre Reichweite nutzen, um andere Frauen zu unterstützen. Sie sei im Vorfeld von unterschiedlichen Seiten unter Druck gesetzt worden, ihre Erfahrungen für sich zu behalten. Influencer*innen wie Shyx erreichen Millionen von vor allem jungen Menschen auf Plattformen wie Youtube, TikTok und Instagram.
Inzwischen hat sich der Youtuber Rezo, unter anderem bekannt durch seine Videos zur CDU, ebenfalls zum Sachverhalt geäußert. Rezo verweist auf die Verantwortung von Menschen in Machtpositionen, die mutmaßlich ein „System“ des Missbrauchs aufbauen. Wären die Anschuldigungen berechtigt, lege dies nahe, Lindemann wolle „keinen Consent“.
Netz-Community ruft zu Boykott auf
Laut Berichten der Welt hat sich Rammstein inzwischen von Makeeva getrennt. Bis zu ihrer Abreise nach Russland soll sie sich jedoch in München aufhalten, wo die Band ab Mittwoch vier Konzerte spielt. Neben Solidaritätsbekundungen mit Rammstein kursieren im Netz derzeit Boykottaufrufe. Fans versuchen, ihre Tickets wieder loszuwerden, eine Berliner Tätowiererin bietet auf Twitter an, Rammstein-Tattoos zu überstechen. Ob es auf Konzerten der Band weiterhin eine „Row Zero“ geben wird, ist noch unklar.
Erst vergangene Woche hatte die Irin Shelby Lynn auf Twitter angegeben, bei einem Rammstein-Konzert in Vilnius unter Drogen gesetzt und von Lindemann zum Sex aufgefordert worden zu sein. Als sie ablehnte, habe der Sänger zornig reagiert. Daraufhin hatten weitere Frauen Vorwürfe erhoben.
Nicht alle sind sich der Gefahren bewusst. Im Web-Forum Reddit sind Diskussionen von Userinnen einsehbar, wie man am besten an Makeeva und den begehrten Zugang zur exklusiven „Row Zero“ kommt. Manche Userinnen reagieren verzweifelt und wütend darüber, dass sie abgelehnt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste