AfD-Vorsitz im Innenausschuss: Skandalöses Versagen der Ampel
Ausgerechnet die AfD stellt künftig den Vorsitz des Innenausschusses. Unfassbar, dass die Koalition das nicht verhindert hat.
D en „Hass, wie wir ihn zuletzt nicht nur auf Straßen und Plätzen, sondern auch vor privaten Wohnungen von Politikern gesehen haben“, beklagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch anlässlich der Ernennung der neuen Regierung.
Was er unerwähnt ließ: Dieser Hass hat einen parlamentarischen Arm. Erst am Dienstag demonstrierte die AfD-Abgeordnete Christina Baum bei der Coronadiskussion im Bundestag, dass ihre Partei mit der bundesdeutschen Demokratie auf Kriegsfuß steht. Von „Vollstreckern und Mitläufern dieses Corona-Regimes“ fabulierte die Rechtsaußenpolitikerin, von Terror, Willkür und einer „Knechtschaft des Volkes“. Das waren Worte des Hasses und der Hetze, die ihre Partei wie eine zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus erscheinen lassen.
Es ist ein schlechter Witz, dass nun ausgerechnet die AfD künftig im Bundestag den Vorsitz des Innenausschusses stellen wird. Das nicht verhindert zu haben, ist ein politisches Versagen der neuen Ampelkoalition.
Denn die Vorsitzendenposten in den Ausschüssen werden in mehreren Runden nach der Größe der Fraktionen vergeben. Dabei erhält traditionell die größte Oppositionsfraktion, also nun die Union, den Vorsitz im Haushaltsausschuss. Bei den restlichen Ausschüssen gab es die freie Wahl. SPD, Grüne und FDP, die vor der AfD das Zugriffsrecht hatten, hätten also nur die richtigen Prioritäten setzen müssen.
Gesundheitsausschuss geht ebenfalls an die AfD
Haben sie aber nicht. So war den Grünen der Europaausschuss wichtiger, damit ihr Ex-Fraktionschef Anton Hofreiter ein repräsentatives Trostpflaster für seine Ausbootung bei der Ministerpostenvergabe erhält.
Dass auch noch der Vorsitz im Gesundheitsausschuss in die Hände der AfD fällt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Dass mitten in der Coronapandemie weder die Ampelparteien noch die Union diese Funktion für wichtig genug halten, um sie nicht den parlamentarischen Repräsentant:innen der „Querdenker“-Bewegung zu überlassen, ist skandalös. Das ist kein guter Start in die neue Legislaturperiode.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“