+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Deutschland prüft Panzerstückzahl
Deutschland macht eine Lieferung von Leopard-2-Panzern nicht von der US-Lieferung von Abrams-Panzern abhängig. Ein UN-Hilfskonvoi ist in der Ostukraine eingetroffen.
Bundesregierung lässt Verfügbarkeit von Leopard-Panzern prüfen
Deutschland bereitet sich auf die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern in die Ukraine vor, hat aber immer noch keine Entscheidung darüber getroffen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Freitag am Rande der Ukraine-Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein, dass er den Auftrag erteilt habe, Verfügbarkeit und Stückzahl dieser Panzer zu prüfen. „Wir bereiten uns vor für den Fall der Fälle.“ Die Entscheidung über eine Lieferung werde „so bald wie möglich getroffen“. (dpa)
Medien: BND ist „alarmiert“
Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist laut „Spiegel“ wegen hoher Verluste der ukrainischen Armee beim Kampf um die strategisch wichtige Stadt Bachmut im Osten des Landes alarmiert. Der Auslandsnachrichtendienst habe diese Woche Sicherheitspolitiker des Bundestags in einer geheimen Sitzung darüber informiert, dass die ukrainische Armee bei Kämpfen mit den russischen Invasoren derzeit täglich eine dreistellige Zahl an Soldaten verliere, berichtet das Nachrichtenmagazin.
Die Einnahme von Bachmut durch die russischen Truppen hätte erhebliche Folgen, da dies ihnen weitere Vorstöße ins Landesinnere ermöglichen könnte. Der BND habe den Abgeordneten zudem berichtet, dass die russische Armee bei Bachmut mit gnadenloser Härte vorgehe: Russland werfe derzeit Soldaten wie Kanonenfutter nach vorn, hohe Verluste der eigenen Streitkräfte spielten bei der Kriegstaktik der Russen offenbar keine Rolle. (rtr)
Bundesregierung: Leopard-Lieferung hängt nicht von US-Abrams ab
Die Bundesregierung hat klargestellt, dass sie die Lieferung von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion nicht von der Lieferung von M1-Abrams-Panzern der USA abhängig macht. „Es hat zu keinem Zeitpunkt (…) ein Junktim oder eine Forderung gegeben, dass das eine zu erfolgen habe, damit das andere erfolgen kann“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Zuvor hatten Bild und Süddeutsche Zeitung berichtet, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Leopard-Panzer nur liefern wolle, wenn die USA ihre Abrams-Panzer zusagten.
„Mir fällt es schwer, mir vorzustellen, dass ein deutscher Bundeskanzler einem amerikanischen Präsidenten irgendwelche Bedingungen diktiert oder Forderungen stellt“, sagte Hebestreit dazu. Er bekräftigte aber auch, dass ein abgestimmtes Agieren mit den USA der Bundesregierung wichtig sei. Dies sei auch bei den Entscheidungen etwa über die Marder-Schützenpanzer oder die Mehrfachraketenwerfer so gewesen.
Polen und Finnland haben bereits angekündigt, Leopard-2-Panzer im europäischen Verbund liefern zu wollen. Deutschland hat sich dazu noch nicht positioniert. Hebestreit sagte, dass es weiterhin keine offizielle Anfrage von Polen gebe. Zur Frage, wie die Bundesregierung reagieren würde, wenn Polen ohne eine Genehmigung liefern würde, sagte der Regierungssprecher: „Alle unsere Partner wollen sich sicherlich gesetzestreu verhalten.“ (dpa)
Putin bespricht mit nationalem Sicherheitsrat Lage in der Ukraine
Der russische Präsident Wladimir Putin hat staatlichen Medien zufolge mit dem nationalen Sicherheitsrat die Lage in der Ukraine besprochen. Bei dem Treffen habe es einen Meinungsaustausch über die Fortschritte der militärischen Spezialoperation gegeben, zitiert die Nachrichtenagentur RIA Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow, der dabei den offiziellen Begriff für den russischen Krieg gegen die Ukraine verwendete.
An dem Treffen nahmen neben Putin als Vorsitzender laut RIA der Ex-Präsident Dmitri Medwedew als Vizevorsitzender, der Sekretär des Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu sowie weitere hochrangige Regierungsvertreter teil. (rtr)
UN-Hilfskonvoi in der Ukraine eingetroffen
In der Nähe der ostukrainischen Kleinstadt Soledar ist nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) der erste Hilfskonvoi eingetroffen. Drei Lkw hätten Hilfsgüter für rund 800 Menschen gebracht, teilt ein Vertreter des UN-Büros für die Koordinierung Humanitärer Angelegenheiten mit. Es handele sich um Nahrungsmittel, Wasser, Hygieneartikel und Medikamente. Wo genau die Güter hingebracht wurden, blieb offen. (rtr)
Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat zum Auftakt des Treffens der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein mehr Eile bei den Waffenlieferungen angemahnt. Der von Russland begonnene Krieg „erlaubt keinen Aufschub“, sagte Selenski per Videoschaltung am Freitagmorgen anlässlich des Treffens auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz. Zeit bleibe „eine russische Waffe“.
Selenski dankte den Teilnehmern des Treffens für ihre bereits gelieferte Militärhilfe. Doch „Hunderte Dankeschöns sind nicht hunderte Panzer“, fügte er an. „Tausende Worte“ würden nicht gegen russische Artillerie helfen, verdeutlichte der ukrainische Präsident. Mit der Hilfe der Verbündeten könne die Ukraine „tatsächlich siegen“.
Vertreter der Nato-Staaten und anderer Unterstützerländer der Ukraine diskutieren am Freitag in Ramstein über weitere Militärhilfen für die Ukraine. Das Treffen wird von der Debatte über die mögliche Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine bestimmt. Dabei steht insbesondere Deutschland unter Druck, seinen Widerstand gegen die Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine aufzugeben. (afp)
🐾 Novaya Gazeta Europe in der taz
Wagner-Söldnertruppe in der Ukraine, Opposition gegen Putin-Regime – Die taz hat am Freitag eine Ausgabe des Teams der Novaya Gazeta Europe veröffentlicht. Die Novaya Gazeta ist Russlands älteste unabhängige Publikation. Nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine wurde sie verboten. Das Team der Novaya Gazeta Europe hat das Land verlassen, um seine Arbeit fortsetzen zu können und denjenigen eine Stimme zu geben, die die Invasion niemals akzeptieren werden.
Die taz veröffentlicht diesen Freitag Texte russischer Journalist:innen über das erste Kriegsjahr und seine Folgen für die Welt und für Russland, über die Veränderungen in der russischen Bevölkerung und darüber, wofür das Adjektiv „russisch“ heute und in Zukunft steht. Online können Sie die Texte hier lesen.
Kreml: Westliche Panzerlieferungen werden in der Ukraine „nichts ändern“
Vor dem Hintergrund des Treffens der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein hat der Kreml sich überzeugt von einem Sieg Russlands gezeigt. Westliche Panzerlieferungen würden in der Ukraine „nichts ändern“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. Der Westen habe die „dramatische Wahnvorstellung“, dass die Ukraine Erfolg „auf dem Schlachtfeld“ haben könnte.
„Man sollte die Bedeutung solcher Lieferungen mit Blick auf die Fähigkeit, etwas zu ändern, nicht übertreiben“, sagte Peskow vor Journalisten mit Blick auf die Debatte über weitere Militärhilfen an die Ukraine.
„Es wird der Ukraine weitere Probleme schaffen, aber es wird nichts ändern mit Blick auf den Vormarsch Russlands auf dem Weg zum Erreichen seiner Ziele“, fügte Peskow hinzu. Der Konflikt in der Ukraine entwickle sich in einer „Aufwärtsspirale“. (afp)
US-Verteidigungsminister – „Entscheidender Moment für die Ukraine“
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagt der Ukraine alle Unterstützung zu, solange dies erforderlich sei. Zum Auftakt eines Treffens der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Stützpunkt in Ramstein sagt Austin, dies sei „ein entscheidender Moment für die Ukraine“. Er verweist auf ein weiteres US-Paket zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte im Volumen von 2,5 Milliarden Dollar, das auch die Lieferung von 59 Schützenpanzern Bradley umfasst. Die US-Hilfen an die Ukraine summierten sich damit auf insgesamt 26,7 Milliarden Dollar. (rtr/dpa)
🐾 Nukleare Sicherheit in der Ukraine: IAEA schickt Mission in Atomkraftwerke
Die Atomaufsichtsbehörde entsendet Expert:innen in drei von der Ukraine kontrollierte Kernkraftwerke. Das Ziel: Sicherheit garantieren. Ein Text von taz-Autorin Anastasia Magasowa.
Finnland schickt bislang größte Verteidigungshilfe an Ukraine
Das russische Nachbarland Finnland spendet der Ukraine weitere Militärgüter im Wert von schätzungsweise gut 400 Millionen Euro. Das hat Präsident Sauli Niinistö auf Vorschlag der Regierung von Ministerpräsidentin Sanna Marin beschlossen, wie das Verteidigungsministerium am Freitag in Helsinki mitteilte. Nach Angaben von Verteidigungsminister Mikko Savola enthält das Paket schwere Artillerie und Munition – welche Güter genau, das halten die Finnen generell geheim.
Es handelt sich um die zwölfte Lieferung, mit der das nordische EU-Land die Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Angriff unterstützt. Das neue Paket ist mehr als doppelt so viel wert wie alle elf vorherigen zusammen. Finnland, das vor dem Eindruck des Ukraine-Kriegs ebenso wie das benachbarte Schweden die Mitgliedschaft in der Nato beantragt hat, grenzt auf einer Länge von rund 1.340 Kilometern an Russland.
An diesem Freitag kommen die Verteidigungsminister der westlichen Verbündeten auf dem rheinland-pfälzischen US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zusammen, um über weitere Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet zu beraten. (dpa)
Menschenrechtler: Russland zerstört Khan-Palast auf der Krim
Menschenrechtler haben sich besorgt über Beschädigungen am Khan-Palast der Krimtataren in der Stadt Bachtschyssaraj geäußert. Lokalen Medienberichten zufolge lässt die russische Verwaltung auf der besetzten Halbinsel Krim die Unesco-Weltkulturerbe-Stätte im Zuge vermeintlicher Renovierungsarbeiten schrittweise zerstören, sagte die Osteuropaexpertin der Gesellschaft für bedrohte Völker, Sarah Reinke, am Freitag in Göttingen: „Im Schatten des Krieges zerstören die russischen Besatzer mutwillig Kulturdenkmäler der indigenen Krimtataren. Damit wollen sie die falsche Behauptung unterstreichen, die Krim hätte schon immer zu Russland gehört.“
Der Khan-Palast gehört seit 2003 zum Unesco-Weltkulturerbe. Die ältesten Gebäudekomplexe stammen nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker aus dem 16. Jahrhundert. Der Palast sei als Stammsitz der Monarchen des Krim-Khanats das politische, religiöse und kulturelle Zentrum der Krimtataren gewesen. Mit der russischen Eroberung der Krim im Jahr 1783 habe das Khanat geendet.
Der Khan-Palast sei von einzigartigem Wert, fügte Reinke hinzu. Er stehe stellvertretend für die Geschichte und Kultur der Krimtataren, die auf der Halbinsel seit der Annexion im Jahr 2014 von den russischen Besetzern systematisch verfolgt würden. Die Menschenrechtsorganisation verlangt, dass krimtatarische Fachleute Zugang zu dem Palast bekommen und ihn gemeinsam mit Unesco-Verantwortlichen inspizieren. (epd)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin