piwik no script img

Gaza-Demo in BerlinDer Nahost-Diskurs öffnet sich

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Großdemo zeigt: Israel-Kritik wird zunehmend möglich. Die Proteste sollten sich angesichts der deutschen Geschichte aber nicht radikalisieren.

Zehntausende demonstrieren in Berlin für das Ende des Krieges in Gaza Foto: Reuters

N icht erst seit dem 7. Oktober 2023, dem Terror-Überfall der Hamas auf israelische Zivilisten, steht, wer mit Palästina sympathisiert, in Deutschland unter Verdacht. Die großkalibrige Waffe in dieser diskursiven Schlacht heißt Antisemitismus.

Spätestens seit 2019, dem BDS-Beschluss des Bundestages, herrscht ein Klima der Unterstellung, des Ungenauen, Undifferenzierten. Es regiert die Staatsräson, in der die erste Bürgerpflicht zu sein scheint, bloß nichts Falsches zu sagen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Benjamin Netanjahu glaubte, eine Ausstellung in Berlin, die ihm missfiel, zensieren zu können.

Nun gibt es Anzeichen, dass dieses stickige Klima kippt. Mehrere 10.000 Menschen haben in Berlin friedlich und freundlich gegen die maßlosen Kriegsverbrechen in Gaza und die deutsche Unterstützung demonstriert. Warum jetzt?

Der wesentliche Grund liegt in Israel selbst. Die brutale, expansive Politik von Netanjahu und seiner rechtsradikalen Regierung lässt sich auch mit dem allergrößten Wohlwollen nicht mehr in Einklang mit Völkerrecht oder Menschenrechten bringen.

Antisemitismus ist real, die Kriegsverbrechen auch

Dass Netanjahu vor den fast leeren Rängen der UN-Vollversammlung einen palästinensischen Staat mit einem IS-Staat in den USA nach 9/11 verglich, zeigt, dass diese Regierung in einem paranoiden Paralleluniversum versunken ist, einem Spiegelkabinett eigener Hybris.

Ein Nebeneffekt der nicht mehr zu leugnenden israelischen Verbrechen im Gazastreifen und im Westjordanland ist, dass den Anhängern der Staatsraison hierzulande die Argumente ausgehen. Im Wesentlichen halten nur noch CSU und AfD Netanjahu noch für einen Kämpfer gegen den Terror.

In Deutschland existiert ein virulenter Antisemitismus. Dass es Straßen gibt, die man besser nicht mit Kippa oder Davidstern frequentiert, ist skandalös – gerade in Deutschland. Aber die NS-Zeit und die staatlich kanonisierte Geschichtspolitik dürfen nicht den Blick für die Verbrechen trüben, die das israelische Militär systematisch verübt.

Die Erinnerung an das von Deutschen begangene Menschheitsverbrechen nimmt selbst Schaden, wenn es zu einem Schutzschild wird, um sich den Schrecken vom Leib zu halten, der jetzt in Gaza passiert.

Die Bitterkeit der Gaza-Aktivisten

In Deutschland öffnen sich nun diskursive Fenster, die lange verriegelt waren. Dazu gehört auch, dass Palästinenser, die in Deutschland leben, nicht mehr advokatorisch vertreten werden, sondern, wie auf der Demo in Berlin, selbst sprechen. Sie treten als ernstzunehmende politische Subjekte auf – und verstummen nicht mehr unter einem instrumentellen, generalisierten Antisemitismus-Verdacht.

Und jetzt? Manche Protestbewegungen müssen überspitzen, radikale Forderungen stellen, um gehört zu werden. Das war in Phasen der Frauenbewegung, der Anti-Atom-Bewegung, der Friedensbewegung so. Bei der Pro-Palästina-Bewegung wäre Radikalisierung der falsche Schritt.

Man kann verstehen, wenn AktivistInnen, die sich vor ein paar Monaten noch unter allgemeinem Nicken als Antisemiten verleumden lassen mussten und heute fast Vorboten eines neuen Mainstreams sind, eine gewisse Bitterkeit empfinden. Aber Bitterkeit, retrospektive Rechthaberei führen nie nach vorn. Radikalisierung wäre keine nötige Aufmerksamkeitsproduktion, sondern regressiver Rückweg in die Selbstisolation.

Diese Bewegung wird nur erfolgreich sein, wenn sie eine Verbindung zur Mitte herstellen kann – zu Kirchen, Gewerkschaften, Mitte-Parteien. Und es gibt ja vernünftige, realpolitisch umsetzbare Forderungen, die die meisten Deutschen teilen: Stopp aller Waffenexporte nach Israel, Anerkennung Palästinas, und, vielleicht am wichtigsten, Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel. Es ist eine Frage politischer Klugheit, ob die Akteure der Bewegung verstehen, dass ihr Adressat die noch immer zögerliche, ängstliche Mitte sein sollte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
Mehr zum Thema

38 Kommentare

 / 
  • Auf der einen Seite steht eine rechtsradikale, von den Israelis gewählte Regierung mit breiter Unterstützung.

    Auf der anderen Seite die faschistische, islamistische Hamas, die ebenfalls breite Unterstützung unter Palästinensern findet und von diesen gewählt wurde.

    Ich schlage mich auf keine Seite, denn hier gibt es kein „gut und böse“. Beide Seiten sind „böse“.

  • "Spätestens seit 2019, dem BDS-Beschluss des Bundestages, herrscht ein Klima der Unterstellung, des Ungenauen, Undifferenzierten. "



    Nach den billigenden Äußerungen von BDS und geistesverandten Gruppen unmittelbar nach dem 7. Oktober kann an deren antisemitischer Grundhaltung kein vernünftiger Zweifel bestehen.taz.de/Nach-dem-Ma...n-Israel/!5963661/ Die Bundestagsresolution war insofern als mehr als gerechtfertigt.



    Daher ist die "Mitte" keineswegs ängstlich, sondern hat sehr gute Gründe, sich nicht in das Schlepptau dubiosester Gruppierungen zu begeben, denen es nicht um Frieden, sondern um die Auslöschung Israels geht, und zu denen es die Pro-Pali-Bewegung bisher nicht geschafft hat, eine klare Grenze zu ziehen . Wer die Politik und Kriegsführung Netanjahus kritisiert, möchte sich eben nicht unbedingt auf die Seite des palästinensischen Nationalismus schlagen.

    • @Schalamow:

      Die BDS-Bewegung stellt sich offiziell (mit einem eigenen Artikel auf ihrer Webseite) gegen Standing Together. Also gegen die Gruppe, die daran arbeitet, Hass auf beiden Seiten abzubauen.

      Das lässt sich einfach selbst nachprüfen. Und es sollte reichen, damit alle, die sich Frieden wünschen, sich gegen die BDS stellen.

  • "Im Wesentlichen halten nur noch CSU und AfD Netanjahu noch für einen Kämpfer gegen den Terror." Das ist eine pauschale Behauptung, aber, wenn überhaupt, nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Natürlich möchte der Autor auch die AfD hinter dem aktuell Bösesten vom Bösen versammeln,.



    Doch dazu hier zwei Links mit Recherchen aus unverdächtiger Ecke:



    www.belltower.news...lidaritaet-160547/



    cemas.io/blog/uebe...zionismus-der-afd/



    Wie in diesen Texten gezeigt wird, ist die proisraelische Haltung von Teilen der AfD nur instrumentell. Mittelfristig wird sich die rechtsextreme Partei naturgemäß nicht von ihren antisemitischen Wurzeln lösen können. Die derzeitige Stimmung in Bezug auf Israel bietet ja einen guten, weil begründbaren Anlass, jetzt "Gesicht zu zeigen".



    Das große Wählerklientel in den FNL speist seinen Antisemitismus noch aus anderen Quellen, nämlich dem speziellen, dort vom SED-Regime, auch offen in den Medien, zelebrierten Hasses auf Israel (Nichtanerkennung des Staates etc.), dem quasi als Staatsräson gepflegten Antizionismus sowie dem gespalteten Verhältnis zum Judentum allgemein.

  • Zur Orga der Demo heißt es im Tagesspiegel:



    .



    》Man bemühte sich zwar, keine Anhänger der Hamas einzuladen. Sympathisanten der Terrorgruppen Hisbollah oder PFLP wurden jedoch nicht ausgeschlossen.



    .



    [...] kein Zufall, dass ausgerechnet der Aktivist Ramsis Kilani prominent an der Spitze der Erstunterzeichner genannt wird. Also jener Kilani, der erst Ende vergangenen Jahres aus der Partei ausgeschlossen wurde. Kilani hatte den Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 glorifiziert und behauptet, die Hamas besitze „das Recht auf militante Selbstverteidigung mit allen Mitteln“《



    .



    Vor diesem Hintergrund wird 》Der Nahost-Diskurs öffnet sich《 zu einer linken Version von 'das wird man wohl noch sagen dürfen'.



    .



    Hinter der Hamas - die immer noch Geiseln in Gaza quält -, hinter 'Free Palestine!' steht ein islamischer Machtanspruch. Und wie vor hundert Jahren werden die Probleme der Gegenwart auf die Juden projiziert, ihr Staat als angebliche Ursache (Kolonialismus) identifiziert (bestes Beispiel: Greta und die Gaza-Flotille), Autoritarismus (Iran, Hamas) billigend in Kauf genommen.



    .



    Das hat mit "Diskurs" nichts zu tun, sondern da hat eine riesige Demonstration des Judenhasses stattgefunden.

  • "Diese Bewegung wird nur erfolgreich sein, wenn sie eine Verbindung zur Mitte herstellen kann – zu Kirchen, Gewerkschaften, Mitte-Parteien."

    Angesichts der Größe der Demo "All eyes on Gaza!" am Samstag in Berlin kann man getrost davon ausgehen, dass dort auch zahlreiche Menschen aus der "Mitte" vertreten waren und auch sonst wären die entsprechenden Umfragewerte gegen den Völkermord sonst nicht zu erklären.

    Ob man allerdings die Kirchen und die "Mitte-Parteien" mit ins Boot holen sollte, ist angesichts von deren Schweigen bis hin zur Unterstützung der "Staatsräson" höchst zweifelhaft.

    Außerdem kann es nicht nur darum gehen, sich über die zahlreichen Opfer in Gaza zu empören, sondern hier muss man auch die Täterseite in den Blick nehmen. Diese ist natürlich in erster Linie die fanatische Rechte in der Israelischen Regierung. Aber zu den Tätern gehören auch die Regierungen in den USA und in Deutschland und zwar in beiden Fällen sowohl die aktuelle als auch die voherige Regierung.

    Völkermorde haben nicht nur Opfer; sie haben immer auch Täter.

    • @Uns Uwe:

      Sie scheinen sich bei der politischen Zuordnung sehr sich zu sein. Warum eigentlich?

      Arabische Fahnenschwinger sind nach klassischen linken Verständnis weder links noch Mitte, sondern ganz normale (rechte) Nationalisten. Und die Hamas steht rechts der israelischen Regierung.

  • "AktivistInnen, die sich vor ein paar Monaten noch unter allgemeinem Nicken als Antisemiten verleumden lassen mussten". Dass sich das Standing dieser Leute geändert haben soll, halte ich für falsch. Die Verbreiterung der Basis der Proteste ist darauf zurückzuführen, dass immer mehr Normalbürger ohne antisemitische Anwandlungen zu der Einsicht kommen dass Israel die Grenzen des Akzeptablen weit überschritten hat. Das ist aber eine ganz andere Gruppe als die Aktivisten der ersten Stunde, bei denen ich damals wie heute ganz klare Merkmale von ungebremstem Antisemitismus sehe. Meine Meinung zu diesen Leuten hat sich nicht im Geringsten geändert.

  • Moin, danke für den Artikel. Irgendwo habe ich gelesen, dass in Berlin mehr als 50000 Menschen demonstriert haben. Kein riesiger Unterschied, aber vielleicht ein wichtiger. Was gerade in Italien abgeht, finde ich in den deutschen Mainstream Online Zeitungen überhaupt nicht, dabei wäre vielleicht auch das wichtig zu erwähnen, wo Spiegel und Co allen Anschein nach aufgehört haben, mit dem posten von "Live-Tickern" über Ukraine und anderen unsäglichen Situationen weltweit, um(?) nicht über die täglichen Massaker in Gaza stündlich berichten zu müssen, wie es einige internationale Medien tun (was erwähnenswert wäre?). Die deutsche Sonderhaltung in dieser Situation ist durchaus unreflektiert und geht, meiner Meinung nach, von dem Missverständnis aus, dass die Deutschen sich für irgendetwas entschuldigen könnten. Können wir aber nicht. Für Millionen von Ermordeten Menschen kann man sich nicht "entschuldigen". Man könnte daran arbeiten, sich als Volk, geformt aus Menschen, zu verzeihen. Das wäre vielleicht sinnvoll. In Italien wird gerade täglich demonstriert, gestern wurde der Genuer Hafen erneut blockiert von tausenden. Spontan. Vielleicht, um sich nicht erneut verzeihen zu wollen.

    • @Dietrich Görtz:

      Billiges Verzeihen. Fast niemand der jetzt Lebenden war in irgendeiner Form am Holocaust beteiligt. Da murmeln wir dann fünf Minuten mantramäßig: Wir verzeihen uns, wir verzeihen uns, wir verzeihen uns etc. Das klingt zu sehr nach Kirche und Politikern. Nein danke.

      Dafür dass das Land bzw. das Staatsgebilde Deutschland, in der Vergangenheit riesige Verbrechen begangen hat.

      Ein bisschen Fairness gebietet es, nachdem wir die Juden global "auslöschen" wollten, jetzt alle Unterstützung zu geben, die Israel grade braucht. Israel kämpft um sein Überleben.

      Hätten die USA Israel nicht nach dem 2. Weltkrieg massiv unterstützt, wäre Israel längst nicht mehr existent. Deutschlands Unterstützung ist, gemessen an seinen Verbrechen, Peanuts.

      Deutschlands Unterstützung an Israel seit 1960 liegt unterhalb dessen was die Ukraine allein an Waffen in einem Jahr, 2024, bekommen hat.

      In Deutschland werden Juden wieder massiv attackiert. Lassen wir alles zu.

      Shame!

      Nix mit Verzeihen! Dafür Juden kompromisslos schützen! Whatever it takes.

      • @shantivanille:

        Verzeihen ist etwas ziemlich persönliches, glaube ich. Man kann sich versuchen, selbst zu verzeihen, um neue Schritte zu unternehmen, die die Erinnerungen tragen, aus denen man lernen konnte. Ich verstehe glaube ich ihren Einwand, denke aber, dass die Situation in Gaza keine politische ist im Moment, sondern nach Menschlichkeit fragt. Wenn mein bester Freund durchtackert und blind vor Wut und dem, was er jahrelang gelernt hat gewalttätig wird, würde ich versuchen ihn von Taten abzuhalten, von denen ich aus eigener Erfahrung weiß, dass sie noch für lange Zeit negative Folgen bringen werden. Wie was wann wonach klingt, ist mir dabei ziemlich egal.

    • @Dietrich Görtz:

      Sie verkennen die Lage. Die Akteure in Italien sind ganz anders gelagert, als vielleicht Deutsche deren Vorfahren Juden ermordet haben die ein "Verzeihen" bei den Juden erbitten könnten.



      In Italien sind ganz andere Personen bei den Demos. Da unterstelle ich bei den "Demonstranten" wirklich eine ganze Portion Antisemitismus, der sich da spontan zusammenschließt.

      • @si tacuisses:

        Hmm, wie oben schon gesagt.. Es geht glaube ich eher darum daran zu arbeiten, sich selbst zu verzeihen, was sicherlich nicht einfach ist, aber notwendig, um sich von der Geschichte zu befreien und aus ihr lernen zu können. Die Italiener (in meiner Wahlheimat), die gerade täglich demonstrieren gehen, können sein wie sie wollen, der Bewegung Antisemitismus zu unterstellen ist nicht nur unfair, sondern auch falsch. Dass es an den Grenzen großer Bewegungen auch Extreme gibt, ist unvermeidbar.



        Mir geht es aber darum, dass in der italienischen Presse die Causa deutlich präsenter ist und dass das dazu geführt hat, dass in Italien eine große Protestwelle aufgekommen ist. Einfach aus dem sehr simplen Glauben heraus, dass Gewalt schlecht ist, Aushungern schlecht ist, dass Menschen egal welcher Couleur ein Recht auf Leben haben. Das die deutsche Presse sehr zurückhaltend dokumentiert und berichtet, wird selbst von großen internationalen Journalistenverbänden kommuniziert. Mein Anliegen ist nur zu sagen, dass das für einen im Ausland lebenden Deutschen offensichtlich und auch traurig ist und diese Tatsache meiner Meinung nach eine Scheindebatte erlaubt, die Niemandem wirklich hilft.

  • Findet es niemand merkwürdig, dass allenthalben „Israelkritik“ gefeiert wird, aber keiner dieser Apologeten „Islamisten-Kritik“ oder „Palästinenser-Kritik“ auch nur ansatzweise führen möchte, schon gar nicht auf einer Demo? Die Palästinenserentscheidung, nicht zu kapitulieren, sondern lieber den Krieg fortzusetzen - nicht kritikwürdig, kein Demo-Anlass. Die Palästinenserentscheidung, in zivilen Häusern in Gaza Tausende Sprengfallen, Hinterhalte, Feuerstellungen einzurichten (und sich dafür in den Medien zu berühmen) und die Bewohner zu „Märtyrern“ zu verurteilen - nicht kritikwürdig, nix für deutsche Demo. Die Palästinenserentscheidung, u.a. die Deutschen Tamir Nimrodi, Ziv Berman, Alon Ohel, Rom Braslavski, Itay Chen, Tamir Adar, Gali Berman nicht endlich frei zu lassen, sondern weiter als Geiseln zu halten und zu quälen - nicht Demo- oder kritikwürdig. Merke: Den Propalästinensern sind inzwischen alle moralischen Maßstäbe verrutscht, sie sind nur noch prohamastisch.

    • @Steve Kadisha:

      Genau das, ja.

      Und in Youtube-Kommentaren sagen Hamas-Unterstützer, dass die Kämpfer stark sein müssten, deswegen sei es richtig, dass die Hamas die Hilfslieferungen plündert.

    • @Steve Kadisha:

      Die Hamas wird von D nicht unterstützt. Die israelische Regierung schon.

      Beiden sind Demos in D völlig schnuppe. Unser Regierung vielleicht nicht.

      Also ist es sinnvoll, für Dinge zu demonstrieren, die unsere Regierung ändern könnte.

    • @Steve Kadisha:

      Leider muss ich Ihnen beipflichten. Allerdings finde ich es nicht merkwürdig sondern sehr erhellend, dass wie von Ihnen ganz richtig bemerkt, die genozidalen Missetaten von Islamisten und anderen arabischen Extremisten von den genannten Apologeten geflissentlich ignoriert werden.



      Geiseln freilassen! Netanjahu endlich vor das israelische Gericht stellen! Hamas zerschlagen!

      • @Egil:

        Geiseln freilassen,, Netanjahu vor Gericht, Hamas zerschlagen.



        Dann bitte noch die Siedler im Westjordanland zur Mäßigung zwingen, die Hintermänner der Hamas vor Gericht, massive Aufbauhilfe für den Gazastreifen, Zweistaatenlösung und viel Raum, um die geschlagenen Wunden beider Seiten zumindest zur Ruhe kommen zu lassen.

    • @Steve Kadisha:

      Doch sehr, die besagte Demo hat auch ostentativ alles ausgelassen, was den Zusammenhang zwischen islamistischem Nationalismus und dem Krieg in Gaza hergestellt hätte. Oder um einen der Redner zu zitieren: "Herr Merz sagt, die Palästinenser haben eine Mitschuld...Nein, wieso Herr Merz? Die Palästinenser haben keine Mitschuld!"



      War für mich dann der Grund zum gehen. Für die war ja wirklich jeder ein Kriegsverbrecher: Israel sowieso, die Bundesregierung, die deutsche "Mehrheitsgesellschaft" und die Nato (wahrscheinlich eher zum abrunden als thematisch). Nur die Hamas wurde mit keinem Wort erwähnt. Die Geiseln wurden mit keinem Wort erwähnt, die Vergewaltigungen und Morde am 7.10 auch nicht. Mehr noch als Redebeiträge gab es auf dieser Demo beredetes Schweigen.

    • @Steve Kadisha:

      Unterschrift von mir!

    • @Steve Kadisha:

      Auf diesen Demos ist keine dieser Forderungen zu sehen. Geiseln?



      Ist wohl egal.



      Das der Krieg, trotz der eigentlichen Niederlage weitergeführt wird?



      Ist wohl egal.



      Das die Hamas sofort so weitermachen würde wenn sie sich wieder erholt hat?



      Ist wohl egal.



      Diese Demos sind keine "Israel-Kritik", es werden dort die Gräueltaten der Hamas und die Bereitschaft alle Einwohner dort zu opfern einfach ausgeblendet. Wobei ich hier sogar von absichtlichem Ausblenden rede.



      "Den Propalästinensern sind inzwischen alle moralischen Maßstäbe verrutscht, sie sind nur noch prohamastisch."



      Dem kann man nur vollumfänglich zustimmen.

  • Die Diskussion im Nahost-Konflikt ist arg polarisiert. Ich versuche, weder die Sicht der einen noch die der anderen Seite zu reproduzieren, sondern aus menschenrechtlicher Sicht beides zu sehen. Da gehört auch die Gefahr durch die Hamas dazu und das Sicherheitsbedürfnis Israels.

    Die Erleichterung des Autors, dass nun Kritik besser sagbar ist ohne gleich als antisemitisch zu gelten, teile ich.

  • Deutschland hat sechs Millionen Juden umgebracht, davon eineinhalb Millionen Kinder. Geplant war die Ermordung weiterer sieben Millionen Juden. Aller Juden weltweit. Die "Endlösung der Judenfrage".

    Karmisch genug für ein paar hundert Jahre. Ob jetzt ein paar Leute, links oder rechts denken, die Zeit sei reif mal wieder etwas gegen Juden zu unternehmen, ist piepegal. NPD und RAF konnten es ja schon vor 50 Jahren nicht abwarten.

    Die Hamas, ein Ableger der von den Nazis ideologisch, finanziell und mit Waffen gepäppelten Muslimbrüder, hat am 07.10.2023 ein beispiellos grausames Massaker an Israelis veranstaltet. Insbesondere waren Frauen das Ziel. So Kinder.

    Die 1988er Charta der Hamas beschreibt in mehreren Artikeln nicht nur die Auslöschung der gesamten Juden in Israel. Sondern weltweit. Die Fortsetzung der "Endlösung der Judenfrage". Mit Unterstützung aus Teheran, die ähnliches vorsieht und dafür unbedingt ihre Atombombe haben will.

    Israel kämpft um sein Überleben. Selbstverständlich ist es nur fair wenn Deutschland Israel massiv unterstützt.

    Alles andere bekommt den dicken roten Amtsstempel: ANTISEMITISMUS.

    • @shantivanille:

      Sie verwechseln Jüd*innen und Israel, sowie Israel-Kritik und Antisemitismus. Diese Verwechselung ist, mild ausgedrückt, problematisch.

  • ".....steht, wer mit Palästina sympathisiert, in Deutschland unter Verdacht..........diskursiven Schlacht heißt Antisemitismus."



    Nein, die selbstgewählte Waffe der Diskursivität heißt Unausgewogenheit.



    Im gleichen Maße wie Israel argumentativ angegriffen wird, wird die Hamas eben nicht als Problem auf den Demos plakatiert. Weder heute noch vor Monaten noch direkt nach dem Überfall der Hamas. Keine Demo, weder von Palästinensern in Berlin, noch denjenigen die da mitmarschiert sind.



    Übrigens: In Gaza selbst gab's schon Demos gegen die Gewaltherrschaft der Hamas. In Berlin nicht. Peinlich!

    • @Tom Farmer:

      Mit welchem Motiv sollte man in Berlin gegen die Hamas demonstrieren? Wen wollte man damit erreichen?

      • @Moby Dick:

        Mit dem Motiv (glaubwürdig) gegen Krieg und Faschismus zu sein.

      • @Moby Dick:

        Mit den gleichen Motiven wie bei anderen Demos und mit ein paar spezifischen:



        Die Öffentlichkeit aufmerksam machen, vielleicht ein Medienecho erreichen, palästinensiche Regimegegnern im Exil moralisch unterstützen, ein Zeichen setzen gegen Terror, ein Signal gegen Islamismus ... die Liste lässt sich sicher fortsetzen.

      • @Moby Dick:

        Moralisch: Israel jnd alle deutschen Juden die sich von der Hamas und Sympathisanten zunehmend bedroht fühlen.



        Politisch: Die eigene Regierung und jahrelanges unreflektiertes Unterstützen der "Regierung" in Gaza. Signal an die hier lebenden Palästinenser: Bremst euch mal ein mit eurem weit verbreiteten Judenhass sonst werden wir euch zukünfig nicht mehr unterstützen. Und unterstützt die Bestrebung, dass die Hamas keine Zukunft hat.

    • @Tom Farmer:

      Das wir in Deutschland Kritik hauptsächlich an die deutsche Regierung und dessen Verbundenten anrichten ist doch logisch.

      • @Gili:

        "Hauptsächlich" gerne, unilateral und unreflektiert aber nicht.

  • Die deutsche Geschichte wurde mit dem Vertrag zwischen David Ben-Gurion und Adenauer ad acta gelegt worden. David Ben-Gurion hat diesen Vertag geschlossen, wohl wissend daß in der damaligen BRD die alten Nazi-Bonzen, -Mörder und -Verbrecher an den Gerichten, in den Staatsanwaltschaften, in der Polizei und den Geheimdiensten, in der öffentlichen Verwaltung und in der Politik und Industrie weiter tätig waren.

    • @Alberta Cuon:

      Und was soll uns das im Zusammenhang mit dem Artikel sagen?

  • "Diese Bewegung wird nur erfolgreich sein, wenn sie eine Verbindung zur Mitte herstellen kann" (gemeint ist die Pro-Palästina-Bewegung).



    Die Verbindung zur Mitte wird nicht nur aus taktischen Erwägungen entstehen können. Sie kann nur entstehen, wenn die Ziele der Bewegung breite Anerkennung finden.

    Bekannt sind aber bisher nur die auf Israels Handeln gerichteten Ziele, also Stopp der Waffengewalt in Gazah und des Siedlungsbaus, der Schikanen und der zahlreichen Inhaftierungen.



    Alles absolut berechtigt.

    Hat "die Bewegung" auch zustimmungsfähige Ziele für die Zukunft der Palästinenser und Israelis?



    Gibt es Einigkeit über eine Zwei-Staaten-Lösung oder streben manche eigentlich nach einem rein palästinensichen Staat, vom Fluss bis zum Meer?



    Und falls die Existenz Israels akzeptiert wird - wie kann ausgeschlossen werden, dass Gruppen wie die Hamas jemals wieder die Macht übernehmen, wie kann ein weiterer 07. Oktober ausgeschlossen werden?

    Um wirklich eine Bewegung zu sein und eine Verbindung zur gesellschaftlichen Mitte herzustellen, braucht es hierzu glaubwürdige Antworten.

    • @C. Avestruz:

      "Und falls die Existenz Israels akzeptiert wird - wie kann ausgeschlossen werden, dass Gruppen wie die Hamas jemals wieder die Macht übernehmen, wie kann ein weiterer 07. Oktober ausgeschlossen werden?" - In den Oslo-Verhandlungen wurde das Existenzrecht Israels akzeptiert. Der Rest: gute Fragen, deren Beantwortung anstrengende politische Arbeit und - darauffolgend - eine noch anstrengendere praktische Durchsetzung erfordert. Ich bin mir nicht sicher, ob die Konfliktparteien dazu fähig sind. Aber falls doch, würde wohl die Einrichtung eines "roten Telefons" dazugehören; dazu eine Sicherheitskooperation wie es sie zwischen Shin Beth und PA bereits gab; ein Rüstungskontrollregime; eine Gesetzgebung, die es erlaubt, Parteien zu verbieten und von Wahlen auszuschließen, die die Zweistaatenlösung ablehnen; eine regionale Sicherheits- und Entwicklungsarchitektur; Aufarbeitung (eine Wahrheitskommission?); Austauschprogramme und vertrauensbildende Maßnahmen.



      Schade übrigens, dass Ihr Fragenkatalog nicht enthält, wie Administrativhaft, Landraub, "physischer Druck" bei Verhören, extralegale Tötungen usw. verhindert werden können.

      • @My Sharona:

        Besonders die Aufarbeitung, Aufklärung, das gegenseitige Erzählen der eigenen "Geschichte" halte ich für sehr wichtig, damit die Sicht und Not und Bedürfnisse der anderen Seite sichtbar und erlebbar werden. Sehr wertvoll finde ich (hat die taz auch schon drüber berichtet) gemischte Teams, die von beiden Seiten her, z. B. in Schulen, aufklären und Diskussion und Verstehen anregen.

    • @C. Avestruz:

      Wie sollen die Aktivisten denn das machen?

      Ich kenne niemanden, der je eine Lösung wüsste, die nicht zuerst auf beiden Seiten den Austausch der regierenden Eliten erfordern würde.

      Ist das für eine Demo in Deutschland nicht zu viel verlangt?



      Das ist auch keine realistische Aufgabe für eine deutsche Regierung.

  • "Es ist eine Frage politischer Klugheit, ob die Akteure der Bewegung verstehen, dass ihr Adressat die noch immer zögerliche, ängstliche Mitte sein sollte."



    Genauso ist das. Die Demo hat gezeigt, das eine Wende in der Denke möglich ist.