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Linken-Bashing in der „Zeit“Vom bürgerlichen Drang, über Mitte und Norm zu herrschen

Erstaunlich, dass der Grandseigneur des Zeit-Feuilletons zur Beschreibung der Lage bloß Klischees zusammenfegt und meint, der Sache sei Genüge getan.

Beliebtes Feindbild: Lastenfahrradfahrerin, die sich und ihre Familie sicher auch noch vegan ernährt und nichts aus Leder trägt Foto: /SvenSimon/imagoFrank Hoermann

O b die Linken „selber schuld“ seien, fragte die Zeit auf ihrem Titel Ende August, und der Haupt-Essay im Blatt antwortete mit Ja. Interessant war aber weniger, dass hier ein früherer Feuilleton-Chef aufschrieb, dass die Linken den Aufstieg der Autoritär-Nationalen und Rechts­radikalen erst verursacht hätten – sondern vor allem, wie er das tat.

Die These, durch ihre Konzentration auf Emanzipation ( „Identitätspolitik“, „Wokismus“) statt Umverteilung hätten die US-amerikanischen Demokraten Donald Trump die WählerInnen in die Arme getrieben, steht seit der 2016er Trump-Wahl im Raum. Die Diskussion hat in bald neun Jahren schon viele Umdrehungen erlebt. Unter anderem ist eine komplette rechtspopulistische bis rechtsextreme Medien- und Politikindustrie daraus entstanden, antilinke und antiökologische Ressentiments zu kapitalisieren. Die Grünen gehen allem, was nach Kulturkampf riecht, geradezu zwanghaft aus dem Weg, nichts Privates ist hier noch politisch. Gegendert wird ganz allgemein nur noch hauchzart und hyperelegant.

Drüben hat man halt keinen Bock auf Planetenrettung

Darum ist es umso erstaunlicher, dass der Grandseigneur des Zeit-Feuilletons Jens Jessen zur Beschreibung der Lage bloß alle herumliegenden Klischees zusammenfegt und meint, hiermit sei der Sache Genüge getan. Und die Sache lautet: zu definieren, wo Mitte und Norm sind (beim Autor, klar) und wo die Ränder.

Jessen zufolge erklären die Grün-Gesamtlinken im „Bewusstsein ihrer moralischen Überlegenheit“ alle zu Klimasündern, die sich nicht vegan ernähren und kein Lastenfahrrad fahren. Und dann: „Nicht grillen! Nichts aus Leder tragen, keinen ‚überzüchteten‘ Rassehund, sondern einen Mischling halten, muslimischen Familiensitten keine Frauenverachtung vorwerfen, sondern nur dem ‚weißen‘ Mann. Kinder sollten im Wickeltuch am Leib getragen werden, vorzugsweise vom Vater. Ein Waldorfkindergarten wird empfohlen.“

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Bestätigung des eigenen Schablonensystems

Das geht lange so weiter, und ich muss es so ausführlich zitieren, damit deutlich wird, dass hier einer so schreibt, als hätte er noch nie jemand Ökologisch-Linkes getroffen. Oder aber in der Zeit laufen nur sehr spezielle VertreterInnen des gemeinten Spektrums davon herum (es wirkte bislang nicht so, und es hat in der Zeit ja auch schon jemand geantwortet).

Vielleicht sollte man den Text deshalb nicht so ernst nehmen. Auch in der taz haben wir ihn ja schon kommentiert (Tenor: Dieses Bürgertum wird den Kampf gegen die AfD nicht führen). Doch beweist der Essay Wort für borniertes Wort, wie wenig Mühe es auch in den intellektuellen Zentralen der Bourgeoisie kostet, die Versuche eines umweltverträglicheren, solidarischeren, insgesamt nachhaltigeren Lebens zu diskreditieren. „Lastenrad“ steht dann für Umerziehungslager, „vegan“ für Bekehrungswut, und so weiter. Das bloße Aufzählen der Begriffe reicht schon, um weiterzuzüchten, was wir inzwischen „Reaktanz“ zu nennen gelernt haben: die trotzige Abwehr der Idee, dass Klimaschutz, Tierschutz, Menschenschutz möglich seien.

Auf diese Weise dreht sich die Debatte, wie viel Klimaschutz, wie viel Gleichstellung, wie viel Fortschritt also (ich bestehe einfach auf diesem Wort) gewünscht und durchsetzbar sind, lediglich in Abwertungs- und Abgrenzungsspiralen weiter. Die Stellungnahmen bleiben dann rein strategisch, Zugeständnisse werden nicht gemacht. Öffentliche Orte, um sich zwischendurch darüber auszutauschen, was denn vielleicht wirklich einmal ein Exzess des guten Willens auf linker Seite gewesen sein könnte, bleiben rar gesät.

Denn drüben, wo man halt keinen Bock auf Veränderung oder Planetenrettung und dergleichen hat und nur auf Bestätigung des eigenen Schablonensystems wartet, tropft immer schon der Geifer.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
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53 Kommentare

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  • Auch mir ist dieser spezielle dem rechten Zeitgeist entsprechende "tropfende Geifer" in "Die Zeit" vor Auge gekommen, und hat bleibenden Eindruck hinterlassen, da ich dies als ein Zeichen des medialen Umfallens & der Kehrtwende hin zum rechtspopulistischen "Zeit"-Geist (hier auch im doppelten Sinne) sehe👎



    (insofern bei diesem Blatt von Wende da überhaupt zutreffend zu reden wäre)

    Was aus meiner Sicht anzumerken wäre:



    .



    Ähnliches las ich unlängst hier, was ich auch mit einigen Kommentaren versucht hatte zu kritisieren (s.m. Orab Seite,➡️23.8.25)



    .



    Der hier als Gegen-Standpunkt von "Die Zeit" verlinkte Artikel war mW nicht in der Printausgabe, sondern ist nur unter Zeit+ lesbar



    D.h. das gedruckte Meinungsbild war dort SEHR SEHR Eindeutig❗



    .



    Auch wurde hier in der TAZ nicht genannt, dass dazu auch, zu diesem "Zeit" Schwerpunkt "gegen Links", in der gedruckten Ausgabe, auch andere Stellungnahmen gleicher Tendenz, ua des Herausgebers der FAZ, mit ebensolchen klischeehaften Inhalt, also kurz, am Rechtspopulismus ist Links-Grün Schuld (wohl auch an jedem Übel überhaupt), zu lesen war❗



    .



    Ein histor. Dokument der Kapitulation, politisch, intellektuell,..der Weg ist bereitet, zum Untergang

  • Ich empfinde das überhaupt nicht als Linken-Bashing, sondern als dringend nötige ( Selbst)Reflexion, bevor es zu spät ist.

    Es ist auch nicht nur schwarz/weiß bzw ein entweder/oder....

    • @R. Mc'Novgorod:

      Ich empfinde es auch nicht als Linken-Bashing, da die hier angesprochene Gruppe nix mit "Linken" zu tun hat. Es ist eine fiktive Gruppierung von "grünen Besserwissern, welche allen ihr eigenes Weltbild aufdrücken wollen." Ich denke Sie werden Schwierigkeiten haben solche Menschen in der freien Wildbahn zu finden. Daher ist das ein klassischer Fall von Strohmann. Man baut ein fiktives Feindbild oder Ziel auf und drescht dann im nächsten Schritt darauf ein.

  • P.S. - Verantwortlich für den Aufstieg des Faschismus und Rechtsextremismus sind Faschisten und Rechtsextremisten und eine Medien-Landschaft (Leitmedien und ÖRR), die diese Strömung normalisiert haben und keine JournalistInnen von Format auf diesen gesellschaftlichen Bodensatz ansetzen. Gestellt und 'entzaubert' hat die bisher noch kaum einer.



    Neoliberalismus als marktradikale Ausprägung sorgte für eine starke gesellschaftliche Ent-Solidarisierung, in der es gesellschaftskonform wurde Armutsverachtung in jedes Mikrofon zu krakeelen. Die immer weiter werdende Schere zwischen Ober-, Mittel- und Unterschicht haben wir als Gesellschaft überwiegend der Union und der SPD insbesondere, und den Grünen in Teilen, zu verdanken. Die 'Unter'm Strich zähl' ich" - Politik der letzten 30 - 40 Jahre ist dafür verantwortlich. Probleme, wie Wohnungsnot, Bildungsnotstand und Verkehrskollaps wurden von keiner Partei der sog. Bürgerlichen Mitte gelöst. Also bitte mal in den Spiegel schauen, liebe Konservative.

    • @Hatespeech_is_not_an_opinion:

      Im Wesentlichen👍👍👍



      .



      (Den Rest spare ich mir dazu, auch auf die anderen - sehr aufschlussreichen - Artikel dazu in der "Die Zeit" Druckausgabe einzugehen (habe die hier vorliegen) - denn dafür ist mir hier MEINE Zeit zu Schade❗)

  • Langsam reicht es. Der Patient 'Progressive Politik' in D ist anscheinend fast tot. Dieses ecklige Nachtreten ist nur noch widerlich. Offensichtlich sind die alten weißen 50+ Männer in ihrem Selbstverständnis so angekratzt, dass sie jetzt freidrehen.



    Junge Frauen, wie Caroline Wahl sollen sich gefälligst bürgerlich-angepasst kleinlaut und bescheiden geben und niemals erfolgreich viel Geld verdienen, während ein Porsche-Fahrer mit 'Shitbürgertum', einem unterirdischen Buch, sich dumm und dämlich verdient. Jette Nietzard von der Grünen Jugend soll gefälligst die Schnauze halten, während ein Wurst verzehrender Politiker die ekligen Ess-Bilder/Videos postet und dafür tatsächlich Platz in "Qualitäts-Medien" beansprucht, als ob das Land keine anderen Probleme hätte.



    Das Bundesinnenministerium will #Palantir auf die Gesellschaft loslassen (ein perfektes Überwachungsinstrument), welches dann angeblich subversive Bürger aus dem Social Media-Mahlstrom extrahieren und an den Pranger stellen kann.



    Noch nie wurden wir so unfähig regiert, aber man ist stolz, die Ampel kaputt geschrieben zu haben. Ich cancel DIE ZEIT bewusst. Einen intellektfernen Schwachsinn muss man sich nicht antun.

  • Jens Jessens Artikel ist zwar lesenswert und in einigen Passagen auch erhellend, krankt jedoch an der Kernaussage. Denn die Schwächung der Linken hat den Aufstieg der Rechten begünstigt. Wenn Jens Jessen in seinem Artikel jedoch Wokness und Cancel Culture als Gründe ins Feld führt, bedient er damit lediglich ein Narrativ aus dem rechten Lager und konstruiert gleichzeitig eine Linke als einheitliches Gebilde, die in der Form gar nicht existiert.

    Insofern trifft die Kritik von Ulrike Winkelmann, wie auch die Bezeichnung "Linken bashing" den Kern des Zeit Artikels sehr gut. Ich denke aber auch, das es die Intention von Jens Jessen war mit diesem Artikel die linken Leser aufzuschrecken. Die bewusst gesetzten, provokativen Punkte sind jedenfalls nur schwer zu übersehen.

    • @Sam Spade:

      "Wenn Jens Jessen in seinem Artikel jedoch Wokness und Cancel Culture als Gründe ins Feld führt, bedient er damit lediglich ein Narrativ aus dem rechten Lager .."

      Könnten Sie das bitte genauer erklären, was Sie damit meinen? Gibt es keine Cancel Culture? Sind die bekannten Beispiele dazu Erfindungen der Rechten? Oder darf man darüber nicht reden (lol), weil Rechte darüber reden? Oder ist bei Ihnen mit Cancel Culture vielleicht etwas positives mit gemeint und ihnen gefallen nur nicht die negativen Bewertungen von Cancel Culture?

      • @Rudolf Fissner:

        Suchen Sie mal nach "SLAPP-Klage". Das meiste Geschrei von wegen "Cancel-Culture" kommt von Leuten, die keine Konsequenzen für ihr Verhalten spüren wollen.

      • @Rudolf Fissner:

        ,,Sind die bekannten Beispiele dazu Erfindungen?‘

        Welches sind denn die aus Ihrer Sicht .bekannten Beispiele‘?

      • @Rudolf Fissner:

        Das was Sie beschreiben gibt es schon seit Jahrhunderten und nennt sich allgemein Rufmord. Es ist ganz sicher keine Erfindung von "Linken." Der Begriff "Cancel Culture" wurde durch rechtsextreme und faschistische Gruppierungen in den sozialen Medien geprägt als eine der reaktionären Gegenreaktionen auf eine zunehmende Emanzipation und freiere Meinungsäußerung von marginalisierten Gruppen, welche sich gegen gesellschaftlich akzeptierte Diskrimination und Benachteiligung im gesellschaftlichen Zusammenleben wandten, wie z.B. nicht-binäre Menschen oder Frauen. Mit der Liberalisierung der westlichen Gesellschaften, setzten sich diese Gruppen vermehrt online zur Wehr und prangerten Menschen, welche bewusst gegen sie hetzten, öffentlich an. Das kann man natürlich als Rufmord bezeichnen, wenn man will, und einige der Anprangerungen schossen auch sicherlich über das Ziel hinaus oder waren schlichtweg ungerechtfertigt, aber zum Tango gehören immer zwei. So zu tun als ob eine öffentliche Empörung durchwegs immer ohne Grund generiert werden kann, klingt etwas unterkomplex.

      • @Rudolf Fissner:

        Cancel Culture im Sinne der damnatio memoriae ist seit der Antike eine bewährte Methode der intentionalen Umgestaltung von historischer Erinnerung. Es geht darum negative Erinnerungsmerkmale bewußt zu überschreiben und ihnen ein neu zu bestimmendes Narrativ einzuschreiben.

        Die Neuauflage in der Postmoderne unter dem Begriff Cancel Culture knüpft daran an, wenn sie z.B. rassistische Begriffe aus dem Sprachgebrauch tilgt oder überschreibt oder historischen Ereignissen neue Sichtweisen hinzufügt oder sie gar umdeutet.

        Das Problem an der Cancel Culture ist, dass sie bei vielen falsche Assoziationen erweckt und dieses ist wiederum den rechten Narrativen geschuldet im Sinne von z. B. Ausgrenzung in Kombination mit elitären Verhalten.

  • Als Zeit-Leser kann ich jede Zeile von Frau Winkelmann unterschreiben.



    Die "Die Linke-sind-Schuld-Theorie (Seßlen)" von Jessen ist allerdings nicht nur peinlich sondern auch gefährlich, wie auch die Aussage von t-Online-Chef Harms, der behauptete Parlamentarier würden aufgrund ihres hohen Einkommens wie die Maden im Speck leben.



    Ähnliches hörte ich voller Erstaunen und Ekel von meinem Steuerberater, der sich aufgrund seiner Tiraden über Grüne und Sozialschmarotzer als astreiner AFD-Wähler zu erkennen gab.

    Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, NRW, die AFD ist auf dem Vormarsch und wurde trotzdem (oder genau deshalb!) von der ARD bei einem wichtigen ökonomischen Thema als einzige Stimme der Opposition befragt. Kein Aufschrei in der Redaktion oder Zuschauern.



    Es scheint, als ergeben sich immer mehr einer Verharmlosung der AFD, auch weil die CDU-CSU (Herbst der Reformen!) diese befeuert, vor allem aber weil Ressentiments in der viel beschworenen bürgerlichen Mitte zünden, ein Feuer entfachen.



    Dabei war es genau diese Gesellschaftsschicht, die unter den Nazis der Verfolgung der Juden nichts entgegen setzte, sondern half, diese bis aufs letzte Hemd auszurauben.

    • @Lindenberg:

      Eigentlich ist es keine Verharmlosung, sondern eine Normalisierung, die man im bürgerlichen Spektrum inklusive ihrer Medien und politischen Vertreter der AfD angedeihen lässt. Dies geschieht auch über die Polemik gegen (tatsächliche und vermeintliche) linke Wokeness … ich behaupte nicht, dass es einige dieser seltsamen Blüten, die von rechter Seite begierig aufgespießt und überproportional skandalisiert werden, nicht auch tatsächlich gibt.



      Und die Strategie geht auf. Leider auch, indem einige Grün-Linke auf die Provokation extrem unsouverän reagieren und so der Gegenseite das Futter liefern, zu unterstellen, dass es hier beispielsweise um irgendwelche Sprach- und Denkverbote einer linken Nomenklatur gehe.



      Tatsächlich geht es hier aber nicht um Sprache oder Fragen des Lebensstils, wo man als neutraler Betrachter noch amüsiert ob des aufgeregten Kulturkampf-Getöses von der Seitenlinie kommentieren könnte. Es geht um wesentliche Weichenstellungen für die kommenden Jahrzehnte, um Deutungshoheit und Umsetzung in konkrete Politik.



      Angesichts des miserablen Zustandes unseres Globus haben Linke einfach nicht mehr die Jahrzehnte Zeit, um die rechte Hegemonie ins Leere laufen zu lassen.

  • Ojeh, das ist aber eine unsachliche Retourkutsche, hätte ich von Ulrike Winkelmann nicht erwartet. Jessens Artikel ist vielleicht provokanter Diskussionsbetrag, aber es ist sicher kein "Linken-Bashing«! Eher ein Weckruf, den Kampf gegen Rechts neu zu denken. Es lohnte sich wirklich, den Artikel zu lesen und gern differenziert zu kritisieren. Hier ein kleiner Auszug:



    »Diese rechten Parteien sind selbst Protestparteien – das macht sie in gewisser Hinsicht immun gegen Proteste. Sie hetzen gegen das bestehende "System" und die "Eliten", wie einst die Linke des vorigen Jahrhunderts, aber mit dem entscheidenden Unterschied: Die Eliten werden jetzt ihrerseits als links angesehen und das Bestehende als ein System linker Bevormundung und Denkverbote. An nichts berauscht sich die Wut der Neuen Rechten von der Lausitz bis Texas so sehr wie an Wokeness, Diversity, Gendergerechtigkeit, feministischen oder antirassistischen Sprachregelungen. Man könnte geradezu sagen: Wokeness und die damit verknüpften Beschränkungen der öffentlichen Rede sind das größte Geschenk, das die Linke der Rechten machen konnte.«



    www.zeit.de/2025/3...-linke-afd-protest

    • @jan ü.:

      Ich hab einfach keinen Bock mehr dass man irgendwelche von Social Media Bubbles aufgekreischte Teenager als "links" bezeichnet.

      Wem gehören eigentlich diese Plattformen, wessen Algorithmen haben "woke" (erwacht? Da ist doch Sektensprache!) in den Mainstream des Diskurses gepusht?

      Ich hab mich immer für "aufgeklärt" gehalten, aber in der Englischsprachigen Welt hat es NIE eine Aufklärung gegeben, sondern nur die "Erleuchtung" (schon wieder Sektensprache), weshalb sich auch jeglich absurde Idee in die Köpfe dieser Menschen pflanzen lässt.

    • @jan ü.:

      Dieses Zitat verstehen sie als Reverenz?

      Es besagt nichts anderes, als das ein Fortschrittsgedanke der sich zuweit von Positionen der Mitte wegbewegt besser erst gar nicht in ein Konzept gegossen wird, weil er von rechtskonservativen instrumentalisiert und gegen einen verwendet werden kann.

      Mit dieser Einstellung wäre § 175 StGB bis heute noch in Kraft. Von Diversity wäre keine Rede und etliche Straßenzüge in Deutschland wären noch mit rassistischen Bezeichnungen versehen.

      Progressivität bedeutet auch neue Wege einzuschlagen und ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit für Veränderungen zu schaffen und zwar auch dann wenn die Ansätze noch Mängel aufweisen, wie beim Gendern. Das Thema ist aber ersteinmal in der Welt und dann gilt es sich damit konstruktiv auseinanderzusetzen.

      So wurden Themen auch in der Vergangenheit gesetzt oder glauben sie etwa das konservative Lager war von Anfang an bereit sich für ein Frauenwahlrecht einzusetzen? Darüber wurde seinerzeit kontrovers diskutiert, bis dessen Notwendigkeit anerkannt wurde.

      • @Sam Spade:

        Das Zitat besagt, dass man ein bisschen mehr über Ursache und Wirkung nachdenken sollte; Und vielleicht auch ein wenig darüber –, ob woke wirklich progressiv ist?

    • @jan ü.:

      Danke für dieses Zitat. Das benennt genau die Kritikpunkte der "konservativen" Mitte.



      Es geht dabei nicht darum, den Klimaschutz oder die Verteilungsgerechtigkeit zu diskreditieren. Das sind nämlich im Kern auch konservative Themen. Ich sage mal als Stichworte "Bewahrung der Schöpfung" (für kommende Generationen) oder "Christliche Soziallehre".

      • @Vigoleis:

        Mit Ihren Stichworten „Bewahrung der Schöpfung“ und „christliche/katholische Soziallehre“ haben Sie natürlich einen Punkt … ursprünglich alles konservative Werte.



        Was heutzutage alles als konservativ auftritt, hat sich allerdings inzwischen komplett dem neoliberalen Zeitgeist verschrieben. Und der hat - neben einer konsequent marktradikalen Wirtschaftsordnung - ideologisch auch noch Nihilismus und Sozialdarwinismus mit im Gepäck. Und das bereitet zwangsläufig dem Faschismus das Terrain, ob nun gewollt oder nicht.



        „Radikalisierung der Mitte“ oder „rohe Bürgerlichkeit“ sind weitere Stichworte, um diese Tendenz zu beschreiben.



        Jedenfalls kann man den Typus des wertkonservativen Christen, der für die Bewahrung der Schöpfung eintritt oder dem der Begriff Soziale Marktwirtschaft noch etwas sagt, inzwischen selbst in der CDU mit der Lupe suchen.

        • @Abdurchdiemitte:

          Da mit der Lupe ist glaub ich ein Blasenproblem.



          Die Außenwelt wirkt dann verzerrt und verschoben, auf den Kopf gestellt. Alles draußen wirkt, als ob es in einer kleinen, gebogenen Welt steckt.

  • Ich glaube, dass einfach immer mehr Menschen das von vielen Linken vertretene betreute Denken und Handeln leid sind. Druck erzeugt eben Gegendruck, aber das begreifen Missionare nicht.

    • @Hans Hermann Kindervater:

      Ach was, Rechtsextreme und ihre Wähler lehnen also "betreutes Denken" ab, laufen aber, weil unfähig selbständig zu denken,,"starken Führern" hinterher, die Ihnen die Arbeit des Denkens abnehmen und versprechen, dass man so weiter machen kann (auf andere treten, kiloweise Fleisch fressen, kein Klimawandel, usw.). Verstehe ich Sie richtig, @ Hans Hermann Kindervater?

    • @Hans Hermann Kindervater:

      Von welchen Linken ist hier eigentlich immer die Rede?



      Was gilt den alles schon als Links?

    • @Hans Hermann Kindervater:

      Welche Linken denn???



      Wer denn bitte???



      Die Linke ist seit ihrer Gründung auf Verteilungsfragen fokussiert.



      Die Grünen sind keine Linke Partei, sondern die konservative Partei des Liberalismus und der bürgerlichen Gesellschaft.

      • @Schatten:

        Natürlich sind die Grünen Linke. Aber bei den Zeitartikel wohl eher nicht gemeint. Denen sind die Wähler nicht zur AfD über gelaufen.

    • @Hans Hermann Kindervater:

      In der Tat, immer mehr Leute wollen sich neuerdings vom rechten Rand betreuen lassen. Da wird brav wortwörtlich jede noch so alberne Formulierung und Wortschöpfung der AfD-Propaganda nachgeplappert, man stimmt zu 100 % überein mit allem, was die AfD so an geistigen Ergüssen produziert, und natürlich will man, dass alle anderen Parteien "verschwinden". Früher gabs dafür ein Sprichwort, nämlich "der Führer hat immer recht".



      Und das nennt der durchschnittliche AfD-Anhänger dann wahlweise "gesunden Menschenverstand" oder auch "Durchblick". Und hält sich selbst für "Mitte", aber gleichzeitig sind alle anderen "linksgrünversifft". Inklusive der Union.

      • @Kaboom:

        Ich bin immer wieder verwundert wer den Begriff "linksgrünversifft" benutzt.

        Es ist die AfD und oftmals die Linke selber, die sich den Begriff wie eine Monstranz mit sich herum schleppt und anderen unterstellt, dass man sie so sehen würde.

        In einem taz-Artikel bezeichnete sich eine Aktivistin unlängst gar selbst als Staatsfeindin (nur weil sie Anarchismus dolle findet)

    • @Hans Hermann Kindervater:

      Ja, das war schon nervig, als man für jeden zweiten Satz als Rassist bezeichnet wurde. Hoffentlich kommt die gute alte Zeit, als Deutschland noch großartig war, zurück, damit ich Deutsche wieder als das bezeichnen kann was sie sind: Kartoffeln.

    • @Hans Hermann Kindervater:

      Sie wollen rechts das Monopol für betreutes Denken und Handeln wieder zurückgeben? Das kann Rechts traditionell nämlich sehr "gut": konservative Vorgaben, Tradition, Sicherheit, Ordnung.



      Kleine Erinnerung, wenn ich durfte.

      • @Janix:

        Guter Einwand. Allerdings würde ich gerade kritisieren, dass der "woke" Arm der Linken an diese alte, konservative, latent religiös Nachkriegsordnung erinnert.

  • Ich sehe schon, dass manche Diskussionen das rechte Spektrum befeuert haben, jedoch wird überschätzt, wie groß diese Bewegung von links denn tatsächlich war. Klar gab es auch solche, die die Mehrheitsgesellschaft angegriffen haben, z.B. die frühen Tage des Veganismus, wo es schon teilweise darum ging, die Menschen vom Fleischessen abzuhalten. Heute, wo das Angebot an veganen Produkten gestiegen ist und es zumindest in den Städten eine Wahl geworden ist, wie man sich denn ernähren möchte, haben sich auch die Reibungen reduziert.

    Bei den Themen Gender und sexueller Orientierung sind es eigentlich einzig die rechts des Spektrums gewesen, die den Menschen ihre Freiheit verbieten wollen. Es hat sich niemand hingestellt und gefordert, dass jetzt alle queer sein müssten. Dass es nun einmal Menschen gibt, die weder eindeutig männlich noch weiblich sind, ist keine Meinung sondern eine Tatsache. Wer einer Gruppe von Menschen feindlich gesinnt ist und sie angreift, der muss mit Gegenwehr rechnen. Hier teilt jemand eine Ohrfeige aus und heult, wenn er eine zurück bekommt.

    • @ImInternet:

      Das ist zu kurz gedacht. Bei dem Thema gender und sexuelle Orientierung kommt auch der Umgang mit TransPersonen dazu. Der ist solange unproblematisch, wie wir uns im gemischten Raum bewegen . Geht’s Richtung Trennung wird’s eine Diskussion, wo jede mögliche Kritik oder Anmerkung eines Unwohlseins direkt als gegen trans bezogen wird. ( egal ob persönliche Geschichte wie Vergewaltigung die eine Angst vor Penisen an sich begründen können, etc)

      Dazu wurden in der Vergangenheit Hinweise zum potenziellen Missbrauch des neuen Gesetzes als transphob abgetan. Und jetzt haben wir zumindest einen prominenten Fall.

      Dazu der Umgang im Sport mit Transfrau. Ist schön gesagt, ist doch alles kein Thema. Aber steh mal im Kampfsport einer 2m- Transfrau gegenüber. Dann fühlt sich das nicht mehr so fair an, meiner Erfahrung nach. Auf dem Turnier wo ich war , standen nur Transfrauen auf dem Treppchen, bei einer Quote von vielleicht 5%...

      Also ja, alles nicht so einfach und so eindeutig. Aber bei Kritik wird eben schnell die Keule transphob und rechts rausgeholte. Das stumpft aber ehrlich gesagt ziemlich ab und wirkt irgendwann nur noch lächerlich.

  • Meines Wissens hat die Zeit, anders als die Taz, ein Modell, bei dem Werbeeinnahmen über Clickraten generiert werden. Anscheinend möchte die zeit online den sozialen Medien mit stetiger Boulevardisierung des Journalismus hinterherlaufen, also mit demagogischem Aufwiegeln gegen eine Fülle von gruppenbezogenen Feindbildern. Nur braucht man für sowas weder die zeit online noch die Bild im Abo, das Geschäftsmodell clickbait und wutgesteuertes engagement farming beherrschen die sozialen Medien viel besser.

    Da Umweltschutz in der Politik der letzten Jahrzehnte wenig Fortschritte gemacht hat, verlagert sich die Verantwortung von der Politik sehr auf den Handlungsrahmen des Einzelnen. D.h. was von der Politik jahrzehntelang verschleppt wurde, versuchen Einzelne durch Recherche, Verzicht und alternative Konsumentscheidungen (Lastenfahrrad, wenig Einwegplastik, kein Palmöl, vegan) im Kleinen etwas besser zu machen. Da konservativ Gesinnte nix Konstruktives dazu beizutragen haben, wie man mit vielen Veränderungen in der sehr nahen Zukunft umgehen soll ausser “das wollen wir nicht, alles soll so bleiben wie wirs kennen” wird halt wieder ein neuer Sündenbock durchs Dorf getrieben

    • @Schwabinger :

      So ich habe den eigentlichen Artikel doch gelesen. Er war nicht so clickbaitig wie angenommen. Die Analyse des Artikels ist trotzdem falsch, weil es im postfaktischen Wahlkampf nicht um Rationales geht, sondern um Schadenfreude und darum, die imaginierten Feindgruppen zu bestrafen, selbst wenn sich ins eigene Fleisch geschnitten wird. Die US Landwirte, Stammklientel von DT, stehen nach der verheerenden Zollpolitik und den ausbleibenden Erntehelfern, wie zu erwarten war, vor dem Bankrott. Dennoch findet ein Umdenken oder Protest noch nicht statt.

      Man bräuchte Wissenschaftler, die die Sucht nach Hass und Schadenfreude analysieren und wie es als Massenbewegung entsteht. Natürlich ist jede Scheinheiligkeit auf linker Seite ein Bonus für Rechte und muss daher angesprochen werden. Es gibt diese Dogmen. Allerdings ist der Autor sehr von US Debatten auf social media beeinflusst.

      Die "Stimme des Volkes" wird alibi-mässig vorgeschoben um Kritik im Voraus als linke Wohlstandsverwahrlosung zu positionieren. Die sogenannte "Meinung des Volkes" steht auch nicht unter Artenschutz, denn sie kann sich auch gründlich irren. Tatsachen ganz allgemein wären besser und weniger "wer" was sagt.

  • Frau Winkelmann hat ja neulich auch über "Moral" geschrieben. Beide Themen hängen natürlich zusammen und zwar in der Weise, dass die meisten Bürger vom Staat in erster Linie nicht verlangen, dass er sich um die Moral kümmert und dann vielleicht noch um Gerechtigkeit, am besten auf der ganzen Welt.

    Sondern der erste Anspruch ist, dass er die Aufgaben wahrnimmt und zwar in einer akzeptblen Weise, die von ihm zu erledigen sind. Das sind vor allem eine funktionierende Verwaltung, eine funktionierende Justiz, Innnere Sicherheit, Infrastruktur, Bildung (der Staat sind auch Länder und Gemeinden).

    Wenn der Eindruck entsteht, dass diese Aufgaben vernachtlässigt werden, wird das durch Moral nicht komensiert. Wenn der Eindruck besteht, diese Dinge sind gut in Ordnung, dann kann an nächster Stelle die Moral kommen....(das wusste schon Brecht und das ist lange her).

  • Der Artikel spiegelt die seit Jahrzehnten tatsächlich immer rekapitulierte Spaltung der Gesellschaft in jene, die sich als "progressiv" bezeichnen, und jene, die als "konservativ" markiert werden (dann auch gleich reaktionär). Was Hr. Jessen et al. herausarbeiten wollten, ist wohl eher, dass das "Bürgertum", ich würde hier eher von "Bürgerschaft" sprechen, also die "Mitte", im Kern wertkonservativ im besten Sinne ist, also die "bürgerlichen" Tugenden hochhält und schätzt. Darauf lassen Wahlverhalten, Umfragen zu den Themen Familie, Menschenbild, Bildung oder Gesellschaft schließen.



    Die meisten Menschen hierzulande halten Umwelt- und Naturschutz oder Verteilungsgerechtigkeit für vergleichsweise wichtig, wollen dies aber nicht als Gesamtpaket mit "Emanzipation" oder "Identität" angeboten bekommen, sondern getrennt, weil es formal und inhaltlich gänzlich verschiedene Themen sind.



    Da diese aber in den vergangenen 20-30 Jahren immer mehr zu einem ideologischen Komplex verschmolzen wurde, hat dies zu einer Spaltung im Verhalten der Gesellschaft geführt.



    Klischees anzuführen oder zu bekämpfen, verdeckt doch das eigentliche Problem und verhindert eine sachbezogene Debatte.

    • @Vigoleis:

      Sie verkennen, dass Themen wie Verteilungsgerechtigkeit nur sinnvoll anzugehen sind, wenn man sie intersektional begreift und beackert. Ginge es um Verteilungsgerechtigkeit bei Männern im Alter von 50+ haben diese sich eigentlich wenig zu beschweren zu wenig vom Kuchen abbekommen zu haben.

      • @Hatespeech_is_not_an_opinion:

        Verteilungsgerechtigkeit ist eine fixe Idee von Leuten, die extrem weit links stehen, fast jeder arbeitende Bürger in diesem Land will keine Verteilungsgerechtigkeit, sondern Chancengleichheit und Leistungerechtigkeit. Man will gerade nicht teilen mit Leuten, die immer Gründe finden, warum sie gerade nicht können.

        Das ist das Problem der SPD, die sich zu wenig auf die berufstätigen Wähler und zu sehr auf die Bezieher von Sozialleistungen bezieht (oder jedenfalls in Teilen bezieht, wodurch ein diffuses Bild entsteht, die führenden Köpfe treten schon immer für Leistungsgerechtigkeit ein).

  • "... dass hier einer so schreibt, als hätte er noch nie jemand Ökologisch-Linkes getroffen."



    Vielleicht hat er die taz gelesen? Das, was Frau Winkelmann als "Klischees" bezeichnet, finde ich hier taztäglich in Artikeln und Kommentaren :-)



    Nein, die "Linken" sind am Aufstieg der AfD nicht "selbst schuld". Sie erleichtern es der Afd nur ungemein. Was ungefähr auch der Tenor von Jessens Essay ist. Siehe den Untertitel: "Leider kämpft die politische Linke nicht mehr um die Mitte, sondern gegen sie. Zur Freude der Rechten."



    "...die trotzige Abwehr der Idee, dass Klimaschutz, Tierschutz, Menschenschutz möglich seien."



    Finde ich bei Herrn Jessen nicht. Da scheint Frau Winkelmann etwas hinein zu interpretieren, was er nicht geschrieben hat.

    • @sollndas:

      Der Satz mit dem Kämpfen (um bzw. gegen) ist unglaublich klug.

      Genau das ist der Eindruck. Man lese zum Beispiel auch den Artikel/Interview über den Kampf um die Kinderheitserinnerungen ("bei Winnetou war die Wut greifbar") , die man gegen den Vorwurf des Rassismus verteidigt oder die vielen Personen der Szene ganz links außen, die jeden Rassisten nennen, der Probleme der Zuwanderung thematisiert, die konkret mit Zuwanderung in Zusammenhang stehen (wenn zum Beispiel die kulturell anerzogene Sicht auf Schwule oder Frauen, die Straftaten gegen diese begünstigt, als "Kulturrassismus" bezeichnet wird).

  • Die Zeit schreibt für "ihre" LeserInnen, das ist nicht ungewöhnlich.



    Vielleicht war sie auch schon wesentlich besser.



    Immerhin "Konkurrenz" für manche LeserInnen.

  • Das progressive Lager ist doch längst in der Mitte des Bürgertums angekommen. In meiner linken Sozialisation der 90er Jahre gab es schon den Begriff des "Ökospießers".

    Um die Welt retten zu können muss man sich eben bestimmte Dinge auch erstmal leisten können. Ein Lastenfahrrad kostet soviel wie ein Gebrauchtwagen, ein Elektroauto ist viel teurer als ein Benziner, auch sämtliche Bio- und Fairtrade Produkte sind für viele gar nicht bezahlbar. Und die Solarpanele auf dem Dach des Eigenheims müssen auch erstmal bezahlt werden.

    Die notwendige Bildung um überheblich auf die vermeintlich moralisch Schwachen herabsehen zu können, gibt es gratis per akademischen Elternhaus geliefert.

    Linke Lebenslügen sind allgegenwärtig. Aber die größte davon ist keine Mitverantwortung für den Aufstieg der AfD zu haben.

    • @Verboten:

      Ein wenig komplexer ist die Sache schon. Ich sehe beispielsweise regelmäßig, wie die Kühlregale der Tiefkühl-Pizzen geplündert werden. 2,50 € bis inzwischen knapp 5€. Macht man das selbst, mit gesunden Zutaten, ist das WESENTLICH billiger. Sogar mit Bio-Dinkel-Mehl.



      Äpfel im Hofladen beim Biobauern sind oft billiger als im Supermarkt. Und natürlich gesünder. Auch bei selbstgemachten Nudeln kann der Supermarkt nicht mithalten. etc. pp.



      Und was nun die AfD angeht: Wir leben in einer Zeit, in der überall auf der Welt Rechtsradikale an Zustimmung gewinnen. Hat IMO primär damit zu tun, dass es (fast) niemand mehr gibt, der sich an die Zeiten erinnert, als diese Leute das letzte Mal an der Macht waren.



      Und natürlich wird das - wie das letzte Mal - von Superreichen finanziert. Musk und Thiel sind nur 2 Beispiele unter vielen

    • @Verboten:

      Da schließ ich mich komplett an. Die Überheblichkeit und Selbstgefälligkeit, mit der nicht selten Probleme und Ängste bestimmter Bevölkerungsteile abgebügelt werden ist für jeden außerhalb der Blase wahrnehmbar. Das allein hat natürlich nicht den Aufstieg der AfD bewirkt, aber es hat ihn stark gepusht. Die Fixierung auf identitätspolitische Fragen zu Lasten sozialer Themen hat dem vorgeblich progressiven Lager einen Großteil der Wählerbasis entzogen.



      Und auch wenn mans ständig negiert und nicht hören will. Gerade im Osten haben früher viele die Linke nicht gewählt, weil sie überzeugte Sozialisten waren. Sondern weil sie sich um den einfachen Bürger bemüht haben. Heute sucht ein guter Teil dieser Leute ihre Antworten im rechten Lager.

    • @Verboten:

      Öko ist nicht nur volks-, sondern auch betriebswirtschaftlich billiger als Steak-, Flug- oder Autosucht.



      Was kein Ticket für Herabsehen wäre, doch machen den Fehler nicht umgekehrt viele, die das andersherum tun, etwa mit solchen Posts?

      • @Janix:

        Ein billiges Elektroauto oder einen billigen Bioladen konnte ich bisher noch nicht finden. Ihre These mag auf einer theoretisch abstrakten Ebene richtig sein, in der praktischen Lebenswelt lässt sie sich nach meiner Erfahrung eher selten erleben.

        • @Verboten:

          Warum denn ein Auto? Hatte ich das nicht oben sogar ausbuchstabiert, und Sie kommen mit E-Auto?



          Aber kurz: Das Geld muss nicht in Straßenspuren, Gesundheitsschäden, Umweltschäden gestopft werden. Schauen Sie mal diese Kosten nach, dann ist der Punkt beantwortet.

      • @Janix:

        Kommt drauf an, welches "Öko". Der Begriff ist nicht für Ökolinks markenrechtlich geschützt.



        Nicht auf allem, wo "Öko" draufsteht, ist auch Öko drin, und manchmal ist Öko billiger als "Öko". Und manchmal sogar machbar und bezahlbar.

        • @sollndas:

          "und manchmal ist Öko billiger als "Öko". Und manchmal sogar machbar und bezahlbar" Wann bitte?

          • @Verboten:

            Z.B. wenn man sein Geld (so vorhanden) nicht für ein E-Auto zum Fenster hinaus wirft, sondern in einen Windpark investiert. Spart CO2 und Geld.

  • Wer Jessens Artikel in der ZEIT alle kennt, weiß, dass da jemand unbedingt irgendwie '(groß-)bürgerlich' sein will und das nicht immer von 'blasiert' getrennt hält. Schade, denn es gibt auch kluge Gedanken Jessens, klügere als sein Aufmacher, dass doch Linke irgendwie schuld wären.



    Entsprechend bekam Jessen im eigenen Blatt und ähnlich prominent Widerworte von Ex- und Intern. Wohl zurecht.

  • Danke für diesen Artikel.



    Das ist leider eine Negativentwicklung, die den derzeitigen Zustand unserer Gesellschaft beschreibt.



    Die Ampel war noch der Versuch, ein Bündnis über Gesellschaftsschichten hinweg zu schmieden.



    Der deutliche Unterschied in den Positionen der jetzigen Regierung zeigt, dass es sich nur um eine Notlösung handelt.



    Die SPD versucht einige Projekte zu retten, die Union scheint in erster Linie die Zeit um 30 Jahre zurück drehen zu wollen.



    Probleme von Heute werden aber nicht durch Ignorieren gelöst.



    Ein Landwirtschaftsminister, der das Klima nicht berücksichtigt, schadet nicht nur der Umwelt, sondern auch den Landwirten.



    Dürre ist nicht mit ( begrenztem) Trinkwasser zu begegnen.



    Eine Wirtschaftsministerin, die erneuerbare Energien abwürgt, schadet einem wachsenden Wirtschaftszweig.



    Ein Innenminister, der Grenzer spielt, macht unser Land unattraktiv für benötigte Zuwanderung. Merz will von den Armen nehmen und den Reichen geben.



    Da ist dann schon eine deutliche Mehrheit der Deutschen anderer Meinung.



    Die Rückschritte schaden dem ganzen Land.



    Merz' Union ist von gestern, damit ist die Zukunft nicht zu gewinnen.



    Notwendigen Wandel lächerlich zu machen, ist kindisch.