WDR und Klamroths Beziehung: Hart unfair
Der WDR-Rundfunkrat soll über Talkmaster Klamroth und Aktivistin Neubauer sprechen. Doch warum an der Bettwäsche des Paars schnüffeln?
Der neue Moderator der ARD-Talkshow „Hart aber fair“, Louis Klamroth (33), ist mit der Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer (26) liiert. So weit, so gut, und schon an dieser Stelle eigentlich zu viel der Worte. Das ist privat und geht niemanden was an. Wir sind hier nicht beim Friseur.
Doch auf einmal droht ein Politikum daraus zu werden. Denn der Nachfolger von Frank Plasberg hatte vor der Vertragsunterzeichnung die Beziehung nicht offengelegt. Vertreter von CDU und SPD wollen diesen Umstand nun im WDR-Rundfunkrat thematisiert wissen. Für Teile des Rats sei der Umgang der beiden mit der Causa „zu lasch“, wie die WamS schreibt. Man wolle „mit der Senderspitze hart ins Gericht gehen“ (auspeitschen?) und den Vertrag des Moderators womöglich nicht verlängern.
Für Vernunftbegabte mit Kirche im Dorf ist der Wirbel schwer zu verstehen. Zum einen ist das hier analoges Fernsehen, um das sich sowieso kaum ein Mensch unter 80 schert. Zum anderen hat Klamroth die Karten mit Beginn seines Mitarbeiterstatus auf den Tisch gelegt. Vorher musste er das nicht. Entsprechend sieht auch die Intendanz des WDR keinen Interessenkonflikt.
Aber worin könnte dieser auch nur theoretisch liegen? Versuchen wir uns doch mal in die Gedankenwelt der Beschwerdeführer hineinzuversetzen. Fündig würde man wohl allenfalls auf dem einzigen Gebiet, auf dem sich die Berufsfelder der beiden Turteltäubchen überschneiden könnten: der Klimathematik.
Es geht doch um die Sache
Wenn Klamroth das Thema interessiert – und nichts anderes sollte es uns alle, und zwar vordringlich –, wäre es doch absurd, es auszusparen, egal ob er mit Lothar Matthäus, Alice Schwarzer oder dem exhumierten Eisbären Knut in die Kiste steigt. Wie kann man sich da als CDU, SPD oder Rundfunkrat ein derart windschiefes Argumentationshäuschen zusammenzimmern, bei dessen Anblick sich noch das dümmste der drei kleinen Schweinchen schier zu Tode cringen würde: Der Moderator einer von zahllosen Talkshows, die sich täglich Gäste einladen, um mit ihnen über alle wichtigen Themen dieser Welt zu sprechen, setzt das wichtigste Thema überhaupt auf den Sendeplan, nur weil, klaro, seine Liebste ihn darum gebeten / es ihm eingeflüstert / ihm dafür ein Frühstücksbrötchen mit Grünkohl-Stachelbeeraufstrich zubereitet hat.
Und nicht deshalb, weil es um eine Sache geht, die eigentlich nonstop in sämtlichen Programmen laufen müsste. Von morgens bis abends, rund um die Uhr, bis sie auch noch der letzte Schwachmat kapiert hat.
Wo hier also Berufliches und Privates nicht so strikt getrennt sein sollen, wie es die Compliance-Regeln des WDR verlangen, weiß noch nicht einmal der Geier. Allzumal Luisa Neubauer, solange ihr Freund Moderator von „Hart aber fair“ ist, selbst niemals Gast in der Sendung sein wird. Das hat Klamroth unmissverständlich verkündet, und damit sollte es eigentlich getan sein. Im Allgemeinen sind Compliance-Regeln auch relativ klar gehalten. Nicht wegen, sondern trotz seines Intendanten Tom Buhrow wird der WDR schon wissen, warum er eine Skandalisierung hier weit von sich weist.
Wozu also das Ganze? An dieser Stelle legt sich nun leider doch ein leichter Schmierfilm über diesen Text. Denn die ganze Angelegenheit riecht nach der noch warmen Bettwäsche eines beneideten Promipaars, an der die hohen Herren aus Politik, Medien und Rundfunkrat doch ganz gerne schnüffeln. Und dafür brauchen sie, soweit es sich nicht um Springer und Co handelt, zumindest einen Scheinanlass. Aber da wäre es fast schlüssiger, dass der kleine blaue Elefant aus Compliance-Gründen bei der „Sendung mit der Maus“ aufhören muss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Menschenrechtslage im Iran
Forderung nach Abschiebestopp
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod