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Inge Hannemann über Linke-Parteiaustritt„Da muss man hart bleiben“

Inge Hannemann, Deutschlands bekannteste Hartz-IV-Kritikerin, ist aus der Linken ausgetreten. Sie sieht die Hinwendung zu Rot-Rot-Grün kritisch.

Das war einmal: Inge Hannemann im Wahlkampf für die Linke 2017. Jetzt tritt sie aus Foto: Markus Scholz/dpa/picture alliance
Alina Leimbach
Interview von Alina Leimbach

taz: Frau Hannemann, Sie sind wohl Deutschlands bekannteste Hartz-IV-Kritikerin. Nun verlassen Sie die Anti-Hartz-IV-Partei Die Linke. Was ist denn da geschehen?

Inge Hannemann: Es gab nicht den einen ausschlag­gebenden Moment für die Entscheidung. Das hat sich insbesondere in den letzten Monaten für mich gezeigt. Mein Eindruck ist, dass die Partei das Thema nicht mehr wirklich anfassen will. Man hat eine Reihe von Themen wie Anti-Rassismus-Arbeit, Gender oder Mieten groß gespielt. Die sind natürlich ebenso wichtig und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Nur Hartz IV und Menschen, die aus vielen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, spielen leider keine zentrale Rolle mehr. Und ich denke, das ist auch so gewollt.

Aber gerade mit der nun scheidenden Parteichefin Katja Kipping hatte das Thema ja eine sehr prominente Fürsprecherin?

Ja, Katja Kipping nehme ich explizit aus. Sie ist auf Bundesebene aber auch die Einzige, die noch regelmäßig in die Plattenbauten geht und sich noch vor Jobcenter stellt. Sie ist sehr engagiert. Aber auch sie kommt mit dem Thema in der zerstrittenen Partei nicht wirklich durch, das Thema spielt sich an der Spitze unter „ferner liefen“ ab.

Hat der absehbare Wechsel an der Spitze eine Rolle gespielt?

Dass Katja Kipping nicht mehr antritt, war abzusehen und hat mich nicht überrascht. Was durchaus eine Rolle gespielt hat, war das Interview ihrer möglichen Nachfolgerin Susanne Hennig-Wellsow im Spiegel. Da musste ich mich erst einmal hinsetzen. Wie sie da unverhohlene Avancen an den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz macht, das fand ich ziemlich heftig. Aus dem gesamten Interview las ich heraus: unbedingt Rot-Rot-Grün – um jeden Preis.

Allerdings formuliert sie dort auch Haltelinien.

Im Interview: Inge Hannemann

52, hat früher selbst im Jobcenter gearbeitet. Sie ist eine der prominentesten Hartz-IV-Kritikerinnen Deutschlands.

Aber nicht bei Hartz IV. Gegenüber dem Freitag hat sie bereits gezeigt, wie wenig wichtig ihr das Thema ist. Da erklärte sie, dass die thüringische Landesregierung die Abschaffung von Hartz IV nicht einmal versprechen will. Das ist falsch und zeigt für mich, dass das Thema keine große Bedeutung mehr hat. Denn man kann sehr wohl auch auf Landesebene, beispielsweise über Bundesratsinitiativen, darauf hinwirken.

Rot-Rot-Grün wäre für Sie keine Option?

Wenn es um jeden Preis ist, nicht. Generell sehe ich, dass dort, wo die Linke regiert oder sich auf Regierungen vorbereitet, ausgerechnet das Thema Grundsicherung ganz schnell hintenrunterfällt. Bevor man da in einen Streit mit der SPD reingeht, einigt man sich lieber auf schlechte Kompromisse – und das auf Kosten der Erwerbslosen.

Zum Beispiel in Bremen, wo man nur noch das Ende der Sanktionen für Haushalte mit Kindern in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben hat. Statt ein klares Nein wird nur noch das Ziel verfolgt, Sanktionen bei Hartz IV zu senken. Ich sehe auch die Abwendung von dem Thema auf Bundesebene dadurch bedingt, dass man sich in Richtung Rot-Rot-Grün positionieren will.

Die Abschaffung von Hartz IV muss für die Linke eine rote Linie sein?

Die Betroffenen leben jetzt seit fast 16 Jahren damit. Die können nicht mehr. Bei Hartz IV muss man als Linke hart bleiben.

Ist das nicht unrealistisch?

Klar, Kompromisse gehören dazu. Aber es geht hier um eine zentrale Frage, wie man linke, emanzipatorische Politik macht – da können wir nicht unsere Werte verkaufen. Konkret heißt das: Regelsatz hoch, Sanktionen abschaffen und wirkliche Alternativen zum jetzigen System der Jobcenter. Die Linke muss den Menschen an sich in den Blick nehmen und darf seinen Wert nicht davon abhängig machen, ob er Erwerbsarbeit nachgeht. Das macht schon die SPD.

Wie erleben Erwerbslose die Linke?

Die haben inzwischen oft große Skepsis entwickelt. Das sieht man zum Beispiel auch daran, wie viel weniger Erwerbslose die Linke noch wählen im Vergleich zu noch vor einigen Jahren. Das ist ein Alarmsignal für die Linke. Aber es hat mich schon überrascht, wie viel Zustimmung ich bekommen habe, als ich meinen Austritt öffentlich gemacht habe. Mit dem Ausmaß habe ich nicht gerechnet.

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89 Kommentare

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  • Heiner Geißler (CDU) sagte einst über Frau Hannemann: „Es ist ein Glücksfall, dass endlich jemand aus dem BA-Bereich die Missstände aufdecke, die seit Existenz der Agenda 2010 dort eingerissen seien.“

    Das ist aber auch schon wieder viele Jahre her. Heute will sich anscheinend nicht einmal mehr 'Die Linke' mit der sozialen Ungerechtigkeit von Hartz IV beschäftigen. Über 5 Millionen Hartz IV Empfänger hat man also auch bei der Linkspartei schon abgeschrieben.

    Inge Hannemann - die 2013 den taz Panter-Preis für Zivilcourage bekam - ist allerdings zu danken. Frau Hannemann hat nämlich nicht nur auf Missstände in den Jobcentern aufmerksam gemacht, sondern auch, dass seit Jahren in diesem Land durch das Hartz-System die prekäre Beschäftigung samt Leiharbeit und Werkverträgen gefördert wurde. Schade, dass die Linkspartei so eine engagierte Frau - die sich für soziale Gerechtigkeit in diesem Land einsetzt - einfach gehen lässt.

  • 7G
    79762 (Profil gelöscht)

    Die Linke rivalisiert lieber mit der AfD, was die die bedingungslose Nibelungentreue zum lupenreinen Demokraten Putin betrifft.

  • Ich denke da hat Frau Hannemann eine präzise Einschätzung der Entwicklung in der Linkspartei und hat die Konsequenz gezogen, dass offenbar keine Bedeutung in ihrer Mitgliedschaft liegt.



    Die Führungsriege einer Partei und die Bundesratsmöglichkeiten gehören dazu wie die Fragen nach der Geltung dieses Themas. Wenn ich die Vorstellung bekomme, die vermissen mich gar nicht, dann würde ich auch austreten.

    • @nzuli sana:

      Alter Hut: zu viele Mitglieder sind nach wie mit sich selbst beschäftigt. Da fällt es nicht wirklich auf wer oder was da alles fehlt.Vor allen fehlt es an der Basis an Genossen, welche verantwortlich im Leben stehen. Autistische Gruppierung sind nicht mehrheitsfähig. Insbesondere weil es an inhaltlichen und sozialen Kompetenzen mangelt, fehlt der innere Kompass. Frau Hannemanns wichtiger Weckruf wird in den Ohren der ohnehin Hörgeschädigten orientierungslosen Genossen nicht durchdringen. Wer gegen den Strom von Autisten schwimmt wird auf Dauer ertrinken Ich wünsche Frau Hannemann Gesundheit, ein langes Leben mit Freude. Danke für die aufrichtige Konsequenz!

  • Ich sehe da gar nichts. Das Thema wird wieder einmal populistisch hochgekocht und man schweigt sich über die konsequenzen einer Abschaffung von Hartz IV aus.

    "Solidarisch" wird mit dem Thema ungefähr so umgegangen, als wolle man sagen, da hängt eine gesammte Bildungspolitische Frage der kommenden Generationen dran. Und es ist tatsächlich so! Das keiner darüber reden möchte, dass wenn es schon eine Schere gibt, die arm und reich trennt, ein Bedingungsloses Grundeinkommen, nichts an der Tatsache ändert, das ohne jegliche Chancengleichheit in der Bildung, es auch keinen realistischen Zugang zu einem Bedingungslosen Grundeinkommen geben kann und wird.

    Geheuchelt wird hier noch am wenigsten von den Regierenden Parteien.

  • Welche Partei im Bundestag will denn das Thema Hartz IV noch wirklich anfassen?



    Und die außerparlamentarische Satirepartei ist diesbezüglich auch nicht gerade hilfreich!

  • 9G
    95692 (Profil gelöscht)

    Bedingungsloses Grundeinkommen statt Harz IV

    " In der Stadt Dauphn sank die Arbeitslosigkeit, die Menschen wurden weniger häufig krank. 1979 wurde das Experiment aber inmitten der durch die Ölkrise ausgelösten Rezession eingestellt und geriet seitdem in Vergessenheit. "

    Q: www.finanzen100.de...1545101916_251942/

    oder auch

    www.bento.de/futur...-0000-000001897127

    Mensch stelle sich nur vor, das keiner mehr zur Arbeit aus wirtschaftlichen gezwungen wird. Die Herrn Arbeitgeber müsste dann wohl ein anderes Verhalten an den Tag legen damit die Menschen weiter für sie arbeiten.

  • Sie sollte nicht austreten, die Frau Hannemann. Dieses Dilemma erlebt man auch in der SPD, bei den Grünen.



    Davonlaufen ist leicht. Dabeibleiben ist oft sehr schwer. Der Weg sollte das Ziel sein.

  • wenn die eigene meinung schon als minimal gilt gibt es halt keine kompromisse......

  • Ich überlege seit geraumer Zeit den Linken beizutreten und habe sogar gerade im Augenblick das Antragsformular offen. Gerade der Kampf gegen den Mietwahnsinn und gegen Hartz-4 Sanktionen sind in meinem Interesse, da Ich selbst Arbeitslos bin und schon für Dumpinglöhne bei Zeitarbeitsfirmen gearbeitet habe und das nicht mehr möchte. Jetzt kriege Ich wenig ALG 1, weil Ich vorher wenig verdient habe. Die überteuerte Miete kostet mich die hälfte meines Arbeitslosengeldes. Hätte Ich einen besser bezahlten Job gehabt, dann hätte Ich mehr ALG 1 bekommen, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich möchte auch gerne wieder in Arbeit kommen, aber jetzt bin Ich von Armut bedroht und das schlägt sich auf die Motivation aus. Ich fühle mich getrieben jeden Job annehmen zu müssen um aus dieser Situation heraus zu kommen, will aber aus Prinzip in kein Dumpinglohnverhältnis rutschen und kann es mir noch nicht einmal leisten die Stadt zu verlassen mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln. Bei mir im Viertel geht es vielen ähnlich. Ich verbinde mit der Linkspartei unter anderem eine Starke Sarah Wagenknecht, die fordert, dass die ebenfalls Arbeitslosen, aber Erwerbsstarken Banker, Spekulanten und Co den anderen Arbeitslosen etwas abgeben müssen.

    Der Artikel ließt sich so, als würde die Linke sich gar nicht für die Belange der ärmeren einsetzen und nur noch "kulturell Progressiv" sein. Das bringt mir und meinen Nachbarn ausm Ghetto herzlich wenig...

    müssten nicht gerade in so einer Situation die Stimmen der sozialen Gerechtigkeit laut werden innerhalb der Partei? Anstatt auszusteigen und aufzugeben, so als hätte die Linke Idee endgültig verloren?

    Ich meine Frau Hannemann hat ja Recht, dass es nicht Anspruch der Linken sein kann als Juniorpartner der SPD zu fungieren, könnte Sie bei einem Parteiverbleib nicht mehr erreichen als mit einem Austritt?

    Ich sehe als Erwerbsloser die Linke eigentlich als die einzige Partei, die meine Interessen vertritt, neben diversen linken Kleinparteien...

  • 0G
    03030 (Profil gelöscht)

    wer nicht arbeitet,soll auch nicht essen,aber darauf wird man ja wohl noch einen trinken duerfen

  • Ich mag mich ja täuschen, aber die Grünen müssten doch gerade jetzt ein vitales Interesse daran haben, den ganzen Hartz-IV-Spuk zu beenden. Bislang kreidet man den Hartz_IV-Krampf ja hauptsächlich noch der SPD an, aber die Grünen waren schließlich doch ganz genauso dafür verantwortlich. Früher oder später wird sich das dann auch mal bei allen herumgesprochen haben.

    Der Vorwurf, den man der Linken seit Jahren - auch aus den eigenen Reihen - immer wieder gemacht hat, war doch, dass sie angeblich lieber in der Opposition verharren möchte, statt Regierungsverantwortung zu übernehmen. Das stimmte zwar nie, wirkte bei Wahlen aber immer negativ. Ohne Koalitionen geht es in einer Demokratie nunmal nicht und dass man jetzt auch öffentlich über Koalitionen redet, ist für mich noch lange keine Abkehr von politischen Grundpositionen. Tiefer hängen!

    • @Rainer B.:

      Ich wollte Sie nur kurz darauf hin weisen, dass die Grünen da schon auf dem Weg sind: www.gruene-bundest...ung-statt-hartz-iv

      • @Hans aus Jena:

        Das grüne Nichts...

        Sie sagen es, aber sie machen nix - die "Grünen". Und das seit vielen Jahren!



        Das nennt man wohl Politik...

        "Worte ohne Taten sind bedeutungslos." Che Guevara



        Die "Grünen" hoffen, dass ihr Nichtstun nicht auffällt - das sind alles nur Bauerntricks.

      • @Hans aus Jena:

        Die dortigen Ausführungen sind Blendwerk, es geht im Kern um einem schönen tollen Regelsatz, aber nicht um ein Werfen in die Mülltonne. Jede Form solcher Finanzierung von Menschen wirkt faktisch wie ein "Mindestlohn" und schädigt das Wachstum, wenn man es möchte. Hier wird der Punkt liegen: es soll jetzt noch alles bleiben, wie es ist.

        • @Gerhard Krause:

          Leider gaben Sie nicht zu Ende gelesen.

          • @Hans aus Jena:

            In dem Fraktionsbeschluss der Grünen 5/2020 steht noch einiges mehr. Sogar von Sanktionsfreiheit ist da die Rede. Nun würde ich meinen, dass eine ist, was mensch vor sich herträgt und das andere ist, was mensch politisch durchsetzen will. Den von 'Realos' dominierten Grünen traue ich da bei zukünftigen Koalitionsverhandlungen und Regierungspolitik kaum zu, Tiefgreifendes oder gar Ähnliches entlang ihrem Beschlusses verändern zu wollen.

      • @Hans aus Jena:

        Bedankt!



        „Oberstes Ziel muss es sein, dass Menschen selbstbestimmt auf dem Arbeitsmarkt auftreten und von ihrem selbst erwirtschafteten Einkommen leben können.“



        Auf dem Weg dahin wird man sehr schnell feststellen, dass dies nur mit Anpassungen des bestehenden Hartz-IV Systems allein nicht geht.

        • 0G
          07324 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          „Oberstes Ziel muss es sein, dass Menschen selbstbestimmt auf dem Arbeitsmarkt auftreten und von ihrem selbst erwirtschafteten Einkommen leben können.“

          Der Satz könnte auch von der FDP kommen und niemanden würde es auffallen.

          • @07324 (Profil gelöscht):

            Könnte schon, kommt aber nicht so.

  • ALG I Abschaffen und dann? Verhungern?

    • @Andi S:

      Hartz-IV hat wenig mit ALG I zu tun. Das eine ist eine Sozialleistung, das andere ist eine Versicherungsleistung. Nicht die Abschaffung von ALG I wird gefordert, sondern die Abschaffung des Hartz-IV Strafvollzugs.

      • @Rainer B.:

        Also alles so lassen wie es ist und nur die Sanktionen, die 0,0x % der Empfänger betreffen, abschaffen? Das ist doch der Weg, den Grüne, SPD und LP gehen.

        • @Rudolf Fissner:

          Man sollte fairerweise zugestehen, dass die Sanktionen auch Jene betreffen, die sich eigentlich gerne über die sanktionsbewährten Anforderungen hinwegsetzen würden, es aber nicht tun, weil sie das Geld brauchen. Das dürften weit mehr als 0.0x Prozent sein. Gerade am Existenzminimum ist die Drohung mit Kürzungen im Zweifel am wirksamsten. Die Hauptfragen sind also, ob die Mitwirkungspflichten als solche überhaupt vertretbar sind und wenn ja, wie man sie mit mildern Mitteln durchsetzen könnte.

        • @Rudolf Fissner:

          Hartz und jede öffentliche Finanzierung von Menschen, die unterhalb des Arbeitseinkommens liegt, wirkt faktisch wie ein Mindestlohn.



          Gegen den neoklassischen Kontext muss es daher heissen: Soziales ohne (zumindest wesentlichen) Durchschlag auf die Einkommen aus dem s.g. Arbeitsmarkt. Das geht im Grunde einfach, per Rechtsänderung.

        • @Rudolf Fissner:

          Nein - das kann man gar nicht so lassen, wie es ist, selbst wenn man es denn wollte.



          Hartz-IV wurde ja erklärtermaßen angelegt als ein wesentlicher Baustein zum Umbau des deutschen Arbeitsmarktes hin zu dem eines Billiglohnlandes. Wesentliche Funktion von Hartz-IV ist deshalb gerade eben nicht die strukturelle Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, sondern eine individuelle Bestrafung von Arbeitslosen zum Zwecke der Abschreckung aller, die nicht willens oder nicht in der Lage sind, zu Billiglöhnen zu arbeiten und die trotz Qualifikationen in einem Beruf nicht einfach so mal jeden x-beliebigen Job auch zu schlechteren Konditionen annehmen.







          Auf der einen Seite wird immer wieder gern die sinnstiftende, soziale Bedeutung der Arbeit hervorgehoben, auf der anderen Seite signalisiert man den Leuten aber, dass es eigentlich völlig egal ist, was sie arbeiten, solange es nur einen erheblichen Teil ihrer Lebenszeit bindet und genügend Profit abwirft auf Seiten der Arbeitgeber, oder derer, die sich weiterhin noch gern dafür halten möchten, es aber tatsächlich doch meist schon lange gar nicht mehr sind.



          Das passt doch alles nicht recht zusammen und erzeugt darüberhinaus eine Vielzahl von weiteren gravierenden gesellschaftlichen Problemen wie Unterfinanzierung der Sozialkassen, Altersarmut, Perspektivlosigkeit, allgemeine Verrohung, psychische Erkrankungen, fortschreitende politische Instabilität etc.

          btw.: Wen Sanktionen betreffen, der ist dann zwar zeitweilig kein Empfänger mehr, woraus man aber keineswegs schließen kann, dass nur bei 0,0x % Sanktionen verhängt werden.

  • Ich habe auch das Gefühl, dass die neuerliche Verlagerung des Fokus auf Themen wie die Bekämpfung des vermeintlich allgegenwärtigen Rassismus, Geschlechtergerechtigkeit und Flüchtlingspolitik bei der Linken tatsächlich eine Kapitulation vor dem real existierenden Kapitalismus ist.

    Alle Ungleichheiten sind auf einmal schlimmer als die Ungleichheit von reich und arm. Die kann oder will man nicht mehr in den Mittelpunkt rücken.

  • Respekt.

    Obwohl ich die Entscheidung auch bedauere.

    Einerseits brauchen wir eine linke Mehrheit, andererseits brauchen wir Rückgrat.

    Es ist zum Heulen.

  • Das Beste wäre, die gendergerechte Hipsterlinke scheitert bei der Wahl. Wohl nur dann könnte ein Scherbengericht auf einem Parteitag diese Zeitgeistströmung überwinden. Brot-und-Butter-Themen - genuine Kernthemen der Linken - gehören auf die Tagesordnung, nicht die Lifestyle-Bedürfnisse einiger Loftbewohner.

    • @Linksman:

      Der Blick auf Genderthemen als "Lifestyle-Bedürfnisse einiger Loftbewohner" z. B. ist grundfalsch und ziemlich ärgerlich. Die Überwindung von Sexismus, Homophobie, Transphobie u. a. würde die Lebensbedingungen der meisten Menschen deutlich verbessern - und Frauen und LGBTI*-Menschen leiden häufig doppelt unter prekären Bedingungen.



      Die Vorstellung der dekadenten Elfenbeinturm-Queers ist faschistoid und dient als wirksames Instrument zur Teilung der Arbeiterklasse.

      Erwähnenswert ist, dass Zugeständnisse bei Genderthemen sehr viel leichter sind als bei Verteilungsfragen.



      Queeren Menschen Grundrechte zu gewähren, kostet nix.



      Die ökonomische Ausbeutung aber sitzt im Fundament unseres ökonomischen Systems - ohne Billiglöhne etc. kann all das geforderte Wachstum gar nicht zustandekommen.

      Von daher ist es leichter, sich hier und da für überfälligen Fortschritt bei einzelnen Gesellschaftsthemen einzusetzen, als den zähen Kampf für die Umkrempelung unserer ganzen Wirtschaft zu führen.

      Aber eine "linke" Politik, die sich nicht ernsthaft den Themen Klasse und Grundsicherung verschreibt, ist ihren Namen nicht wert.

      Von daher ist Inge Hannemanns Arbeit unheimlich wichtig. Aber es ist unappetitlich, eine Konkurrenz zwischen dem einen und dem anderen Thema zu suggerieren.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Ich bin auch ein grundsätzlicher Gegner von Hartz IV, allerdings nicht nur aus den gleichen Gründen wie die Linke. Die Linke habe ich aber schon vor ein paar Jahren von meinem Stimmzettel genommen. Hartz IV ist nicht das einzige politische Thema.

  • Kleiner Fünf

  • Inge Hannemann: "Nur Hartz IV und Menschen, die aus vielen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, spielen leider keine zentrale Rolle mehr. Und ich denke, das ist auch so gewollt."

    Anscheinend sind 5,3 Millionen Hartz IV Empfänger nicht einmal mehr für die Partei 'Die Linke' wichtig. Das ist schon traurig, dass so viele Menschen - deren Anzahl ungefähr der Einwohnerzahl von Berlin und Hamburg entsprechen - selbst für die Linkspartei keine große Bedeutung mehr spielen.

    Inge Hannemann: "Die Linke muss den Menschen an sich in den Blick nehmen und darf seinen Wert nicht davon abhängig machen, ob er Erwerbsarbeit nachgeht."

    Wenn der Wert eines Menschen nur davon abhängt, ob er für den Kapitalismus als Arbeitskraft von Bedeutung ist, dann stimmt mit dieser Gesellschaft auch im 21. Jahrhundert immer noch etwas nicht. Mal davon abgesehen, gibt es in dieser hochtechnisierten Welt kaum noch Jobs für den Menschen, von dem er auch leben kann. Immer mehr Jobs von dem man leben kann werden abgebaut und die neu entstehenden Jobs befinden sich fast schon alle im Niedriglohnsektor. James Allen Hightower (US-Politiker, Autor und progressiver politischer Aktivist) sagte aber schon: "Es geht nicht um Jobs. Selbst Sklaven hatten Jobs. Es geht um Einkommen."

    Schade, dass 'Die Linke' das Soziale jetzt auch schon ausblendet, nur um sich der "Hartz-IV-Partei" SPD anzubiedern. Die Linke kann sich ja mal den Art. 1 Abs. 1 GG anschauen *Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.* vielleicht erinnert sie sich ja dann wieder an 5,3 Millionen Hartz IV Empfänger.

    • @Ricky-13:

      "Wenn der Wert eines Menschen nur davon abhängt, ob er für den Kapitalismus als Arbeitskraft von Bedeutung ist, dann stimmt mit dieser Gesellschaft auch im 21. Jahrhundert immer noch etwas nicht."

      Wonach definieren Sie Wertschätzung? Rein am gewährten Einkommen (bzw. am materiellen Status im Rahmen einer nach materialistischen Gesichtspunkten abgestuften Sozialordnung)? Dann ist es eigentlich nur logisch, den Beitrag des jeweiligen Menschen zur Gesellschaft ebenfalls nach materialistischen Gesichtspunkten zu beurteilen.

      Konsequent materialistisch betrachtet hat nunmal der Kapitalismus längst den Beweis erbracht, dass er das beste Motivationssystem besitzt, um Wohlstand zu schaffen - eben WEIL der Beitrag des Einzelnen zur materiellen Wertschöpfung so viel zählt. Andere Systeme haben es allenfalls geschafft, dass es vergleichsweise weniger Menschen materiell besser ging als den Armen im Kapitalismus.

      Kapitalismuskritik macht also erst Sinn, wenn man bereit ist, auch den Materialismus hinter sich zu lassen. Das hieße aber auch, von sozialpolitischen Königsargumenten wie dem relativen Armutsbegriff Abschied zu nehmen...

      • @Normalo:

        Dass Sie ein 'Herz für Reiche' haben, ist mir schon lange klar. Weiter unten wollten Sie mir ja auch schon weismachen, dass das Heraufsetzen des Spitzensteuersatz auf den ursprünglichen Wert von 53 Prozent für die Gesamtheit der Bürger nichts bringen wird. Gegen die Finanztransaktionssteuer sind Sie auch und dass jedes Jahr in Deutschland 110 Milliarden Euro Steuern hinterzogen werden, kommentieren Sie mit "Der Staat tut schon eine Menge dagegen".

        Kapitalismuskritik ist wichtig, schon deshalb, weil der Raubtierkapitalismus immer schlimmer wird, und nicht mal mehr vor "Mutter Erde" Halt macht. Wirtschaftswachstum um jeden Preis, auch wenn wir jetzt schon eine CO2-Konzentration von über 415 ppm haben. Wer nicht einmal vor dem Planeten auf dem er lebt Respekt hat, der scherrt sich um 5,3 Millionen Hartz IV Bezieher schon gar nicht.

        Sie schreiben: "... hat nun mal der Kapitalismus längst den Beweis erbracht, dass er das beste Motivationssystem besitzt, um Wohlstand zu schaffen." - Ja, Wohlstand für die Oberen Zehntausend. Bei dem Großteil der Bevölkerung kommt von dem "Wohlstand" aber nie etwas an, die müssen sogar an der Tafel schon um Essen anstehen.

        Sie fragen mich: "Wonach definieren Sie Wertschätzung?" Ich denke Ihre Frage habe ich in all meinen Kommentaren schon hinreichend beantwortet und da Sie ja immer alles aufmerksam lesen, können Sie sich selbst ein Bild machen.

        **Ein Herz für Reiche | extra 3 | NDR** www.youtube.com/watch?v=pTJ4rU_qF54

        • @Ricky-13:

          "Ja, Wohlstand für die Oberen Zehntausend. Bei dem Großteil der Bevölkerung kommt von dem "Wohlstand" aber nie etwas an, die müssen sogar an der Tafel schon um Essen anstehen."

          Und welches Wirtschaftssystem macht die Tafel möglich? Und natürlich nicht nur die, sondern auch einen Strauß an Sozialsystemen, die alleine schon die Leistungsfähigkeit aller nicht kapitalistischen Experimente der Geschichte in den Schatten stellen - zusätzlich zu dem Lebensstandard, den die Netto-Einzahlen in diese Systeme haben.

          Im Sozialismus gibt es im Großen und Ganzen keine "relative Armut", das stimmt. Aber das Maß an absoluter Armut ist dort in der Praxis immer um Längen größer gewesen als in der sozialen Marktwirtschaft, wie wir sie heute erleben.

          Man kann auch allein unter relativer Armut leiden, das stimmt auch aber

          a) es ist Leiden auf relativ hohem Niveau und



          b) es ist in einer grundsätzlich mateeialistischen Lebenseinstellung begründet.

          Wer den Kapitalismus kritisieren will, sollte ehrlich genug sein, das anzuerkennen und auch einzugestehen, dass die Bestrebungen, die Ungleichverteilung des Wohlstands zu beseitigen, auch nicht weniger materialistisch sind. Klar geht es besser, als es jetzt ist. Aber das System an sich funktioniert - rein materiell gesehen - einfach in der Praxis weniger schlecht als jedes andere.

          Was die ökologische Nachhaltigkeit betrifft, sehe ich keinen nennenswertem Unterschied zu anderen Systemen, die materiellen Wohlstand in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen. Da hat sich noch niemand mit Ruhm bekleckert, der die technische Möglichkeit hatte, materielle Weetschöpfung gegen ökologische Nachhaltigkeit zu tauschen. Insofern ja, wir brauchen ein Umdenken, aber nein, das kapitalistische Wirtschaftssystem ist allenfalls ein Symptom, nicht der Grund unserer Schwierigkeiten, dieses Umdenken hinzubekommen.

          • @Normalo:

            Sie fragen: "Und welches Wirtschaftssystem macht die Tafel möglich?" - Sie sollten lieber fragen, weshalb in diesem reichen Land überhaupt 1,65 Millionen Menschen an den Tafeln anstehen müssen? www.tafel.de/ueber-uns/ Während die Tafeln in den letzten 27 Jahren (die erste Tafel gab es 1993 in Berlin) von einer Tafel auf 947 Tafeln angestiegen sind, sind im gleichen Zeitraum die Reichen in Deutschland immer reicher geworden.

            "... schon die Leistungsfähigkeit aller nicht kapitalistischen Experimente der Geschichte in den Schatten stellen ." - Kapitalismus, Sozialismus, Kommunismus, u.s.w. Das sind doch alles Begriffe aus dem vorigen Jahrhundert. Den Kapitalismus gibt es sogar seit Tausenden von Jahren, nur hatte er da noch einen anderen Namen. Letztendlich sollte es doch um soziale Gerechtigkeit für die Menschen gehen, und nicht dass einige Wenige im Geld schwimmen, eine große Masse sich aber schon Essen von der Tafel holen muss. Das hat aber weiter unten der taz-Leser 'Tom Taylor' auch schon nicht begriffen, als er mir mit "Manager werden von Unternehmen bezahlt, Hartz IV-Empfänger vom Steuerzahler." gekommen ist.

            Sie schreiben: "Im Sozialismus gibt es im Großen und Ganzen keine "relative Armut", das stimmt. Aber das Maß an absoluter Armut ist dort in der Praxis immer um Längen größer gewesen als in der sozialen Marktwirtschaft." - Das stimmt natürlich, hat aber wohl 1.) etwas damit zu tun, dass die Leute die an der Spitze des "Sozialismus" standen und immer noch stehen, diktatorische Verbrecher waren/sind, die sich einen Dreck um "ihr" Volk scheren und 2.) der Sozialismus gegen den Raubtierkapitalismus, der den Menschen - wie Sie ja schon sagten, einen Wohlstand "verspricht" - nicht ankommt.

            Im 21. Jahrhundert sollte man vielleicht endlich mal ein ganz neues System auf den "Markt" werfen, und wie Inge Hannemann schon sagte, "den Menschen an sich in den Blick nehmen" und ihn nicht nur als billige Arbeitskraft für die Oberen Zehntausend ansehen.

            • @Ricky-13:

              Ihre Ausführungen klingen ein wenig, als gäbe es in Deutschland nur etwa 2, 5 Millionen Menschen - die "Reichen" (etwa 800.000, wenn man die Rhetorik vom Einen Prozent übernimmt) und die, die zur Tafel gehen. Die restlichen gut 80 Millionen finden irgendwie nicht statt. Um die geht es aber auch, und die bekommen ihre Versprechungen weitgehend erfüllt.

              Was den Zuwachs bei den Tafeln angeht, stellt sich die Frage, woher der Druck kommt, sie in Anspruch zu nehmen. Hartz IV ist sicher kein komfortables Ruhekissen, aber zum Überleben reicht es. Und es wird ein Stückchen komfortabler, wenn man sich nicht um die Kosten der Nahrung kümmern muss. Dann ist nämlich mehr Geld für andere Dinge da. Die braucht man vielleicht nicht so dringend wie Essen und Trinken, aber es gibt sie eben auch nirgends umsonst. Insofern sehe ich das Anwachsen der Zahl der Tafeln nicht zwingend als Zeichen zunehmender sozialer Ungleichheit.

              Nun zur Frage, warum der Sozialismus mit so schöner Regelmäßigkeit in bettelarmen Polizeistaaten endet. Sie wollen mir hoffentlich nicht verklickern, dass es nur ein Haufen dummer Zufälle war, das ausgerechnet diese Projekte alle an machthungrige Scharlatane geraten sind, oder? Da ist System hinter, und dieses System hat viel mit der Relation von Wohlstand und Produktivität und der inhärent autoritären Struktur kollektivistischer Gesellschaftsmodelle zu tun: Ohne Produktivität kein Wohlstand, ohne Wohlstand kein stabiles sozialistisches System. Also mussten Blockwarte her, und die rekrutierten sich vor allem aus den Reihen derer, die ursprünglich mal als begeisterte, aufopferungsbereite Idealisten gestartet waren. Sie jetzt als den Grund für das wirtschaftliche Scheitern darzustellen verkehrt Ursache und Wirkung. Tatsächlich hat sozialistische Wirtschaft nie richtig funktioniert, und DAS ist das Hauptproblem.

              • @Normalo:

                "Hartz IV ist sicher kein komfortables Ruhekissen, aber zum Überleben reicht es. Und es wird ein Stückchen komfortabler, wenn man sich nicht um die Kosten der Nahrung kümmern muss. [...] Insofern sehe ich das Anwachsen der Zahl der Tafeln nicht zwingend als Zeichen zunehmender sozialer Ungleichheit." - Da freuen sich die armen "Hartzer" sicherlich, dass sie ein paar Euro vom kläglichen Hartz-IV-Regelsatz dadurch sparen, dass sie sich an der Tafel anstellen dürfen. Über die 'Würde' und was im Art. 1 Abs. 1 GG darüber zu lesen ist, habe ich weiter unten ja schon geschrieben. Dass Sie kein Problem darin sehen, dass trotz Art. 20 GG und Art. 1 GG die Tafeln in Deutschland immer mehr zunehmen, finde ich aber sehr erschreckend.

                Sie schreiben: "Tatsächlich hat sozialistische Wirtschaft nie richtig funktioniert, und DAS ist das Hauptproblem." - Etwas anderes habe ich auch nie behauptet. Übrigens gilt das auch für den ausufernden Kapitalismus, deshalb habe ich oben ja auch geschrieben: "Im 21. Jahrhundert sollte man vielleicht endlich mal ein ganz neues System auf den "Markt" werfen."

                Gehören Sie eigentlich zu den Superreichen? Wenn nicht, wo ist denn dann eigentlich das Problem für Sie, wenn man die Superreichen endlich wieder vernünftig besteuert? Man muss das Steuergeld der Superreichen ja nicht für die Hartz IV Empfänger ausgeben. Es würde ja schon helfen, mit dem Geld unsere kaputten Schulen und Universitäten instand zu setzen. Fehlende Kindergärten mit dem Geld zu errichten, wäre sicherlich auch eine gute Idee. Aber ich vergaß, die Reichen brauchen für ihre Kinder ja keine Kindergärten, Schulen und Unis - denn die haben ihre eigenen Bildungseinrichtungen für ihre Sprösslinge. Natürlich gehören Sie aber nicht zu den Superreichen, wahrscheinlich nicht einmal zu den Reichen, denn dann würden Sie nicht die taz lesen und Kommentare abgeben, die man eher in der FAZ und der Welt vermuten würde, sondern würden ihr angenehmes Leben genießen - natürlich auf Kosten der Armen.

              • @Normalo:

                Sie schreiben: "Ihre Ausführungen klingen ein wenig, als gäbe es in Deutschland nur etwa 2, 5 Millionen Menschen - die "Reichen" [...] Die restlichen gut 80 Millionen finden irgendwie nicht statt. Um die geht es aber auch, und die bekommen ihre Versprechungen weitgehend erfüllt."

                Wir haben etwa 10 Millionen Menschen in Deutschland, die für weniger als 12 Euro die Stunde arbeiten gehen müssen. Dann haben wir über 5 Millionen Hartz IV Empfänger, viele arme Rentner und eine riesige Dunkelziffer an arme Menschen, die statistisch einfach "weggerechnet" wurden. Allein 2,5 Millionen Kinder leben in Deutschland in Armut, sagte der grüne Sozialexperte Sven Lehmann 2018. Lehmann: "Fragen Sie mal eine Mutter, die mit 2,80 Euro am Tag ihr Kind ernähren soll. Das ist unmöglich". Während über 5 Millionen Hartz IV Empfänger froh sein können, dass ihr Hartz IV Regelsatz nicht auch noch vom Amt sanktioniert wird, wissen unsere überbezahlten Manager nicht mehr wohin mit ihrem ganzen Geld. Hartz IV bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen.

                Das "Monopolyspiel" Wirtschaftswachstum soll auch immer so weiter gehen. Wir produzieren jetzt schon so viel an unnützen Gütern, dass das meiste davon sofort auf dem Müll landet. Aber egal: The show must go on – auch wenn die alleinerziehende Mutter hungert, weil das Jobcenter sie sanktioniert hat. Das Krebsgeschwür der Welt heißt Wirtschaftswachstum, und die Auswirkungen sind Armut, Umweltverschmutzung und ein Klimawandel der wohl nicht mehr aufzuhalten ist.

                Die Antwort gegen soziale Ungerechtigkeit wäre eigentlich das BGE, aber das wollen viele konservative Politiker nicht, denn arme Menschen in Deutschland sind für Politiker anscheinend nicht so schlimm wie Reiche ohne Ferrari, Villa und Jacht. Das BGE wird aber kommen, denn wenn eine gute Idee erst einmal da ist, dann ist sie unauslöschlich.

                "Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert." (Albert Einstein)

    • @Ricky-13:

      "Schade, dass 'Die Linke' das Soziale jetzt auch schon ausblendet, nur um sich der "Hartz-IV-Partei" SPD anzubiedern."



      Sie biedert sich BEIDEN Hartz IV Parteien an, B90/Grüne und SPD.

      • @Rolf B.:

        Sie vergessen leider in Ihren Grünenhass die aktuellen grünen Positionen dazu: www.gruene-bundest...ung-statt-hartz-iv

        • @Hans aus Jena:

          Die Positionen nützen doch nix, wenn nix gemacht wird.



          Papier ist bekanntlich gebuldig und das Internet auch.

        • @Hans aus Jena:

          Ich hasse niemanden und nichts. Schreiben Sie also keinen Unsinn und verwechseln Sie nicht mutwillig (berechtigte) Abneigung mit Hass. Auch in der SPD gibt es durchaus Kräfte, die Hartz IV abschaffen wollen. Das lenkt aber nicht von der TATSACHE ab, dass Hartz IV HEUTE immer noch die Würde der Betroffenen massiv antastet und die das den Grünen und der SPD zu verdanken haben.



          Ja, ich weiß, dass grüne WählerInnen davon kaum betroffen sind und z.T. durchaus die Zwangsmaßnahmen gutheißen.

          • @Rolf B.:

            Wenn selbst das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in ihrem Urteil von 2019 sich nicht an ihr Urteil von 2010 erinnert (1 BvL 1/09), dann ist wohl für 5,3 Millionen Hartz IV Bezieher der Art. 1 Abs. 1 GG schon außer Kraft gesetzt.

            Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010 ("Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdiges Existenzminimum ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG." (Urteil des Ersten Senats des BVerfG vom 9.2.2010 – 1 BvL 1/09)) wonach das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums - so ähnlich wird es auch in § 1 Abs. 1 SGB II beschrieben - für unverfügbar erklärt und der Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Gewährleistungspflicht auferlegt wurde, ist schon lange im Papierkorb der Jobcenter verschwunden. Auch viele deutsche Sozialgerichte haben sich nie um dieses Urteil des BVerfG gescherrt.

            Von welcher "Würde" spricht man in Art. 1 GG eigentlich, wenn Millionen Hartz IV Bezieher mit § 10 SGB II in Niedriglohnjobs gezwungen werden können?

            Von welcher "Würde" spricht man in Art. 1 GG eigentlich, wenn 52.000 Menschen - laut Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe - bei uns in Deutschland schon obdachlos auf der Straße sitzen?

            Von welcher "Würde" spricht man in Art. 1 GG eigentlich, wenn jeden Monat 1,6 Millionen Menschen in Deutschland an eine der 947 Tafeln anstehen müssen, um nicht zu hungern?

            Von welcher "Würde" spricht man in Art. 1 GG eigentlich, wenn arme Rentner Pfandflaschen aus dem Mülleimer sammeln müssen, während der ehemalige VW-Manager Martin Winterkorn 93.000 Euro Rente im Monat bekommt?

            Von welcher "Würde" spricht man in Art. 1 GG eigentlich, wenn in diesem Land Manager Jahresgehälter beziehen, wofür eine Krankenschwester - die momentan auch noch mit Corona "kämpfen" muss - zwischen 100 und 300 Jahre arbeiten müsste?

            In diesem Land ist so einiges nicht mehr normal, und das obwohl wir in einem demokratischen Sozialstaat leben.

  • schön zu sehen, dass es noch Menschen mit Rückgrat gibt!

  • Ich lese hier des Öfteren, dass die Partei "die Linke" einen ähnlichen Weg einschlagen würde wie die der Grünen. Das glaube ich nicht. Ich denke, dass beide Parteien sehr unterschiedliche Klientel ansprechen.Wenn man sich die Sonntagsfrage anschaut, liegt die Linke aktuell bei 7 Prozent. Bei der letzten BTW waren es noch 9 Prozent. Das ist erschreckend. Es geht jetzt um den Wiedereinzug in den BT.Wenn die Partei nicht in den nächsten Monaten es schafft zu vermitteln, wofür sie eigentlich steht, wird es mMn nichts mit dem Einzug in den BT im nächsten Jahr. Und das könnte ich erschreckenderweise sogar verstehen.

  • Spätestens seit dem Kampf der Angepassten gegen Sahra Wagenknecht mit ziemlich klarer Unterstützung auch einiger taz Leute, war doch klar, dass der neue Kurs Richtung hipper Großstadtmilieus geht, wo die soziale Frage und das Los der Hartz IVer keine große Rolle spielt. Daran waren KIpping und Riexinger erheblich beteiligt.

    Es wird so sein, wie früher bei den Grünen, als die unter Fischer u. Co. Olivgrüne wurden. Linke verließen die Grünen scharenweise. Ich weiß, wovon ich rede. Bei Die Linke wird es ähnlich sein.

    • @Rolf B.:

      Das ist ja nun mindestens unsoweit falsch, als dass ausgerechnet Kipping, also die Wagenknecht- Gegenspielerin überhaupt, von Hannemann ausdrücklich ausgenommen wird vom Vorwurf des Desinteresses für soziale Fragen. Die These, dass Wagenknecht sich diesbezüglich besonders profiliert hat, müsste auch erst mal wenigstens im Ansatz belegt werden. Und die Grünen waren immer vor allem grün und dann erst rot. Und zwar in der Basis. Die Veränderung ist also von ganz anderer Art. Das "olivgrün" mag ja stimmen, hat aber nur mit Fragen der Sicherheitspolitik zu tun, also nichts mit dem hier aufgeworfenen Thema. Für die Linke gelten da sowohl andere Regeln als auch andere Vorraussetzungen. Dass sie grundsätzlich die Partei ist, deren sozialpolitisches Engagement am glaubwürdigsten ist, ist doch wohl klar. Dass die Linke keine reine Klientelpartei werden darf ist aber auch klar, denn leider wählt das klassische Klientel der Linken ja auch reichlich braun, oder blau, obwohl die ja ganz unverholen sozialpolitisch auf FDP- Linie liegen. Wenn man jedenfalls schon die einzig verbliebene linke Partei ist, sollte man sich Kämpfe um die reine Lehre echt schenken sollte. Ausgerechnet jetzt auszubrechen, wo es eine kleine Chance auf rot- rot- grün gibt, ist leider bezeichnend. Was will Hannemann damit gewinnen? Was kann sie gewinnen?

      • @Benedikt Bräutigam:

        Hannemann wird dabei nichts gewinnen ! Außer das Sie sich am nächsten Tag noch in den Spiegel anschauen kann, ohne sich dabei für sich zu schämen! Ich finde das Überzeugungen aus tiefsten Herzen, das es Dinge sind die uns zu dem machen was wir sind. In der Politik sind heute zu viele Selbstdarsteller unterwegs und ganz wenige die wirklich etwas zum positiven für unser Volk bewegen möchten, die meisten Denken nur an sich selbst, das ist deren Maxime. Ich habe sehr viel Respekt und Hochachtung für die Entscheidung der Frau Hannemann, denen die eigene Grundüberzeugung wichtiger ist, als das schielen auf den nächsten Posten und das um die Preisgabe der eigenen Seele!

        • @taz.manien:

          Das mit dem in den Spiegel schauen ist ja fein und gut, aber effektiv hat die Linke jetzt eine starke Fürsprecheron für die Abschaffung von Hartz IV weniger und Parteien links der Linken keine wirklichen Hoffnungen auf Einzug in irgendwelche Parlamente. Das heißt, das Thema wird nur weiter unter den Tisch fallen und Niemandem ist geholfen. Ich persönlich bin zumindest der Meinung, dass selbst die Hoffnung, die politischen Stellschrauben nur ein hunderstsel eines Grades nach links bewegen zu können immer noch besser ist, als nicht mehr mitzumischen wegen "der Prinzipien". Von daher fand ich die Abneigung der Linken gegen Regierungsarbeit aber schon immer etwas albern.

          • @Snip Snap:

            Sie hat ja gerade deswegen aufgehört, wenn ich das mit Ihren Worten sagen kann, weil Sie keine Möglichkeit mehr hatte oder sah die politischen Stellschrauben auch nur um ein Hundertstel eines Grades verschieben zu können in Richtung der betroffenen für die Sie gekämpft hat! Frau Hannemann hat auch sehr schön und plausibel Ihre Gründe genannt, für mich ist es nicht nur nachvollziehbar es ist sogar logisch! Wenn ich nichts bewegen kann, dann muss ich mich bewegen!

        • @taz.manien:

          Nunja, wem es reicht, immer schon Recht gehabt zu haben, der mag sich nach so einem Abgang im Großen und Ganzen wohlfühlen.

          Aber was ist mit dem Ziel, das, was man für richtig hält, auch wirklich zur Realität werden zu sehen? Ist das nicht - auch und gerade für jemanden mit tief empfundenen Idealen und hohen Zielen - mindestens genau so wichtig, um sich noch im Spiegel anschauen zu können? Oder reicht die reine Seele, die nur nichts erreicht?

          • @Normalo:

            Sie bringen mich auf einen Gedanke: Was, wenn Frau Hannemann diese 5% in einer Partei vereinen würde?

            • @Elli Pirelli:

              Das "Was wäre wenn...?"-Spielchen ist natürlich immer eine angenehme Alternative zur "Was IST, und was GEHT?“. Angesichts der Wählerpotenziale reiner Linksprojekte wie der WASG oder Wagenknechts Sturm im Wasserglas vor zwei Jahren halte ich Ihre Hypothese auch für wenig realitätsnah, aber spielen wir es durch:

              Dann hätte(!) sie 5% und keine politische Grundlage, damit groß etwas Besseres anzufangen, als weiter Fundamentalopposition zu betreiben. 5% sind keine Mehrheit, und die inhaltliche Schnittmenge zwischen ihrer Plattform und dem Rest des parlamentarischen Spektrums wäre noch geringer als die der Realo-Linkspartei. Was soll das bringen?

          • @Normalo:

            Sie hat sich bestimmt dafür entschieden den Weg auf eine andere Art und Weise zu gehen! Ich glaube nicht daß Sie Ihre Ideale aufgegeben hat, nur weil Sie aus der Partei ausgetreten ist. Sie wird wenn Sie wirklich daran glaubt, versuchen einen anderen erfolgversprechenden Weg zu finden um das umsetzen was Ihr bestimmt eine Herzensangelegenheit ist! Es gibt nicht nur den einen Weg! Nur für Sie persönlich, und das kann ich nur mutmaßen war die Perspektive düster,



            keinen für die Umsetzung Ihrer Ideale an Unterstützung zu haben in der Partei, zumal die Partei von diesem Image profitierte, für Sie persönlich aber das nie Image bedeutete sowie den Partei Oberen wie man jetzt sehen kann, sondern entsprach Ihrer tiefen Überzeugung!

            • @taz.manien:

              Na, dann bin ich mal gespannt, welchen "erfolgversprechenden" Weg sie außerhalb der Partei finden wird, die von allem, was so halbwegs 5%-tauglich ist, noch am ehesten konsequent gegen die Missstände von Hartz IV angehen würde. Außer der Obskurität des noch linkeren Randes sehe ich wenig ideologische Heimat für eine so stringente Linke. Erfahrungsgemäß finden solche idealistisch en Aussteiger meist recht flott ein, dass man außerhalb der Parteikarriere auch irgendwovon leben muss und dass sich das durchaus hübsch komfortabel bewerkstelligen lässt, wenn man es nicht zu idealistisch angeht...

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Es ist aber für die Linke nicht ganz einfach . Rosa schrieb im Dez. 1918( Rote Fahne , Nr. 29, 14.12. 1918): Die Arbeit niemandes Qual, weil jedermanns Pflicht! Ein menschenwürdiges Dasein jedem, der seine Pflicht gegen die Gesellschaft erfüllt. Der Hunger hinführt nicht mehr der Arbeit Fluch, sondern des Müssiggängers Strafe!



      Also HartzIV weg, und Arbeitspflicht um die Gesellschaft voran zu bringen.



      Ich denke nicht Alle werden damit einverstanden sein.

    • @Rolf B.:

      genau so ist es !

  • Die Hartz4-Empfänger sollen geopfert werden, um "Regierungsfähigkeit" zu demonstrieren. Schließlich haben SPD und Grüne praktisch kein soziales Profil mehr, da kann die Linke ja nicht aus der Reihe tanzen, Hauptsache regieren.

    Die wahre Schande ist immer noch, daß SPD und Grüne keinen Grund sehen, sich für Hartz 4 zu entschuldigen oder doch wenigstens den Kurs zu korrigieren. Lieber spinnt man eine Erzählung darüber, wie gut die Agenda 2010 doch für die Wirtschaft gewesen sei.

    Einige Linke, die eher aus der Hipster-Ecke kommen und keine eigene Erfahrung / keinen Bezug zu Hartz 4 haben, sind sehr schnell bereit, das Thema fallenzulassen. Das ist dasselbe Problem wie bei den Grünen: Deren Lebenswirklichkeit ist gutbürgerlich, Hartz 4 ist wie ein anderer Planet für die. Gendersternchen erscheinen da schnell wichtiger als Kinderarmut. Wer nicht betroffen ist oder doch wenigstens Kontakt mit Betroffenen hat, der versteht das Problem nicht.

    Ich habe keine Lust, diese Hipsterlinken zu wählen. Ich möchte eine linke oder grüne Partei, die bei Zukunftsthemen stark ist, die keine Grundsatzdiskussionen mehr über EU und NATO führt, aber trotzdem nicht ihre soziale Basis verläßt. Warum ist das so schwer? Das soziale Themenfeld ist doch verdammt noch mal reichhaltig, so schnell geht einem da die Munition nicht aus! Bedient euch doch daran, Wahlkampfmaterial gibt's da wahrlich genug!

    • @kditd:

      Links blinken und rechts abbiegen, ist ein Hobby der Sozis. Von denen gibt es auch in der Linken offenbar einige. Es winken Pöstchen und die Machtversuchung, etwas gestalten zu können. Nach der Erfahrung, von Macht verführt worden zu sein, muss mensch sich wie Grüne und SPD nur noch einreden, dass mensch für das Land wichtig und nicht ersetzbar sei und schwupps machste die xte Auflage einer Koalition mit der CDU. ;-)

      • @Uranus:

        Wenn man zuweit links immer noch links abbiegt kommt dreht man sich im Kreis und kommt rechts wieder raus.

        Es fängt meist mit der populistischen Mär (und Schulterschluss mit Rechts) von den geldgierigen postengeilen Politikern an.

    • @kditd:

      "Ich habe keine Lust, diese Hipsterlinken zu wählen. "

      Ich auch nicht (mehr).

  • Die Linke wird die selbe Entwicklung nehmen wie die Grünen, bei Ihrer ersten Regierungsbeteiligung, die Grünen haben damals unter Fischer Ihre Seele verkauft! Die Grünen haben damals den Pazifismus als Monstranz vor sich her getragen, kaum waren Sie in der Regierung, waren wir schon in Jugoslawien im ersten Krieg der Bundesrepublik nach dem 2. Weltkrieg involviert! Der eine oder andere Linke in der Partei wird es ziemlich egal sein, welche inneren Werte über Bord geworfen werden müssen, um regieren zu können! Sie haben jetzt Blut geleckt, und da sind Überzeugungen nur hinderlich, um in die Regierung einzutreten, denn die Fleischtöpfe sind soooooo lecker!

    • @taz.manien:

      "... waren wir schon in Jugoslawien im ersten Krieg der Bundesrepublik nach dem 2. Weltkrieg involviert!" - insinuiertes Blech! Man unterziehe sich gefälligst der Mühe, vgl. Fischer-O-Ton, 7 Seiten DIN-A4:



      www.lmz-bw.de/file...her-kosovorede.pdf

  • Genau, Sanktionen abschaffen, damit die Betroffenen die Beine noch schöner hochlegen können.

    • @charly_paganini:

      Da ist er mal wieder, der billige Mem, HartzIV-ler seien nur zu faul zum Arbeiten.

      Es zeugt nicht nur von Unkenntnis der Realität, sondern auch von einer menschenverachtenden Einstellung.

      Lesen Sie weiter Ihre Bild.

    • @charly_paganini:

      es muss ein phantastisches Leben sein: kein Geld, keine gesellschaftliche Teilhabe, keine Lobby und stigmatisiert als faules Pack...

    • @charly_paganini:

      "Sanktionen abschaffen, damit die Betroffenen die Beine noch schöner hochlegen können."

      Wir haben Millionen Hartz IV Empfänger, die von dem kargen Existenzminimum, was man ihnen gibt, gerade mal so eben "leben" können. Während Gerhard Schröder (SPD) damals aus Deutschland das Niedriglohnland Nummer 1 in Europa gemacht hat und den Spitzensteuersatz für die Reichen von 53% auf 42% senkte, sowie die Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften steuerfrei gestellt hat, müssen die kleinen Arbeitnehmer, denen man mit der Angst vor Hartz IV die Löhne immer mehr senkt, jeden Euro zweimal umdrehen.

      Wir haben etwa 10 Millionen Menschen in Deutschland, die für weniger als 12 Euro die Stunde arbeiten gehen müssen. Wir haben 5,3 Millionen Hartz IV Empfänger, die am Tag gerade einmal 5 Euro für Lebensmittel zur Verfügung haben. Wir haben viele Rentner, die so wenig Rente bekommen, dass sie schon Pfandflaschen aus den Mülleimern sammeln müssen. Auf der anderen Seite haben wir in diesem Land Manager, die Jahresgehälter beziehen wofür eine Krankenschwester zwischen 100 und 300 Jahre arbeiten müsste. Wer legt hier also die Beine hoch - die armen "Hartzer" oder die "Oberen Zehntausend", die nicht mehr wissen, wo sie ihr vieles Geld noch anlegen können?

      • @Ricky-13:

        Manager werden von Unternehmen bezahlt, Hartz IV-Empfänger vom Steuerzahler. Welches Problem haben Sie damit, wenn eine Unternehmung ihren Führungskräften so hohe Saläre zahlt? Ihr Geld ist es doch nicht, dass dort fließt.

    • @charly_paganini:

      Der Regelsatz für eine Person beträgt 432,- Euro.

      Davon muss man sich Lebensmittel kaufen, Kleidung, Dinge des täglich Bedarfs, einen bequemen Sessel mit großem Schemel und jede Menge weiche Kissen, um die Beine schön hochlegen zu können.

      Dann geht man zum Kühlschrank, für dessen Kauf man bei der Behörde ein Darlehen aufnehmen musste und holt sich eine Dose kaltes Bier.

      Ich wusste wirklich nicht, dass unter an sich intelligenten taz-Lesern noch solche Zerrbilder gepflegt werden.

      Man lernt eben nie aus.

      • @Jim Hawkins:

        Ich kann verstehen, dass man den Regelsatz als zu niedrig ansieht, darüber muss man immer wieder diskutieren. Aber die Kritik am ALG2 bezieht sich meist nicht auf den Regelsatz, sondern auf die Sanktionen, und die sind ja nun wirklich vermeidbar, wenn man grundsätzlich bereit ist, irgendwann auch wieder selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen.

        • @Ruediger:

          Das klingt jetzt so, als wären die Betroffenen einfach nicht bereit, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.

          Das wird der Wirklichkeit wohl kaum gerecht und demütigt die Betroffenen, die ohnehin schon ganz unten sind.

          Mir fehlt die Fantasie, dass sich jemand aus freien Stücken in eine Lebenssituation begibt, die äußerst prekär und ziemlich aussichtslos ist.

          Aber das Bild von dieser Gruppe hat sich wohl verfestigt, wofür ihr Post ja auch nur ein weiterer Beleg ist.

          Wer nicht will, muss nicht so leben.

          Aber: Warum tun das dann ein paar Millionen?

          Zu faul? Zu viel TV und Chips? Zu dumm? Ist im Prinzip egal.

          • @Jim Hawkins:

            Wen meinst du jetzt mit "dir Betroffenen"? Alke, die Hartz IV beziehen oder diejenigen, die Sanktionen bekommen, weil sie sich nicht an die Regrln halten?

            • @Ruediger:

              Comme ci, Comme ca.

              So wie ich das bei Bekannten erlebt habe, geht ein längerer Bezug von Hartz IV mit der Zunahme von Hoffnungslosigkeit und wohl auch Gleichgültigkeit einher.

              Ich könnte mir vorstellen, dass bei einigen Depressionen oder andere psychische Probleme eine Rolle spielen.

              Dazu die nicht selten demütigende Behandlung, überflüssige bis idiotischen Maßnahmen und Kurse.

              Viele sind einfach in keinem guten Zustand, sollen aber Gewehr bei Fuß stehen für Dinge, die nicht einleuchten. Einfach so, weil es eben möglich ist.

              Dass man da mal einen Termin verpasst, das ist die häufigste Verfehlung, wundert mich nicht.

              Und: Man bekommt dort kaum Hilfe, eher Stress.

              Mir scheint, das ganze Programm dient auch dazu, denen die schlechte Arbeit haben, zu sagen: Mach weiter, was sonst kommt, ist übel.

              • @Jim Hawkins:

                Trotzdem ist es ja nicht zuviel verlangt, ab und zu einen Termin wahrzunehmen. Ich habe den Eindruck, dass auch Maßnahmen, auch wenn sie oft sinnlos sind, den Menschen oft eine Struktur geben. Aber ja, viele Maßnahmen sind kritikwürdig, ebensobwie teilweise der Umgang mit Kunden auf den Ämtern. Aber niemand diskutiert darüber, wie man das verbessern kann, stattdessen geht es in der Diskussion immer um die Sanktionen, die die meisten überhaupt nicht betreffen und die Missbrauch durch eine kleine Minderheit auf Kosten aller anderen verhindern (sollen), auch auf Kosten der anderen ALG2 Empfänger. Dass immer an diesem Punkt angesetzt wird, zeigt, dass es gar nicht darum geht, wie man es besser, fairerund menschlicher machen kann, die Menschen dazu zu bringen, selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sondern dass es um einen ideologischen Kampf geht.

              • @Jim Hawkins:

                Und nicht zu vergessen: Da hängt eine ganze riesige Industrie dran. Da verdienen sehr schräge "Arbeitslosen-Instandsetzer" mit ziemlichem Schwachsinn seeehr viel Geld. Und das soll gefälligst so bleiben.

                • @Elli Pirelli:

                  Ja, was man so hört wissen die Lehrer kaum mehr als die Schüler.

                  Und dann heißt es, etwa bei den Sozis: Wir haben uns von Hartz IV verabschiedet.

                  Kann ja sein, es ist aber immer noch die. Wie eine Krankheit.

      • @Jim Hawkins:

        "Die sollen gefälligst arbeiten!" !e1f Wo ist eigentlich Münte, wenn mensch ihn braucht?!

        • @Uranus:

          So sieht das aus.

          Arbeiten und unterm Strich auch nicht mehr haben als ein Hartzer.

          Und überall liest man, Hans und Franz wollen sich von Hartz IV verabschieden.

          Nur Hartz IV hat davon noch gar nichts mitbekommen.

    • @charly_paganini:

      So krass kann man es nun wirklich nicht sagen, aber im Grunde geht es schon um bedingungslose Sozialleistungen. Dass das zum einen kaum zu bezahlen und zum anderen den Ärger der Bezahler führt, wird gerne ausgeblendet. Kann man aber auch, weil selbst die linkeste aller Regierungen das Harzt-IV Prinzip nicht mehr verlassen wird, außer mit erheblichen Absenkungen der Bezüge.



      Was Frau Hannemann gerne vergisst, dass der Fall, dass alle wirklich alle gesetzlichen und fakultativen Leistungen von Bedürftigen abgerufen werden, schon jetzt nicht bezahlbar ist. Das System (öffentlicher Haushalt) lebt davon, dass immer ein Teil der Leistungen nicht gewährt wird. So bleibt mehr für den einzelnen übrig, der doch was beantragt und bekommt. Und das gilt nicht nur für Sozialleistungen ... sondern in gleicher Weise für Förderungen, Steuererstattungen usw.

      • @TazTiz:

        Moment mal: Die Bundesagentur für Arbeit hat doch jedes Jahr Überschüsse in Milliardenhöhe - oder erinnere ich das falsch?

      • @TazTiz:

        "Dass das zum einen kaum zu bezahlen und zum anderen den Ärger der Bezahler führt, wird gerne ausgeblendet." - Mit den 'Bezahlern' meinen Sie sicherlich die Steuerzahler. Die kleinen Steuerzahler wären schon dadurch entlastet, wenn man den Spitzensteuersatz für die Reichen auf die ursprünglichen 53% unter Helmut Kohl (CDU) setzten würde. Momentan ist der Spitzensteuersatz für Reiche bei 42%, also schenkt man seit der Schröder-Regierung den Reichen ständig 11% Steuern. Der Staat könnte auch endlich einmal etwas gegen Steuerhinterziehung unternehmen. Jedes Jahr werden in Deutschland 110 Milliarden Euro Steuern hinterzogen - aber das scheint niemanden sonderlich zu stören. Man könnte auch endlich mal eine Finanztransaktionssteuer einführen, aber man haut ja lieber auf die Schwächsten der Gesellschaft ein.

        • @Ricky-13:

          Wissen Sie, wieviel es der Gesamtheit der Bürger wirklich bringen würde, diese 11% mehr zu verlangen? So wahnsinnig viel Geld bringen die "Reichen" in absoluten Zahlen nämlich nicht nach Hause. Zumal man ja dann fairerweise auch die kalte Progression zurückdrehen müsste, die Rot/Grün damals durch die gleichzeitige Senkung der Spitzensteuersatzgrenze nochmal einen dicken Schub gegeben hat. Unter Kohl wurden die 53% nur für Leute fällig, die mehr als das drei- bis vierfache des damaligen Durchschnitts verdienten. Mittlerweile betrifft der Spitzensteuersatz aber schon Einkommen von gerade mal 20% über dem Durchschnitt.

          Nächster Punkt: Steuerhinterziehung. Der Staat tut schon eine Menge dagegen. Er ist auch echt kein großer Freund von nicht eingenommenem Geld. Nicht zuletzt deshalb leistet er sich auch das mit komplizierteste Steuersystem der Welt. Nur darf der Verfolgungsaufwand nicht den Nutzen überschreiten, wenn das am Ende finanziell was bringen soll. Und die ganzen 110 Milliarden einzustreichen, wäre ohnehin illusorisch.

          Die Transaktionssteuer zuletzt würde nur Sinn machen, wenn man sie global hinbekäme, weil Börsenwerte nunmal die mobilste Form von Kapital überhaupt darstellen. Aber faktisch wäre das nicht einmal EU-weit durchzusetzen.

    • @charly_paganini:

      Na, sicher! Wobei "die Beine noch schöner hochlegen" eine Romantisierung darstellte. Mal pragmatisch formuliert - fänden Sie es eigentlich okay, dass der Staat sein selbst definiertes Existenzminimum regelmäßig unterläuft und seine eigenen Grundsätze wie Menschenwürde mit Füßen tritt?

  • Eine absolut nachvollziehbare und richtige Entscheidung. Die HartzIV-Parteien SPD und Grüne sind nach wie vor nicht regierungsfähig.

  • Respekt Frau Hannemann. Leider gab es in der Linken von ihrer Sorte immer zu wenig und von den Parteilingen zu viel. Deswegen ist die Linke jetzt da wo sie hingehört.

  • Hartz IV ist kein Kampf gegen die Armut, es ist ein Kampf gegen die Armen. Bravo, Frau Hannemann.