Kritik an Islam-Äußerung: Seehofer kriegt's von allen Seiten

Politiker und der Zentralrat der Muslime kritisieren den Bundesinnenminister, der meint: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Die AfD freut sich.

Schild mit Deutschlandfahne und durchgestrichenem Halbmond

Rechtsextreme geben Seehofer recht. Auf der Demo „Wir für Deutschland“ zeigen sie deutlich, was ihrer Meinung nicht dazugehört Foto: imago/Ipon

Berlin taz | Vertreter der Bundesregierung, der Opposition und muslimischer Verbände haben die Äußerung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zurückgewiesen, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Deutschland sei „historisch christlich und jüdisch geprägt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Inzwischen lebten aber Millionen Muslime in Deutschland. „Auf Basis der Rechtsordnung gehört auch der Islam zu Deutschland“, so Seibert.

Auch der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek, wandte sich gegen Seehofer. Ein Heimatminister, der sich am ersten Tag seiner Amtszeit derart unsolidarisch zeige, habe sich „umgehend disqualifiziert“ und handele „sträflich verantwortungslos“, sagte er.

Bundesinnenminister Seehofer hatte im ersten Zeitungsinterview nach seiner Ernennung einen Unterschied zwischen der Religion und ihren Anhängern gemacht. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehört der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland“, sagte er der BILD.

Seit der damalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU) 2010 in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit sagte: „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“, polarisiert dieser Satz. Die ihn bejahen wünschen sich einen liberaleren Umgang mit Muslimen, die ihn verneinen verlangen ein härteres Vorgehen. Vertreter von SPD, FDP, Linkspartei und Grünen kritisierten Seehofer am Freitag einhellig.

Söder sitzt die AfD im Nacken

Gespalten ist dagegen die Union. Interessant war daher vor allem die Äußerung des am Freitag neu gewählten bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Er hatte 2012 zur Überraschung vieler gesagt, der Islam sei „ein Bestandteil Bayerns“. Jetzt, ein halbes Jahr vor den bayerischen Landtagswahlen, ruderte Söder vorsichtig zurück. Die christlich-abendländische Kultur sei prägend für Deutschland, das solle auch in Zukunft so bleiben, sagte Söder.

Dem neuen Ministerpräsidenten sitzt die AfD im Nacken, die in Umfragen auf bis zu 12 Prozent in Bayern kommt. In Sachsen-Anhalt zeigte sich AfD-Fraktionschef André Poggenburg erfreut: „Diese Botschaft hat Seehofer wortwörtlich unserem Grundsatzprogramm entnommen“, sagte er. Poggenburg will Ende März seinen Fraktionsvorsitz niederlegen, nachdem er wegen diffamierender Äußerungen über türkische Migranten („Kameltreiber“) kritisiert worden war. In de Tat unterscheidet auch die AfD zwischen dem Islam und seinen Anhängern: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland. […] Viele Muslime leben rechtstreu sowie integriert und sind akzeptierte und geschätzte Mitglieder unserer Gesellschaft“, heißt es im Programm.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.