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Wirtschaftsausblick der BundesregierungMär vom kranken Mann Europas

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Ein Sozialabbau würde nur den Rechtsextremismus stärken. Um die Wirtschaft wirklich anzukurbeln, muss Geld in Energiewende und Infrastruktur fließen.

Die Stimmung ist schlechter als die Lage und die deutsche Wirtschaft jammert und jammert und hofft auf Sozialabbau Foto: Political-Moments/imago

F rüher Klassenprimus, heute auf einem der hinteren Ränge: Keine Frage, die erfolgsverwöhnte deutsche Wirtschaft hat Probleme. Wenn überhaupt, dann wächst sie in diesem Jahr weitaus schwächer als die Volkswirtschaften in der Nachbarschaft. Die Erwartungen der Bundesregierung sind entsprechend verhalten. Dennoch bleibt die deutsche Volkswirtschaft eine der stärksten der Welt. Die Stimmung ist schlechter als die Lage, wenn jetzt das Jammern über die schwache Konjunktur angestimmt wird.

Aber: Öko­no­m:in­nen sagen, dass die wirtschaftliche Entwicklung zu einem sehr großen Teil auch eine Frage der Psychologie ist. Wenn das stimmt, ­reden Ver­tre­te­r:in­nen von Branchenverbänden, Union und selbst der Regierungspartei FDP mit ihrem Lamento über die angeblich so schlechte Lage die deutsche Wirtschaft in eine depressive Episode.

Gleichzeitig verweigern CDU/CSU und Frei­de­mo­kra­t:in­nen die Maßnahmen, die nötig wären, um die in der Tat nach langem Aufschwung ermüdete Wirtschaft auf Vordermann zu bringen: Nötig sind Anschubinvestitionen des Staates für den klimagerechten Umbau von Unternehmen und Gesellschaft, für die Energiewende und für die Modernisierung der Infrastruktur. An guten Ideen dafür mangelt es nicht. Aber am Finanzierungswillen.

Es ist durchsichtig, worum es den Zweck­pes­si­mis­t:in­nen geht. Das Wehgeschrei von der deutschen Wirtschaft als „kranker Mann Europas“ ist verknüpft mit sehr konkreten Vorstellungen von der vermeintlichen Behandlung, mit der eine Gesundung erreicht werden soll. Liberale, Christ­de­mo­kra­t:in­nen und ihr Anhang aus Ver­bän­de­ver­tre­te­r:in­nen wollen mit ihren Unkenrufen den Boden für einen großflächigen Sozialabbau bereiten. Neu ist das nicht.

Auch der Einführung der mit drastischen Einschnitten verbundenen Hartz-Gesetze durch die rot-grüne Regierung vor fast 20 Jahren ging das Schlechtreden des Wirtschaftsstandorts voraus. Getrommelt wird jetzt unter anderem für Kürzungen beim Bürgergeld, wie Hartz IV jetzt heißt – obwohl das maximal das Existenzminimum sichert, in vielen Fällen nicht einmal das. Den Betrieben würde das nichts bringen. Kein Unternehmen hat etwas davon, dass Arme noch ärmer oder gar ins Elend gestoßen werden.

Sozialabbau ist kein Mittel gegen Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel wird mit Sozialabbau, der angeblich Leute zur Arbeitsaufnahme bringt, mitnichten gemildert. Firmen suchen qualifizierte, erfahrene Beschäftigte. Für die allermeisten Em­pfän­ge­r:in­nen von Bürgergeld hält der Arbeitsmarkt aus vielen Gründen keinen Job bereit. Dieses Problem wird nicht durch Kürzungen gelöst.

Sozialabbau bringt nicht nur volkswirtschaftlich nichts, er ist auch politischer Sprengstoff. Jeder Angriff auf die soziale Sicherheit befördert Abstiegsängste in weiten Teilen der Bevölkerung – ein Konjunktur­programm für Rechtsextreme.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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51 Kommentare

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  • Deutschland braucht einen starken Binnenmarkt um z.B. Exportverluste durch die Wirtschaftskrise in China abzufedern. Wir brauchen eine Regierung, die für billige Energie sorgt, in den USA sind die Energiekosten nur bei einem 1/3 der deutschen, nicht gleichzeitig aus Öl, Gas ,Atom und Kohle aussteigt, nur mit Wind und Sonne funktioniert keine Volkswirtschaft. Wir brauchen weniger Subventionen , die hauptsächlich dazu dienen, eine verheerende Wirtschaftspolitik zu kaschieren. Warum wählt die Arbeiterschaft AfD : Weil die Regierung das Wohlstandsversprechen nicht mehr einlöst . Ich bin seit einem halben Jahrhundert Sozialdemokrat und von der Politik meiner Partei sehr enttäuscht. Das ist natürlich KEIN Grund in den Rechtsextremismus abzudriften, aber es gilt auch festzuhalten : Die Wirtschaftspolitik der Ampel befördert Abstiegsängste und damit den Rechtsextremismus.Die AfD ist unter der Ampel größer und größer geworden und nicht durch Abbau von Sozialleistungen, wie die Kolumnistin suggeriert.

  • Kurzversion: Alle Steuern und Umlagen vom Strompreis nehmen, den Bürgern den Strom wieder für 15 Cent/kWh anbieten und schon lohnen sich E-Autos und Wärmepumpen auch in Deutschland wirtschaftlich.



    Das gleiche für die Industrie, damit der Strompreis im europäischen Schnitt liegt, und schon steigt die Nachfrage an, weil die Produkte wieder konkurrenzfähig sind.

  • Seltsam das die Liberalen immer dann nach dem Staat rufen, wenn es mal Eigeninitiative erforderte. Sonst wollen sie immer so wenig wie möglich Staat.

  • "

    Ein Sozialabbau würde nur den Rechtsextremismus stärken."



    Nun, dann fahren wir doch zum Beispiel einfach die Rüstungsausgaben wieder zurück.

  • "Aber: Öko­no­m:in­nen sagen, dass die wirtschaftliche Entwicklung zu einem sehr großen Teil auch eine Frage der Psychologie ist. Wenn das stimmt, ­reden Ver­tre­te­r:in­nen von Branchenverbänden, Union und selbst der Regierungspartei FDP mit ihrem Lamento über die angeblich so schlechte Lage die deutsche Wirtschaft in eine depressive Episode."

    Mal wieder die üblichen Verdächtigen also. Habeck ist aber meines Wissens immer noch Mitglied der Grünen:

    "Die deutsche Wirtschaft ist nach Einschätzung der Regierung in schwierigem Fahrwasser. »Wir kommen langsamer aus der Krise als erhofft«, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hat ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr deutlich von 1,3 Prozent auf nur noch 0,2 Prozent gesenkt. »Das weltwirtschaftliche Umfeld ist labil, das Wachstum des Welthandels historisch niedrig, was für eine Exportnation wie Deutschland eine Herausforderung ist«, so Habeck." www.spiegel.de/wir...-affe-d74e5abe6f34

    Natürlich kann man über "Ansschubinvestitionen des Staates" nachdenken. Eigentlich sollte sich aber herumgesprochen haben, dass auch die regelmäßig geforderten keynesianistischen Ansätze wahrlich kein Allheilmittel sind. Jedenfalls können sie auf Dauer nicht die fehlende Wettbewerbsfähigkeit kompensieren. Im übrigen liegt es auch nicht am fehlenden Geld. Nach wie vor ist das Zinsniveau relativ niedrig. Aber investiert wird halt nur, wenn auch die Gewinnerwartungen stimmen.

  • Aufschwung oder Rezession sind hierzulande nicht von den ökonomischen Daten abhängig, sondern davon, wer gerade regiert

  • Die Regierung hat Lohnerhöhungen im Öffentlichen Dienst stark ausgebremst, in vielen anderen Branchen wurde der Reallohnverlust nicht aufgefangen, es hieß, wenn man das so macht, dann geht die Inflation zurück und die Preise für Nahrungsmittel sinken. Nun ist das nicht so gekommen, aber die Nachfrage schwächelt. Ja, genau, weil sie das sollte. Dass damit kein Plus beim BIP erzeugt werden kann, ist wohl auch keine Überraschung. In unserem Land glaubt die Regierung, dass man die Auslandsmärkte dann einfach stäkrer befüllen kann, dass die Exportzugewinne, dann ausgleichen. Das ist viel zu kurz gedacht.



    Die Wirtschaft hat momentan zwei Kernprobleme: Fachkräftemangel und schwache Binnennachfrage. Mindestens die eher schwache Binnennachfrage ist ein altes Thema, das wurde schon in den 1980ern mal festgestellt.



    Ein guter Ansatz wäre es, bei Superreichen und Topverdienern mehr Steuern zu generieren, den Mindestlohn stärker anzuheben und höhere Abschlüsse der Gewerkschaften zuzulassen. Dann benötigen wir Investitionen in die Infrastruktur, in den sozialen Wohnungsbau und vielerorts auch in Bildung und Ausbildung. Mit der Energiewende alleine schafft Deutschland das nicht. Und die Aufrüstung und Verteidigungsfähigkeit wird auch negative Konsequenzen haben, insofern muss bei den Steuern eine höhere Gerechtigkeit erzeugt werden, sonst zahlt die Mitte immer mehr und 2025 oder 2026 müsste dann irgendwie die nächste Mehrwertsteuererhöhung folgen, wenn man in dem bisherigen Konzept bleiben will. Dann wird aber der Konsum gedrosselt. Und es wäre für arme und kinderreiche Familie sehr ungerecht.

  • So ist es. Wirtschaftsliberalismus gebiert Faschismus.

    • @tomás zerolo:

      Interessante These, allein es mangelt an Evidenz für diese Behauptung.

    • @tomás zerolo:

      Wie populistisch. Gefällt mir, Tomás!

  • Es ist ein Armutszeugnis für die linke Bewegung in Deutschland, dass man sich nicht vorstellen kann, dass ein Abbau der Sozialsysteme dazu führen könnte, dass man selbst wieder Aufschwung kriegt.



    Genau dieser Diskurs um arbeitsscheue Arbeitslose (die es nicht in relevanter Zahl gibt) und deren weitere Entrechtung sollte von (radikalen) Linken genutzt werden

    Stattdessen schreibt man darüber den Erfolg der Faschisten herbei.

  • Zum Hundertenmale.

    "Sorgt für Soziale Gerechtigkeit und die AFD ist gesichte".

    • @ulf hansen:

      Sie mögen mich für verwegen halten, aber ich glaube nicht, dass die tatsächliche oder vermeintliche soziale Ungerechtigkeit für den Höhenflug der Afd verantwortlich ist. Aus meiner Sicht ist es vorallem ein anderer Grund, der die Leute zu diesen Rattenfängern treibt: das Gefühl, das der Staat mit der Zuwanderung überfordert ist (kaum Abschiebungen von unberechtigten Personen, bis zu 10 Identitäten bei gefassten Verbrechern, 30T€ Bürgergeld, während die familie längst wieder in Nigeria wohnt und niemandem fällt das auf etc)

    • @ulf hansen:

      Wäre soziale Gerechtigkeit ein relevanter Faktor für die Wähler der AfD, läge die Partei bei unter 1 % dazu muss man sich nur das Programm ansehen. Der AfD-Wähler hat real nur ein relevantes Thema. Und das sind die pösen Ausländer.

  • Das ganze dumme Gequatsche der Neoliberalen ist NAIRU (inflationsneutrale Arbeitslosenquote). Oder politisch ausgedrückt: Welche Zustände müssen vorherrschen (auch: herbeigerufen oder böswillig vorangetrieben werden), damit die Menschen Maßnahmen gegen ihre Interessen hinnehmen.

    • @Gerhard Krause:

      Böswillig vorangetrieben ist zutreffend.

  • "Jeder Angriff auf die soziale Sicherheit befördert Abstiegsängste in weiten Teilen der Bevölkerung."



    /



    Und das ist den ProtagonistInnen auch vollkommen klar, einkalkuliert, weil das für die Wahlkampfstrategie gegen die Ampel als Thema gut zieht. Deutschland hat auch andere Belastungen und Talsohlen bereits überstanden, mit Angst zu operieren, das ist keine nachhaltige Option im Hinblick auf notwendige Veränderungen im Transformationsprozess der Gesellschaft mit zahlreichen "unverschuldeten" Krisen, die als schicksalhaft gelten könnten.



    /



    taz.de/Langzeitfol...Pandemie/!5956714/

  • „Zweckpessimismus“ - zumindest in der



    Bauwirtschaft, eine wesentliche Säule der Gesamtwirtschaft, wohl eine



    komplett falsche Beschreibung, wenn



    man sich die Zahlen anschaut, auch kein



    Wunder aufgrund der Zinssteigerungen.



    Viele Projektentwickler und Baufirmen



    werden Pleite gehen. Und der Stellenabbau in der Industrie hat erst



    begonnen, ist vielleicht deshalb nicht so



    sichtbar, da es durch Nichtbesetzung



    der durch die Verrentung der Babyboomer freigewordener Stellen passiert.

  • "Sozialabbau bringt nicht nur volkswirtschaftlich nichts, er ist auch politischer Sprengstoff. Jeder Angriff auf die soziale Sicherheit befördert Abstiegsängste in weiten Teilen der Bevölkerung – ein Konjunktur­programm für Rechtsextreme."

    Ich halte diese These zumindest für sehr gewagt.

  • Ob die angebliche Absicht zu "Sozialabbau" wirklich existiert oder nicht, kann dahin gestellt bleiben - in der aktuellen Situation haben sie tatsächlich wenig zu suchen.

    Staatsausgaben sind ebenfalls nicht die Lösung, denn die Wirtschaft ist aktuell angebots-, nicht nachfragebeschränkt.



    Wobei Infrastrukturprojekte meistens sinnvoll sind.

    Was die Wirtschaft braucht, ist ziemlich einfach: Bezahlbare Energie.



    Und da bringt Zukunftsmusik vom grünen Wasserstoff oder EE-Ausbau aktuell wenig.

    Die Regierung sollte tun, was sie 2022 überraschend erfolgreich getan hat:



    Energielieferanten für heute sichern, nicht nur für übermorgen.

    • @Frauke Z:

      ja und jetzt hat in brandenburg bei ner abstimmung eine 2 drittel mehrheit sich gegen einen ausbau von tesla gestimmt.es sollte dort ein bahnhof gebaut werden damit die e-autos per zug und nicht per lkw abtransportiert werden ,können.ja die leute wollen eben lieber stinkende lkw.s auf ihren strassen.und bald werden chinesische e-autos das land überschwemmen anstatt dass die autos hier produziert werden.umweltfreundliche deutsche grüne autos sind eben schlecht nach meinung der leute im afd land brandenburg

    • @Frauke Z:

      30 cent die kilowattstunde der gleiche preis wie vor corona

    • @Frauke Z:

      Hat sie doch schon längst. Energie ist auch wieder bezahlbar. Das Jammern geht trotzdem weiter, was die These des Artikels ganz gut unterstützt.

  • genau so ist es!

  • Ist es so einfach? Ich weiß ja nicht. Nach meiner Einschätzung liegt weder die FDP mit ihrer Fixierung auf die „freien Marktkräfte“ richtig, noch die Riege der sozialen Wohlfühlfraktion. Es gibt reale Probleme eben nicht nur bei denen, die abhängig beschäftigt (gefühlt) zu wenig vom Wohlstand abbekommen, sondern auch bei denen, die sich fragen, wassre vom schon Erworbenen wirklich wieder riskieren sollten. Da fehlt ganz eindeutig beiden Seiten eine Visionsbasis - und sei es „nur“ ein visionärer Kanzler. Aber an der Stelle ist wohl die größte Leerstelle der Ampelregierung.

    • @vieldenker:

      Na, viele der aktuellen veritablen Krisen wurden von Männern mit Visionen losgetreten. Bitte verschonen Sie uns damit.

  • Das ist wirklich mal eine gute Überschrift!



    Wie vor wenigen Wochen bereits im Zusammenhang mit der positiven Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung Griechenlands erläutert wurde (Artikel von Frau Herrmann), bleibt Deutschland trotz wirtschaftlicher Stagnation oder leichter Rezession Europas stärkste Volkswirtschaft.



    Um die Jahrtausendwende war Deutschland tatsächlich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation.



    Dies war eine Folge aus der vollkommen verfehlten Wirtschaftspolitik nach der Wiedervereinigung.



    Kohls Vision von " blühenden Landschaften" setzte er durch die Schließung der ostdeutschen Wirtschaft um.



    So brachte die CDU es fertig, aus einer wirtschaftlich starken BRD in Westeuropa und einer wirtschaftlich starken DDR in Osteuropa den " kranken Mann Europas" zu formen.



    Die SPD unter Gerhard Schröder fegte nur die Scherben zusammen.



    Die heute in linken Kreisen immer noch harsche Kritik an diesem Einschnitt in den Sozialstaat verkennt die Tatsache, dass in der Folge die deutsche Wirtschaft beständig gewachsen ist.



    Eine Sicht auf die Dinge, die ohne Ideologie, beispielsweise im europäischen Ausland, sehr klar so bewertet wird.



    Die derzeitige Krisensituationen wurden stark sozialdemokratisch angegangen, eben durch Sozialprogramme. Das Bürgergeld ist eines davon.



    Die oben genannte Kritik ignoriert beispielsweise die Tatsache, dass das Bürgergeld in diesem Jahr um 12% erhöht wurde.



    Im Übrigen haben wir heute in Deutschland die höchste Beschäftigungszahl der deutschen Geschichte.



    Ich stimme mit der Autorin des Artikels völlig überein, dass CDU und FDP die Situation bewusst schwarz malen.



    Wo ist die Überraschung?



    Die EU Wahl steht vor der Tür.



    Tatsache ist allerdings, dass die CDU gerichtlich das neue GEG ausgebremst haben, dann gerichtlich den Umbau der Wirtschaft verhindert.



    Nun verhindert die CDU auch noch das Wachstumschancengesetz.



    Die CDU beweist hiermit wiederholt Ihre völlige Inkompetenz in volkswirtschaftlichen Fragen .

    • @Philippo1000:

      Die Deutsche Wirtschaft ist seit 1990 gewachsen, 2009 und 2020 gab es ein kleines Minuswachstum. Der Zusammenhang ist leider statistisch nicht erkennbar. Das Wachstum scheint keine Folge der Einschnitte in den Sozialstaat gewesen zu sein. Und die Beschäftigtenzahl sagt heute leider was anderes aus als 1990 oder Westdeutsch 1982, weil es einen Niedriglohnsektor gibt und weil seit 2005 die Möglichkeit besteht, zu arbeiten und parallel Sozialleistungen zu erhalten.

    • @Philippo1000:

      Die SPD unter Schröder hat ein bisschen mehr getan als das, nämlich das Kapitalinteresse nach Flexibilisierung und Prekarisierung der Arbeit vorangetrieben. Die deutsche Wirtschaft ist daraufhin zwar gewachsen, aber erstens auf Kosten des europäischen Auslands, was übrigens in diesem Ausland, z.B. Spanien, auch durchaus sehr klar gesehen wird, und zweitens auf Kosten der Binnennachfrage (oder anders ausgedrückt: Auf Kosten der deutschen Arbeiterschaft), was die bis heute bestehende, krisenanfällige und unsoziale Ausrichtung der deutschen Wirtschaft auf den Export verursacht. Die harsche Kritik daran ist deshalb nicht nur von links berechtigt.

      Das Bürgergeld wurde in diesem Jahr so viel erhöht, um die in etwa gleich hohe Inflation auszugleichen. Bei 12% muss man eigentlich noch in Frage stellen, ob das als Ausgleich überhaupt reicht. Real erhöht wurde da jedenfalls nichts.

      Auch sonst war an der aktuellen Krisenbearbeitung nichts sozialdemokratisches. Es gab lediglich ein paar Anflüge von ökonomischer Rationalität, der sich auch die neoliberalen Ideologen, die sonst in der SPD den Ton angeben, nicht ganz zu verschließen vermochten. Das "Inflationsausgleichsgesetz", die minimalistische Kindergrundsicherung, die verstolperte Mindestlohnerhöhung, das Festhalten an der Schuldenbremse, das Schüren von Ressentiments gegen Arbeitslose und die menschenfeindliche Migrationspolitik zeigen, dass es bei der SPD trotzdem keinen grundlegenden Kurswechsel in Richtung Sozialdemokratie gibt.

    • @Philippo1000:

      "Dies war eine Folge aus der vollkommen verfehlten Wirtschaftspolitik nach der Wiedervereinigung."

      Nicht direkt.



      Die hohe Arbeitslosigkeit resultierte aus der Euro-Einführung und einer, im Euro-Vergleich, hohen deutschen Inflation - ausgehend von bereits hohen Löhnen und Preisen.

      Ohne Euro hätte die Mark in dieser Situation



      abgewertet, und die Lage hätte nicht so weit eskalieren können.

      Die Agenda 2010 hat deshalb funktioniert, weil sie die deutsche Inflation unter den Euro-Zonen-Durchschnitt gedrückt hat.

  • Sozialabbau ist eher gut für die linken Parteien und schlecht für die Rechten. Rechts ist gut verdienender, meist männlicher Mittelbau, vorwiegend im Osten.



    Konsum ist gut, keine Frage, jedoch weit aus weniger gut als Invests. Invests werden durch Steuerbegünstigungen viel besser befördert als durch Anschub von x oder y. Warum? Weil Anschub thematisch fixiert werden muss, bei allgemeiner Steuer ist das Investfeld viel breiter. Der Staat muss aufhören es besser zu wissen als der Unternehmer, was der denn machen soll. Das mit allgemeiner Steuersenkung ist schon sinnvoll.

    • @Tom Farmer:

      "Sozialabbau ist eher gut für die linken Parteien und schlecht für die Rechten. Rechts ist gut verdienender, meist männlicher Mittelbau, vorwiegend im Osten."

      Es ist vor allem die Angst vor dem Abrutschen, die Rechten Wähler zutreibt. Das war schon 33 so. Die Kleinbürger haben Hitler groß gemacht.

    • @Tom Farmer:

      Und wenn ich noch einmal diesen Quatsch höre "Der Staat muss aufhören es besser zu wissen als der Unternehmer"..

      Unternehmen treffen betriebswirtschaftliche Entscheidungen. Sie treffen KEINE industriepolitischen Richtungsentscheidungen für die Allgemeinheit. Ökonomisch können sie das nicht, demokratisch dürfen sie das nicht, und faktisch tun sie es auch nicht. Dafür ist der Staat da. (Neo-)Liberale haben leider vergessen, dass Dinge wie "Allgemeinheit" und "Politik" existieren, deswegen kennen sie leider nur noch Betriebswirtschaft.

      • @Wonko the Sane:

        "Unternehmen treffen betriebswirtschaftliche Entscheidungen. Sie treffen KEINE industriepolitischen Richtungsentscheidungen für die Allgemeinheit."

        So weit, so richtig. Industriepolitische Richtungsentscheidungen können aber keine betriebswirtschaftlichen Entscheidungen ersetzen. Und sie fallen auch oft unbewusst - z. B. in der Hochschulpolitik, wenn der Staat mal wieder einem "heißen Scheiß" hinterherrennt und dabei die Nachwuchsausbildung fürs Brot- und Butter-Geschäft vernachlässigt.



        Die Bauwirtschaft hat sich beispielsweise entschieden, in einem gewissen Rahmen verstärkt eigene Mitarbeiter an staatliche Hochschulen als Lehrbeauftragte abzustellen. Dieser betriebswirtschaftliche Rahmen sorgt aber angesichts der Altersstruktur in der Branche nicht für Ingenieurnachwuchs in ausreichender Menge, um politisch kommunizierte Ziele (400.000 Wohnungen pro Jahr, Instandhaltung der Infrastruktur oder sogar Ausbau der Schiene) in Planung, Genehmigung und Ausführung zu erfüllen.

        Andere - weniger ortsgebundene - Branchen beschränken sich auf lautstarkes Jammern über Fachkräftemangel und betriebswirtschaftliche Planspiele mit Automatisierung oder Teil-Verlagerung ins EU-Ausland. Erst recht wenn sie noch von anderen industriepolitischen Entscheidungen (oder Nicht-Entscheidungen) tatsächlich oder gefühlt betroffen sind.

      • @Wonko the Sane:

        Bemerkenswerte Vorurteile! Bemerkenswerte Erwartungen! Die Sie da haben. Der Staat schafft die Rahmenbedingungen, möglichst weit gefasst; als Beispiel: CO2 einsparen um xy%.



        Genau das tut er nicht, sondern sagt: Baue genau den Pelletsofen aus der Liste A mit Modell Nr. 0815 ein, dann bekommst du einen Zuschuss von xy hundert €, aber nur bis 31.12 . Und das läuft eben immer mehr in diese Richtung. Zu jedem Thema. Und das ist ein Problem. Warum? Weil der Staat nicht alles wissen kann, was 80 Mio Bürger so umtreibt. Er maßt sich das aber an. Von Asyl bis Nahrung bis Energie bis 'was Unternehmertum bedeutet'.

    • @Tom Farmer:

      Das Gegenteil trifft zu.

      Noch mehr Steuervergünstigungen für Unternehmen führen nur zu höheren Profiten, Aktienrückkäufen und Finanzmarktblasen, aber nicht zu Investitionen. Deutsche Unternehmen sind im Durchschnitt Nettosparer, d.h. sie haben genug Geld. Das allein sollte ein Alarmsignal sein. Wenn die Investitionsmöglichkeiten sehen würden, dann würden sie das nutzen, abgesehen davon, dass sie auch Kredite aufnehmen könnten. Tun sie alles nicht. Warum nicht? Weil sie zur Zeit nicht wissen, wo es in Zukunft Profite gibt. Deswegen bleiben die einfach auf ihrem Geld sitzen. Da muss man mal einen Schritt über die neoklassische Phrasendrescherei hinaus denken.

      Deswegen muss der Staat durch klare, langfristige Wirtschaftsstrategie inklusive Ordnungspolitik erstens Investitionssicherheit schaffen und zweitens den Unternehmen durch eigene Investitionen, evtl. sogar Staatsunternehmen, Beine machen.

      Und Sozialabbau ist auch nicht "gut" für linke Parteien, das haben wir dank Agenda 2010 ja nun hinreichend erprobt.

      • @Wonko the Sane:

        absolut richtig!



        zusätzlich zu diesen Optionen muß der Staat aber auch besteuern, wenn Firmen Ihre Gewinne nicht mehr einfach steuerneutral parken können, sondern nur durch investieren eine Besteuerung senken können, wäre das auch eine Möglichkeit Investitonen zu fördern.



        Das Schlupfloch Finanzmarkt darf auch nicht steuerlich so begünstigt werden. Die "gesparten" Gewinne liegen ja nicht auf der Bank, die werden im Finanzsektor investiert. Ganz einfach weil, die Rendite dort planbarer ist, keine Investionskosten anfallen und weniger Steuern auf die Gewinne anfallen, als auf eigene Gewinne aus der Realwirtschaft. Das ist nicht mal verwerflich, das ist einfach der einfachste Weg Rendite zu erzielen. Völlig logisch und nachvollziehbar. Was nicht nachvollziehbar ist, ist weshalb der Staat diesen Money Drain aus der Realwirtschaft auch noch steuerlich begünstigt.

        • @nutzer:

          Schlupfloch Finanzmarkt!? Erklären Sie doch bitte mal wo denn da das Geld renditeseitig herkommt. Danke.

  • Dem Artikel ist in seiner Richtigkeit nichts hinzuzufügen.Das Programm der Wirtschaftsverbände, CDU/SU/FDP ist ein Konjunkturprogamm für die AFD.



    Linke bekämpfen sich gerne untereinander... Keine guten Vorzeichen für die Demokratie!

  • Nun zeigt die offizielle Statistik des Ministeriums über 2 Mio Arbeitslose, ohne Berücksichtigung derjenigen, die aus verschiedenen Gründen nicht arbeiten können.



    Das ist kein Grund für Sozialabbau, aber wohl einer zum Nachdenken.

    • @1Pythagoras:

      Es gibt eine sogenannte Sockelarbeitslosigkeit die selbst in Hochkonjunkturphasen nicht verschwindet. Diese Arbeitslosigkeit können sie selbst in Boomphasen nicht reduzieren. Deshalb sprechen wir auch ab unter 3% Arbeitslosenquote bereits von Vollbeschäftigung. In den USA wird beispielsweise nur als arbeitslos gezählt, wer weniger als 1 Jahr arbeitslos ist. Das bringt dann deutlich realistischere Werte für die Statistik. Selbst bei uns in einer der strukturschwächsten Regionen des Landes wird überall händeringend nach Arbeitskräften gesucht. Wer derzeit partout keinen Job findet, dem ist im Prinzip nicht mehr zu helfen. Das stellt daher dann aber natürlich keine Ressource dar, aus der der eklatante Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften irgendwie kompensiert werden könnte.

    • @1Pythagoras:

      Die Wirtschaft sucht Fachkräfte. Nicht die Leichen unseres Bildungssystems.

    • @1Pythagoras:

      Alles andre als banal, auszusenden das Signal: Reduktion hier von Erbarmen, damit !Reiche nicht verarmen. Arbeitslos, ob kurz, ob lang, war für "Rechts" schon mal Anfang.



      /



      "Doch reines Sparen bringt eben nichts, was sich übrigens bereits bei der Agenda 2010 studieren ließ. Die rot-grünen Kürzungsprogramme haben in Deutschland eine Wirtschaftsflaute provoziert, die erst endete, als 2005 die neugewählte Kanzlerin Merkel schlau genug war, auf weitere Sparprogramme zu verzichten."



      /



      Quelle taz-Archiv Ulrike Herrmann 2013❗



      taz.de/Kommentar-A...enzahlen/!5070176/



      /



      Damals die Schlusszeilen:



      "Es mag zynisch klingen, aber es wäre eine gute Nachricht für die Eurozone, wenn die Arbeitslosigkeit in Deutschland wieder steigen würde."



      Ja, wirklich ein Grund zum Nachdenken, anschließe mich.

  • Eine Mär? Eher eine schreckliche Wahrheit.

    Trotz Facharbeitermangel werden aktuell 40.000 Fachkräfte entlassen. Kein Unternehmen würde dies ohne dringenden Grund tun, sind sie doch kaum wieder zu finden.



    Dieser Schwund beginnt gerade erst anzulaufen. Ich widerspreche ihnen ausdrücklich und bin fest davon überzeugt, dass 2024 eine wirtschaftliche Katastrophe wird.



    Wobei die Ampel nicht an allem schuld ist, vieles wurde unter Merkel schon verbockt.



    Ihrem Optimismus setze ich die Prognose eines Wirtschaftswachstums von -1.5% entgegen, nicht die +1,2 die noch vor einer Woche galten und nicht die 0,3% die Habeck gerade nannte.

    Ende des Jahres werden wir sehen wer recht hat, und ich hoffe das bin nicht ich.

    • @Rudi Hamm:

      Der DAX steigt und steigt...

      Den Unternehmen geht es also nicht ganz so schlecht.

      Allerdings wollen sie hier ähnliche Subventionen erpressen, wie sie unsere Freunde jenseits des Atlantiks verteilen.

    • @Rudi Hamm:

      richtige Beobachtung und richtige Prognose, nur bei den Gründen stimme ich nicht zu.



      eine wachsende Exportwirtschaft, trotz der aktuellen Krise, in der Gesamtschau ein Einbruch, weil die Binnenwirtschaft lahmt, weil das Geld fehlt. Den Haushalten, wegen der Preissteigerungen, der Wirtschaft wegen der höheren Zinsen und weil der Staat in dieser Situation prozklisch ebenfalls das sparen anfängt, es gibt schlicht niemanden der aktuell Wachstum erzeugen könnte, weil alle sparen. Wenn alle sparen kann aber niemand mehr als zuvor verdienen, das ist unmöglich.



      Diese Problematik ist nicht neu, nur hat der Export, den schon leit langem schwachen Binnenmarkt statistisch überdeckt.



      Fachkräftemangel, Sozialstandards, nichts davon kann das Wachstum erzeugen oder verhindern. Es ist der fehlende Konsum.

      • @nutzer:

        Gute Analyse,



        doch meine ich dass es den meisten Bürgen gar nicht am Geld fehlt, sondern dass sie ob der Unsicherheiten und Zukunftsängste ihr Erspartes nicht ausgeben, sondern als Reserve bunkern.



        Denn die Tatsache dass wieder sehr viel Urlaub gebucht wird, zeigt doch dass Geld da ist.

        Um den Konsum wieder anzukurbeln bedarf es somit in erster Linie auch Vertrauen und einem klaren Kurs der Ampel. Aber statt diesem klaren Kurs, der Beständigkeit von Aussagen und Gesetzen sieht man laufend öffentliche Streiterei der Ampelpartner und wie sie sich gegenseitug Knüppel in die Füße werfen. Das schafft kein Vertrauen.

      • @nutzer:

        Was aber auch daran liegt, dass versucht wird den Konsum zu unterbinden.



        Jede Art des Konsums wird mit Klimaschädlich abgestempelt, oder Umweltschädlich, Dekadenz und vielen weiteren...



        Manche Gründe sind gut, aber viele sind halt auch wirklich schlecht.

        Zu diesem öffentlichen Konsumkritiken kommen dann halt noch schwache Politische Leistungen hinzu mit teils sprunghafter Politik wie das beenden der E-Autoförderung binnen 1 Woche. Viele hatten da bei Kaufentscheidungen mit dem Bonus gerechnet der dann wegfiel.

        Man kann sich nicht mehr auf die Politik verlassen, so dass niemand mehr groß investiert.

        • @Walterismus:

          das mag für Privathaushalte zutreffen, die Wirtschaft investiert so lange es sich finanziell lohnt, eine sprunghafte Politik trägt dazu bei, Investitionen zu erschweren, auch richtig, so lange es sich aber finanziell lohnt, die Abzahlung ´des Kredites (inkl anderer Kosten), der für die Investition benötigt wird geringer ist, als die erwarteten Umsätze wird Wirtschaft investieren.



          Man darf nicht den Fehler machen einzelne Wirtschaftsbereiche mit der Gesamtwirtschaft gleichzusetzen.



          Klar bei unsicherer Perspektive für die Energiewende wird dort weniger investiert, aber dieser Bereich ist bei weitem nicht die Gesamtwirtschaft, gleiches gilt analog für alle Wirtschaftsbereich.



          Bei der Energiewende geht es um einen potenziellen Wachstumsmotor, der in der Lage wäre ein neues kräftiges Wirtschaftswachstum zu erzeugen. jetzt entscheidet sich, ob dieses Wachstum in D generiert wird oder wir zu reinen Konsumenten chinesischer Produkte werden, ergo nicht am Wrtschaftswachstum in diesem Bereich partizipieren werden. Das ist es was in der Macht der Politik liegt.



          Die Weigerung der fdp und cdu Anfangshilfe ergo Subventionen zu leisten und dem sturen Beharren auf "Der Markt wird schon von alleine nach D kommen, weil wir so toll sind", verhindert die Partizipation D`s an diesem künftigenWachstum.