Wagenknecht und eine neue Partei: Ich, ich, ich

Die Noch-Linke Sahra Wagenknecht will vielleicht eine Partei gründen. Linkspartei-Vize Katina Schubert fordert Sanktionen.

Sahra Wagenknecht wird fotografiert, das Gesicht ist beleuchtet

Sahra Wagenknecht bei einer Wahlkampfveranstaltung für die Linke in Berlin im Januar 2023 Foto: Jörg Carstensen/dpa

BERLIN taz | Sahra Wagenknecht will sich bis Ende des Jahres entscheiden, ob sie eine neue Partei gründet. Eine Partei, „die glaubwürdig für Frieden, Freiheit, soziale Gerechtigkeit eintritt, wird gebraucht“, sagte Wagenknecht bei „ZDFheute“. Allerdings zaudert die Noch-Linke und fürchtet, dass ihre Neugründung „schwierige Leute“ anziehen werde. Zudem müssen man „Strukturen aufbauen“ – offenbar kein Herzensprojekt der 53-Jährigen.

Wagenknecht klingt nicht sonderlich entschlossen, die Mühsal einer Parteigründung auf sich zu nehmen. „Ich kann mir auch eine Perspektive als Publizistin und Schriftstellerin vorstellen. Aber ich möchte gerne politisch auch noch etwas bewegen.“ Und weiter: „Ich möchte meine politische Laufbahn nicht mit einem Flop abschließen.“

In diesen Sätze ist etwas zu viel „ich“, um jene Kärrnerarbeit zu absolvieren, die das deutschen Parteiengesetz für die Gründung einer Partei vorsieht. In den Niederlanden wäre, was Wagenknecht vorschweben mag, einfacher zu haben. Die rechte Partij voor de Vrijheit hat eine überschaubare Zahl von Mitgliedern – eins, den Parteigründer Geert Wilders. So einfach geht es in Deutschland nicht.

Den Noch-GenossInnen in der Linkspartei geht Wagenknecht seit Monaten währende Koketterie mit der neuen Partei zusehends auf die Nerven. Gregor Gysi, der sich intensiv und erfolglos für eine Versöhnung der Abweichlerin mit der Parteispitze eingesetzt hatte und, anders als die Parteispitze, auch den Friedensaufruf von Wagenknecht und Alice Schwarzer unterstützt hatte, forderte Wagenknecht auf, sich zu entscheiden, anstatt „die Partei ewig zu quälen“.

Auch Parteivize Katina Schubert drängt. „Wagenknecht muss sich jetzt entscheiden, ob sie gehen will, und dann muss sie auch die Partei verlassen. Jedes Spiel auf Zeit schadet der Partei“, so Schubert zur taz.

Schubert bedauert, dass die Sanktionsmöglichkeiten im deutschen Parteiengesetz „nicht sonderlich groß“ sind. Ein Parteiausschussverfahren „dauere ewig“.

Was also tun? Ein Ausschluss aus der Fraktion wäre zwar einfacher als einer aus der Partei, aber auch hürdenreich. Zudem will Fraktionschef Dietmar Bartsch das Schisma unbedingt verhindern. Schubert fordert: Die Bundestagsfraktion müsse Wagenknecht „alle Ressourcen entziehen“. Nur so könne verhindert werden, dass die linke Abweichlerin „Fraktionsmittel nutzt, um die mögliche Gründung der neuen Partei zu forcieren“. Zudem müsse die Fraktionsspitze dafür sorgen, dass „Wagenknecht im Bundestag nicht mehr für die Linksfraktion reden darf“, so Schubert.

So unsicher es ist, ob Wagenknecht eine Partei gründen will, so klar ist der Bruch mit der Linkspartei. Die Parteispitze verfolge einen Kurs, der mit ihren Vorstellungen „kaum noch etwas zu tun hat“, so Wagenknecht. Das sieht Katina Schubert – spiegelverkehrt – genauso: „Wagenknecht hat sich schon lange von linker Politik verabschiedet.“

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