Vormarsch der Taliban in Afghanistan: Demokratie hatte nie eine Chance
Die Taliban nehmen Stadt um Stadt ein. Die Politik des Westens ist gescheitert – erst ihr „Krieg gegen den Terror“, dann der vorschnelle Abzug.
E s sieht nicht gut aus für Afghanistan. Provinzhauptstädte fallen schneller an die Taliban, als auch der Autor es für möglich gehalten hätte. Selbst Kabul ist in Gefahr. Ob die Regierung zu einer Verteidigung fähig ist, steht in den Sternen. Welchen Preis eine Gegenoffensive hätte, sieht man in Laschkargah in Südafghanistan. Um einen Angriff auf die Taliban starten zu können, forderte die Armee die Bevölkerung auf, die Stadt sofort zu verlassen. Bombardements im Stadtzentrum folgten; Basare, Schulen, Krankenhäuser brennen. Zivilist:innen werden getötet.
Nach dem 11. September 2001 klammerten sich viele Afghan:innen an die Hoffnung, dass die Anschläge von al-Qaida ihr verarmtes, von rückwärtsgewandten Islamisten regiertes Land wieder auf die weltpolitische Agenda gesetzt hatten. Dass der demokratische Westen ihnen helfen würde. Und er kam, versprach freie Wahlen und Frauenrechte. Allerdings wollte der Westen zugleich einen „Krieg gegen den Terror“ führen und brauchte dazu die Warlords mit ihren Milizen als Verbündete.
Im Ergebnis entstand eine Fassadendemokratie mit einer korrupten Oligarchie als eigentlichen Machthabern. Der Westen akzeptierte, dass Wahlen gefälscht wurden und fälschte sogar mit. Das brachte den Taliban neuen Zulauf als Antiokkupations- und Antikorruptionstruppe.
Afghanistans politische Eliten, aber auch Teile der Zivilgesellschaft verließen sich jahrelang darauf, dass die US-Amerikaner ihr Land nicht fallen lassen würden. Schließlich haben die USA etwa 1,5 Billionen Dollar in den Kampf gegen die Taliban investiert. Doch dann kam Trump. Nach dem Motto „America First“ wurde einseitig ein Truppenabzug beschlossen.
Bündnis mit den Warlords
Das jetzt bestmögliche Szenario wäre für die Afghan:innen immer noch schlimm: Der Westen müsste mit der Drohung Ernst machen, sämtliche Entwicklungsgelder zu sperren, falls eine Taliban-Regierung militärisch an die Macht kommt, und so Verhandlungen über ein Kriegsende erzwingen. Der Preis wäre, die von den USA installierte Regierung von Präsident Ghani fallen zu lassen – und viele Menschen- und Freiheitsrechte aufzugeben.
Die Warlords, oft Islamisten wie die Taliban, wären sicher zur Verständigung bereit. Die Alternative wären Flächenbombardements der Städte, die jetzt von den Taliban kontrolliert werden, was eine Verlängerung des Krieges bedeuten könnte.
Eigentlich müssten die Afghan:innen demokratisch über ihre Zukunft entscheiden. Aber eine echte Demokratie hatte nie eine Chance – auch weil der Westen den „Krieg gegen den Terror“ wichtiger fand und sich mit den Warlords verbündete.
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