Verschärfte Grenzkontrollen: Deutschland auf dem Ego-Trip

Für ihre verschärften Grenzkontrollen bekommt die Ampel Applaus von Europas Rechten. Bei so viel Wahlhilfe kann die AfD sich entspannt zurücklehnen.

Im blauen, mit Sternen umrankten Europa-Symbol steht das Wort Danmark, im Hintergrund ist eine Autobahn zu sehen

Die Ampel verschiebt einige Grenzen in Europa Foto: Carsten Rehder/dpa

Das muss man auch erst mal schaffen: Die Ampel bekommt Applaus von Europas ultrarechtem Rand. Ungarns Autokrat Viktor Orbán gratuliert Olaf Scholz mit den Worten „Welcome to the Club“. Der niederländ­ische Rechtsextremist Geert Wilders will die „gute Idee“ gleich kopieren. Sogar der völkische Aktivist Martin Sellner feiert das „Einlenken der Eliten“.

Ab Montag wird es an allen deutschen Grenzen wieder Polizeikontrollen geben, hat Innenministerin Nancy Faeser verfügt. An der bayerischen Grenze zu Österreich gibt es sie schon seit 2015, an den Übergängen zu Tschechien, Polen und der Schweiz seit Oktober letzten Jahres. Nun werden sie auf den Westen und den Norden ausgeweitet – zunächst für ein halbes Jahr, bei Bedarf länger.

Das hat vor allem symbolische Bedeutung. Fae­ser will vor den Wahlen in Brandenburg zeigen: Wir tun etwas. Der Personalaufwand ist enorm, der Nutzen fragwürdig. Ex­per­t:innen bezweifeln, dass die Zahl der Asylsuchenden dadurch zurückgehen wird. Sicherer wird Deutschland dadurch auch nicht, denn es besteht kein Zusammenhang zwischen illegaler Einreise und Gewaltverbrechen. Dafür drohen Wartezeiten und Staus, die Pend­le­r:in­nen und Warenverkehr behindern. Fae­ser verspricht „smarte Kontrollen“ – eine freundliche Umschreibung für „Racial Profiling“.

Europäische Solidarität? Fehlanzeige

Besonders groß ist der Schaden aber für Europa. Die Botschaft aus Deutschland lautet: Jeder ist sich selbst der Nächste. Europäische Solida­rität? Fehlanzeige. Polens Regierungschef Donald Tusk nannte das deutsche Vorgehen „inakzep­tabel“. Der deutsche Ego-Kurs stößt aber auch in Griechenland, Italien und Österreich sauer auf.

Ausgerechnet die Ampel, die einmal als „Fortschrittskoalition“ antrat, treibt damit den Rechtsruck in Europa voran, zumal die Abschottung nach außen mit Repressionen nach innen in verschiedensten Bereichen einhergeht – gegen Klima­aktivisten, kritische Pro­fes­so­r:in­nen oder pro­palästinensische Gruppen zum Beispiel. Zugleich fallen die Hemmungen, mit den Taliban oder Syriens Diktator Assad zu verhandeln, um Abschiebungen zu ermöglichen. Von einer wertegeleiteten Außenpolitik kann keine Rede mehr sein.

Viele halten diese Politik für alternativlos. Es ist verrückt, dass offenbar niemandem in der Ampel klar ist, wie sehr sie ungewollt Wahlkampfhilfe für die AfD betreibt. Sie adelt deren Paranoia, indem sie deren Forderungen übernimmt und damit die Migration zur „Mutter aller Probleme“ (Seehofer) erklärt. Die AfD kann sich entspannt zurücklehnen und zusehen, wie die anderen ihr Geschäft betreiben. Denn sie kann sicher sein: Die Wäh­le­r wissen, wer das Original ist.

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Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik und Popkultur – inbesondere über die deutsche Innen- und Außenpolitik, die Migrations- und Kulturpolitik sowie über Nahost-Debatten und andere Kulturkämpfe, Muslime und andere Minderheiten sowie über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 folgte das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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