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Vermeintliches Pogrom nach FußballspielMediale Zerrbilder in Amsterdam

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Bei den Ausschreitungen haben Medien und Politik vorschnell einseitige Deutungen übernommen. Auch israelische Hooligans haben Grenzen überschritten.

In der Innenstadt von Amsterdam zünden israelische Maccabi-Tel Aviv-Anhänger Leuchtraketen an Foto: Michel Van Bergen/reuters

L angsam lichtet sich der Nebel um das angebliche Pogrom von Amsterdam. Immer klarer wird, dass viele Medien einseitig berichtet, Falschbehauptungen verbreitet und damit ein Zerrbild gezeichnet haben.

Vergangenen Freitag tauchten in den sozialen Medien verstörende Bilder aus Amsterdam auf. Handyvideo-Aufnahmen zeigten verängstigte junge Männer, die von Männern mit arabischem Akzent bedroht, drangsaliert und misshandelt wurden. Junge Täter auf Mopeds hätten israelische Fans in der Nacht verfolgt, geschlagen und getreten, berichtete die Polizei später.

Israels Regierung dramatisierte die Übergriffe sofort. Staatspräsident Isaac Herzog sprach von einem „Pogrom“, und Premierminister Benjamin Netanjahu kündigte an, Sonderflüge in die Niederlande zu schicken, um seine Landsleute auszufliegen. Israelische Stellen verbreiteten Gerüchte über angebliche Vermisste, und pro-israelische Influencer schlossen sich dieser Panikmache an. Inzwischen liegt ein Bericht der Stadt Amsterdam, der Justiz und der Polizei vor, der die Ereignisse rund um das Fußballspiel minutiös beschreibt. Demnach wurden 62 Menschen verhaftet, darunter 10 Israelis. 5 Menschen wurden für einige Stunden im Krankenhaus behandelt, 20 bis 30 leicht verletzt. Für ein Pogrom ist das eine eher glimpfliche Bilanz.

Nichts rechtfertigt die Gewalt gegen israelische Fußballfans. Und die verstörenden Bilder und Berichte über antisemitische „Hetzjagden“ beunruhigen nicht nur Jüdinnen und Juden. Doch das kriminelle Verhalten israelischer Hooligans deswegen als „übliche Fanscharmützel“ abzutun, ist falsch. Bereits vor dem Spiel hatten sie in der Innenstadt Menschen angegriffen. Hunderte sangen freudig, dass es „keine Schulen und keine Kinder in Gaza mehr“ gebe oder grölten „Fuck the Arabs!“, doch das blieb ungestraft.

Von der Panikmache profitieren rechte Kräfte in Israel und den Niederlanden

Im Stadion störten sie – wohl aus Unmut über Spaniens linke Regierung – eine Schweigeminute für die Opfer der Flutkatastrophe von Valencia. Nach dem Spiel bewaffneten sie sich mit Eisenstangen und Latten, warfen Steine auf Taxis und wurden deshalb von der Polizei eingekesselt. Doch kein Politiker hat ihre Gewalt verurteilt. Von der einseitigen Panikmache profitieren rechte Kräfte.

Mit dem Finger auf Muslime

Für Israels in Teilen rechtsradikale Regierung war es eine willkommene Gelegenheit, sich als Beschützer ihrer Bürger zu inszenieren und zu suggerieren, nur sie allein könne für die Sicherheit von Juden in aller Welt sorgen. Die in Teilen ebenfalls rechtsradikale Regierung der Niederlande nutzt es nun, um erneut mit dem Finger auf Muslime und Migranten zu zeigen und mehr Härte zu verlangen.

Wie schnell Politik und Medien eine völlig einseitige Erzählung übernahmen, lässt für die kommenden Jahre mit Donald Trump in den USA nichts Gutes erwarten. Denn Aufgabe von Journalisten ist nicht nur, empörte Aussagen von Politikern wiederzugeben. Sondern Behauptungen und Fakten sorgfältig zu überprüfen. Darin haben sie versagt. Ihre Fehler sollten sie selbstkritisch aufarbeiten.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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73 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Die Behörden waren bereits zwei Tage vorher gewarnt worden, dass sich da was zusammenbraut.

    Palästinensertrupps bereiteten die Ankunft der Israelis vor: z. B. die provozierenden Palästinaflaggen an entsprechenden Stellen in Szene gesetzt, die von den Israelis natürlich gleich abgerissen wurden.

    Dass die antisemitische Hetzjagd koordiniert war, zeigen Chats, die die britische Zeitung »Telegraph« einsehen konnte. In einer Gruppe namens »Buurthuis« verabredeten sich die Teilnehmer zu einer »Judenjagd«. »Morgen nach dem Spiel, in der Nacht, Teil 2 der Judenjagd«.

    Und natürlich waren plötzlich alle da.



    Ein geplantes Pogrom.

    Free Europe from Hamas!

  • Man muss nicht gleich wieder die Worte aus israelischen Quellen übernehmen. Es war unmittelbar klar, dass das Gewaltereignis in den Niederlanden gar nicht die zahlmässige Dimension für ein "P..om" gehabt haben kann.



    Sind diese Tumulte, Aggessionen und Prügeleinen hässlich - zweifellos. Aber zum Einen fallen Fussballfans ja nicht zum ersten Mal mit Gewalt gegen die Fans der gegnerischen Mannschaft auf. Die richtet sich gegen ebendiese Fan-Gemeinde - und hat in aller Regel keine religiösen Bezüge.



    Nach meinen Informationen begann die Eskalation als die Auseinandersetzung mit dem Abreißen von Palästina-Flaggen diesen Themenbereich verließ. Das ist zum einen ein Hinweis, dass einige israelischen Fans selbst durchaus gewaltbereit angereist sind.



    Medial folgte dann das übliche: jedes Problem wird sofort auf das Judentum der Beteiligten bezogen und antisemitisch gelabelt. Und das Netanjahu diese Steilvorlage für seine Propaganda durch maßlosen Übertreibungen und schlichte Falschaussagen nutzt, kann nun wirklich niemanden mehr überraschen.

  • Danke für diesen Kommentar, der auch der irritierenden Kolumne von Martin Krauss, wonach randalierende und Fahnen verbrennende israelische Hooligans halt das Übliche sind, die Gegenseite aber von Judenhass getrieben sei, eine differenzierte Sicht entgegenstellt. Dass dies hier in vielen Kommentaren ganz anders gesehen wird, überrascht nicht. Denn bei diesen Thema gilt ganz besonders, dass nicht sein kann, was nicht sein darf (bzw. man nicht sehen will).

  • Herr Bax hat natürlich vollkommen recht und das ist auch nicht schwer zu erkennen wenn man sich außerhalb der deutschsprachigen Medien bewegt. Ich finde es mittlerweile wirklich traurig für die Menschen die tatsächlich Opfer von Pogromen wurden wenn es immer noch Menschen gibt die bei solchen Auseinandersetzungen von Pogrom sprechen. Alleine schon der Umstand das Maccabi Fans mit den getöteten Kindern Gaazs prahlen müsste doch jedem zu verstehen geben mit was für einer Gruppe man es zu tun hat. Bei den deutschen Medien habe ich das Gefühl das man nicht schnell genug Pogrom schreiben konnte weil man Angst hat vor dem vor dem man seit über einem Jahr die Augen verschließt.

    • @Flugbesen:

      Ach, welche ausländische Medien sollen das sein? Gibt es da Beispiele? Ich lese regelmäßig Medien aus Frankreich, UK und USA. Ich sehe da keine großen Abweichungen.

  • Ich bin ernsthaft verstört, einen solchen Text in der taz zu finden. (Überrascht, frei nach Doron Rabinovic, nicht). Frage mich zunehmend, ob die anderen, sehr guten Ressorts die Verstörung durch Inhalte wie diesen hier noch rechtfertigen und ob ich eine solche Zeitung unterstützen möchte. Dies hier ist kein "offener Diskurs". Man kann das eine kritisieren, ohne das andere zu legitimieren (was viele, einschließlich der Jüdischen Allgemeinen, tun) - wenn man möchte. Der Autor offenbar nicht. Anders lässt sich dies nicht mehr erklären.

  • Warum steht Hetzjagden hier in Anführungszeichen? Wenn das keine waren, sollte das belegt werden, und wenn es welche waren, wäre diese Form übel.

    Abgesehen davon lässt sich dieser Artikel zusammenfassen als „die Juden waren selbst schuld“. Dazu noch verallgemeinert Medien schlechtreden. Ist das in der Redaktion eigentlich niemandem aufgefallen? Wieso geht der so ins Netz? Das wäre sogar für einen Blogbeitrag zu unreflektiert.

    Mindestens hätte vor diesem Artikel geprüft werden müssen, ob die Kritik an Medien bei der Jüdischen Allgemeinen zutrifft.¹ Ich habe das gerade gemacht. Ergebnis: nein. Die beschreibt sowohl Provokationen Israelischer Fans als auch die Hetzjagden — mit Verweis auf belegbare Quellen, dass diese Hetzjagden geplant waren:

    „… Chats, die die britische Zeitung »Telegraph« einsehen konnte. In einer Gruppe namens »Buurthuis« (niederländisch für Gemeindezentrum) … »Morgen nach dem Spiel, in der Nacht, Teil 2 der Judenjagd.«“

    ¹ www.juedische-allg...erdam-bekannt-ist/

    • @Arne Babenhauserheide:

      ' In einer Gruppe namens »Buurthuis« (niederländisch für Gemeindezentrum) … »Morgen nach dem Spiel, in der Nacht, Teil 2 der Judenjagd.«“

      Und ist auch bekannt, wer das gepostet hat?

    • @Arne Babenhauserheide:

      "Abgesehen davon lässt sich dieser Artikel zusammenfassen als „die Juden waren selbst schuld“. "

      Rechtsradikale marodierende Hooligans, die sich lautstark über getötete Kinder im Gaza freuen, als Teil des Judentums zu begreifen geht gar nicht.

  • Es gab vor über 20 Jahren mal einen Redakteur der „Jungen Welt“: Der Oberbulldozer Werner Pirker, mittlerweile verstorben. Der hatte die Funktion alle anderen Israelfresser dieses Drecksblattes als irgendwie ‘gemäßigt‘ erscheinen zu lassen. Vielleicht ist das ja das Geheimnis bei Herrn Bax.

    • @Torben Jakowski:

      Sehr gute Einschätzung zur Position von Herrn Brax.

    • @Torben Jakowski:

      Etwas is oder Art ist auch meine Hypothese. Danke für das mit bisher unbekannte historische Beispiel!

  • Herr Bax am relativieren und kleinreden. Soweit nichts Neues.



    Ein Progrom möglichst viele Opfer fordern, zumindest wenn es sich um Israelis handelt, bevor es "skandalisiert " werden kann. Statt zu schreiben "zum Glück gibt es wenige Opfer" wird ein bloßes "bitte keine Panikmache".

    Die Tatsache dass das Verhalten der israelischen Hooligans für irgendeine Erklärung herangezogen wird, zeigt eher das Bax den antisemitischen Charakter dieses Progromms schlicht nicht erkennt. Stattdessen greift der Kommentar die Legitimation der Täter unreflektiert auf.

    ".."Sondern Behauptungen und Fakten sorgfältig zu überprüfen. Darin haben sie versagt. Ihre Fehler sollten sie selbstkritisch aufarbeiten." Diese Kollgenen*innen Schelte wird von einer Person geäußert die sich selber nicht daran hält.



    Über das inakzeptable Verhalten der Israelischen Hooligans wurde berichtet z.B in der FAZ, als auch in der jüdischen Allgemeinen. Das hätte eine sorgfältige Prüfung der Faktenlage zur Tage gefördert. Aber dann lässt sich das Bild der einseitigen Berichtserstattung nicht aufrecht erhalten.

    Auch dieser Artikel nützt am Ende nur den Antisemiten und sonst niemanden.

    • @Rabenbote:

      Es geht weniger um das -zumindest teilweise- Berichten des inakzeptablen Verhaltens, sondern um das Bewerten. Und bewertet wurde die gewalttätige Auseinandersetzung einseitig zugunsten der israelischen Gruppe. Darin befanden sich aber alles andere als Unschuldslämmer. Das Auszublenden fiel dann allen Akteuren mit ihrer jeweils politischen Agenda ausgesprochen leicht. Bis hin zum absurden Entsenden von Flugzeugen, denn es hatten wohl fast alle diese Fans ja Rückreisemöglichkeiten gebucht.

      • @Monomi:

        "Nicht teilweises berichtet. "Es wurde berichtet. Was einen nicht passen mag ist die Bewertung, aber deswegen von einseitiger Meinungsmache zu sprechen ist einfach nur überzogen. Letzlich läuft es drauf hinaus die Medien bestätigen nicht meine Meinung, also berichten sie einseitig.

        Es besteht nunmal ein qualitativer Unterschied zwischen den widerlichen Verhalten von Hooligans und einer über Social Media koordinierten Hetzjagd. Die schon längerfristig geplant war..



        Bei der dann Menschen durch die Straßen gehen und nach Staatspässen fragen und kontrollieren.

        www.juedische-allg...erdam-bekannt-ist/

        Leicht scheint es eher bestimmten Personen zufallen die Gewalt kleinzureden. Nach den Motto Es sind ja gar nicht so viele Menschen zu Schaden gekommen,



        Spannenderweise finden sie dann aber das Verhalten der Hools mindestens ebenbürtig,obwohl dabei deutlich weniger Menschen zu schaden kam.



        Damit verbunden wird dann noch so getan als läge die Verantwortung für das Alles bei den israelischen Hooligans und am Ende die "Araber" noch als die Opfer hinzustellen.



        Das ist dann eine einseitige Interpretation der Ereignisse ;)

    • @Rabenbote:

      Herr Bax weiß das alles, er ist ja nicht dumm.

      • @Wurstprofessor:

        Dann stellt sich die spannende Frage, "Was ist er dann ? "

    • @Rabenbote:

      Wenn ein Video, das zeigt, wie Maccabi-Anhänger Araber jagen, als Beweis dafür genommen wird, dass Araber Juden jagen, dann ist das sehr wohl einseitige Berichterstattung.

      • @Francesco:

        Der Punkt ist das Herr Bax so tut als wäre das widerliche Verhalten der Maccabi Hools nicht thematisiert worden, das wurde es. Es gibt also keine einseitige Berichtserstattung ;)

        Nur mal so es gab mehr als nur ein Videos welches die Hetzjagd der Araber auf Juden/Israelis belegen, sowie Augenzeugen berichte über dieses Pogrom.

        Wenn ein falsches Video benutzt wurde muss das kritisiert werden, aber für die Konstruktion einer einseitigen Berichtserstattung reicht das noch lange nicht. Zumal es wie gesagt mehrere Videos und Zeugenaussagen gibt die eben das Pogrom belegen.

        Diese Betonung der "einseitigen Meinungsmache"



        hat Martin August schon treffend als "stammtischartige Einleitung der eigenen Meinung. " bezeichnet.



        Mit objektiven/sachlichen Journalismus, den Herr Bax seinen Kollegen*innen fordert, hat das Ganze jedenfalls nichts zu tun.

  • >Immer klarer wird, dass viele Medien einseitig berichtet, Falschbehauptungen verbreitet und damit ein Zerrbild gezeichnet haben.

    Wie genau etwas "immer klarer wird", das dann doch nur eine Aussage über "viele Medien" und "Falschbehauptungen" wird, das möchte man als Leser gar nicht so genau wissen; es ist doch eher eine stammtischartige Einleitung der eigenen Meinung. Viel interessanter wäre, ob Daniel Bax bei dieser Aussage über "viele Medien" auch das eigene meint - und ob er sich in Wirklichkeit an KollegInnen abarbeitet.

  • Im Fußball werden seit Jahren Grenzen überschritten gibt es sexismus und homo- und transphobie. Von daher kann das doch gar nicht überraschen. Hauptsache es gibt Brot und spiele und niemand schaut auf Politik

  • 62 Verhaftungen, davon 10 Israelis.



    Also 6:1 Araber vs. Israelis.

    Wo genau fand jetzt "eine völlig einseitige Erzählung" statt?

    • @Wonneproppen:

      Manchmal reicht bereits ein Provokateur, der darüber jubelt, dass eine Region kinderfrei geschossen wurde.

    • @Wonneproppen:

      Wo steht etwas über die Zahl der Araber?

  • Es ist ja immer dasselbe Spiel. Gibt es antisemitische Vorfälle wo auch immer und es sind dabei keine SS-Männer in voller Montur aufgetreten, wird relativiert, eingeordnet, abgewogen und die offensichtlich ausgesprochen komplizierte und nahezu nicht zu beantwortende Frage gestellt: Was ist eigentlich dieser Antisemitismus, von dem so viel die Rede ist.

    Dann gibt es da den Versuch zahlreicher Wissenschaftler, eine Arbeitsdefinition, die keinerlei Anspruch auf Endgültigkeit erhebt und wenn man ehrlich ist, überhaupt nicht rigoros oder gar radikal daherkommt.

    Sie hat nur einen Fehler, sie benennt die gegenwärtig dominierende Strömung der antisemitischen Ideologie, nämlich die israelbezogene als solche.

    Und das weiß jeder deutsche Kulturproduzent, das geht gar nicht. Und deshalb unterschreiben sie offene Briefe, bis die Finger wehtun.

    Deshalb ist Antisemitismus selten wirklich Antisemitismus und Pogrome sind keine Pogrome.

    Ex-taz-ler Frederik Schindler hat das in der Welt (uuuh Springer, geht gar nicht!) etwas gerade gerückt:

    www.welt.de/politi...agd-auf-Juden.html

    • @Jim Hawkins:

      Was ist an rassistischen Fans, die darüber jubeln, dass eine Region kinderfrei geballert wurde jüdisch? Es ist ein Unding, dass die Netanjahu Fans und die israelischen Rechtsextremen Juden vorschieben, um dahinter die israelischen Kriegsverbrechen zu verstecken.

    • @Jim Hawkins:

      Relativiert wird hier die rassistische Gewalt der Maccabianhänger.

  • Bei der Randale von israelischen Fans und der im Internet organisierten Hetzjagd handelt es sich um singuläre Ereignisse. Sie zu vermischen bedeutet sie zu instrumentalisieren.

    Medien sollten grundsätzlich objektiv und gemäß Faktenlage berichten.

    Aber leider nutzt Herr Brax auch das Mittel der Relativierung, indem er Schmähgesängen Strafrelevanz zuordnet und ein Pogrom nach Anzahl der Übergriffe definiert.

    Dieses führt dann leider die im Artikel zurecht angemahnten Punkte ad absurdum und ist bei genauer Betrachtung auch nichts anderes als parteiliche Meinungsmache.

    • @Sam Spade:

      "Aber leider nutzt Herr Brax auch das Mittel der Relativierung, indem er Schmähgesängen Strafrelevanz zuordnet und ein Pogrom nach Anzahl der Übergriffe definiert."

      Ein Pogrom steht laut Wikipedia "für Hetze und gewalttätige Angriffe gegen Leben und Besitz einer religiösen, nationalen oder ethnischen Minderheit mit Duldung oder Unterstützung der Staatsgewalt."

      Marodierende israelische Hooligans sind weder eine "religiösen, nationalen oder ethnischen Minderheit" in den Niederlanden noch wurden die Fankrawalle irgendwie vom niederländischen Staat geduldet und unterstützt.

      Man muss also davon ausgehen, dass die Begriffsverwendung "Pogrom" falsch ist und sich fragen, was mit der falschen Verwendung erreicht werden soll.

      • @Rudolf Fissner:

        Diese Argumentation geht ins Lehre den Bax nimmt die Bewertung nunmal aufgrund der Opferzahlen vor und nicht auf Grundlage irgendeiner Defintion insofern ist Spades kritik gerechtfertigt.

        Die Hetztjagd war antisemitisch motiviert es wurde in Chatgruppen zur Judenjagd aufgerufen und andere Menschen nach ihren Pässen gefragt. Es wurde also gezielte Jagd und es kam zu gewaltätigen Angriffen auf eine bestimmte Personengruppe gemacht. Das diese Ausschreitungen an Pogrome erinnern kommt dann nicht von ungefähr ;)



        Insofern stellt sich eher die Frage was mit dieser begrifflichen Haarspalterei erreicht werden soll ?



        Wobei die Antwort eigentlich klar ist.. nämlich bloße Relativiererei von antisemitischer Gewalt und das ganze noch so geframed dass man sich als dabei noch als kritischen Geist oder Beschützer von Minderheiten im Kampf gegen Rechts wahrnimmt.

        Während man ebenjene Rechten ironischerweise in ihrer Argumentationsweise genau kopiert.

      • @Rudolf Fissner:

        Ihre Wikipedia Definition entspricht den antisemitischen Progromen des 20 Jahrhunderts.

        Heute wird der Begriff weiter ausgelegt und findet auch Verwendung wenn die Opfer keine Juden sind. So wurden u.a. die Ausschreitungen in Südafrika 2008 auch als Pogrom bezeichnet.

        Auch ist die Duldung oder Unterstützung der Staatsgewalt nicht mehr zwangsläufig Bestandteil eines Pogroms heutiger Lesart.

        Eine bessere Quelle als Wikipedia ist in diesem Fall die Darstellung der Landeszentrale für politische Bildung. Auf deren Homepage wird der Begriff von seiner Entstehung bis zur heutigen Verwendung ausführlich erläutert.

        • @Sam Spade:

          Und welche Definition benutzen Sie, anhand derer Sie behaupten, dass Herr Brax sich eine eigene Definition zusammenstrickt (was er übrigens nicht getan hat)? Bzw. welche Definition, auf die Sie sich berufen, unterstützt überhaupt die Bezeichnung für die Fälle in Amsterdam?

    • @Sam Spade:

      Ich kann keinen qualitativen Unterschied zwischen der rassistischen Gewalt der Maccabianhänger und der antisemitischen Gewalt auf der andern Seite erkennen.

      • @Francesco:

        „keine Schulen und keine Kinder in Gaza mehr“, während Gaza bombadiert und ausgehungert wird, würde ich nicht als "Schmähgesang" bezeichnen, und doch, in vielen Artikeln wurde das nicht erwähnt



        Seine Anmerkung zum Pogrom finde ich auch nicht gelungen, aber dass das nicht mit der Nazizeit zu vergleichen ist, ist doch ziemlich klar

  • "Auch israelische Hooligans haben Grenzen überschritten."



    Ach was? Machen die so etwas? Dann ist ja das "Bild" das man gerne so sehen würde, nicht mehr haltbar. Wie so oft prügeln sich Fußballfans, vor dem Spiel, während des Spiels und nach dem Spiel. Jetzt denen, außer die gähnende Leere im Kopf, was zu unterstellen, würde mir nicht einfallen.

    • @Mouse:

      Da haben sich nicht Fans geprügelt. Da haben Hooligans Unbeteiligte angegriffen.

  • Kommentar entfernt. Bitte Belegen Sie Ihre Behauptungen mit seriösen Quellen. Danke, die Moderation

    • @MadCow:

      Umgekehrt wird doch ein Schuh daraus: viel zu lange hat aus Angst vor Rassismusvorwürfen die Augen verschlossen vor einem stark verbreiteten Antisemitismus in der arabisch-muslimischen Bevölkerung. Geahnt hat man es wohl und eben aus Angst davor als Rassist zu gelten unterdrückt. Und selbst jetzt wo das offensichtliche Problem nicht mehr zu verleugnen ist versuchen nicht wenige wie zum Beispiel Herr Bax diese hässliche Tatsache zu verneinen, zu relativieren, zu begründen oder schlicht zu leugnen. Der Artikel ist doch ein schönes Beispiel hierfür: Schuld sind die Fans selbst mit ihrem in Teilen tatsächlich unsäglichem Verhalten. Nur rechtfertigt „Passkontrollen“, besser Selektionen, um herauszufinden wer Israeli ist? Und wie passt es, dass die Hetzjagden offensichtlich schon vor ab geplant wurden? Aber klar, selbst schuld, alles halb so wild und mit Antisemitismus und Israelhass hat das nun wirklich nichts zu tun, gelle?

  • Wichtig scheint mir in diesem Zusammenhang die Differenzierung Juden/Israelis.

    overton-magazin.de...smus-in-amsterdam/

    • @Kuddel_Chaos:

      Die Angreifer haben diese Unterscheidung laut Telegraph nicht gemacht, sondern zur „Judenjagd“ aufgerufen.

      • @Arne Babenhauserheide:

        Natürlich haben sie diese Unterscheidung nicht gemacht. Für diese Personengruppe sind Israeli und Jude quasi Synonyme.



        Der "schlauere Teil" von denen sagt nur Israeli, um sich im Zweifel rausreden zu können.

        • @Rabenbote:

          Die Maccabi-Hooligans haben doch auch keine Unterschiede gemacht.

  • Fragwürdige Parolen zu gröhlen ist nicht dasselbe wie gewalttätige Hetzjagden - auch wenn das Antisemiten-Versteher wie Daniel Bax nicht wahr haben wollen.

    • @yohak yohak:

      Die Maccabiultras haben nicht nur Parolen gegrölt. Sie haben genau die gleiche Art von Gewalt ausgeübt wie die Gegenseite.

  • Die Schlusssätze könnte Herr Bax gern bei sich anwenden.

    Auf die Verabredung zur Judenjagd, die vorher von einigen am Krawall Beteiligten erfolgte, geht Herr Bax nicht ein.

    Und ganz wichtig: Es könnte den Rechten nützen. Mit dieser Totschlagbehauptung wird linker und migrantischer Antisemitismus gern unter den Teppich gekehrt.

  • Die israelischen Hooligans haben vor den pogromartigen Ausschreitungen also provoziert, und die Bilder, die wir davon gesehen haben, waren teilweise falsch zugeordnet. Das die Szenen dennoch stattgefunden haben, bestreitet nicht mal Herr Bax, und nutzt Kniffe, die ich interessant finde.

    Die abschätzige Bemerkung, 20 bis 30 leicht Verletzte seien für ein Pogrom eine eher "glimpfliche Bilanz", ist bemerkenswert. Ja, sollen sich die "Zionisten" halt mal nicht so haben, sie haben es ja auch irgendwie provoziert, und am Ende war es alles eben doch nicht so schlimm. Kann man so sehen. Ich habe aber Zweifel, ob man z.B. bezüglich der Hetzjagden in Chemnitz, bei denen weniger Menschen verletzt wurden, ähnliche Maßstäbe anwenden würde - und ich hielte dies auch nicht für richtig.

    • @Agarack:

      Vergleichen Sie doch einfach mal mit gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Fussballfans anderer Clubs.



      Meist gelingt es der Polizei erfolgreich, bei vorhersehbar "kritischen" Begegnungen, beide Gruppen bis in die getrennten Stadionbereiche auseinander zu halten.



      Geht das schief, dann braucht es nur einen Zündfunken, und die medizinischen Ergebnisse sehen kaum anders aus als in diesem Fall.

  • Hooligans jeglicher Ethnie,Religion,Hautpigmentierung,Geschlecht usw. tun Hooligan-Dinge und müssen selbstverständlich für Straftaten zur Verantwortung gezogen werden.Sie können meiner Meinung nach auch gerne von anderen Hooligans etwas auf ihre Schnuffelnasen bekommen,wenn sie das nun unbedingt wollen.

    Es ist jedoch eine vollkommen andere Situation,Straßensperren aufzubauen,die Pässe ganz normaler Passanten zu kontrollieren,und sie,sofern sie als jüdische/israelische Menschen zu erkennen sind, zu verfolgen und misshandeln;teilweise mit Motorrollern usw..



    Hier einen Zusammenhang herstellen zu wollen,ist meiner Meinung nach unredlich.

    "Israels Regierung dramatisierte die Übergriffe sofort."



    Wenn ich mich in die Opfer hineinversetze,meine ich,die Situation war durchaus "dramatisch" und finde es gut,dass die israelische Regierung schnell reagiert hat.Besser als bei unserer Kölner Silvsternacht,als Medien und Politik erst einmal so taten,als wäre da nichts.



    Ich werde noch recherchieren,ob es stimmt, dass Verfolgte in Amsterdam konkret die Polizei angesprochen haben und diese Hilfe verweigert hat.

    "Junge Täter auf Mopeds hätten ..."



    Hätten oder haben?

  • Danke, Herr Bax, für die notwendige Einordnung!

  • Ah, sie haben "Fuck the Arabs" gesagt und das blieb ungestraft.

    Nun, ist in den Niederlanden vermutlich genauso wenig eine Straftat wie in Deutschland.

    Besonders chwache Proargumente haben natürlich immer eine Aussagekraft.

    • @rero:

      Das Absingen von Liedern, in denen gefeiert wird, dass es viele getötete Kinder und Frauen im Gaza gegeben hat, dürfte auch in den Niederlanden eine Straftat darstellen.

      • @Monomi:

        Und das wäre dann ganz genau welcher Strafttatbestand?

    • @rero:

      Ich bin selten einer Meinung mit Herrn Bax. Ich halte ihn auch oft latent parteisch wenns um Israel-Themen geht.



      Aber hier hat er Recht. Es wurde bei Weitem nicht nur "f*ck the arabs" gerufen, steht sogar im gleichen Satz. Es gab vor dem Spiel auch gewalttätige Aktionen aus dem Maccabi Lager heraus. Und das war auch nicht das erste Spiel, wo Maccabi Fans so auftreten. Man muss sich nicht gar nicht tief mit der Fußballszene in Israel auskennen, um zu erkennen, dass da Leute unterwegs sind, die genau solche Eskalationen suchen.



      Dass das noch lange keine Hetzjagden rechtfertig und dass es zu verurteilende, antisemtische Gewalt auf der anderen Seite gab, schreibt auch Herr Bax. Es geht um die einseitige Berichterrstattung zu diesen Vorfällen, die teilweise kritiklos und unrecherchiert die Worte rechter Politiker übernommen haben. Worte wie Progrom, die für die schlimmsten Verbrechen an Minderheiten stehen im Kontext dieser Vorfälle zu benutzen, halte ich für sehr schwierig.



      Und ich versteh wirklich nicht, wie man anhand der zahlreichen Aufnahmen, so einäugig auf das Geschehen schauen kann.

      • @Deep South:

        "latent parteiisch" - ich habe mich eben wörtlich angeschüttet vor Lachen, danke für den Brüller des Tages!

        • @Wurstprofessor:

          Bitte sehr, gern geschehen. Wollte die Tagesform der Nettiquette nicht austesten....

      • @Deep South:

        Weil halt auch die beste Brille nichts bringt, wenn man beschließt, die Augen zuzumachen 🤷🏻‍♂️

    • @rero:

      Könnte schon Volksverhetzung sein? Aber haben Sie den Satz davor im Artikel überlesen? "Bereits vor dem Spiel hatten sie in der Innenstadt Menschen angegriffen." Das ist doch in jedem Fall strafbar und das Argument dann nach Ihrer Logik eigentlich ziemlich stark?

  • Natürlich gibt es üble, wohl auch rechtsradikale, rassistische israelische Fußballfans. Und diese haben in Amsterdam rassistische Parolen gerufen und Gewalt angewendet.

    Ungeachtet dessen haben Antisemiten ihre Hetzjagd im Internet vorbereitet und koordiniert. Ganz normale Passanten wurden gezwungen, sich auszuweisen.

    Diese beiden Sachverhalte gleichzeitig wahrzunehmen, das ist Herrn Bax wohl nicht gegeben.

    • @Jim Hawkins:

      „Ganz normale Passanten wurden gezwungen, sich auszuweisen.“



      Das ist übrigens nochmal eine Sache für sich: Hier bringt sich ein Gegensouverän in Stellung, den man schon von der “Sharia-Polizei“ (Wuppertal) kennt. Da geht’s um weit mehr als dreiste Amtsanmaßung.

    • @Jim Hawkins:

      Und die Ultras von MAccabi haben das genauso gemacht. Auf Insta war nach dem Spiel ein Post, in dem sie zugaben gezielt Stunk in Amsterdam gesucht zu haben.

      Und dass ausgerechent Sie jemanden vorwerfen er könne die beiden Sachverhalte nicht gleichzeitig wahrnehmen ist der Witz des Tages! Oder schließen Sie immer von sich auf andere?

    • @Jim Hawkins:

      Auf den Punkt gebracht.



      Sie beide, auch @Fran Zose.

    • @Jim Hawkins:

      Was bis heute noch nicht genannt wurde, in sozialen Netzwerken gab es vor dem Spiel etliche Warnungen an arabische Niederländer, dass IOF Soldaten als Hooligans nach Amsterdam kommen würden. Ob Propaganda oder nicht, es wurde einiges schon im Vorfeld getan um die Stimmung aufzuheizen.

    • @Jim Hawkins:

      Nun, Herr Bax ist eher Aktivist den Journalist. Zumindest kann man zu keinem anderen Schluss kommen, wenn man sich seine an Einseitigkeit und Relativierung kaum zu überbietenden Ergüsse hier so zu Gemüte führt.

      • @Fran Zose:

        Der wohl der korrekteste Artikel, der zu diesem Thema in einer deutschen Zeitung erschienen ist.

        • @Barnie:

          Sie lesen nur die TAZ? Nur dann könnte Ihre Aussage stimmen.

      • @Fran Zose:

        "wenn man sich seine an Einseitigkeit und Relativierung kaum zu überbietenden Ergüsse" .Man schlägt sich auf eine Seite und verteufelt alle Gegenargumente, wie stichhaltig sie auch sein mögen, und das selbstverständlich mit herabsetzenden Plakatierungen. MAGA lässt grüßen