Ukrainekrieg entzweit Partei: Hamburger Linke will Nato eindämmen

Der Landesverband der Linken Hamburg findet keine gemeinsame Position zu Kriegsursachen. Er recycelt einen Beschluss zu Kriegsvorbereitungen der Nato.

Vor dem russischen Generalkonsulat stehen Demonstrant*innen mit Flaggen der Partei Die Linke und einer Regenbogenflagge mit dem Wort "Pace" - also "Frieden"

Linke-Mitglieder bei Friedendemo vorm russischen Konsulat. Teile der Partei sehen Schuld anderswo Foto: Jonas Walzberg/dpa

Bremen taz | Die Linke Hamburg zeigt sich bei ihrem Parteitag am Freitagabend beim Thema Ukraine­krieg tief gespalten. Die Positionen innerhalb der zwei Lager variieren; grundsätzlich geht es aber um die Frage: Wer ist für die Eskalation verantwortlich?

Spätestens als der sogenannte „Minimalkonsens“ auf die Tagesordnung kommt, wird es kurios auf dem Parteitag: Um 21:30 Uhr wird darüber abgestimmt, ob im nächsten Schritt darüber abgestimmt werden darf, ob über einen etwas spät eingebrachten Dringlichkeitsantrag noch abgestimmt werden darf.

Der Antrag, um den es geht, führt zusammen, wo die Ersteller sich mit allen anderen einig zu sein hoffen: „Wir fordern den bedingungslosen Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine“, heißt es dort. Und: „Keine politische Entwicklung der letzten Jahre kann diesen menschenverachtenden Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertigen.“ Als er tatsächlich noch abgestimmt werden darf, zeigt sich: Der versprochene Minimalkonsens ist keiner. 44 Stimmen gibt es dafür, 46 dagegen, und 8 Enthaltungen.

In der Diskussion zuvor sind viele Stimmen zu hören, die Selbstkritik üben, oft nicht nur an der Partei, sondern ganz individuell an den eigenen Glaubenssätzen rund um Putins Ambitionen. Exponierteste Vertreterin dieser Sicht ist Christiane Schneider: Die ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete lehnt in ihrer Rede Waffenlieferungen nicht generell ab, sondern fordert nur, das Hauptaugenmerk „auf den Verzicht zum Ersteinsatz von Atomwaffen zu richten“.

Etwa die Hälfte neigt zum Relativieren

Die Mehrheit des „selbstkritischen Lagers“ ist anders und deutlicher antimilitaristisch drauf: Sie lehnt Waffenlieferungen an die Ukraine und eine Aufrüstung in Deutschland strikt ab. Bei der Frage, wer sanktioniert werden darf, ob die Yacht eines Oligarchen Schutz verdient, ist man sich schon eher uneins. Die friedenspolitische Aufgabe der Linken wird von allen betont, ins Spiel gebracht werden Ansätze wie der gewaltfreie Widerstand oder der Verzicht auf eine Nato-Osterweiterung.

In gleicher Stärke zeigen sich aber jene Teile der Partei, die bei der Ursachenforschung den Angriffskrieg in erster Linie relativieren. Gleich die zweite Rednerin stellt die Frage „Ist der Krieg zu verurteilen?“ und gibt sich selbst die Antwort „Absolut. Aber der Weg, den Deutschland einschlägt, ist genau so schlecht.“

Ihr Nachredner folgt mit einem kurzen Verweis auf das autoritäre Regime in Russland und einer umso längeren Analyse der Sünden der Nato. Nicht die Linke, sondern der Westen habe Putin falsch eingeschätzt, meint ein anderer Genosse: „Wenn man sich jemanden so zum Feind macht, dann ist es so, dass jemand irgendwann so reagiert. Dann kann man sich hinterher nicht beschweren“, sagt Jürgen Olschok von der Bezirksfraktion Mitte.

Am Ende kann man sich doch noch auf einen Antrag einigen: Ein Genosse hat die Friedensposition vom Parteitag 2021 herausgekramt, um sich als Partei „dessen selbst zu vergewissern.“ In Punkt 1.1 heißt es dort: Die Linke „tritt offensiv den Kriegsvorbereitungen von USA und Nato gegen China und Russland entgegen“. „Komische Gewichtung“, merkt ein Genosse noch an. Der Antrag geht mit deutlicher Mehrheit durch.

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