Trumps Wahlsieg in den USA: Gaga für MAGA
71 Millionen US-Amerikaner haben Donald Trump erneut zum Präsidenten gewählt. Wie konnte das passieren? Eine Analyse.
Musk hat Donald Trumps Wahlkampf durch X unterstützt, mit 119 Millionen US-Dollar und eigenen Veranstaltungen. Der neue US-Präsident sagt, sie telefonierten mehrmals in der Woche miteinander, er lobt dessen Genialität und verspricht, Männer wie sie, Donald Trump und Elon Musk, würden die USA gemeinsam wieder zu alter Größe aufsteigen lassen würden. Denn Musk ist Trumps Idealbild, ein jüngeres Ich.
Er steht für den aggressiven, weißen Mann, für den keine Regeln gelten, auch nicht die von Realität und Wahrheit, für Männer, die sich die Welt so schaffen, wie sie sie haben wollen, und die wirtschaftlichen Erfolg über alles stellen. Und für sie ist Trump ihr Präsident. Für sie und insgesamt 71 Millionen US-Amerikaner, die Donald Trump am Dienstag zum 47. US-Präsidenten gewählt haben.
Mit diesen 71 Millionen hat Trump sogar das sogenannte Popular Vote gewonnen, also nicht nur die meisten Wahlpersonen aus den Bundesstaaten, sondern absolut die meisten Stimmen geholt. Als er 2016 gegen Hillary Clinton angetreten war und die Wahl gewann, hatte er im Popular Vote noch verloren.
Anti-Woke
Mit wenigen Ausnahmen haben sich Trumps Zahlen in allen Counties und in vielen Bundesstaaten verbessert. Die USA sind sehr weit nach rechts gerückt. „Make America Great Again“, MAGA, ist zu einer Bewegung geworden, die zumindest die Demokraten von heute nicht aufzuhalten imstande sind.
Das demokratische Amerika unterliegt dem MAGA-Lager auf zwei Ebenen. Trumps Wahlkampf glich einer Entfesselung, einer Enthemmung im Kampf gegen die multiethnische, gegen die woke, transgender-anerkennende, gegen die weiblichere, progressive Gesellschaft. Kein Stilmittel war ihm zu wahnsinnig, ob das Bild von Hunden essenden Migranten oder von nach der Geburt abgetriebenen Babys. Dieser Emotionalität haben die Demokraten nichts oder mit Kamala Harris zumindest zu wenig entgegenzusetzen.
Aber nicht alles an Trumps Wahlerfolg ist mit Stil zu erklären. Der gesellschaftliche Statusverlust der Weißen und offenkundig von Millionen Männern aller Hautfarben trifft auf eine durch Inflation, steigende Lebensmittelpreise und hohe Immobilienpreise geschüttelte Gesellschaft, in der die ökonomische Ungleichheit ein dominanter Wahlfaktor geworden ist. Wo immer Trump auftrat, gelang es ihm, die Wirtschaft und insbesondere die wirtschaftliche Situation der Menschen in einer lokalen Erzählung ins Zentrum zu stellen. Denn Wahnsinn oder nicht – dass die Inflation die Stimmung einer großen Zahl der US-Amerikaner.innen drückt, hat der intuitiv agierende alte und neue US-Präsident insbesondere in den letzten Wochen des Wahlkampfs erfolgreich aufgenommen.
In Nachwahlbefragungen sagten 45 Prozent der Wählenden, sie stünden wirtschaftlich schlechter da als vor 4 Jahren – und als in der Finanzkrise 2008. Dabei ging der Blick nicht auf die nationalen Wirtschaftszahlen, sondern auf den eigenen Geldbeutel, auf die Inflation, die gestiegenen Preise für Lebensmittel und Wohnen. In einer Gallup-Umfrage vor der Wahl hatten denn auch 75 Prozent angegeben, die Ökonomie sei in schlechter Verfassung. 52 Prozent nannten die Wirtschaft extrem wichtig, weitere 38 Prozent nannten sie sehr wichtig. Die Wirtschaft war damit bei 9 von 10 Wählenden ein wichtiger Faktor. Es war deshalb wohl diese neue Koalition, die Donald Trump an sein Ziel gebracht hat: sich nach muskulärer Männlichkeit sehnende, gegen die neuen gesellschaftlichen Regeln aufbegehrende Männer, ob schwarz, Latino oder weiß und die – vorwiegend weißen – US-Amerikaner.innen ohne College-Abschluss.
Der Wahlabend war für alle, die schon das Duell Hillary Clinton gegen Donald Trump beobachtet hatten, ein Déjà-vu. Über den Abend hinweg färbte sich auf den TV-Karten ein Bundesstaat noch dem anderen in republikanisches Rot. Die Blue Wall, die demokratische blaue Mauer, bröckelte stärker, je später der Abend. Die Wahlparty der demokratischen Kandidatin leerte sich. Und am Schluss blieb eine Erkenntnis: Die USA wählen noch immer keine Frau, ob weiß oder People of Color. Der Markt hat das Wahlergebnis unterdessen begrüßt: Bitcoin ging auf ein Rekordhoch, und Musks Tesla stieg um 13 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!