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Sitzplätze bei der BahnFahrt schwarz, ganz legal

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Will die Bahn ihre Sitzplätze nicht nur verteuern, sondern auch reduzieren? Die Aufregung ist groß. Höchste Zeit für die Verweigerung der Reservierung.

Platzangst: Die Bahn will mehr als 20.000 Sitzplätze in Zügen streichen Foto: Uwe Zucchi/dpa

E rst bringt die Bahn halb Deutschland in Rage, weil sie die vergünstigte Sitzplatzreservierung für Familien abschafft. Und nun steht auch noch infrage, ob unser Lieblingstransportunternehmen künftig überhaupt noch genügend Plätze durch die Republik fährt. Zumindest laut Spiegel gibt es ganz geheime Pläne bei der Bahn, nach denen mehr als 20.000 Sitzplätze in Zügen gestrichen werden sollen. Was für eine bahnbrechende Idee!

Und bevor jetzt einer auf falsche Gedanken kommt: nein, es ist nicht daran gedacht, sie durch kostengünstige Stehplätze zu ersetzen. Es sollen einfach weniger und kürzere Züge eingesetzt werden. Damit noch mehr Menschen ihr Leben in vollen Zügen genießen dürfen?

Die Bahn hat die Spiegel-Kritik zurückgewiesen. Zwar würden tatsächlich weniger Plätze angeboten, aber für die Fahrgäste sei das von Vorteil. Doch der Eindruck bleibt: Die Bahn ist mindestens so genervt von ihrer Kundschaft wie umgekehrt.

Was da noch bleibt? Widerstand! Fahrt Schwarz! Also nicht komplett. Aber spart euch die teure Sitzplatzreservierung. Und steigt einfach ohne ein. Das wäre ein überfälliger Akt, aus mehreren Gründen.

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1. Sitzplatzreservierungen sind zwecklos

Der offensichtlichste liegt auf der Hand. Da heutzutage eh kaum noch ein Zug so ankommt, wie es im Fahrplan steht, sind Platzreservierungen für die Katz. Mal wird ein Anschlusszug nicht erreicht, mal wird ein Ersatzzug eingesetzt mit komplett anderer Sitzreihung, mal fällt der Zug komplett aus. Dann wird man vom immer freundlichen Bahnpersonal gebeten, sich selbst einen Platz zu suchen. Was häufig kein Problem ist, weil viele, die für den Zug gebucht hatten, ihn nicht erreichen können – und somit ihre Sitze frei bleiben.

Klar. Man kann sich im Falle eines Falles die Sitzplatzbuchungsgebühr erstatten lassen. Man kann sie sich aber auch von vornherein sparen.

2. Sitzplätze für Familien finden sich immer

Selbst bei Fahrten mit der ganzen Familie ist das Reisen ohne Reservierung kein Problem. Zugegeben, manchmal kann die heilige Familie dann nicht an einem Platz sitzen. Aber wer vom Fach ist, weiß: Das kann herrlich entspannen. Denn wenn Papa mit Kind 1 in Wagen 3 unterkommt, während Mama mit Kind 2 in Wagen 7 ein Plätzchen findet, dann ist zumindest der sonst allfällige Streit der Kleinen erstmal vom Tisch.

Und für alle, die doch unbedingt zusammensitzen wollen, hier noch ein Geheimtipp: Weil die Bahn so gnadenlos behindertenfeindlich ist, dass Rollifahrern selbst nach langfristigem und kompliziertem Vorantrag nur mit Glück ein Zutritt zum Zug gewährt wird, sind die geräumigen Plätze für Roll­stuhl­fah­re­r:in­nen meist frei. Da können die Eltern sitzen, während die Kleinen auf dem Boden ihr Lego ausbreiten. Wunderbar.

3. Sitzplatzreservierungen sind unsolidarisch

Sitzplatzreservierungen sind – man muss sich dessen nur bewusst werden – genauso unsolidarisch wie demonstrativ auf Nachbarsitzen platzierte Gepäckstücke in rappelvollen Zügen. Oder erst recht: wie alle Erste-Klasse-Waggons. Sie dienen nichts anderem als der Ausgrenzung. Nicht die, die einen Sitzplatz nötig haben, bekommen einen. Sondern die, die dafür zahlen können.

Früher hing in allen Bussen und Bahnen der vielleicht moralinsaure, aber dennoch treffende Hinweis: „Ich bin jung und mache gerne Platz“. Heute steht kein Schwein mehr auf, wenn der Vater mit dem Kleinkind kommt oder die alte Dame mit dem Krückstock. Platz machen? Wieso denn? Ich hab doch teuer dafür bezahlt. Und wer zu spät kommt, um eine Reservierung zu ergattern, den bestraft die Ignoranz der anderen.

4. Sitzplatzreservierungen sind das Gegenteil von Flexibilität

Immer wieder ist die Forderung zu hören, dass die Bahn die Sitzplatzreservierung doch automatisch in den Fahrpreis einkalkulieren solle. So, wie das bei Flugreisen ist. Und in anderen Ländern ja auch. Aber Flugreisen sind ja schon qua Ökobilanz unsozial. Und der Sitzplatzzwang in Nachbarländern degradiert die Bahnen dort zu einem Verkehrsmittel, das man nur nach monatelanger Vorplanung oder zu exorbitanten Preisen nutzen kann. Oder eben gar nicht, weil niemand mehr reingelassen wird, wenn alle Sitzplätze belegt sind.

In diesem Punkt ist die Deutsche Bahn unschlagbar. Weil man mit Flexpreis – oder der dank Bahnchaos inzwischen schon regelmäßigen Aufhebung der Zugbindung – in jeden Zug einsteigen kann, der da gerade kommt, bleibt Bahnfahren ein Akt der Spontanität, wie sie nicht mal Au­to­fah­re­r:in­nen kennen, weil die dauernd im Stau hängen bleiben.

5. Eine Sitzplatzreservierungsverweigerung wäre revolutionär

Konsequent wäre es, wenn die Bahn ein Einsehen hätte und die Platzresevierungen abschaffen würde. Aber das wird sie natürlich nicht tun, solange ihre Mit­fah­re­r:in­nen noch bereit sind, für eine Selbstverständlichkeit zu blechen. Also Bahnreisende aller Bundesländer: Sagt Nein! Seid nicht so reserviert! Fahrt ohne Ticket für den Platz! Eins für den Zug reicht allemal. Das ist recht und billig.

Laut einem Bonmot von Lenin brauchten die Deutschen einst noch eine Bahnsteigkarte, bevor sie mit revolutionärem Gelüste einen Bahnhof gestürmt hätten. Heute braucht man für eine kleine Bahnrevolution nur noch keine Sitzplatzreservierung. Wenn das mal kein Fortschritt ist.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz. 2000 bis 2005 stellvertretender Leiter der Berlin-Redaktion. 2005 bis 2011 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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43 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion nun geschlossen.

  • Oder man fährt einfach mit dem Auto - dort ist der Sitzplatz immer inklusive.



    Und die Bahn Mitarbeiter sind nicht mehr von uns genervt, genauso wenig wie die Kunden, da eine Autofahrt nicht einfach "ausfällt" oder Stunden später kommt.

    Und auch senioren profitieren davon, schließlich gäbe es dann immer genügend Sitzplätze.

  • taz: *... gibt es ganz geheime Pläne bei der Bahn, nach denen mehr als 20.000 Sitzplätze in Zügen gestrichen werden sollen.*

    Hat die Autolobby jetzt schon ihre Leute in der Chefetage der Deutschen Bahn (DB) sitzen? Mit solchen dummen "Plänen" wird es nie etwas mit der dringenden Verkehrswende werden - aber das ist vielleicht auch beabsichtigt.

    Was soll eigentlich der Blödsinn mit den "Sitzplatzreservierungen" in der Bahn? Wenn man ins Kino geht, dann muss man ja schließlich auch keinen Kino-'Sitzplatz' noch extra bezahlen.

    Die Bahnmanager - die seit Jahren nur Murks machen - bekommen übrigens ein Jahresgehalt von 2.000.000 Euro (Nein, da habe ich keine Null zu viel geschrieben. Bei den DB-Managern sind allerdings wirklich zu viele Nullen vorhanden) plus Boni; und der Lokführer oder der Zugbegleiter, die für die Unfähigkeit des Bahnmanagements nichts können, bekommen weiterhin den aufgestauten Frust der Bahnkunden ab. Vielleicht sollte man endlich mal diese unfähigen Bahnmanager "streichen", die anscheinend nur ihr Geld zählen. Viel Geld das man anderweitig sicherlich besser verwenden könnte. Wie viele Lokführer könnte man eigentlich für ein einziges DB-Managergehalt einstellen?

  • Die Reservierung nicht mehr buchen? Das ist doch Klein Klein.



    Ich buche nach diversen Erfahrungen garnicht mehr und fahre mit dem eigenen Auto. Garantierter Sitzplatz. Klimatisiert. Keine Belästigung und Lärm und Gerüche anderer. Wann ich will und wohin. Ohne Umsteigen und verpaste Züge. Ohne Nächte auf irgendwelchen verranzten Bahnhöfen.

  • Wir sollten aufhören Verbesserungsideen und -vorschläge in Sachen Bahn zu bringen.

    Denn dass die Bahn so kaputt ist wie sie ist ist politischer Wille.

    Denn bei der Bahn gibt es ein Tempolimit. Überall. Auf allen Strecken.



    Jaaa ein Tempolimit !!!!

    Und wie die Politik zu einem Tempolimit steht ist hinlänglich bekannt.

    Und dass nur die Besten der Besten, die Creme de la Creme eine Chance hat Verkehrsminister zu werden ist ebenso hinlänglich bekannt.

  • Deswegen fällt für uns als Familie die Bahn im Fernverkehr aus. Die Unsicherheiten sind einfach zu groß. Wenn man mit dem Auto fährt, hat man all die Probleme nicht.

    • @ZTUC:

      Fernverkehr mit Familie funktioniert gut. Reservierung ist bei etwas Flexibilität nicht nötig, es gibt immer genügend Züge, die halb leer sind. Die Reservierungspflicht z.B in Frankreich und mehr noch in Spanien ist die Hölle (weil da nur recht kurzfristig möglich). Ein Lob der DB, dass sie darauf verzichtet.



      Und wer seiner Familie Auto und Straße zumutet, handelt nicht wirklich verantwortungsvoll:



      www.tag24.de/nachrichten/unfall



      www.t-online.de/th.../verkehrsunfaelle/



      Der Horror hält sich auf der Schiene in Grenzen.

  • Ich finde die Idee gar nicht so schlecht ... über einen längeren Zeitraum würde das sicher nicht funktionieren, aber man könnte einen "Aktionstag" oder eine "Aktionswoche" ausrufen und so Aufmerksamkeit und ein bisschen Druck schaffen.

    Als Senior (68 Jahre) und Vielfahrer möchte ich aber auch kritisieren, dass eine generelle Abschaffung problematisch wär.



    Wer als älterer Mensch jemals mit einem großen Koffer in den Urlaub gestartet ist, wird wissen, dass es eine Strapaze ist, in einem voll besetzten Zug seinen Sitzplatz zu erreichen und den Koffer unterzubringen.

  • Gibt legitime Gründe, Sitzplätze zu reservieren, gerade für vulnerable Gruppen. Ältere, Leute mit Migräne oder Post Covid, Autist*innen oder andere, die etwas Vorhersagbarkeit in Bezug auf ihre voraussichtliche Reiseumgebung brauchen.



    .



    Klar kann man Reservierer doof finden, und sich für "revolutionär" erklären, wenn man keinen Sitzplatz reserviert, aber es ist irgendwie kindisch (und etwas überheblich)

  • Irgendwie kann man hier wohl alles zu Klassenkampf hochstilisieren.

  • Es ist besonders für ältere Menschen, Leute mit viel Gepäck, Leute mit kleineren Kindern... kaum zumutbar, durch den ganzen Zug zu rempeln, um einen Sitzplatz zu ergattern. Der sofort weg ist, wenn man mal zur Toilette muss, weil der danebenstehende Fahrgast das gleiche Problem hat. Ziemlich dumme Idee, zwar hübsch anarchomäßig, aber sehr naiv.



    Ich wäre sogar für das Gegenteil.



    In ICEs sollten alle Plätze nur noch samt Sitzreservierung verkauft werden, wie im Flugzeug. Ohne Platz kommt eben niemand rein. Mit digitaler Einlasskontrolle am Bahnsteig. Mit Gepäckabgabe. Und weit verbesserter App zum Umbuchen, wenn ein Zug ausfällt oder verspätet ist.



    Was nützt es denn, sich in einen schon übervollen Zug reinzukeilen und dann stundenlang im Gang zwischen den Abteilen zu stehen? Besser wäre, dass Plätze ohne eingecheckten Fahrgast frei gegeben werden für Umbuchungen.



    In den Regionalbahnen lässt sich das wohl nicht realisieren. Aber in den todschicken, teuren Fernzügen dürfte das technisch kein Problem sein. Erst dann kann man von wirklichem Reisekomfort reden, der die Leute weglockt von Flieger und Auto.

    • @Läufer:

      Und wenn der Zug dann weg ist, weil der Anschluss nicht passte, dann planen Sie ihren Urlaub eben kurz um und schauen, in welcher Stadt Sie diesmal bleiben?



      Reservierungszwang funktioniert nur bei Verkehrsmitteln, die zuverlässig sind.

  • "Exkludierend" finde ich nur, dass hier Personen, die vielleicht nicht so jung und fit sind, dass sie sich durch einen ganzen Zug kämpfen können oder auch nur wollen, um einen freien Platz zu finden, ausgeschlossen werden. Wir werden alle mal älter oder sind sonstwie mobilitätseingeschränkt oder malade oder einfach auch ohne Lust auf Heckmeck. Da ist es erleichternd, wenn man weiß, wo man sicher sitzen kann. Dass Leute, die wie aufgescheuchte Hühner durch die Waggons ächzen und Plätze suchen, ihre Mitmenschen nerven, darf auch gern erwähnt werden. Im Grunde ein Text für Generation Ichichich, selbst Rollstuhlplätze sind nun frei umkämpfte Reviere. Im übrigen gibt es keine Reservierungspflicht. Von daher fährt man ohne Reservierung auch nicht "schwarz", und es ist keine Revolution. Für niemanden.

    Dass sich bei der Bahn sehr viel verbessern muss, steht dabei außer Frage.

    • @Birken:

      Das sehe ich genauso. Als älterer Mensch kommt man in den Gedanken der jungen, umwelt- und klimabeseelten Generation einfach nicht vor. Die wollen, dass alle mit dem Lastenrad verreisen und das dann auch noch in den übervollen Zug reinkeilen. Und dass alle so schön gleich sind und sich in den Gängen nett zusammenkuscheln.

      • @Läufer:

        Individualverkehr ist ein legitimer Wunsch der Allgemeinheit.

  • Das Problem, das die DB hat: Immer mehr neu eingesetzte Züge führen zu immer mehr Chaos: Jedes Jahr kommen bis zu 50 neue ICE-Garnituren auf die Schiene, die dann auch im Fahrplan untergebracht werden müssen. Da -leider- aber kaum neue Strecken dazu kommen, im Gegenteil, die vorhandene Infrastruktur umso schneller verbraucht wird, können die Fahrpläne nicht mehr eingehalten werden und machen -anders als noch vor fünf Jahren- jede Bahnreise unplanbar. Fast überall in Europa geht es umgekehrt, etwa in Italien oder Spanien: Neue, für Hochgeschwindigkeitszüge ausgelegte Strecken werden gebaut, um danach neue Züge auf diesen Strecken einzusetzen. Wenn es -wie es hierzulande tatsächlich passiert-. es einem Herrn Klingbeil und seiner SPD gelingt, jahrelang die Planung und der Bau einer neuen Strecke von Hamburg und Bremen nach Hannover (durch die Lüneburger Heide) zu verhindern ,bei der die Reisezeit zwischen diesen Städten halbiert würde, dann muss man konstatieren : Das war Klingbeils Schuld !

  • Statt teure Plätze zu verkaufen, egal ob Bahn oder Flug, sollte ein intelligentes System, das klappt auch ohne KI, in der Lage sein das Transportmittel so zu buchen, dass jeder sehen kann, was an Sitzplätzen frei ist.



    Man kann dann bei Buchung selbst entscheiden, dieser oder doch die nächste Bahn / der nächste Flug? Man kann.



    Die Selbstgefälligkeit jedoch, Ich buche, Ich zahle, Mein Platz, das geht sowas von auf den Nerv.



    Aber selbst wenn es die intelligenten Systeme gibt ersetzt es wohl nicht das Denken der Mitreisenden. Was soll man da machen? Sich weiter belustigen und manchmal machen …

    • @Maik Ostrowski:

      Diese Möglichkeit gibt es. Wenn man mit den Bahn-App richtig hantiert, kann man sogar noch bei Einfahrt des Zuges den einzigen freien Platz noch reservieren.

  • Wenn ich eine lange Strecke mit dem ICE fahre, dann habe ich gerne einen sicheren Sitzplatz, gerne auch neben meinem Mann! Was soll daran schlecht sein? Und es steht jedem frei, sich auch einen Sitzplatz zu reservieren!



    Warum muss man mit der sozialen Ungerechtigkeit unbedingt beim Zugfahrten anfangen? Warum regt man sich nicht darüber auf, dass der eine eine tolle Villa in Grünwald hat und der andere eine schäbige Mietwohnung im Hasenbergl? Der eine drei Autos, der andere keines? Da gibt es aus meiner Sicht wichtigere Ungerechtigkeiten als die Sitzplatzreservierung im Zug!

  • Ich fahre schon jahrelang durch Deutschland und immer ohne Platzreservierung, aber mit so genannten Sparpreisen inklusive der damit verbundenen Zugbindung. Stehen musste ich im ICE noch nie, obwohl ich weiß, dass es so etwas schon einmal irgendwo gegeben haben soll.

    Zu spät fahrende oder ausgefallene Züge lassen die Zugbindung erlöschen, was schon dazu geführt hat, dass ich von Frankfurt nach Berlin (oder umgekehrt) eher ankam, als ich gebucht hatte.

    Eine Reservierungspflicht wäre vielleicht für manche Züge und manche Fahrgäste wie Senioren oder Familien gar nicht einmal schlecht. Aber dazu müssten die Züge verlässlicher fahren. Beim derzeitigen Stand wäre eine solche Maßnahme katastrophal

    • @Unionerin aus Offenbach:

      "Stehen musste ich im ICE noch nie, obwohl ich weiß, dass es so etwas schon einmal irgendwo gegeben haben soll."

      Das "irgendwo" habe ich vor kurzer Zeit erlebt im Rahmen einer Gruppenreise von Berlin zurück ins Ruhrgebiet. Mit Reservierung für die 46 Personen! Der Zug war bereits Tage vorher als ausgebucht gekennzeichnet und nicht mehr buchbar ("wenn Sie noch keine Fahrkarte haben, suchen Sie eine andere Verbindung" oder so). Am Bahnsteig in Berlin Hbf standen geschätzt knapp 1.000 Leute, die in den dort eingesetzten ICE in Doppeltraktion einsteigen wollten. Der Zug war so gerammelt voll, dass die Durchgänge/Türbereiche mit stehenden Menschen verziert waren. Bis Wolfsburg hat es sich etwas entspannt, weil nicht genutzte Reservierungen (auch vier unserer Gruppe) frei waren, es blieben aber Leute stehen/auf ihren Koffern sitzen.

      Ich hab auf so was keinen Bock! Im Fernverkehr reserviere ich immer! Alleine wegen des nicht unwahrscheinlichen Eintritts eines derartigen Ereignisses "brechend voll". Vor allem auf den großen Hauptstrecken.

  • Hinter dem Vorschlag steht ein klassisch grünes Argument, man könne durch eigenes Handeln strukturelle Veränderungen bewirken. Aber individuelles Handeln ist nun mal kein politisches Konzept. Die Forderung muss doch sein, dass das Angebot der Bahn so gestaltet sein muss, dass eine Platzreservierung nicht erforderlich ist. Wieder mal zeigt ein Blick in die Schweiz, dass das geht.



    Bei der ÖBB gibt es Sitzplätze im DB-Zügen übrigens für 3 Euro. Bis zum Vortag gibt es bei einer Stornierung sogar noch die Hälfte zurück.

  • Ja, Sitzplatzreservierungen, speziell in der ersten Klasse, sind voll asozial, weil Leute, die sich das leisten können, voll ökologisch fliegen oder Auto. fahren, und die Bahn nur so im Geld schwimmt, dass sie gar nicht weiss, was sie mit dem erhöhten Deckungsbeitrag anfangen soll.

    Im Ernst: erste Klasse mit Sparpreis ist bei langen Strecken, z.B. 6 bis 8 Stunden ICE, gar nicht so viel teurer als 2. Klasse. Sollen diese Fahrgäste wirklich aufs Flugzeug ausweichen?

    Linke, steigt von eurem hohen moralischen Ross ab und behebt euch in die Niederungen der Realität. Es ist nicht alles ganz so einfach.

    • @Carsten S.:

      Mit dem Fünfjährigen erster Klasse im TGV von Paris nach Karlsruhe war eine Freude und Erholung - so breite Sitze, dass das Kind nur seinen eigenen brauchte, um in Embryonalhaltung zu schlafen - blöde Blicke und Seufzer gab es erst nach dem Umstieg in den ICE in Dtl. mit deutlich unbequemerer 1. Klasse. Frankreich wunderbar: Telefonieren nur zwischen den Abteilen erlaubt.



      Und das Ticket war günstiger als andere 2. Klasse, immerhin.

  • Finde ich super, klappt auch - aber nicht zu den Stoßzeiten.



    Allein - das deutsche Gemüt... ne, die Deutsche Bahn kennt den Michel besser als Herr Asmuth.



    Hier stellt man sich doch auch gern am Flughafen schon eine Stunde vor dem Boarding an - mit Platzkarte!

    Das Gute: wenn man sich vom toitschen Zwang frei macht, und in Nonkonformität übt, entdeckt man ganz neue Welten.



    Klare Empfehlung!

  • Ein zu 100 % staatliches Unternehmen, dessen Aktien man nicht einmal kaufen kann. Schlechter könnten es die Privaten auch nicht machen.

  • Die schönere Lösung wäre, wenn die Bahn genügend Kapazitäten anböte. In der Schweiz z. B. reserviert fast niemand, weil mensch dort immer einen Sitzplatz bekommt.

    Bevor man Reservierung als unsolidarisch diffamiert, sollte man auch mal daran denken, dass der Mensch mit Reservierung vielleicht physische oder psychische Gründe, aus denen die Reservierung nötig ist. Möchten Sie wirklich mit Mitreisenden diskutieren, dass sie z. B. eine Angststörung haben und den Sitzplatz brauchen um keine Panikattake zu bekommen? Ich denke nicht.

    • @Hans Assmann:

      Die schönere Lösung hat leider die deutsche Verkehrspolitik der letzten 5 Jahrzehnte verbaselt. Offensichtlich schon unter Helmut " wir können uns nur die Bundesbahn ODER die Bundeswehr leisten" Schmidt und seinem Verkehrsminister Kurt " betriebswirtschaftlich optimiertes Netz und schnellstmöglich Bahnprivatisierung" Gscheidle und mit einem absoluten Tiefpunkt unter Müntefering, als die Bundesrepublik selbst in absoluten Zahlen weniger Geld in dir Eisenbahn investiert hat als die Schweiz, die von Fläche und Bevölkerungszahl mit einem einzelnen Bundesland vergleichbar ist.

      Dagegen war Andy Scheuer eine absolute Wohltat für die Bahninfrastruktur...

    • @Hans Assmann:

      Und für all diese Menschen wäre es umso wichtiger, das die Reservierung auch funktioniert und nicht bei mehr als der Hälfte der Fahrten kurzfristig von seiten der Bahn storniert wird oder aufgrund von Fehlplanungen der Stellwerke unerreichbar wird. (Im ICE kann man eben nicht auf der falschen Seite einsteigen und dann zum Sitzplatz laufen, nachdem der Zug am falschen Gleis oder in falscher Reihung eingefahren ist)



      Würde niemals jemand reservieren, wäre es damit auch für Menschen mit Gründen für Reservierung einfacher, ohne diese Zug zu fahren.



      Und unsolidarisch ist die Reservierung laut Erklärung ja eben nur für die Menschen, die verzichten können. Um genau die Menschen, die nicht verzichten können, dabei zu unterstützen, mit dem Servicemangel zurechtzukommen.

  • Warum denn immer diese Gleichmacherei. Ich grenze mich gerne aus, und ab. In der ersten Klasse mit Sitzplatzreservierung. Anders lässt sich Zugfahren doch nicht ertragen.

  • Und ich, der einen Sitzplatz reserviert hat, darf mich dann in einem voll besetzten Zug mit dem Typen rumärgern, der ohne Reservierung auf meinem Platz sitzt. Toller Vorschlag, Herr Asmuth...

    • @WederLinksNochRechts:

      Das hat er doch gar nicht geschrieben.

      • @Herma Huhn:

        Das ist doch heute auch schon manchmal der Fall, dass der reservierte Platz besetzt ist...und wenn es so läuft, wie Herr Asmuth es sich so wünscht, dann würde das in einem voll besetzten Zug schon zu Problemen führen können. Aber wenn er ohne Diskussion den Platz freigibt und sich in den Gang stellt dann ist ja alles ok.



        Zudem ist der Artikel sowieso überflüssig, denn auch heute ist ja niemand gezwungen, eine Sitzplatzreservierung vorzunehmen...hat dann auch nix mit Schwarzfahren zu tun, solange man ein reguläres Ticket hat. Also warum überhaupt dieser Artikel?

      • @Herma Huhn:

        Das wäre aber schlicht die Konsequenz in der Realität. Wenn der Autor seinen "revolutionären" Vorschlag nicht zu Ende denken möchte, darf man das schon kritisieren.

        • @Deep South:

          Die Konsequenz aus dem Artikel wäre, dass es nur noch serh wenige reservierte Plätze gibt (Für Personen, die persönliche Gründe haben, eben nicht verzichten zu können) Man könnte davon ausgehen, dass jede Reservierung auch wirklich gebraucht wird. Weil gerade diese Personen nicht so schnell aufgeben, wenn der Zug mal wieder falsch rum eingefahren ist oder was auch immer Menschen dazu bewegt, nicht auf den reservierten Plätzen zu sitzen.



          Das ist nämlich die Kehrseite der aktuellen Reservierungspolitik: Sie stehen im Zug neben einem leeren aber reservierten Platz um zwei Bahnhöfe später zu sehen, dass die Reservierung ungenutzt gelöscht wird. (Zugegeben, diese Wartezeit verbringt niemand stehend, aber die Chance, dass man bleiben kann ist nun mal wirklich groß.)

  • Ähm...ja...nee. Was für eine wirre Idee. Dann wären wir nämlich wieder beim Recht des Stärkeren. Wenn jemand meinen Platz möchte, während ich auf Klo bin, hat er den dann. Ich mag meine Reservierung. Ja, bei Zugausfall ist das doof, aber die letzten Jahre kam ich gut durch. Und saß dann auf meinem sicheren Platz, während die Knauser im Gang standen. Ich meine, komm, das kostet Vierfuffzich. Wer das nicht hat fährt auch nicht IC oder ICE, sondern Regio. In der Anarchie ist die Reservierung golden. Kein Gekloppe um Sitzplätze, die einer für seine Familie "reserviert" hat. Und, nein, Familien wollen vielleicht lieber zusammensitzen. Hat viele Vorteile. Das in den Fahrpreis zu integrieren macht viel mehr Sinn. Dann kann man ggf. Opt-out machen, wenn man Glücksspiele mag...

    • @Hefra1957:

      Wenn Sie eine Stunde nach Abfahrt auf Klo gehen, hilft die Reservierung Ihnen einen Dreck.



      Die wird nämlich aufgehoben, wenn Sie nicht schnell genug dort sind, um Ihr Handtuch auszubreiten.

      • @Herma Huhn:

        Auch wenn die Anzeige erlischt, bleibt die Reservierung selbstverständlich bestehen. Die ist ja in der App oder auf dem Ticket vermerkt.

  • Es gibt bei der Bahn und besonders von Geschäftsreiesenden, meist 1. Klasse, eine provosorische Reservierung. Das heißt, Firmen reservieren oft zwei Züge hintereinander, weil sie nicht wissen, ob z.B. die Geschäftsreise um 17:00 oder 18:00 Uhr endet. Das sind geringe Kosten zu den evtl. Frust, keinen Sitzplatz zu haben, also bucht man schon mal doppelt. Und da Geschäftsreisende eh oft die BahnCard-Business haben oder gar eine Jahreskarte, sind das Kosten aus der Portokasse.

    • @Pico :

      Ich denke die meisten Geschäftskunden haben Bahnbonus. Die reservieren gar nicht, sondern sitzen einfach auf den für Bahnbonus Kunden reservierten Plätzen

    • @Pico :

      Ist auch total verständlich. Im Stehen kann Mensch halt schlecht arbeiten.



      Oft hat man Glück, wenn man sich kurz nach Abfahrt auf einen reservierten Platz setzt, dass dann niemand mehr kommt.

      • @Hans Assmann:

        Genauso ist es, genauso funktioniert es.

  • Die unter 3. erwähnten Personen würden vielleicht ob ihrer besonderen Situation eben gerade lieber weiter die Möglichkeit, einen Sitzplatz sicher zu haben.



    Und vielleicht möchten sie auch lieber einen Fensterplatz, damit sie entspannen können und nicht alle Naslang aufstehen müssen oder den Durchgangsverkehr mitbekommen, vielleicht sogar mit einem Rucksack an den Kopf.