SUV-Verkehrsunfall auf Sardinien: Die tödliche Front
Die Frau eines Managers hat in Italien eine Fußgängerin überfahren. Wichtiger als wer hinterm Steuer saß, ist die Frage, warum SUV so hohe Hauben haben.

E in tödlicher Verkehrsunfall auf der Mittelmeerinsel Sardinien sorgt seit Tagen für Aufsehen – auch in deutschen Medien. In einem Urlaubsort auf der zu Italien gehörenden Insel wurde eine junge Frau überfahren. Für die Boulevardpresse ist das ein gefundenes Fressen. Denn am Steuer des Unfallfahrzeuges saß die Frau des Chefs der Lufthansa. Das allein scheint als Grund für eine Berichterstattung zu reichen.
Dass das Opfer die Tochter eines lokalen Gewerkschafters war, die als Babysitterin in dem Nobelort arbeitete, gibt dem Ganzen noch eine Note von Klassenkampf – aber schon das bleibt meist ein Randaspekt. Und es verstellt den Blick auf die eigentliche Brisanz dieses Unfalls: Er zeigt in besonderer Weise die Folgen eines dramatischen Ungleichgewichts im Straßenverkehr.
Denn das Unfallfahrzeug war ein BMW X5 – eines dieser bulligen Fahrzeuge, die unter dem Stichwort SUV den Insassen Bequemlichkeit und Sicherheit verheißen – für alle anderen aber eine im Wortsinne wachsende Gefahr darstellen.
Gerade erst hat eine Studie ergeben, dass die Motorhaubenhöhe der in Europa verkauften Autos binnen zehn Jahren um 10 Prozent von 77 auf 84 Zentimeter gestiegen ist. Mit fatalen Folgen. Fahrer:innen verlieren den Überblick über das, was vor ihnen steht. Oder liegt nach einem Sturz. Unter Expert:innen gelten Autos mit sehr hohen Motorhauben als fahrende tote Winkel.

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BMW lobt die charaktergebende Frontpartie
BMW selbst preist die breite Frontpartie, die dem X5 dank einer markanten Doppelniere Charakter verleihe. Über die Höhe der Haube schweigt sich BMW wie viele Hersteller aus. Sie dürfte nach taz-Schätzung mit 90 Zentimetern weit über dem Schnitt liegen.
Da braucht es nicht einmal eine Raser:in am Steuer. Die Fahrerin in Sardinien war vermutlich an einem Zebrastreifen in einer Tempo-30-Zone gerade erst langsam angefahren, als sie ihr Opfer übersah.
Die Ermittler vor Ort, so melden italienische Medien, sind jedenfalls überzeugt, dass die 24-Jährige noch leben würde, wenn sie von einem niedrigeren Auto getroffen worden wäre. Ein Fronthöhenlimit für diese Straßenpanzer ist überfällig.
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