SPD-Politiker über Ukraine-Krieg: „Wird Verhandlungen geben müssen“
Achim Post will über diplomatische Lösungen im Ukrainekrieg nachdenken. Friedrich Merz' Kritik daran nennt der SPD-Politiker einen „ganz miesen Stil“.
taz: Herr Post, CDU-Bundestagsoppositionsführer Friedrich Merz hat ihrem SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich „Feigheit“ vorgeworfen – weil Mützenich laut über diplomatische Initiativen zum „Einfrieren“ des Ukraine-Krieges nachgedacht hat.
Achim Post: Das ist ein ganz mieser Stil. Diese plumpen, durchschaubaren Manöver sollen davon ablenken, dass die Union in der der Frage der Unterstützung der Ukraine selbst gespalten ist.
ist stellvertretender SPD-Bundestagsfraktionschef. Seit August 2023 ist er auch Co-Vorsitzender des größten SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen – hier leben 90.000 der rund 370.000 Sozialdemokrat:innen.
Inwiefern?
In Umfragen hat sich auch eine Mehrheit der Wähler:innen von CDU und CSU gegen die Lieferungen des weitreichenden Taurus-Rakensystems ausgesprochen. Auch bei der Taurus-Abstimmung im Bundestag der letzten Woche gab es bei der Union mehr Abweichler:innen als in Reihen der Ampel-Koalition – darunter auch der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja.
Merz sieht dagegen die Ampel gespalten.
Das soll von eigenen Fehlern ablenken, denn: Mit seiner Forderung, der Ukraine Raketen zu liefern, die weit bis nach Russland hineinschießen können, schadet Merz Deutschland in einer historisch wichtigen Phase und verunsichert die eigene Wählerschaft massiv. In den vergangenen Wochen haben mich nicht wenige gestandene Unions-Mitglieder angesprochen und mir im Vertrauen gesagt: Bei Taurus habt ihr recht.
Auch die grüne Außenministerin Annalena Baerbock hält nichts von der Vorstellung, den Ukraine-Krieg einfach „Einfrieren“ zu können: Wer das glaube, solle einfach in die Geschichte schauen, sagt Baerbock.
Ich weiß nicht, wie gut Baerbocks Geschichtskenntnisse sind. Ich weiß aber, dass Kriege selten allein auf dem Schlachtfeld entschieden worden sind. Am Ende wird es Verhandlungen geben müssen – die die Ukraine aus einer souveränen Position führen muss. In Deutschland und vor allem in der Union vergessen viele, dass es auf Initiative des ukrainischen Präsidentin Wolodymyr Selenskyj bereits vier Konferenzen gegeben hat, bei denen die Möglichkeit von Verhandlungen ausgelotet wurde. Das zeigt doch: Die pauschale Abwertung von Diplomatie und Verhandlungslösungen ist einfach falsch.
Kritik an Mützenich kommt aber auch aus der SPD: Verteidigungsminister Boris Pistorius will sich den Begriff des „Einfrierens“ nicht zu eigen machen. Ist Mützenich nicht doch isoliert?
Boris Pistorius hat sich lediglich auf den Begriff „Einfrieren“ bezogen, teilt aber den Wunsch nach diplomatischen Initiativen. Die SPD-geführte Bundesregierung macht beides: Obwohl wir über diplomatische Lösungen nachdenken, bleibt die Bundesrepublik auch zweitgrößter militärischer Unterstützer der Ukraine. Bis auf die Taurus-Raketen haben wir alle gewünschten Waffensysteme geliefert, massive finanzielle Hilfe geleistet – und rund eine Millionen Geflüchtete aufgenommen.
Sie selbst sind mit Sarah Philipp Co-Vorsitzender des größten SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen. Wie blicken hier Parteibasis und Funktionär:innen auf den Kölner Mützenich?
Alle Parteigremien unterstützen seinen Kurs. An der Parteibasis gibt es ebenfalls eine riesige Unterstützung für die Suche nach Verhandlungslösungen, natürlich nur mit Zustimmung der Ukraine und auch durch Einbindung von Großmächten wie China, die Putin stärker unter Druck setzen könnten. Aber Präsident Selenskyj weiß doch selbst am besten, wie fürchterlich der Krieg wütet.
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