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Russische Massaker in der UkraineCharakterzüge eines Völkermords

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die Gräueltaten von Butscha sind eine neue Dimension im Ukrainekrieg. Solche nationalistischen Exzesse sind keine Ausrutscher. Sie haben System.

Soldaten in Butscha prüfen, ob der Leichnam eines Zivilisten als Sprengfalle missbraucht wird Foto: ap

M an hat sich an vieles gewöhnt in gut fünf Wochen Krieg in der Ukraine: die hemmungslosen russischen Angriffe auf Städte, die brennenden Wohn­häuser, die verzweifelte millionenfache Flucht, die U-Bahn-Luftschutzbunker von Kiew und Charkiw, die Trümmerfelder von Mariupol.

Und doch markiert­ der Fund unzähliger Hinrichtungsopfer im verwüsteten Butscha, die Russlands Armee bei ihrem Rückzug von der Front bei Kiew zurücklässt, eine neue Dimension des Grauens. Russlands Armee hat nicht nur versucht, die Ukraine zu erobern – vergeblich, wie mit jedem Tag deutlicher wird –, sondern vernichtet auch die Menschen in der Ukraine, deren sie habhaft wird.

Es gibt ein Wort für dieses Vorgehen: Völkermord. Im bosnischen Srebrenica separierten die serbischen Belagerer im Juli 1995 die muslimischen Männer von ihren Frauen und Kindern und töteten sie alle, nach Plan. Srebrenica nennt die Regierung der Ukraine jetzt als Parallele zu Butscha.

Der Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 mit bis zu einer Million Toten, ebenfalls nach Plan und nach Kommando ausgeführt, verlief in noch weitaus ungeheuerlicheren Dimensionen. Planmäßiges Vorgehen auf Befehl, um eine vorab definierte Gruppe von Menschen auszulöschen – das ist es, was einen Völkermord charakterisiert.

Nicht jeder Massenmord ist ein Völkermord, und man wird darüber diskutieren können und müssen, ob das Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine wirklich dieser Charakterisierung entspricht oder doch „nur“ ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Aber der Vorwurf steht im Raum.

Völkermordtäter sind keine Verhandlungspartner

Die Ukraine sieht sich jetzt bestätigt in ihrer Wahrnehmung, dass sie gegen Russland um ihr Überleben kämpft. Die Täter in Butscha sind Soldaten eines Landes, dessen Präsident der Ukraine das Recht auf eine eigenständige Existenz abspricht und wo Politiker von der „Endlösung der ukrainischen Frage“ und der „Entfernung des Krebsgeschwürs bis hin zur polnischen Grenze“ reden. Solche nationalistischen Exzesse sind keine Ausrutscher. Sie haben System.

Die Diskussion darüber ist nicht abstrakt, sondern von unmittelbarer politischer Relevanz. Einer Regierung Völkermord vorzuwerfen heißt: Diese Regierung hat ihre Legitimität verwirkt. Völkermordtätern schüttelt man nicht die Hand. Sie sind keine Verhandlungspartner.

Bestenfalls gehören sie vor Gericht – und für ihre direkten Opfer und deren Nachfahren ist es legitim, sie weltweit zu jagen, wie man in Kigali und Jerusalem weiß und praktiziert. Wenn Putin ein Völkermord­täter ist, haben die russischen Soldaten in Butscha nicht nur Ukrainer getötet. Sie haben auch ihrer eigenen Regierung das Grab geschaufelt.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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80 Kommentare

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  • Paula , Moderatorin

    Wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Vielen Dank für die zahlreichen Beiträge.

  • Kriege führen zu neuen Methoden und Praktiken. Den VerbrecherInnen in Uniform soll klar werden, dass sie, weltweit zugänglich und in Forensik-Dateien gespeichert, Abdrücke ihrer Grausamkeiten hinterlassen und dann auch gefunden und zur Verantwortung gezogen werden können. Bei Einreise mit identifizierenden biometrischen Daten sollten künftig die Handschellen klicken, wenn Mörder die Gesichtserkennung an Grenzen passieren. Internationale Haftbefehle sind ein Signal für die Schuldigen, ihre Vollstreckung eine Warnung an die Hintermänner. Die Verantwortung für die Eskalation und die Barbarei liegt bei der militärischen Führung im Einsatz und natürlich initial und final im Kreml.



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    taz.de/Ratko-Mladic/!5119853/



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    taz.de/Jugoslawien...ichtshof/!5119304/



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    taz.de/Symbolische...cheidung/!3207136/



    //



    taz.de/Alte-Spuren...gefrischt/!495549/



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  • "Alle anderen realistischen Alternativen werden zu unbeschreiblichem Leid und vielen Toten führen."

    Völliger Blödsinn. Klare Kante gegen Faschisten, und die Entmachtung und Vernichtung ihrer Führer mit allem Nachdruck vorantreiben. Das ist ERWIESENERMASSEN die einzige Art, wie man in so einer Situation Tote und Leid minimiert.

    Worüber soll mann denn sonst "verhandeln"?



    Über das Ende eines Kriegs, den es laut Putin gar nicht gibt?



    Über Bestrafung für Kriegsverbrechen, die laut Putin entweder gar nicht oder von Ukrainern selbst begangen wurden? Über den Status der Ukraine,. die laut Putin nur eine russische Republik mit debilem Akzent ist?



    Über die Anerkennung der "Volksrepubliken", deren terroristische Führer und Todesschwadronen die Ukraine zu einem Bürgerkriegsland gemacht haben?

    Putin KANN nicht ernsthaft verhandeln, denn jedes Zugeständnis würde bedeuten, dass er der russischen Bevölkerung gegenüber zugibt, sie von Anfang bis Ende nach Strich und Faden belogen zu haben.

  • Ist es nicht völlig egal, ob es ein Völkermord ist, oder ein Massenmord? Die Frage ist doch letztendlich, wie lange die zivilisierte Welt noch zuschauen kann / möchte. Was sind wir bereit, zu riskieren um diesen Wahnsinn zu stoppen? Wie wichtig ist uns unser Wohlstand? Wie lange können wir noch zu Hause vor der Glotze sitzen, bei 22°C, während die Menschen dort frieren, nichts zu essen haben und Angst um ihr Leben haben müssen? Was ist jeder einzelne von uns bereit, für die Freiheit und Demokratie anderer, zu opfern?

  • Gehen Sie tatsächlich davon aus, Putin würde ein Verhandlungsergebnis Tatsächlich einhalten?

    Gabs das schon mal?

  • Nun, genau kann das derzeit keiner sagen. Es kann geplant sein. Es kann aber auch ein "My Lai"-Moment sein.



    Schlecht geführte und frustrierte Soldaten morden die Bevölkerung.



    Wie sehr ich Kriege hasse. Lernt der Mensch nie dazu?

  • Ja es ist nur Spekulation was wir schreiben, aber was wenn nicht wenn

    der Völkermord erst dann richtig zur Geltung kommenwird wenn die ersten A-Bomben über Kiew gefallen sind.

    Die Rechtfertigung bereitet Russland ja schon über den Angriff von "Belgorod" vor oder nicht?

    Es ist ja schon komisch, dass die Russischen Truppen zwei Tage vor dem "Angriff auf Belgorod" aus der Umgebung Kiew abziehen und man sich so ein schönes Szenario für einen gerechtfertigten legitimen Einsatz der Waffe schafft. Zumal das Putin ja schon von Anfang an gesagt hat.

    Wenn man dann auch noch berücksichtigt das seit fast drei Wochen zwei A Kofferträger nicht mehr gesehen wurde...

    • @Citizen of Earth:

      Nach einem A-Bomben Angriff



      Würde die gesammte Welt Russland den Krieg erklären. Das wäre der komplette Untergang für Putin und sein ach so tolles Z-Reich

    • @Citizen of Earth:

      Putin wartet noch eine stabile Ostwind-Wetterlage ab . .



      Und während ich das schreibe, weiß ich schon selber nicht mehr, ob ich das als makabren Scherz meine

  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Es gibt immer wieder Stimmen, die Verständnis für Putin äußern( ... wurde von der Nato betrogen). Und solche, die die Bilder aus der Ukraine anzweifeln(Restle , ARD - hat behauptet es dürften gar keine Journalisten in das betroffene Gebiet Butcha).



    Wie kann jemand Verständnis haben für das sinnlose Morden in der Ukraine? Journalisten sind unter dem Einsatz ihres Lebens seit Beginn des Krieges vor Ort. Schäden an Wohngebieten lassen sich außerdem verifizieren zum Beispiel durch Google-Aufnahmen von vor dem Krieg.



    Putin hat in Deutschland wohl mehr Freunde als allgemein angenommen.

    • @03998 (Profil gelöscht):

      Verwechseln Sie bitte nicht "Jemand versteht, warum ein anderer etwas tut" mit "Ich finde es gut, warum jemand etwas tut".



      Ich halte bis heute die NATO-Osterweiterung (Beschluss 2008: Ukraine und Georgien) für einen Fehler und die Politik des Westens für absolut fahrlässig. Dennoch würde ich Putin vor Gericht stellen.

  • "Bestenfalls gehören sie vor Gericht – und für ihre direkten Opfer und deren Nachfahren ist es legitim, sie weltweit zu jagen, wie man in Kigali und Jerusalem weiß und praktiziert."

    Habe ich das richtig verstanden? Selbstjustiz?

    • @Black & White:

      Natürlich Selbstjustiz, was denn sonst? Und zwar dann, und nur dann, wenn die internationale Gemeinschaft denselben Fehler macht wie 1945-46.

      Herrjeh, Sie leben in einem Land, dessen Verfassung Selbstjustiz für den Fall einer anderweitig unaufhaltbaren faschistischen Machtübernahme o.ä. EXPLIZIT ERLAUBT und der demokratisch mündigen Bevölkerung sogar implizit nahelegt.

      Kommentar gekürzt. Bitte bleachten Sie unsere Netiquette.

      Die Moderation

    • @Black & White:

      Offenbar nicht. Inwiefern fällt denn bitte zB der Eichmann-Prozess in Jerusaml unter "Selbstjustiz"?

  • Der Autor wandelt auf dünne Eis. Indem er klar feststellt: "Völkermordtäter sind keine Verhandlungspartner" und auf der anderen Seite suggeriert, das dies ein systematischer Völkermord war, schließt er Verhandlungen aus.

    Welche Möglichkeiten gäbe es denn noch, wenn es keine Verhandlungen gäbe? Vielleicht ein langer Krieg in der Ukraine mit noch mehr Waffenlieferungen und noch mehr Toten? Oder ein instabiles atomwaffenbesitzendes Russland? Oder auch einen 3. Weltkrieg?

    So schrecklich diese Verbrechen an diesen Menschen auch ist, es gilt jetzt nicht den Kopf zu verlieren und Lösungsmöglichkeiten durch Verhandlungen offenzuhalten.

    • @Black & White:

      Das Signal das solche Verhandlungen senden würden und zwar weit über Russland hinaus wäre absolut fatal. Es würde den Despoten und Tyrannen in aller Welt den Beweis liefern, dass sie keine aber wirklich absolut keine Grenzen mehr beachten müssen, wenn sie nur über genügend Erpressungspotential verfügen. Es würde bedeuten die internationale Gemeinschaft durch das Recht des Stärkeren zu ersetzen.

      • @Ingo Bernable:

        Ein Signal, das der Westen ausssendet ist, das es dem Angreifer schweren wirtschaftlichen Schaden zufügen kann. Außerdem wird Russland auch durch die Waffenlieferungen großer militärischer Schaden zugefügt. Das hat schon ein großes Abschreckungspotential für andere Aggressoren.

        Wen Sie nicht damit überzeugen können sind die Extremisten. Aber die kriegt der Westen auch mit militärischen Mitteln kaum bzw. nicht gebändigt (z.B. Taliban). Das Verhalten des Westens - das war übrigens absolut fatal.

        Und bei anderen Despoten möchte ich mir nicht ausmalen, wenn der Westen wieder eine Strafaktion, ein Regime Change oder das Recht des Stärkeren durchsetzt, Völkerrecht ist dann häufig nicht gefragt.

        Und der letzte Punkt: bei Staaten mit sehr großen Expressungspotentail (hier: Atomraketen) sollten wir behutsamer vorgehen und unseren Colt steckenlassen.

    • @Black & White:

      Nur mal so gefragt: Haben Sie angesichts der PKs, interviews etc. pp. russischer Politiker den Eindruck, Verhandlungen mit Russland hätten irgend einen Nährwert?

      • @Kaboom:

        Was ist die Alternative zu Verhandlungen?

      • @Kaboom:

        Ja definitiv. Ich habe viele Forderungen, Wünsche und Bedürfnisse von russischen Vertretern gehört. Genau das ist das, was der Westen als erstes machen sollte: zuhören. Das gilt natürlich umgekehrt auch für die Russen. Das ist die Basis, um zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen.

        Mir ist es bewusst, dass es sich viele schwer vorstellen können, sich mit den Russen an einen Tisch zu setzen. Besonders nach all diesen Kriegs- Verbrechen. Ich glaube aber, dass es sich lohnt ernsthaft und intensiv mit Russland zu verhandeln. Alle anderen realistischen Alternativen werden zu unbeschreiblichem Leid und vielen Toten führen.

        • @Black & White:

          "Das gilt natürlich umgekehrt auch für die Russen."



          Vielleicht sollten Sie mehr Zeit darauf verwenden, in russischen Medien ihre Meinung kundzutun? Dass die russische Seite zb ... sagen wir mal ... dem ukrainischen Überlebenswunsch mehr Gehör schenken sollte?



          Damit wäre wohl der schwierigere Part Ihrer Verhandlungs-Idee zumindest schon mal angegangen!

        • @Black & White:

          "Ich habe viele Forderungen, Wünsche und Bedürfnisse von russischen Vertretern gehört. [...] Das ist die Basis, um zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen."



          Sie meinen Putins These von der "historischen Einheit von Russen und Ukrainern" und den damit verbundenen Gebietsansprüchen?



          "Alle anderen realistischen Alternativen werden zu unbeschreiblichem Leid und vielen Toten führen."



          Genau dise "Alternative" ist doch seit anderthalb Monaten blutige Realität. Und eben deshalb muss man daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen. Wenn man selbst auf dieser Grundlage noch Verhandlungen betreibt wird das Putin und anderen bestätigen, dass Krieg als fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln wieder eine praktikable und lohnenswerte Strategie ist.

  • Bei allem Abscheu gegenüber den Kriegsverbrechen der Russen in der Ukraine sehe ich jedoch den Begriff des Völkermords/Genozids in diesem Zusammenhang kritisch. Genozid ist für mich eine annähernde Auslöschung zumindest grosser Teile einer Volksgruppe. Beispiele: Shoa, Armenier, Tutsi, diverse Indigene in Nord- und Südamerika und andere. Das liegt meines Erachtens trotz aller Kriegsverbrechen in der Ukraine nicht vor.

    • 4G
      47351 (Profil gelöscht)
      @Flachköpper:

      Ich zitiere mal für Sie auszugsweise § 6 des Völkerstrafgesetzbuches:

      "(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,



      1.



      ein Mitglied der Gruppe tötet, [...]."

    • @Flachköpper:

      Dann stellt sich eine einfache Frage:

      Wieviel Prozent der Volksgruppe müssen denn bereits ausgelöscht worden sein, bevor man einen geplanten Völkermord als solchen bezeichnen darf?

      Ein Völkermord ist auch dann ein Völkermord, wenn er noch nicht vollendet ist.

      Ihre Argumentation besagt nichts weiter, als dass man niemals versuchen darf, einen Völkermord zu stoppen, ehe er nicht bereits Geschichte ist.

  • Was für eine neue Dimension soll das sein? Dasselbe passiert in der Ostukraine seit Wochen. In Trostjanez werden seit der Rückeroberung vor einer Woche Leichen über Leichen gefunden, von Mariupol mal ganz zu schweigen. In Charkiw werden seit dem ersten Kriegstag die Wohnviertel in Brand geschossen. Kleinstädte wie Isjum oder Volnavacha existieren de facto nicht mehr. Jetzt hat es einen Vorort im "Speckgürtel" von Kiew getroffen, und auf einmal ist das eine "neue Qualität". Ich bin wirklich erleichtert, dass der genozidale Charakter dieses Krieges endlich in der westlichen Presse ankommt, aber gleichzeitig völlig entsetzt das es anderthalb Monate voller Horror gedauert hat. Aber die Ostukraine ist leider anscheinend auch der Kiewer Presse oft nur Randnotizen wert.

  • "Die Täter in Butscha sind Soldaten eines Landes, dessen Präsident der Ukraine das Recht auf eine eigenständige Existenz abspricht und wo Politiker von der „Endlösung der ukrainischen Frage“ und der „Entfernung des Krebsgeschwürs bis hin zur polnischen Grenze“ reden."

    Werte taz, was soll das? Bisher habe ich die Formulierung "Endlösung der ukrainischen Frage" nur von Selenskiy gehört und noch nirgends einen Beleg dafür gefunden, das man das in Moskau tatsächlich sagt. Bei aller Solidarität mit der Ukraine und allem Abscheu gegenüber dem russichen Vorgehen - wo ist die Grundlage dafür, das hier wie eine Tatsache darzustellen und Forderungen daran zu knüpfen? Klärt mich auf.

    • @sàmi2:

      Putin hat (in die Kamera) von Endlösung gesprochen.

    • @sàmi2:

      Ich schätze, Putin hat mit "Endlösung" wohl die Einverleibung der Ukraine zu Russland gemeint. Wohl eher nicht das Auslöschen aller Ukrainer.

    • @sàmi2:

      Soweit ich das verfolgt habe, hat Putin - in einer wirklich krassen Rede - tatsächlich von Endlösung gesprochen, hat allerdings wohl einen russischen Begriff (er wäre in der Lage, den deutschen Begriff zu benutzen) verwendet.

      Mit "Endlösung" bei den Nazis war immer "der Judenfrage" verknüpft, und auch ich halte es für unhistorisch und überzogen, diesen Kontext nun zu übertragen - da soll wohl auf Biegen und Brechen eine Analogie hergestellt werden, weit überzogene Putin-Hitler Vergleiche (die ich für eine Verharmlosung der Shoa halte) haben ja zur Zeit Hochkonjunktur.

      Stammt, soweit ich es nachvollziehen kann, von einem katholischen Theologen

      www.katholisch.de/...t-sich-ns-rhetorik

      Lesenswert dazu, aber leider hinter einer Paywall, ist dieser Artikel von 》Janice Gross Stein,Professorin für Konfliktmanagement. Wladimir Putin könnte versucht sein, bei einem direkten Aufeinandertreffen des russischen Militärs mit der Nato den Krieg zu eskalieren, sagt sieim ZEIT-ONLINE-Interview. Deswegen ist sie gegen eine Flugverbotszone über der Ukraine. Wie könnte aber eine Lösung aussehen? Westliche Regierungen müssen direkt mit Präsident Putin verhandeln, sagt sie. Und je mehr wir ihn dämonisierten, desto schwieriger wird es, Raum dafür zu schaffen. Stein war die Gründungsdirektorin der Munk School of Global Affairs an der Universität Toronto 《

      www.zeit.de/politi...to/komplettansicht

      • @ke1ner:

        Man verharmlost keinen Holocaust, wenn man die Spiegelung von Hitlers Verhalten bemerkt: PutinJugend analog zu HJ, Überfall eigenständiger Staaten mit fadenscheinigen Begründungen/Anschuldigungen, Gleichschaltung der Presse/Medien, Verfolgung und Festsetzung von Menschen aus nichtigen Gründen, selbst initiierte Verbrechen unbeliebten Menschen- Ethnien- Völkern unterschieben, missliebige Personen umbringen lassen, Großveranstaltungen zur Massenverdummung anberaumen, Zivilisten demütigen, vergewaltigen und umbringen, das eigene Volk und die Weltgemeinschaft belügen …

        • @snowgoose:

          Das ist ganz normaler Faschismus, gab es in zahlreichen Ländern und historischen Kontexten und hat mit dem Holocaust so erstmal nichts zu tun.

        • @snowgoose:

          > Man verharmlost keinen Holocaust, wenn man die Spiegelung von Hitlers Verhalten bemerkt

          Warum lassen Sie ihn dann in Ihrer Aufzählung der angeblichen "Spiegelungen" weg, wo er doch das wesentliche von Hitlers Verbrechen ausmacht? Und wie viele Länder hat Putin denn schon annektiert? Bei Hitler waren es schon vor dem Krieg zwei. Auch dieser Unterschied scheint Ihnen nicht so wichtig zu sein

      • @ke1ner:

        Klar... weil Putin nicht den deutschen Begriff verwendet hat und außerdem kein Bezug zu Juden besteht (außer vielleicht, dass Selenskey Jude ist, aber seien wir nicht spitzfindig...) kann man das keinesfalls, als Ankündigung eines Völkermordes sehen.



        Geht's noch?

        Was kommt als nächstes? Dass Putin mit "Säuberungen" vermutlich nur meint, dass die Auslegware im Kreml mal wieder gesaugt werden muss?

        Eins zeigt die Geschichte doch wohl: Wenn Typen wie Putin von "Säuberung" und "Endlösung spricht und die Adressaten als "Mücken", die man ausspuckt, dann sagen die das nicht nur so, um ein bisschen Angst zu machen - die meinen das genau so!

    • @sàmi2:

      Es finden sich durchaus Hinweise darauf, dass auch Putins Vokabular nicht so gänzlich unbelastet ist:



      www.faz.net/aktuel...sung-17884990.html

      • @Ingo Bernable:

        Danke für den Link :-) Ich sehe schon die faschistoiden Tendenzen in Putins Sprechen und Handeln. Hier handelte es sich aber um ein Zitat, und da erwarte ich einen Bezug/eine Quelle. Mir reicht es da nicht, dass Äußerungen von Putin oder seinen Spießgesellen belegt sind, die "in die Richtung gehen" oder dass andere Medien dasselbe berichten. Soll ich bei meiner Bewertung zugrundelegen, dass ich das so ähnlich auch schon woanders gehört oder gelesen habe? Ich finde, ein bisschen Exaktheit kann man schon erwarten. Der Einordnung als Völkermord kann ich ja vielleicht zustimmen, aber nicht nach dem Lesen dieses Kommentars.

  • 》Nicht jeder Massenmord ist ein Völkermord, und man wird darüber diskutieren können und müssen, ob das Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine wirklich dieser Charakterisierung entspricht oder doch „nur“ ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Aber der Vorwurf steht im Raum《

    Und doch titeln Sie: "Charakterzüge eines Völkermords

    Die Gräueltaten von Butscha sind eine neue Dimension im Ukraine-Krieg. Solche nationalistischen Exzesse sind keine Ausrutscher. Sie haben System" ?

    Ich bin immer noch dafür, dass erst aufgeklärt wird, was da in Butscha passiert ist.

    Vor allem auch deshalb, weil es eine große Rolle für das weitere Vorgehen gegen Putin spielt, etwa wenn Außenministerin Baerbock - die in meinen Augen immer mehr zur Kriegsministerin wird - es sofort aufgreift, um eine Ausweitung der Sanktionen anzukündigen, anders ausgedrückt: instrumentalisiert.

    Wie es insgesamt eine Linie bei den Grünen zu geben scheint, die auf Eskalation, Regimechange zu setzen scheint.

    Z.B. Ralf Fücks im Interview mit ZON is.gd/3ul01b den Verhandlungsspielraum Selenskyjs öffentlich in Frage stellt 》ZEIT ONLINE:Wobei die Bereitschaft, über die Krim und den Donbass neu zu verhandeln, ja von der Ukraine selbst kommt.

    Fücks:Ja, Wolodymyr Selenskyj hat da ein politisch durchaus waghalsiges Angebot gemacht, bei dem fraglich ist, ob er dafür den entsprechenden Rückhalt im Land hat. Nach allem, was wir in den vergangenen Tagen mitbekommen haben, ist die Stimmung in der Bevölkerung keineswegs so, dass man diesen Krieg um jeden Preis beenden möchte. Die Menschen sagen vielmehr: Wir werden für die Unabhängigkeit und Einheit der Ukraine kämpfen, solange wir irgendwie können. Viele sind bereit, dafür ihr Leben zu riskieren. Das ist eine Haltung, die uns tief berührt hat《 - völlig deplaziertes Pathos und in seiner Bezugnahme auf "Stimmung in der Bevölkerung", "Die Menschen sagen vielmehr [...]" - unbestimmt, nicht belastbar

    So lässt sich dieser Krieg nicht beenden

    • @ke1ner:

      Vorgestern hat die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti einen Artikel „Was Russland mit der Ukraine tun muss“ veröffentlicht. Einige Auszüge:

      "Nazis mit Waffen müssen in möglichst größer Anzahl getötet werden. Nicht nur die Eliten, fast alle Menschen sind schulding, sie sind passive Nazis. [...] Sie unterstützten die Elite und müssen bestraft werden.

      Die Ukraine muss für ihre Schuld gegenüber Russland bezahlen. Sie muss als Feind behandelt werden und darf sich deshalb nur in Abhängigkeit zu Russland entwickeln. Es darf keinen "Marshall-Plan" geben.

      Denazifizierung muss De-Ukrainisierung sein. [...] Die Geschichte hat bewiesen, die Ukraine darf nicht als Nationalstaat existieren. [...] Denazifizierung muss De-Europäisierung sein.

      Die Bandera-Eliten müssen liquidirt werden, weil sie nicht umerzogen werden können. Der soziale "Sumpf", der sie unterstützt hat, muss einen Terror des Krieges erdulden und die Lektion ertragen und für seine Schuld büßen."

      twitter.com/sumlen...510910740261134338

    • @ke1ner:

      Immer wieder interessant zu sehen, wie viele Relativierer auf dem Plan erscheinen, wenn Vorwürfe gegen Moskau laut werden.

      • @mwanamke:

        Unglaublich aber wahr.

    • @ke1ner:

      Dieser Krieg lässt sich auch nicht beenden indem die Ostukraine dem Totalitarismus überlassen wird. Niemand von unseren Verwandten und Bekannten dort, und das sind die Leute die täglich bombardiert werden, möchte das. Die einzigen die zwecks "Deeskalation" dazu aufrufen diese Menschen Russland in den Rachen zu werfen, kommen aus der deutschen, sogenannten "Friedensbewegung". Deeskalation für wen möchte mensch da fragen. Schonmal gesehen, was in den besetzten Gebieten passiert? Wie es seit 8 Jahren im Donbass ausieht? Friedhofsbewegung passt angesichts dessen wohl besser.

    • @ke1ner:

      Den Grünen Eskalation vorzuwerfen während Russland Krankenhäuser bombardiert ist schon ein bischen abwegig.

      Zu Ihrem letzten Satz, wie lässt sich der Krieg denn beenden, ohne dass die Ukraine aufgibt und ihr Staatsgebiet verschenkt (euphemistisch ausgedrückt, eine räuberische Erpressung wäre wohl näher dran)?

  • Wer chirurgische Schläge ankündigt und von Operationen als Kriegshandlungen im Nachbarland spricht, ist schon per definitionem ein Lügner, saubere Kriege gibt es nicht. "Der Lügner ist ein Meister aus Russland", es wird die Untersuchung der Toten die (Über-)Lebenden lehren, ihre Einstellung neu zu justieren. Wenn Aufklärung und Ortung des Westens der russischen Technik zur Angriffsplanung mit Raketen Paroli bieten können, wird man die der Kriegsverbrechen Beschuldigten identifizieren und persönlich in die Verantwortung nehmen können. Die Befehlsstruktur und die zutiefst antihumane Einstellung bewaffneter AkteurInnen im Krieg sind das eigentliche, viel tiefer liegende Problem, schon immer./



    //



    www.lyrix.at/t/wol...oldat-soldat-541//



    //



    www.fnp.de/frankfu...en-90093242.html//



    //



    www.spiegel.de/pol...hlen-a-496735.html



    //



    "Soldat, Soldat, die Welt ist jung, Soldat, Soldat, so jung wie du, die Welt hat einen tiefen Sprung, Soldat am Rand stehst du." [WB]



    //



    April 2022, 🕊🇺🇦🕊🙏MR

  • 4G
    43985 (Profil gelöscht)

    Da Russland für morgen den UN Sicherheitsrat deswegen einberufen hat, bin ich gespannt wie die Lage morgen aussieht.

  • Angesichts immer weiterer überschrittener roter Linien sollte man auch einen Kriegseintritt der NATO nicht länger kategorisch ausschließen.

    • @Ingo Bernable:

      Besonders, wenn die von der NATO gern deklarierte Förderung der Werte nicht nur ein bloßes Gerede sein sollte.

    • @Ingo Bernable:

      Sie wissen, was das bedeuten kann. Wollen Sie das wirklich?

      • 9G
        98974 (Profil gelöscht)
        @Black & White:

        Ja,



        Russland kriegt es mit einem weit überlegenen Gegner zu tun. Das ist wohl das einzige was hier noch hilft.

        • @98974 (Profil gelöscht):

          Auch ein weit überlegender Gegner kann durch Atomraketen getroffen werden.

      • @Black & White:

        Natürlich weiß ich das. Putin weiß das aber auch und eben deswegen sollte man nicht in Angststarre verfallen und bei jeder weiteren Grenzüberschreitung noch weiter zurückweichen.

        • @Ingo Bernable:

          Die Frage ist, ob Putin wirklich vor der Nato zurückschrecken würde?

          Können Sie diese Frage mit 100% Sicherheit beantworten?

          Anderfalls würden Sie das Risiko eines globalen Krieges eingehen, weil in einem lokalen Krieg ein Verbrechen begangen wurde.

  • Hat es jemals einen Krieg gegeben, in dem nicht Zivilist*innen (und Soldat*innen) ermordet, vergewaltigt, gefoltert und kaputt gemacht wurden? Zu erfahren, dass das auch in der Ukraine geschieht, ist schockierend, aber war zu erwarten. Und das können wir alle wissen. Es gibt wirklich gute Gründe für Pazifismus.

    • @Carola Lücke:

      Der Mord an Unschuldigen ist konstitutives Merkmal eines jeden Krieges ... wer das nicht will, muss sich folgerichtig gegen den Krieg positionieren. Oder er/sie muss sagen, dass es Gründe gibt, die das Töten Unschuldiger doch legitimieren ... wir reden hier nicht über Tyrannenmord oder so etwas.



      Es gibt schlicht keine "saubere" Techno-Kriegsführung, die lediglich militärische oder ökonomisch-infrastrukturelle Ziele trifft. Das haben wir schon aus Afghanistan lernen können.



      Und man komme mir nicht mit "Argumenten" quantitativer Natur wie einst ein leicht angebräunter Geschichtslehrers meines Gymnasiums: gemessen an den sechs Millionen Holocaust-Opfern Nazi-Deutschlands seien die zwanzig Millionen Opfer des Stalin-Terrors wohl das grössere Verbrechen gewesen.

    • @Carola Lücke:

      Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an unsere Netiquette.

      Die Moderation

      • @Gnutellabrot Merz:

        Ich wollte nicht gegen die Netiquette verstoßen. Tut mir leid, wenn mein Kommentar anscheinend falsch verstanden wurde.

  • Ein wichtiger Aspekt beim Ukrainekrieg ist die Fernsehpropaganda in Russland. Vor fünf Wochen war in russischen Talkshows noch von "Nazis und Drogenabhängigen" in der ukrainischen Regierung die Rede und deren Ablösung das Kriegsziel. Mittlerweile dämonisiert die Chefin von Russia Today Simonjan in den Talkshows die gesamte ukrainische Gesellschaft. So wie Nazi-Deutschland sei fast das gesamte ukrainische Volk "vom Nazi-Virus befallen". Der Feind ist also nicht mehr die "Nazi-Junta in Kiew", sondern fast das gesamte ukrainische Volk. Auch das ist keine Neuigkeit im russischen Fernsehen. Auch während der Tschetschenienkriege wurden im Fernsehen Kaukasier dämonisiert. In den russischen Talkshows sind also die propagandistischen Mittäter an den Kriegsverbrechen unterwegs.

  • das war zu erwarten. Und nicht nur von Russlands Armee. Praktisch jede Armee verübt im laufe seiner Kriegshandlungen mehr oder weniger Völkermord. Die Frage ist häufig nur, ob die Taten auch in der Öffentlichkeit bekannt werden. Selbst die US-Army verübte Gräueltaten im sinne von Völkermord. Wir erinnern uns, dass ein junger It-Speziallist die Bilder von der gezielten Ermordung von zivilen Personen durch eine Drohne veröffentlicht hat und heute deshalb heute in Russland im Exil leben muss, da er sonst angeklagt würde, wegen Geheimnisverrats. So gibt es viele Tathergänge, die der Öffentlichkeit nicht in Gänze oder leider nicht mal in Ansätzen bekannt sind, die aber durch Kriegshandlungen erfolgen, um letztlich mit jeglichem Mittel den Sieg zu erringen.



    Hier gilt nur eines: Sucht die Täter, klagt sie an und verurteilt sie dafür. Sie haben es verdient.

    • @Sonnenhaus:

      genau. Das wollte ich auch so schreiben.

  • Kennt jemand einen Krieg ohne Morde an Zivilisten (und Soldaten), Massakern, Vergewaltigungen, Folter, und dem Zerstören von Menschen mit allem, was gerade zur Hand ist? Kann es das geben? Es ist immer wieder schockierend, davon zu erfahren, aber es zeugt doch von guter Verdrängungsleistung, wenn man jetzt erstaunt ist darüber, dass das auch in der Ukraine stattfindet. Das ist für mich einer der wichtigsten Gründe, radikal gegen jedwede Kriegsführung zu sein.

  • Ich wundere mich darüber, dass man sich über Massaker an unschuldigen Zivilisten im Krieg verwundert ... natürlich ist das entsetzlich und empörend und die Verantwortlichen für diese Kriegsverbrechen - ob man sie nun als Genozid bezeichnet oder nicht - gehören konsequent zur Verantwortung gezogen. Auch ist für mich persönlich in keiner Weise vorstellbar, wie mit einem Putin jetzt noch irgendwelche Gespräche bzw. Verhandlungen geführt werden können.



    Aber: treibt nicht jeder Krieg die niedersten menschlichen Eigenschaften nach oben ... und ist es nicht grundsätzlich pervers, von gerechten oder sauberen Kriegen zu sprechen? Sollten demzufolge nicht alle Anstrengungen unternommen werden, Kriege im Vorfeld zu verhindern? Sind es die paar Quadratkilometer Land im Donbass wert, dass Unschuldige dafür leiden und sterben müssen?



    Die Fragen kann ich womöglich noch einem Präsidenten Selenskyi stellen, der die Verantwortung für sein Land und seine Bevölkerung trägt, nicht aber dem Mörder Putin ... der hat sich längst entschieden, dass er lieber in die Hölle fährt als den Frieden zu erringen.

    • @Abdurchdiemitte:

      Sie haben schon verstanden, dass das keine Kombattanten waren? Diese Leute wurden exekutiert nachdem Russland die Dörfer bereits eingenommen hatte. Hätte die ukrainische Armee diese Dörfer halten können, wären diese Leute noch am Leben.

      Wollen Sie andeuten, dass Selenskij den Russen aus freien Stücken noch mehr Gebiete hätte überlassen sollen, wo die dann ihre ethnischen Säuberungen durchführen können?

      • @grüzi:

        Verzeihung, in diesem Fall von ethnischen Säuberungen zu sprechen, ist Blödsinn ... mögen diese Kriegsverbrechen noch so himmelschreiend sein. Woher wollen Sie wissen, dass sich unter den Ermordeten nicht auch ethnische Russen befinden? Das konnten die Mörder auch nicht wissen. Denken Sie an die gnadenlose Beschiessung Charkivs, einer überwiegend russischsprachigen Stadt (übrigens nicht von den Russen eingenommen, dort sterben die Menschen durch Raketenbeschuss aus grösserer Distanz). Dennoch sind das alles Kriegsverbrechen, für die die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen ... darin sind wir uns wohl einig.



        Zu den Kriegsverbrechen zählt übrigens auch die Misshandlung am Boden liegender, gefesselter und verwundeter russischer Kriegsgefangener durch ukrainische Soldaten.



        Da ist gerade mein Punkt: die Vorstellung vom gerechten oder sauberen Krieg - dazu zählt auch der moderne technologische Krieg mit den Hochpraezisionswaffen, die angeblich nur militärische Ziele oder wirtschaftliche Infrastruktur zerstören - existiert nur in der Vorstellungswelt der Bellizisten und der Ruestungslobbyisten, die ihre Mordwerkzeuge gewinnbringend auf dem internationalen Markt verkaufen wollen.



        Niemand kommt mit weißer Weste aus dem Krieg heim, das wusste schon mein Großvater, Beteiligter am Vernichtungsfeldzug Hitlers in der Sowjetunion.

    • @Abdurchdiemitte:

      Ich fürchte, wir mussten gerade lernen (haben es aber noch nicht alle), dass zu den Anstrengungen, ein Krieg im Vorfeld zu verhindern, im Zweifelsfall auch gehört, einen Krieg führen zu können, so dass es einem Angreifer zu teuer würde, es auch nur zu versuchen.

      • @o_aus_h:

        Da besteht doch kein Dissens ... leider ist es so, würde ich nur hinzufügen. Und es gilt auch nur für den Zweifelsfall, wie Sie zutreffend anmerken.



        Jedoch hat uns dieser Krieg auch gezeigt, auf welch tönernen Füssen die angeblichlich so großartige russische Militaermaschinerie steht ... was in Syrien noch von Erfolg gekrönt war, erweist sich in der Ukraine als absoluter Rohrkrepierer.



        Leider reicht es immer noch, um Tod und Verderben über Unschuldige zu bringen ... und das gilt bisher für jeden Krieg, wer auch immer ihn führt.

  • Um die Banalisierung zu vermeiden, sollte man mit dem Begriff des Völkermordes in der Tat etwas zurückhaltender umgehen. Srebrenica und Ruanda, vom Holocaust ganz zu schweigen, hatten da doch noch andere Dimensionen, weil sie auf die Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen abzielten. Dies gesagt, ändert rein gar nichts an der Abscheulichkeit des hier begangenen Massenmordes (die Richtigkeit der bislang vorliegenden Nachrichten einmal vorausgesetzt). Einmal mehr zeichnet sich ab, dass Russland den Krieg in der Ukraine mit der gleichen Skrupellosigkeit durchführt wie bereits in Syrien. Und man kann nur hoffen, dass die Verbrechen mit der Penibilität dokumentiert werden, die nötig ist, um gegebenenfalls die Verantwortlichen bzw. die Mittäter wie im Falle Srebrenicas oder Syriens vor Gericht zu stellen. Kein Trost für die Toten oder ihre Angehörigen, ich weiß.

    • @Schalamow:

      Vernichtung (und ethnische Säuberung in Form von Vertreibung und Verschleppung) ganzer Bevölkerungsgruppen ist allerdings exakt das, was in der Ostukraine gerade geschieht.

      • @Nora_X:

        Von Genozid oder ethnischen Saeuberungen im Zusammenhang mit diesem Krieg zu sprechen, wie es Selenskyi tut - tun muss, um die Weltöffentlichkeit aufzurütteln -, halte ich für problematisch ... da muss ich @Schalamow zustimmen. Alle anderen Merkmale von Kriegsverbrechen treffen zu, das macht es leider nicht besser.

    • @Schalamow:

      @Schalamow



      Erstens unterstütze ich was Martin74 schreibt.



      Zweitens mein eigener Punkt und den darf sich gerne jeder Relativierer vergegenwärtigen: Wenn das russische Morden jetzt nicht aufhört haben wir bald Dimensionen wie in Srebrenica. Der Punkt ist dies zu benennen und zu verhindern bevor es dazu kommt.

      Alle Debatten ob das jetzt schon Genozid ist oder nicht helfen nun zur Zeit da sich diese abscheulichen Taten vollzihen nichts und sie sind akademisch.

      Es geht darum, dass die Frage "ob schon" nicht zur Gewißheit wird!

      Dies liegt in Russlands und Putins Verantwortung.

      Wer das alles wie und mit welcher Absicht relativiert - in diesem Forum gibt es düstere Gesellschaft - schließt sich aus der zivilisierten Debatte aus.

      Die Debate kann nur noch darum gehen, wie man Russland dazu bringt, diesen imperialistischen Wahnsinn zu stoppen.

      • @JK83:

        Zum impliziten Vowurf der Relativiererei darf ich Sie bitten, sich mal meine übrigen Beiträge anzuschauen. Sie dürften da eher nicht fündig werden.

        Speziell zu Buschta und dem offenkundigen Versuch, das alles in Frage zu stellen, hab ich mich an gestern anderer Stelle auch sehr deutlich geäußert.

    • @Schalamow:

      Das ist offen gesagt ein ziemlich gefährlicher Pfad.



      Üblicherweise geht man davon aus, dass ein Völkermord in größerem Maße zu verdammen ist, das seine Vermeidung von noch größerer Wichtigkeit ist, als dies bei einem Massenmord der Fall ist.



      Und im Gegensatz dazu lautet Ihre Argumentation: Man sollte Völkermorde solange laufen lassen, bis aus dem Massenmord erfolgreich ein Völkermord wurde. Erst dann darf man anfangen, darüber zu reden, was da passiert ist.

      Finde ich nicht gut.

      Wenn der Begriff des Völkermordes nur dazu da ist, hinterher zu jammern, dann sollte man ihn komplett aus dem Vokabular streichen.

      Es ist wichtig, (auch nur versuchte) Völkermorde beim Namen zu nennen, bevor sie Erfolg haben, denn nur dann gibt es wenigstens die theoretische Hoffnung, den einen oder anderen Völkermord vermeiden zu können.

      • @kleinalex:

        "Und im Gegensatz dazu lautet Ihre Argumentation: Man sollte Völkermorde solange laufen lassen, bis aus dem Massenmord erfolgreich ein Völkermord wurde."

        Ich habe das weder gesagt noch lässst sich das auch nur andeutungsweise aus meinem Beitrag herauslesen noch entspricht dies irgendwie meiner Position. Genausowenig bin ich der Auffassung, man solle über die Morde in Buschta nicht sprechen. Wo haben Sie das her?

        Der Begriff des Völkermordes oder Genozids ist juristisch definiert und nicht jedes Massaker ist daher automatisch ein Völkermord. Beim sog. Holodomor (und hier reden wir von mehreren Millionen Toten auf ukrainischem Boden) ist genau aus diesem Grund die Einstufung als Völkermord umstritten.

        Kommentar gekürzt.

        Die Moderation

    • @Schalamow:

      Ich schließe mich Ihrer Hoffnung bzw. dem Wunsch absolut an, dass die Kriegsverbrecher - und es ist wie einst in Deutschland nicht ein Hitler alleine, sondern viele Mittäter, die diese Mordmaschinerie ins Rollen gebracht haben - für ihre Taten noch zur Rechenschaft gezogen werden.



      Allerdings ist es eine bittere historische Erfahrung, dass diejenigen, die sich nach dem Ende militärischer Auseinandersetzungen auf der Siegerseite sahen, meist ungeschoren davon kamen ... "the winner takes it all".



      So stehen wir vor der paradoxen Situation, dass der Krieg in der Ukraine wohl nur mit einem Verhandlungsfrieden beendet werden kann ... Auge in Auge mit denen, die für die Massaker in Butscha, Mariupol und andernorts Verantwortung tragen, im schlimmsten Fall mit Putin selbst, da er in Russland nicht entmachtet werden kann. Dass allein dieser Umstand den Ukrainern viel Überwindung abverlangt, ist mehr als verständlich ... aber gibt es eine Alternative?

    • @Schalamow:

      Auch wenn die Anzahl der Ermordeten geringer als Srebrenica und Ruanda ist, ist die politische "Idee", die zu diesen Morden geführt hat, dieselbe wie in diesen Ländern.

      Wenn der russiche Präsident von der „Endlösung der ukrainischen Frage“ spricht meint er nichts anderes als einen Genozid.

  • "Aber der Vorwurf des Völkermords steht im Raum." Dort steht er schon seit 20 Jahren. Wird mal langsam Zeit, dass ihn jemand von dort abholt und nach Den Haag bringt.



    Tschetschenien : „Das grenzt an Genozid“ www.faz.net/aktuel...enozid-169463.html

  • Es tut mir leid dass ich nicht umhin komme, folgendes zu sagen: in der NZZ liest man ergänzend von Entführungen, Vergewaltigungen und Morden, sowie Verschleppung in Arbeitslager. Und das ist zusammen mit Einkesseln und Totbomardieren nun die höchste Liga an Kriegsverbrechen und steht mit der Kriegsführung der Nazis nahezu ebenbürtig auf einer Stufe. Schlimmer geht’s nimmer. Was ist denn da los in Moskau? Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert?

    • @sachmah:

      "Was ist denn da los in Moskau? Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert?"

      Die russische Armee hat in allen Kriegen des letzten Jahrzehnts gezielt Krankenhäuser bombardiert, Zivilisten ausgehungert und ermordet, und Verbündete unterstützt, die es mit dem Kriegsrecht noch weniger ernst genommen haben. Nur hat uns alle das in Tschetschenien, Georgien und Syrien nicht wirklich interessiert.