Reform der Grunderwerbsteuer: Gute Nachricht für Immobilienhaie
CDU und CSU haben verhindert, dass Konzerne künftig bei Wohnungskäufen Grunderwerbsteuer zahlen müssen. Dafür werden Familien zur Kasse gebeten.
E s ist eine eklatante Ungerechtigkeit: Wenn eine Familie eine Wohnung kauft, zahlt sie dafür bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises als Grunderwerbssteuer. Wenn Immobilienkonzerne dagegen eine oder auch gleich 100 Wohnungen erwerben, geht der Staat meist leer aus. Das ermöglichen sogenannte Share Deals, bei denen nicht die Immobilie direkt, sondern ein Unternehmen verkauft wird, dem sie gehört. Wenn weniger als 95 Prozent der Firma binnen fünf Jahren den Eigentümer wechseln, wird keine Grunderwerbssteuer fällig.
Auf diese Art können vor allem große Investoren Wohnhäuser häufiger verkaufen und die Preise in die Höhe treiben. Den Ländern entgehen nach Schätzungen bis zu eine Milliarde Euro Steuern pro Jahr. Mieter zahlen langfristig mehr.
Die am Mittwoch vom Finanzausschuss des Bundestags beschlossene Reform wird daran leider wenig ändern. Die Abgabe soll nun schon fällig werden, wenn der Käufer 90 statt wie derzeit 95 Prozent der Firma mit der Immobilie übernimmt. Den Rest darf er nicht wie bisher bereits nach 5, sondern erst nach 10 Jahren steuerfrei kaufen.
Das sind angesichts der Millionengeschäfte, um die es hier geht, lächerlich niedrige Hürden. Die Investoren müssen einfach die Verträge mit ihren Strohleuten, die die restlichen Anteile halten, etwas ändern – und können sich wie bisher die lästige Abgabe an den Staat sparen.
Das Spiel stoppen könnte der Bund nur, wenn er die Schwelle für die Grunderwerbsteuer auf 50 Prozent der Unternehmensanteile senkt. Denn wer nicht mehr als die Hälfte einer Immobilienfirma hat, kann auch nicht wirklich über sie bestimmen. So würden Share Deals unattraktiv. Damit das vor dem Bundesverfassungsgericht durchkommt, müsste die Abgabe nur für den jeweiligen Firmenanteil gezahlt werden. Bislang schuldet der größte Gesellschafter die gesamte Steuer.
Doch vor allem CDU und CSU haben eine wirksame Reform verhindert. Sie haben wieder einmal die Interessen der Konzerne und Vermögenden durchgesetzt – auf Kosten der Allgemeinheit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen