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Rechte KampfbegriffeRostocks rechte Stellenanzeige

Rostock sucht ei­ne*n „Sachbearbeiter*in Remigration“. Kritik daran wehrt die Stadt ab: Rechte missbrauchten den wissenschaftlichen Begriff.

Der Stadthafen in Rostock an der Warnow Foto: Voelker/Fotostand/imago

Berlin taz | Noch drei Wochen, bis zum 20. Februar, nimmt die Stadt Rostock Bewerbungen für ei­ne*n „Sachbearbeiter*in Remigration“, entgegen, 39 Wochenstunden, bezahlt nach TVöD, Entgeltgruppe 11. Zu den Aufgaben gehören unter anderem „Entscheiden über Abschiebungen“ und „Ausreiseaufforderungen illegal eingereister Ausländer*innen“. Der Aufgabenkatalog entspricht dem, was in Ausländerbehörden bundesweit Standard ist. Normalerweise heißen die Stellen „Sach­be­ar­bei­te­r:in Ausländerbehörde/Aufenthaltsbeendigung“.

Für Aufregung sorgte folglich die Rostocker Wortwahl. Denn erst Mitte Januar war „Remigration“ zum „Unwort des Jahres 2023“ gekürt worden. Es sei in rechtsextremen Kreisen als „Euphemismus für die Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte geworden“, so die Jury. Und so sahen viele in den Sozialen Medien die Formulierung der Ausschreibung als das erste Anzeichen kommender Vertreibungen, wie sie bei dem von Correctiv aufgedeckten Rechtsextremen-Treffen in Potsdam im vergangenen November angedacht wurden.

Das rechte Krawall-Portal Nius notierte über die Stellenausschreibung erfreut: „In Mecklenburg-Vorpommern setzt man auf 'Remigration’“. Auch die Junge Freiheit war angetan: Die „Erste deutsche Großstadt sucht Sachbearbeiter für 'Remigration’“, schrieb sie. Rostock wolle „der Debatte offenbar auch Taten folgen lassen“, so die JF, und fragte, zwinker, zwinker, ob der österreichische Rechtsextremist „Martin Sellner sich bewerben“ werde.

Die von der Linken-Politikerin Eva Maria-Kröger geführte Stadtverwaltung bemühte sich, aus dem vermeintlichen Skandal die Luft rauszulassen. „Der Begriff ‚Remigration‘ triggert gerade sehr viele Menschen, weil er von Rechtsextremisten umgedeutet wird“, heißt es in einer ausführlichen Stellungnahme des Rostocker Rathauses vom Mittwoch. Diese wollten das Wort aus ideologischen Gründen vereinnahmen und meinten damit „Pläne, Menschen zu Hunderttausenden aus Deutschland zu vertreiben“. Es handele sich um einen „Missbrauch des Begriffs“ zur Verschleierung ihrer Absichten.

Synonym für Rückkehr

In Rostock heiße das Sachgebiet im Migrationsamt, das für freiwillige Ausreisen, Duldungen und Abschiebungen zuständig sei, schon seit 2017 so. Der Begriff sei aus der Migrationsforschung übernommen worden. Rostock stehe für eine „offene Willkommenskultur, für Diversität und Integration“, so die Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger. „Menschenverachtenden Plänen, Millionen Mit­bür­ge­r*in­nen aufgrund ihres Migrationshintergrundes aus Deutschland zu vertreiben, stellen wir uns entschlossen und mit aller Kraft entgegen.“ Am Donnerstagnachmittag war die Anzeige online nicht mehr aufrufbar.

In der Migrationsforschung ist der Begriff tatsächlich schon lange gängig – als Synonym für die Rückkehr von Mi­gran­t:in­nen ins Herkunftsland – freiwillig, etwa am Ende des Arbeitslebens, „gefördert“ etwa nach einem abgelehnten Asylantrag oder erzwungen, also durch Abschiebung.

Der Begriff an sich war politisch lange eher neutral. Das der Xenophobie vollständig unverdächtige Osnabrücker Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien spricht in Forschungsarbeiten von Remigration. Der Begriff findet sich in stockseriösen Untersuchungen der Universitäten Mainz, Oldenburg, der TU Dortmund oder der Gedenkstätte Yad Vashem.

Von rechts angeeignet

Gleichwohl gibt es die von der Stadt Rostock selbst angesprochene Subtextverschiebung. Rechtsextreme haben die Vokabel in den vergangenen Jahren zum Kampfbegriff gemacht. Martin Sellners 2024 im Antaios-Verlag erschienenes Buch heißt so. Nazi-Shops im Netz verkaufen schon länger T-Shirts mit der Aufschrift, und auch bei der AfD ist offen von „millionenfacher Remigration“ die Rede.

In der rechtsextremen Lesart geht es eben nicht um das, was in Sachen Abschiebung bisher in Deutschland üblich ist, sondern darum, auch andere Gruppen abschieben zu können – etwa „nicht assimilierte Eingebürgerte“, wie Sellner schrieb, auch wenn die AfD offiziell darauf beharrt, „deutsche Staatsbürger“ nicht abschieben zu wollen.

Die Neuen Deutschen Medienmacher (NDM) haben den Begriff deshalb schon länger in ihr Glossar aufgenommen. Sie sehen in ihm ein „Mittel gegen die pluralistische Einwanderungsgesellschaft“. Dahinter stehe oftmals die Verschwörungstheorie, es „sei ein geplanter ‚Bevölkerungsaustausch‘ oder eine ‚Umvolkung‘ im Gange, die umgekehrt werden müsste“, so die NDM.

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39 Kommentare

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  • Werden wir hier der Stadt Rostock gerecht? Ist der OB nicht selbst Migrant? Vielleicht sollten wir nicht zu vorschnell urteilen.

  • ++„Sachbearbeiter*in Remigration“++

    Immerhin mit Gendersternchen Geschrieben.



    Da läuft irgendwie generell was in eine Richtung im Osten Deutschlands, welche sehr besorgniserregend ist.



    Klar ist, die Schutzmacht der DDR war Russland (Sowjetunion) und nach meiner Erfahrung mit Menschen aus dem Osten (Rehawerkstatt Ü50-Ü70) schwelgen (verherrlichen) diese über das leben in der DDR.



    Seltsam, wenn man die Bilder von dem Montagsdemos gesehen hat.



    Nur alleine schon das Wort "Treuhand" kann diese Menschen in Rasche versetzen!



    Dies kleine Beispiel "Treuhand" zeigt, wie verraten und verkauft sich die Menschen der ehemaligen DDR fühlen!

  • Ich sehe das Problem eher darin, dass die Rechten einen Begriff gekapert haben, der schon vorher euphemistisch und wenig trennscharf war. Freiwillige Rückreise und Abschiebung unter einem Begriff zu fassen, ist vielleicht in der Wissenschaft neutral, aber ganz bestimmt nicht in Politik und Verwaltung, wo direkt mit und an Menschen gearbeitet wird.

    So nutzen die Rechten mal wieder eine Unschärfe für sich, die aber im demokratischen System angelegt war. Anstatt darüber öffentlich zu diskutieren, die Differenzen aufzuzeigen und den eigenen Euphemismus einzugestehen, wird jetzt der Begriff zum Tabu erklärt und nach rechts verschoben. Das kanns doch nicht sein. Die Rechten werden es für sich zu nutzen wissen und die Demokraten mal wieder am Nasenring herumführen.

  • Resignation ist eigentlich ein ganz eindeutiger Begriff. Klingt aber besser als Abschiebung. Da steckt genauso Wunschdenken von gestern dahinter. Die Erde ist der einzig mögliche Lebensraum für die Menschheit. Die Begriffe " Nation" und "Rasse" sind von vorgestern. Wir müssen zusammen leben lernen, oder wir sterben gemeinsam. An der Klimakatastophe, Seuchen oder dem 3. Weltkrieg mit Atomwaffen.



    Wenn man von Remigration redet, müsste sich die ganze Menschheit auf die Socken nach Afrika machen, wenn es nach der gängigen out of Africa Theorie ginge. Könnte eng werden. Nix mehr mit "Freiheit"!

    • @Matt Gekachelt:

      Irrtum - solange Steuern, Regierungen und Sozialsysteme national ausgestaltet werden, hat der Begriff "Nation" keinesfalls ausgedient.



      Wir könnten natürlich die Sozialsysteme weltweit einheitlich auf den Durchschnitt festlegen - ist es das, was Sie wollen?

  • Es ist schon eine Art Kapitulation, wenn sich ganz Deutschland um den Sprachgebrauch der äußersten Rechten dreht und jedes Wort, das diese in ihren Wortschatz übernimmt, sogleich zum "Unwort" erklärt wird. Wenn Rechtsextremisten auf die Idee kämen, Migrationsabwehr als "Klimaschutz" oder sich selbst als "FFF - Fascists for future" zu bezeichnen, würden dann der Begriff ",Klimaschutz" oder die Abkürzung "FFF" auch zum Unwort? Das kann's nicht sein.

    • @Budzylein:

      Hahaha das sich jemand traut so einen Couchkommentar ohne Schamgefühl zu schreiben…

      vlt ist der „neutrale“ Begriff „Remigration“ auch einfach etwas faschistisch weil er auf Grundsätzen wie Nationen und eingeschränkter Bewegungsfreiheit aufbaut?

      • @Jugend:

        Wenn man den Faschismusbegriff unendlich ausweiten will und er damit jede Trennschärfe verlieren soll, dann kann man natürlich die "Grundsätze von Nation und eingeschränkter Bewegungsfreiheit" so bezeichnen.

      • @Jugend:

        Vielleicht sind diese Grundsätze aber auch real in unserem Rechtssystem (und dem aller anderen, sich als solche verstehenden, Länder) abgebildet? Man kann zwar schön Alles für "faschistisch" erklären, was einem nicht links genug ist. Aber es ist vor allem mal schamlose Selbstüberhöhung zu erwarten, dass Jeder diese Pauschalisierung als allgemeingültig übernimmt.

        Und im Rahmen eines ETWAS engeren Maßstabs, was faschistisch ist und was nicht, hat @Budzylein schon Recht: Es ist kein Gewinn sondern letztlich ein Kuschen vor rechtsextremer Vereinnahmung, wenn man "Unwörter" nicht an ihrer etwaigen intrinsischen Unmenschlichkeit misst sondern daran, wer sie wie pervertierend verwendet. Für diese Erkenntnis muss sich niemand schämen - im Gegenteil.

  • "auch wenn die AfD offiziell darauf beharrt, „deutsche Staatsbürger“ nicht abschieben zu wollen."

    Man fragt sich ja schon, was sie mit "deutschen Staatsbürgern" vorhaben, die ihnen nicht passen.

    • @Jeff:

      Wer "Deutsch" ist, bestimmen dann die Nazis in einem "Berliner Gute Deutsche Gesetz".

  • Das der Begriff Remigration grundsätzlich wertneutral ist, habe ich bereits vor über 20 Jahren erfahren. Damals wurden gleichzeitig drei recht große Automobilzulieferer in der Stadt geschlossen, viele Mitarbeiter stammten aus der Türkei, Griechenland, Portugal etc. Die jüngeren haben sich neue Jobs gesucht, viele ältere jedoch, abgesichert durch einen (damals noch recht großzügigen) Sozialplan haben durchgerechnet und gemerkt, dass sie in ihren Heimatländern mit dem Geld besser über die Runden kommen. Damals wurde eine (zunächst sogar von den Firmen bezahlte) Stelle eines Remigrationsbeauftragten geschaffen. Die betroffenen Menschen waren darüber mehr als glücklich, denn eine Rückkher nach Jahren oder Jahrzehnten in ein anderes Land ist gar nicht so einfach. Einige konnten sich nicht einmal an der neuen Adresse melden, da ihr Pass seit ewigen Zeiten abgelaufen war, Rentenzahlungen ins Ausland mussten organisiert werden, tonnenweise Papierkram war zu bewältigen. Nachdem die Firmen abgewickelt waren, wurde die Stelle weitergeführt. Denn man hatte festgestellt, dass durchaus Bedarf vorhanden war. Nicht ganz so wenige Menschen gehen nach einem Arbeitsleben in Deutschland zurück in ihre Heimat - beim derzeitigen Rentenniveau verständlich. Man hatte aber (z.B.) gemerkt, dass einige Witwen das Land verlassen hatten, ohne die Witwenrente zu beantragen. Die lebten dann von Luft und Liebe oder was ihre Angehörigen ihnen zukommen ließen, obwohl ein Anspruch auf Versorgung bestand. Aber mit der Bürokratie kommen eben nicht alle zurecht.

    Befremdlich finde ich in Rostock jedoch die Aufgaben. Bei uns war der Remigrationsbeauftrage "Anwalt" der Migranten. Mit Asylfragen oder gar Abschiebungen hatten die definitiv nichts zu tun. Abschiebung und (echt freiwillige) Remigration schließen sich für mich schon begrifflich aus.

    • @Cerberus:

      Begrifflich ist der Abstand gar nicht so vorhanden: Ein Asylsuchender, dessen Anspruch auf Asyl nach einem entsprechenden Verfahren erschöpfend als nicht bestehend erkannt wurde, ist rechtlich betrachtet ab da ein Migrant - nur halt einer ohne Aufenthaltsrecht, der im Zweifel nicht remigrieren möchte (wobei man ihm helfen könnte), sondern eher dazu bewegt werden muss.

      Das Konzept eines Rechtsstaats basiert (auch) auf der Fiktion, dass es letztlich im Sinne jedes Rechtssubjekts ist, sich den Regeln entsprechend zu verhalten - vielleicht etwas blauäugig, aber innerhalb des Denksystems konsequent. Diese idealistische Einstellung erwartet der Rechtsstaat übrigens wirklich auch von den Anwälten widerspenstiger Rechtssubjekte, so schwer sich diese auch teilweise tun sie durchzuhalten.

    • @Cerberus:

      Die Abschiebung folgt, wenn der Betroffene das Land nicht freiwillig verlässt.

      Manche freiwillig Ausreisende bekommen eine Rückkehrhilfe.

      Wie sollte Remigration da nichts mit Asylfragen zu tun haben?

  • "Sachbearbeiter*in Remigration"

    Diese Wortwahl ist in der gegenwärtigen Situation durchaus kritikwürdig. Man hätte es bei

    "Sach­be­ar­bei­te­r:in Ausländerbehörde/Aufenthaltsbeendigung"

    belassen können.

    Wir sollten trotzdem darauf aufpassen, nicht alles, was inhaltlich eigentlich überhaupt nicht rechtsradikal ist, zu tabuisieren, sobald es von den Rechtsradikalen adressiert wird. Sonst sind am Ende nur noch linkes Vokabular und linke Positionen zulässig. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich das linke Lager genau das wünscht. Für eine pluralistische Demokratie ist es hingegen nicht gerade förderlich.

    • @Al Dente:

      Ich finde schon das Wort "Sachbearbeiter/in" im Kontext mit Menschen verräterisch. Menschen sind wie Sachen, die bearbeitet werden (müssen?).

    • @Al Dente:

      Na Ja... sie wollten halt Einen, der Mentalitätsmässig zu ihnen passt, und keinen "Linksdemokraten" wie man dort sagt....

  • Der Begriff "Remigration" bezeichnet die freiwillige,! Rückkehr von Menschen in ihr Herkunftsland.

    Bei einer Abschiebung handelt es sich aber um eine erzwungene Migration.

    In diesem Zusammenhang von Remigration zu sprechen bedeutet also eine erzwungene Freiwilligkeit. Und das ist nicht nur völlig absurd, sondern auch zynisch und Menschenverachtend und gegen die Menschenwürde.

    Nun sollte sich eine Behörde nicht dem Verdacht aussetzen zynisch und Menschenveraćhtend zu agieren, denn damit verstiesse sie gegen ihren Amtseid und die Verfassung.

    Ähnliches sollten sich auch Journalisten und Politiker zu Herzen nehmen und fortan (wieder) den zutreffenderen Begriff der "Deportation" verwenden.

    Sprache und Denken sind nunmal sehr eng miteinander verknüpft, was hier sehr gut erkennbar wird, denn obwohl "Remigration" zum Unwort des Jahres gekürt wurde klingt es dennoch irgendwie nett..

    Man sollte sich also genau überlegen welche Worte man verwendet/übernimmt..andernfalls macht man sich möglicherweise ungewollt zum Büttel eines Gedankenguts dass man gar nicht teilt..

  • "Der Begriff ‚Remigration‘ triggert gerade sehr viele Menschen, weil er von Rechtsextremisten umgedeutet wird"



    Das ist sachlich richtig - und trotzdem hätte man etwas mehr Feinfühligkeit bei der Ausschreibung der Stelle aufbringen können, zumal mit "Sach­be­ar­bei­te­r:in Ausländerbehörde/Aufenthaltsbeendigung" eine geläufige und gebräuchliche Formulierung besteht. Man kann sich also schon fragen, warum diese Stelle gerade jetzt ausgerechnet mit dieser Formulierung ausgeschrieben wurde.



    Es gäbe ja auch noch den Begriff der Repatriierung - wieso wurde der nicht benutzt... 🤷‍♂️



    Schon ein bisschen Zufall mit Beigeschmack

    • @Farang:

      Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde die Stellenausschreibung vor dem Treffen dieses rechten Möchtegern-Think tanks eingeleitet.

      Die Leiterin der ausschreibenden Behörde gehört der Linkspartei an.

      Wollen Sie der Linken ernsthaft Nähe zu diesem Rechts-außen-Club vorwerfen?

      • @rero:

        "Wollen Sie der Linken ernsthaft Nähe zu diesem Rechts-außen-Club vorwerfen?"



        Also die Prognosen für das BSW zeigen das deren größtes Wählerpotential sich aus Sympathisanten der AfD als auch der Linken speist.



        Vom Parteiprogramm her könnten AfD und die Linke nicht weiter voneinander entfernt sein - ihre Mitglieder und Wähler hingegen scheinen zumindest in Teilen Schnittmengen zu haben 🤷‍♂️ - mit anderen Worten, nur weil die Leiterin der ausschreibenden Behörde der Linkspartei angehört, ist das keine Versicherung das sie kategorisch "links" denkt und handelt.

      • @rero:

        Richtiger Kommentar. Bin immer wieder erstaunt, welche Wortklauberei betrieben wird. Es kommt nicht auf das (formalistische) Wort drauf an, sondern den Inhalt. Darf ich jetzt keinen Bienenstich mehr essen, wenn den Frau Weidl mag? Meine Wohnung liegt ca. 8 km von der Reichskanzlei entfernt. In Anlehnung "Correctiv" dürfte ich mich zu Hause nicht mehr mit Freunden über die tatsächlich bestehenden Probleme der Migration unterhalten, automatisch wäre ich dann wohl Hitler-Anhänger? Weniger Formalismus, mehr Inhalt. Auch in der Auseinandersetzung mit der AFD.

  • Man kann es nennen wie man will, das Ergebnis ist trotzdem immer das selbe, also eigentlich sinnlos sich über das Wort zu streiten, man sollte über das Streiten, was dahinter steckt.... und ein besseres/schöneres Wort würde mir da jetzt auch nicht einfallen, zumal ein schöner klingendes Wort auch die Grausamkeit dahinter verschleiern würde

  • LTI

    In der Tat: „Remigration“ in dem gegebenen politischen Kontext ist ein Euphemismus, genau so wie andere Begriffskreationen aus diesem Geiste wie „Konzentrationslager“, „Endlösung“, „beweglicher Verteidigungskrieg“, „elastische Front“, „Frontverkürzung“ usw., deren Funktion darin bestand, den tieferen Sinn und die dahinter stehenden Vorgänge, Tatsachen und politischen Absichten verschleiernd und beschönigend zu umhüllen. Den Vogel schoß das Eigenlabel „Nationalsozialismus“ ab, von der SPD schon in den früheren 20er Jahren als dreiste, demagogische Begriffsusurpation demaskiert, bizarrerweise bis heute unbeanstandet und ohne Anführungszeichen verwendet, ohne dem Verdikt verfassungsfeindlicher Slogans zu unterliegen. Warum wohl?

  • So richtig klug war die Wortwahl der Rostocker Verwaltung zum jetzigen Zeitpunkt auf jeden Fall nicht. Vielleicht sollte man da in Zukunft doch Profis bei der Formulierung der Stellenanzeigen mit einbinden.

    • @vieldenker:

      Um auch noch über das letzte Stöckchen zu springen, das die AfD hinhält?

    • @vieldenker:

      Der Begriff der Remigration wurde Jahrzehnte über wertneutral vor allem im wissenschaftlichen Bereich verwendet. Plötzlich von den Rechten gekapert, springen alle über das Stöckchen. Das bedeutet, ich gestehe den Rechten zu, die Sprache neu zu definieren und erkenne ihre Sichtweise augenblicklich und kritiklos an, während beim Gendern auf Teufel komm raus gestritten wird. Irgendwie passt das nicht. Was, wenn sie sich andere, für uns alle bedeutsamere Begriffe aneignen?



      Von "Faschisten" sprechen wir ja heute auch vor allem deshalb, weil die Kommunisten den Nazis nicht die Begriffe "NationalSOZIALISTISCHE Deutsche ARBEITERPARTEI" zugestehen wollten oder konnten. Denn die Faschisten waren in Italien, die Nazis haben sich zumindest seit Mitte der 30er Jahre sichtlich von dem Begriff abgegrenzt, er durfte (teilweise) oder sollte nicht mehr verwendet werden.

      • @Cerberus:

        Nein, darum geht es hier nicht. Die von Ihnen genannten Einwendungen hätte ich als öffentlich wahrnehmbaren Protest aus der Wissenschaft schon erwartet, als die Kaperung begann. Gerade jetzt aber das „Unwort des Jahres“ aktuell in einer kommunalen Stellenausschreibung zu verwenden, ohne den Kontext zu kommunizieren, spricht mindestens für ein Wahrnehmungsproblem im Fachbereich der Verwaltung.

        • @vieldenker:

          Das "Unwort des Jahres" wurde am 15.1. bekanntgegeben.

          Da war die Stellenanzeige doch schon längst durch.

    • @vieldenker:

      Und noch mehr Verwaltungskosten produzieren?

      • @Strolch:

        Kommunikation kostet immer. Entweder beim Erstellen, oder beim Ergebnis. Ist in der Privatwirtschaft seit langem bekannt.

  • Ich habe in Hamburg schon in den 00ler und 10er Jahren, Aufkleber mit dem Begriff gesehen oder das Wort angesprayt im Stadtbild - das ist nicht erst in den letzten Jahren von Rechtsextremen okkupiert worden. Es wird nur erst jetzt in der Öffentlichkeit drüber gesprochen.

  • Ums mal klar zu sagen. Hinter der Argumenation der Stadt steckt in allererster Linie pure Dummheit und bürokratischer Rechthaberei. In Rostock hat Rot, Rot, Grün eine überraschend deutliche Mehrheit im Stadtrat. Daher glaube ich schon, dass keine bewußte rechte Intention dahintersteckt. Nur die erschreckende Unfähigkeit sensible Begriffe richtig zu deuten und im Falle der Kritik, selbstkritisch zurückzurudern.

    • @Deep South:

      ja, genau so ist es. Die Nazis waren immer schon sehr perfide darin, harmlose Begriffe zu Drohungen umzudeuten. Wer das naiv ignoriert sollte in der Lage sein zurückrudern, wenn er darauf hingewiesen wird.

    • @Deep South:

      ja und begriffe den neonazis zu überlassen bis alles faschistisch konnotiert ist wäre dann schlau. den begriff beizubehalten und aufzuklären was wirklich dahinter steckt, auch wenns weh tut :'( finde ich, selbst den deutschen, eher zumutbar

      • @geradenicht:

        Das ist doch Unsinn. Es kommt hier doch klar auf den Kontext an. Der Begriff wird von Identitären und Rechtsextremen in ihrer Propagandasprache gebraucht. Dann kann das eine demokratische Stadtverwaltung nicht für einen Posten verwenden, wo es um Abschiebungen geht. Damit übernimmt man deren Sprache und nicht umgekehrt. Es würde auch keiner auf die Idee kommen, eine Stelle für Polizisten mit der Beschreibung Beschützer des Abendlandes zu verwenden, obwohl beide Begriffe in anderen Zusammenhängen sicher kein problem sind.

    • @Deep South:

      Es ist aber, wie es auch im Artikel steht, kein sensibler Begriff gewesen.

      Ich habe immer ein Problem damit, mal kurz als Ferndiagnose andere als dumm, unfähig oder rechthaberisch zu deklarieren.

      Das trägt typischerweise nicht zu einem besseren Diskursklima bei.

      • @rero:

        Also das ist vielleicht bei jemanden kein sensibler Begriff gewesen, der keine Ahnung von rechter Rhetorik hat. Dort wird der Begriff nämlich schon ne ganze Weile ganz selbstverständlich als das neue "Ausländer raus" gebraucht.



        Ich würd vielen Leuten auch zugestehen, das nicht zu wissen. Einer rot, rot, grünen Stadtverwaltung in Zeiten, in denen die AfD Höchstwerte erzielt, aber eher nicht. Und selbst wenn man da ein Auge zudrückt, ist die Reaktion, nachdem Remigration gerade zum Unwort des Jahres erklärt und damit für alle offensichtlich wurde, einfach unteriridisch. Da kann man auch mal über den eigenen Schatten springen und sagen, okay war blöd, das ändern wir.