Queere und der Nahost-Konflikt: Solidarität, wo auch immer

Über Queere, die sich mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen solidarisieren, ergießt sich Häme. Doch jede Person sollte ihre Meinung äußern dürfen.

Menschen in Netzstrumpfhosen und Palästinensertücher bilden einen kreis

Aktivisten bei einer Performance „Queers for Palestine“, Berlin Foto: Carsten Koall/dpa

Die Häme, die sich über queere Menschen ergießt, wenn sie sich mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen solidarisieren, ist eine Schande. Im Nachklang der inter­nationalistischen Pride-Parade in Berlin, bei der es unter anderem die Demo­blöcke Queers for Palestine und Jewish Bloc gab, lassen sich Zeitungen in schadenfrohen Artikeln über den angeblichen Widerspruch zwischen queerer Identität und dem Engagement gegen den Nahostkonflikt aus.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bewegten propalästinensische Demos bei seinem Besuch in Washington sogar, den Spruch „Gays for Palestine“ mit „Chicken for KFC“ gleichzusetzen. Teile des US-Senats klatschten dafür Beifall. Natürlich ist der Gazastreifen kein sicherer Ort für queere Menschen. Doch wenn sie für Palästina auf die Straße gehen, heißt das nicht, dass sie dort leben wollen, sondern dass sie die Sichtbarkeit, die sie beispielsweise am CSD genießen, nutzen, um auf das Massensterben im Gazastreifen hinzuweisen.

Die Zahl der Toten liegt mittlerweile bei knapp 40.000, über die Hälfte der bislang identifizierten Leichen waren Frauen und Kinder. Ein Ende dieser grausamen Tragödie ist nicht abzusehen. Das sollte niemanden kalt lassen. Egal ob queer, nicht- oder anti-queer. Queeren Menschen das Recht abzusprechen, sich kritisch zum Nahostkonflikt zu positionieren, ist genauso absurd, als würde man sagen, Queere dürfen sich nicht für soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Oder generell jeder marginalisierten Gruppe zu verbieten, Solidarität für eine andere marginalisierte Gruppe auszusprechen. Das Schlimmste daran ist die absolute Pietätlosigkeit und Schadenfreude. In Gedankenexperimenten werden schwule oder transsexuelle Menschen nach Gaza geschickt. Den Gipfel bildet Netanjahus Aussage selbst. „Chicken“ werden für KFC geschlachtet. Die Aussage impliziert, dass Schwule im Gaza­streifen getötet werden. Netanjahu sollte noch mal nachschlagen, wer gerade für den Tod Zehntausender Menschen dort verantwortlich ist.

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