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Queerbaiting von Sänger Harry StylesKeine queere Ikone

Regenbogenflagge, glitzernde Kleider, Nagellack: Der Sänger Harry Styles spielt mit Gender und Sexualität. Warum das eine Form von Queerbaiting ist.

Keine queere Ikone: Harry Styles beim Filmfest in Venedig Foto: Vianney Le Caer/Invision/ap

H arry Styles ist überall. Er ist auf Welttournee, ziert Zeitschriftencover, auf TikTok entkommt man seiner Musik kaum, mit „Don’t Worry Darling“ und „My Policeman“ laufen in den nächsten Wochen gleich zwei seiner Filme an, außerdem produzierten kürzlich die Pressetermine auf dem Filmfestival in Venedig eine Reihe von fantastischem Meme-Material.

Jahrelang galt Harry Styles als Golden Boy der Musikbranche, der scheinbar nichts falsch machen konnte. In letzter Zeit werden allerdings kritische Stimmen lauter, die ihm vorwerfen, Queerbaiting zu betreiben – eine vermeintliche Repräsentation von Queerness (etwa durch Kleidung oder Performance), die bestimmte Personen begeistern soll und dabei so oberflächlich bleibt, dass sie andere nicht abschreckt.

Sprich: Man versucht, queeres Publikum (und Allies) anzulocken, ohne dabei jene, die damit nichts anfangen können, zu verlieren. Harry Styles gilt als queere Ikone. Das ist eine Zuschreibung, denn nicht nur er hat sich nie geoutet, er war bisher auch nur mit normschönen Frauen wie Olivia Wilde, Taylor Swift oder Kendall Jenner zusammen.

Fans von One Direction haben seit jeher die homoerotische Verschwörungstheorie, dass er und Louis Tomlinson eine geheime Liebschaft pfleg(t)en. Bestätigt wurde das nie. Nun soll man natürlich keine Menschen zum Coming-out drängen. Bis Styles sich nicht eindeutig positioniert, bleibt er aber ein cishet Mann, der gerne bunte, glitzernde Kleidung trägt.

White Privilege

Dass er mit seinem Stil so viel Aufmerksamkeit erregt, ist auch White Privilege, denn weder Billy Porter noch Lil Nas X, beide schwule Schwarze Entertainer mit auffälliger Kleidung, sind medial so präsent. Zudem ist er kein Pionier, trugen bereits David Bowie, Freddie Mercury und Kurt Cobain weiblich konnotierte Kleidung und Nagellack. Harry Styles’ ambivalente Darstellung von Gender-Fluidität und sexueller Identität ist also nicht neu.

Einerseits kann man argumentieren, dass es toll ist, wenn cishet Männer (wie auch Damiano von Måneskin oder Timothée Chalamet) einen queeren Stil in den Mainstream bringen, weil das neue Türen für mehr Normalisierung und Akzeptanz öffnen mag.

Aber: In Zeiten des Backlash gegen LGBTQ-Menschen (vor allem trans Personen) sind Gender und Sexualität höchst politisch. Eine Regenbogenflagge auf der Bühne zu zeigen ist heute, da während des Pride Month selbst Burger King, BP und die US-Marines ihr Logo ändern, kein Akt des Widerstands mehr, sondern nichts als Rainbow Capitalism.

Es ist anschlussfähig, ohne dass man sich mit den negativen Seiten des queeren Lebens wirklich auseinandersetzt, und dadurch unpolitisch. Es ist an der Zeit, endlich die kritischen Stimmen aus der queeren Community ernst zu nehmen und aufzuhören, ausgerechnet Harry Styles zur LGBTQ-Ikone zu stilisieren. Es gibt genug coole queere Celebritys, die es mehr verdient hätten.

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Isabella Caldart
... arbeitet als freie Journalistin mit Schwerpunkt auf Kultur und Gesellschaft für diverse Medien und macht auch sonst allerhand Jux und Tollerei mit dem geschriebenen Wort. Frankfurt/Barcelona
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47 Kommentare

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  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

    Die Moderation

  • Ist das jedsde so eine "insider story"welche besser eine "insider story" geblieben wäre, weils noch ned ma die insider interessiert?!?



    Zu Zeiten als ein Landsmann des Künstlers noch aktiv und gegen Geld Fußball spielte, hieß des noch "metrosexuell" wenn ein Typ etwas mehr Zeit mit der Verwendung von Kosmetikprodukten außerhalb von Seife verbringt.



    Und wenn der Künstler als Einsteigerrollenvorbild taugt und somit für Leute die "queere Welt" öffnet; hm, ist des eher gut.

  • Die Musik- und Filmindustrie untersagt es zum Teil extrem erfolgreichen Künster*innen vertraglich, offen zu ihrer Sexualität zu stehen. Sie sind closeted und werden mit fake Partner*innen ausgestattet, um das Narrativ des Normalseins aufrechtzuerhalten. Und nun denkt nochmal über Harry Styles nach.

    • @Lara Croft:

      Ich denke das war mal so und mag noch auf irgendwelche Hillbilly-Countrybands zutreffen…aber wenn Harry Styles irgendwie als queer zu labeln wäre würde ihn seine Plattenfirma eher stolz auf dieses „Aushängeschild“ heben.

      Desweiteren: Vielleicht ist er ja wirklich queer und trotzdem mit einer weiblichen Person liiert, denn wenn Harry bi- oder pansexuell ist passt dies ja ebenso, genauso wenn er sich als nonbinär/agender oder asexuell outen würde, diese Orientierungen werden ja schließlich mittlerweile auch alle unter dem Oberbegriff „queer“ zusammengefasst.

    • @Lara Croft:

      "...Sie sind closeted und werden mit fake Partner*innen ausgestattet, um das Narrativ des Normalseins aufrechtzuerhalten..."



      Beispiele?



      Quelle?

      • @Stefan L.:

        Boyband-Mitglieder der 90er z. B. haben von Auflagen berichtet, jegliche Sexualbeziehungen streng geheimzuhalten. Ihr Geschäftsmodell baute halt stark darauf auf, dass sie die Illusion der grundsätzlichen Verfügbarkeit in hormonschwangere Fan-Herzen projezierten und so aus jugendlichen Musikkonsumenten fanatisch-verknallte Kreischteenies machten. Es wäre ökonomisch widersinnig, wenn das bei sonstigen dezidierten "Teenie-Idolen" großartig anders gehandhabt würde.

  • Eines noch: die Beahuptung, Lil Nas X sei medial nicht so sehr präsent wie Harry Styles, passt ja wunderbar dazu, dass Lil Nas X gestern die Präsentation seiner Wachsfigur bei Madame Tussauds Hollywood feierte. Man muss sich um seine Außendarstellung sicher keine Sorgen machen!

  • Blöd! Ich bin schwul, und trage weder Nagellack, noch Lippenstift, Röcke oder Glitzer. Darf ich so noch weiterleben?

    • @tilogay:

      Das überfordert bestimmt die ein oder andere Person intellektuell😉

      Ich bin sexuell verwirrt. Also entweder Bi oder Poly oder Pan. Ich finde neben Frauen auch Männer und Transpersonen attraktiv. Dann habe ich auch noch Phasen und bin nicht immer gleichermaßen orientiert.



      Ich bin also ein ganz und gar ärgerliche und liederliche Person für jede/n SchubladenbauerIn.



      Bisher konnte ich damit ganz okay für mich selbst leben, aber mitterweile verspüre ich den Druck mich zu definieren und für immer und ewig festzulegen. "Identitiere und identifiziere dich!"

      Dann mag ich auch noch Nagellack und Kajal, aber keine Röcke-"Pseudo" Zudem lege ich nicht immer Kajal auf, da mir manchmal nicht dannach ist-"Doppelpseudo".



      Manchmal fühle ich mich männlich und manchmal überhaupt nicht-"Spielverderber, ordne dich endlich ein".

      Bisher dachte ich immer, das ich mit meinem Style einigermaßen riskant lebe und 70 Prozent dieser Welt besser nicht bereisen sollte, einschließlich der deutschen Provinz, aber anscheinend bilde ich mir das bloß ein.

    • @tilogay:

      Nur wenn Sie bei der Autorin einen Antrag in 3-facher Ausfertigung stellen :-)

      Aber im Ernst. Ihr scheint nicht bewusst zu sein, dass sich die meisten Homosexuellen nicht vom Rest der Bevölkerung unterscheiden. Weder im Beruf, noch im Kleidungs- oder Lebensstiel. Wir lieben nur anders. Aber damit kann man natürlich keine Wellen schlagen. Wäre ja langweilig...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ich glaube, Homosexuell lieben nicht mal anders. Wieso auch? Man liebt vom Standpunkt des Liebenden nicht gleich anders, nur weil man das gleiche Geschlecht liebt.

    • @tilogay:

      Sie kommen vielleicht mit einer Übergangsregelung davon. Das kommt darauf an:

      Primäre Tätergruppe für alles identitäsbezogene -baiting, -facing und appropriating sind Angehörige der Täteridentitäten, also im ärgsten Fall heterosexuelle, weiße Cis-Männer mit genug steuerpflichtigem Einkommen, Auto(s) und Appetit auf Fleisch. Für jedes Element dieses Kanons, der Ihnen fehlt, können Sie einen Gummipunkt und mildernde Umstände beanspruchen. Ab vier (in grün regierten Kommunen: fünf) Gummipunkten können Sie Opferstatus reklamieren und sind damit über jeden Vorwurf erhaben.

      Klar soweit?

  • Mein früherer (Cis-)Partner hat schon vor 35 Jahren lange Fingernägel mit Nagellack und sehr bunte Klamotten getragen. War das jetzt "verboten"? Der Kommentar hier erscheint mir wie die Reaktion des größten Teils der Umwelt damals.; also sind wir noch gar nicht weitergekommen mit der Auflösung der Geschlechterrollen?

    • @resto:

      Die Auflösung der Geschlechterrollen ist letztlich wider die identitäre Genderpolitik: Um Menschen nach ihr trennscharf einzuordnen, BRAUCHT es verlässliche Rollenklischees. Wie soll man z. B. einen biologisch uneingeschränkt weiblichen Transmann denn noch als "Mann" identifizieren, wenn das - vom Rollenverhalten her - ein völlig undefinierter Begriff geworden ist?

  • Disclaimer:



    Ich kenne Harry Styles und seine Musik nicht.



    Zu White Privileges in der Musikindustrie weiß ich nichts beizutragen. Ich konsumiere da hauptsächlich über Spotify. Fänd's aber spannend mal herauszufinden, wie die dortigen Entwickler der Algorhythmen (Tusch bitte) mit dem Thema umgehen.

    Mein erster Impuls zu dem Beitrag war auch Empörung. Die war dann aber nach Lesen der Kommentarspalte schnell überwunden.



    Es müsste vielleicht etwas besser unterschieden werden zwischen den Themen der Darstellung von Männlichkeit und der Darstellung von Queerness im öffentlichen Raum.

    Egal ob bunte, glitzernde Kleidung oder heut' mal lieber der "wife-beater". Es muss möglich sein sich als Mann - cishet oder anders - nach außen so zu geben wie es einem die Laune des Tages gerade anträgt, ganz ohne dass dies zum Anlass genommen wird laut über das Romantik- oder Sexleben dieses Mannes nachzudenken und ihn anknüpfend hieran obendrein in Misskredit zu ziehen.

    Davon ab ist es ein Fehler, die Gleichung von männlicher Queerness und einer femininen, weichen, aufwendig zurechtgemachten, glitzernden Erscheinung weiter in der öffentlichen Darstellung zu zementieren. Woher kommt dieses Bild, welches scheinbar einem weiten Konsens zu männlicher Queerkultur entspricht? Es ist eine Gleichung, die nicht die Realität abbildet. Es liegt nahe, dass sie eher einem Bedürfnis der Öffentlichkeit, also der Mehrheiten entspringt.



    Queerbaiting in der Form des Vorwurfs, wie er von der Autorin aufgegriffen wird, funktioniert aber nur auf Grundlage dieser Gleichung und sollte darum mit Vorsicht erhoben werden.

    Die Autorin hat Recht. Die Regenbogenfahne ist Opium. Sie fühlt sich gut an aber sie löst keine Probleme. Für die Mehrheit ist es leicht sie zu zeigen und es ist genauso leicht damit aufzuhören. Und zwar sofort.

  • Wer auch immer dieser Harry Styles ist, aber wurde hier ernsthaft gerade der Umstand kritisiert, das ein Mann der möglicherweise nicht schwul oder queer ist, (was die Autorin nicht wirklich be oder widerlegen kann, also wird spekuliert) Nagellack und unmännliche Kleidung trägt?!....



    Nochmal die Frage, weil ich es unfassbar finde: Wurde hier gerade ernsthaft kritisiert das Männer Nagellack tragen? Unfassbar.... wirklich kaum noch zu toppen!!

    Alle Heteromänner und homosexuellen CIS-Männer tragen ab morgen bitte wieder richtig heterosexuelle Kleidung und alle CIS-Frauen Rock und Bluse, damit ja keine Individualität aufkommt und alle sofort auf den ersten Blick anhand ihrer Sexualität und sozislen Herkunft identifiziert werden können.

    Das ist ja der feuchte rechtskonservative Traum, der hier im Namen von Queer gefordert wird.

    • @Alfonso Albertus:

      Das passt zu einem vergleichbaren Qadenbeißerartikel, der vor Kurzem bei Spiegel Online veröffentlicht wurde. Da beschwerte die Autorin sich über ältere Menschen, die sich aus ihrer Sicht unpassend kleiden und verhalten.

      Die neue Spießigkeit geht in extremer Form von Personen aus, welche sich selbst wahrscheinlich als fortschrittlich und links klassifizieren.

      Ihnen allen sollte man mit einem Zitat aus dem "Wort zum Sonntag" antworten, welches "Die Toten Hosen" bereits in den 80ern formuliert haben:

      "Kein Zeitungsknabe wird uns jemals erzählen,



      was gerade alt oder brandneu ist.



      Damit er höchstens so viel erzielen,



      wie ein Hund, der gegen Bäume pisst!"

      In diesem Sinne: lebt Euer Leben, kleidet Euch, wie es Euch gefällt, tragt Eure Haare so, wie es Euch passt, tragt Schmuck oder Tattoos oder auch nicht. Und fragt nicht danach, was Euch andere vorschreiben wollen!

      ¡No pasarán!

      • @Desmei:

        Ich vergesse manchmal das die Hosen auch mal gut waren.



        Mir fällt bei Debatten wie diesen regelmäßig siese Zeilen eines alten But Alive Klassikers ein:

        "Diese Welt ist ja so schlecht,



        dagegen muss man doch was machen.



        Über Pseudo-Aktivismus,



        muss ich immer öfter lachen.



        Gegen den Feind mit allen Mitteln,



        aber nur ganz in der Nähe.



        Bin mir nur einer Sachen sicher,



        daß ich Dich nicht verstehe.

        Und nehmt besser von uns Abschied,



        denn wir werden Euch nur enttäuschen.



        Eure verbitterte Empörung werden wir



        niemals erreichen.



        Es geht um Freiheit statt Gesinnung



        Ich will denken statt Parole,



        und dass ich mir auf einen Wortschatz



        niemals einen 'runterhole.

        Und die sexuell Frustiertesten



        sind immer die Moralischen,



        der Papst wäre so stolz auf Euch"

  • Die ganze Argumnetationsschiene läuft darauf hinaus, dass Niemand mehr aus dem Klischee ausbrechen darf/sollte, dasdie Welt über seine Identität pflegt - vor allem nicht als Cis-Hetero. Traurig, dass das unter den Fahnen von "Toleranz" und "Diversität" vermarktet werden kann, ohne dass sich die Autorin selbst in Grund und Boden schämt.

    • @Normalo:

      Anstatt verfestigte Rollenbilder zu durchbrechen werden Besitzansprüche auf diese angemeldet.

      Alle sind gleich, aber bitte getrennt.

  • Was stört die Autorin genau? Dass sich der Typ nicht entsprechend seiner (vermuteten) sexuellen Orientierung kleidet?

    Gibt es dazu Vorschriften? Muss ich, um "echt" lesbisch zu sein, jetzt eine Latzhose kaufen und die Haare kurz schneiden? Und muss sich Herr Spahn jetzt von seinem Mann trennen, weil sich Herr Spahn nicht bunt kleidet?

    Alles Fragen, die sich Homosexuelle nach so einer Kolumne stellen.

    Ach ja. Wie sind eigentlich die Vorschriften für Bisexuelle?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Der Kommentar wurde entfernt. Unsere Netiquette können Sie hier nachlesen: taz.de/netiquette

      Die Moderation

  • Alles nur oberflächliche, opportunistische Kostümierung - denn merke: Deine wahre Identität kannst du niemals verbergen.



    www.youtube.com/watch?v=bGUd-dhEy_k

  • Alles was ich schreiben wollte sehen meine Vorposter*innen ähnlich, vielen Dank!

    Nur soviel: Ich werde als männliche Cishete auch weiterhin Kajal, Wimperntusche und Nagellack tragen, und zwar mindestens so lange bis ebendieses nicht mehr als irgendwie queer gilt…denn gerade dieses vermeintliche „Queerbaiting“ könnte dazu beitragen homo- und/oder transphobe Menschen nachhaltig zu irritieren.

    • @Saile:

      Absolut! Ich als" Queer ähnliche Person😉" weigere mich, meine persönliche Identität in eine immer und allzeit gültige Identitätsnorm pressen zu lassen ( welche auch immer) und finde es super, wenn Männer nicht der Meinung sind, sie müssten alle wie der Terminator oder Hulk Hogan durchs Leben gehen.

      Es ist schon traurig, wie absehbar die Revolution mal wieder ihre Kinder frisst und kein bißchen Anerkennung für Menschen übrig bleibt, die Vorreiter ihrer Zeit sind oder waren.



      Da werden Männer jahrelang als Schwuchtel oder unmännlich beschimpft, weil sie sich weigern die ihnen zugedachten Geschlechternormen zu erfüllen und auf einmal sollen CIS-Männer( gilt das auch für CIS- Frauen?) sich rechtfertigen, weil ein Mann eventuell auf Verdacht hetero sein könnte, sich aber nicht so gibt oder kleidet.



      Queer ist genau das eben nicht und es geht die Leute einen feuchten Dreck an, wer welche sexuelle Präferenz hat uns was jemand im Bett gerne mag!

      Es ist erstaunlich. Die jahrelange Diffamierung durch rechtskonservative Hetzer gegenüber Gender Studies hat wohl dazu geführt, daß sich jede Person abseits der Heteronorm eine Selbstdefinition zulegen muss, um noch was zu gelten.



      Da muss dann ganz genau der Unterschied zwischen Pan/Bi/Poly auseinanderdividiert werden- Als ob Menschen alles über sich selbst wüssten-Als ob ein Lebensweg immer nur geradeaus läuft und keine Umwege mehr erlaubt sind.

      Irre...

    • @Saile:

      Kajal, Wimperntusche und Nagellack seien Ihnen auch gegönnt. Dagegen sagt ja der Artikel gar nichts. Vielmehr wird bemängelt, dass man Harry Styles als LGBT-Ikone präsentiere, während queere schwarze Künstler wie Lil Nas ignoriert würden und dass seine Andeutungen ohne eindeutige Positionierung für Styles nach Promo-Masche röchen.

      Es ist sicher diskussionswürdig, ob das so stimmt - einerseits ist Lil Nas kommerziell höchst erfolgreich, andererseits hat man von Anfang an versucht, diesen Erfolg bspw. durch Tilgung aus den Billboard-Charts und allerlei Anfeindungen zu deckeln.

      Die Diskussion hier unter dem Artikel läuft aber nicht auf dieser Schiene, vielmehr finden sich reihenweise Leute, die im Artikel nirgends erhobenen Vorwürfe der cultural appropriation befürchten, weil das eben seit einiger Zeit ein Aufreger-Thema für alle die Welt nicht mehr verstehenden Boomer-Cissies ist. Es geht aber gar nicht darum, wer sich so präsentieren "darf" wie Styles, es geht darum, ob ein stets auf den kleinsten gemeinsamen Nenner schielendes Showbiz Leute wie ihn als harmlosen und bequemen Ersatz für authentische Repräsentationen queeren Lebens heranzieht.

      Von einer Debatte, die stattdessen auf die leider sattsam bekannte Art durchkaut, wer jetzt als atomisiertes neoliberales Subjekt was "darf" und wo imaginierte Fallstricke einer "woken Hypermoral" lauern, hat dagegen niemand etwas. Außer natürlich den Medienhäusern, die sich über ihre tolle Egagement Rate freuen können.

      Aber weder kann man damit den armen Alten Weißen Männern helfen, sich in unserer Zeit zurecht zu finden noch schaffen wir damit eine Gesellschaft, in der ich in der Öffentlichkeit trans sein kann, ohne angegafft zu werden noch kommen wir damit zu einem Musikbusiness, das Besseres als Harry Styles zu bieten hat.

      • @TheVriskaSerket:

        Was sind den "Boomer-Cissies" in "...die Welt nicht mehr verstehenden Boomer-Cissies"?

        Und noch viel wichtiger: wie nennen Sie denn die anderen, also die, die den Durchblick haben (wan will sich ja orientieren können)?

        • @ke1ner:

          Ich nehme an, ein "Boomer-Cissie" ist eine Person im Alter der Baby-Boomer (in Deutschland die Jahrgänge 1955 bis 1969), die nicht transgender ist. Jedenfalls ein geiles Wort. Für den Fall, dass ich mal in einem Forum einen anderen Künstlernamen als "Budzylein" verwenden möchte, weiß ich jetzt einen.

      • @TheVriskaSerket:

        "Kajal, Wimperntusche und Nagellack seien Ihnen auch gegönnt. Dagegen sagt ja der Artikel gar nichts".

        Das ist aber nett von Ihnen wie auch von der Autorin des Artikels. Im Gegenzug sei es auch heterosexuellen CIS-Frauen, Ihnen( sollten Sie eine Frau sein) und auch der Autorin gönnerhaft gestattet Hosen zu tragen und sich die Haare kurz zu schneiden und sich burschikos zu benehmen, wenn der Sinn danach steht, aber bitte dabei bedenken, daß es auch Transmänner gibt.



        Nichts zu danken, kein Problem🙂.

        "Es geht aber gar nicht darum, wer sich so präsentieren "darf" wie Styles" ABER.....genau darum geht es Ihnen doch?



        " Männer können auch Nagellack tragen, ABER..."



        ' Frauen müssen sich nicht die Achseln rasieren, ABER..."-Sie merken es in ihrer Filterblase gar nicht, was sie da eigentlich fordern und was für Schubladen Sie bedienen, oder etwa doch? Abgefahren.

        Jetzt gebe ich Ihnen noch was auf den Weg: Ich bin nicht CIS und ich bin nicht hetero und freue mich über jeden Mann der mal aus seiner Rolle auszubrechen versucht. Ich wurde selten einmal um ein Statement bezüglich meiner Sexualität gebeten, wenn mich irgendein Idiot als Schwuchtel beschimpft hat, oder auf mich losgehen wollte/ losgegangen ist. Da reichten oberflächliche Details wie lackierte Fingernägel oder Kajal völlig aus und genau das erwartet auch heterosexuelle CIS-Männer, wenn sie sich mit diesem Outfit in die Öffentlichkeit wagen. Aber wenn ich in Wolkenkuckucksheim auf die Straße gehe, dann wimmelt es ja nur so von geschminkten CIS-Männern im Minirock. Abgefahren....

        Da mich nichts weniger interessiert, als die Welt irgendwelcher Popstars , sind mir sowohl Styles als auch Lil Nas herzlich egal( und deren Musik sowieso) . Eine Sache haben Sie aber richtig erkannt. Mainstream-Popstars sind immer in der bequemen und privilegierten Position, sich mit Ja-SagerInnen zu umgeben und die Restwelt auszublenden.



        Das gilt für den schulen Elton John genauso, wie damals für Michael Jackson

  • Dann sag ich jetzt meinem Sohn (4) dass er erst wieder nach seinem Outing Nagellack tragen darf, weil er sonst ne queerbaitende cishete ist, okay?

    Mach ma n Fenster auf Kipp!

  • Man kann auch alles schlechtreden. Der Mann ist eben ein "Typ", ein Künstler, sehr speziell und doch mit seiner Kunst massentauglich- egal, welchen Geschlechts oder welcher sexuellen Orientierung. Was genau ist das Problem daran?

  • Ist das dann identitarian appropriation?

    Merkts eigentlich noch irgendjemand?

    Man darf jeden blöd finden, aber man sollte nicht aus jeder individuellen Empfindung allgemeingültige Regeln ableiten...

  • Rabööh rabääh! Meine Güte, das gabs im Popgeschäft schon immer, was genau ist daran nun schlimm?

  • Als Bio-Deutscher eine PKK- Flagge zu zeigen wäre dann auch unpolitisch?

  • Alles, was in diesem Artikel steht, ist wahr & total klug, & ich bin in allem einer Meinung mit der AutorIn.

  • Was genau wird hier kritisiert? Darf der Typ, nur weil er auf Frauen steht, keine glitzernden Sachen mehr tragen? Oder dürfen queere Menschen jetzt seine Musik nicht mehr hören?

  • 6G
    659975 (Profil gelöscht)

    Was mir etwas quer kommt, ist, dass hier jemand vorschreiben will, was andere Menschen anziehen dürfen, wie sie sich geben, was sie tun usw.

    Ging schon vor ein paar Monaten los mit der Geschichte um die Rasterfrisur / Dreadlocks, die "Weiße" nicht ragen dürfen, weil sich einige dann unwohl fühlen.

    Sorry, aber dies ist auch eine Form sich selber zum Opfer zu machen.



    Da gehe ich nicht mit.

  • Was David Bowie wohl dazu gesagt hätte?

    Normschön, den Begriff kannte ich auch noch nicht.

    Jedenfalls soll jeder bei seiner "Identität" bleiben, sonst gibt es Ärger.

    • @Jim Hawkins:

      Queer goes Biedermeier

      • @Jochen Laun:

        Queer war nie etwas anderes... Man lese einmal Judith Butlers Interpretation der Dragkultur in Gender Trouble...

    • @Jim Hawkins:

      "Normschöne, als Frauen vorgelesene Personen" wäre der Sache und dem Thema angemessener. Meiner Meinung nach, lieber Jim Hawkings, wenn ich nicht irre.

    • @Jim Hawkins:

      Verengung des Horizontes im Namen von Toleranz, Anerkennung und Akzeptanz - so liest sich der Artikel! Ein jeder bleibe bitte bei dem (Kleidungs)Stil, der seiner - wenn auch nur vermuteten - "Identität" entspricht. Wenn ein Mann also als "feminin" oder "queer" konnotierte Kleidung oder Accessoires tragen möchte, möge er vorher bitte seine Berechtigung darlegen/nachweisen. Und ich dachte, aus der Zeit normativer/standesorientierter/uniformierender Kleidung wären wir raus!



      "Normschön" und "cishet" sind dann auch zwei Begriffe, die ich heute neu lernen durfte. Allerdings weiß ich nicht, ob sie Teil meines aktiven Wortschatzes werden.

  • Jede Sympathie- und Solidaritätsbekundung könnte theoretisch aus eigennützigen Motiven erfolgen, auch die Regenbogenflagge auf dem Bundestag oder die Armbinden von Fußballspieler*innen. Und? Lieber lassen, wie Orban? Soll Styles sich betont auf heterosexueller Macho kostümieren, um jeden Verdacht auszuräumen? Oder sich wegen seines weißen Privilegs lieber gleich ganz aus dem Showbusiness zurückziehen? Was ist die Forderung, bitte ganz konkret?

  • "Aber: In Zeiten des Backlash gegen LGBTQ-Menschen (vor allem trans Personen) sind Gender und Sexualität höchst politisch. Eine Regenbogenflagge auf der Bühne zu zeigen ist heute, da während des Pride Month selbst Burger King, BP und die US-Marines ihr Logo ändern, kein Akt des Widerstands mehr, sondern nichts als Rainbow Capitalism."

    Ich halte das für einen argumentativen Kurzschluss, denn man könnte auch sagen, dass es gerade in diesen Zeiten wichtig ist, dass es viele Künstler*innen gibt, die für entsprechende Repräsentation sorgen. Abgesehen davon fehlt es an Argumenten, weshalb Styles, wie hier suggeriert, Rainbow Capitalism betreibt, wenn der Artikel selbst konstatiert, dass er als queere Ikone gilt - dazu hat ihn wahrscheinlich nicht nur der heteronormative Mainstream gemacht.

    Auch stellt sich die Frage, weshalb man nicht gleichzeitig Künstler*innen wie Styles und mehr Schwarze oder PoC-Queers fordern kann. Wieso schließt sich beides offenbar für viele aus? Und wer behauptet denn, dass Styles der erste weiße (potenziell hetero) queere Typ war? Boy George, David Bowie und Prince usw. konnten auch co-existieren und waren/sind alle Superstars.



    Gleichzeitig ist es nicht per se "unpolitisch", wenn man die negativen Seiten von Queerness nicht in der gleichen Weise abbekommt, da sich dadurch trotz allem poltische positive Effekte einstellen können (ebenso sind nicht alle Schwarzen/PoCs gleich unterpriviligiert). Das schließt zudem auch nicht aus, dass andere Personen nicht ebenso ihre Erfahrungen einbringen können. Es geht hier nicht um ein Betroffenheitswettrennen, zumal andere Dimensionen wie Behinderung selten eine Rolle spielen.

    Witziger- aber auch traurigerweise verweist der Artikel am Ende auf viele andere "coolere" queere Künstler*innen, nennt aber keine*n Einzige*n, was dann doch etwas... schade ist.

    • @White_Chocobo:

      Prince ist in etwa genauso weiß wie Michael Jackson würde ich mal vorsichtig einwenden.

  • Eindeutig kulturelle Aneignung. Geht gar nicht.

    Äh, was genau ist hier grad das Problem?