Queerbaiting von Sänger Harry Styles: Keine queere Ikone
Regenbogenflagge, glitzernde Kleider, Nagellack: Der Sänger Harry Styles spielt mit Gender und Sexualität. Warum das eine Form von Queerbaiting ist.
H arry Styles ist überall. Er ist auf Welttournee, ziert Zeitschriftencover, auf TikTok entkommt man seiner Musik kaum, mit „Don’t Worry Darling“ und „My Policeman“ laufen in den nächsten Wochen gleich zwei seiner Filme an, außerdem produzierten kürzlich die Pressetermine auf dem Filmfestival in Venedig eine Reihe von fantastischem Meme-Material.
Jahrelang galt Harry Styles als Golden Boy der Musikbranche, der scheinbar nichts falsch machen konnte. In letzter Zeit werden allerdings kritische Stimmen lauter, die ihm vorwerfen, Queerbaiting zu betreiben – eine vermeintliche Repräsentation von Queerness (etwa durch Kleidung oder Performance), die bestimmte Personen begeistern soll und dabei so oberflächlich bleibt, dass sie andere nicht abschreckt.
Sprich: Man versucht, queeres Publikum (und Allies) anzulocken, ohne dabei jene, die damit nichts anfangen können, zu verlieren. Harry Styles gilt als queere Ikone. Das ist eine Zuschreibung, denn nicht nur er hat sich nie geoutet, er war bisher auch nur mit normschönen Frauen wie Olivia Wilde, Taylor Swift oder Kendall Jenner zusammen.
Fans von One Direction haben seit jeher die homoerotische Verschwörungstheorie, dass er und Louis Tomlinson eine geheime Liebschaft pfleg(t)en. Bestätigt wurde das nie. Nun soll man natürlich keine Menschen zum Coming-out drängen. Bis Styles sich nicht eindeutig positioniert, bleibt er aber ein cishet Mann, der gerne bunte, glitzernde Kleidung trägt.
White Privilege
Dass er mit seinem Stil so viel Aufmerksamkeit erregt, ist auch White Privilege, denn weder Billy Porter noch Lil Nas X, beide schwule Schwarze Entertainer mit auffälliger Kleidung, sind medial so präsent. Zudem ist er kein Pionier, trugen bereits David Bowie, Freddie Mercury und Kurt Cobain weiblich konnotierte Kleidung und Nagellack. Harry Styles’ ambivalente Darstellung von Gender-Fluidität und sexueller Identität ist also nicht neu.
Einerseits kann man argumentieren, dass es toll ist, wenn cishet Männer (wie auch Damiano von Måneskin oder Timothée Chalamet) einen queeren Stil in den Mainstream bringen, weil das neue Türen für mehr Normalisierung und Akzeptanz öffnen mag.
Aber: In Zeiten des Backlash gegen LGBTQ-Menschen (vor allem trans Personen) sind Gender und Sexualität höchst politisch. Eine Regenbogenflagge auf der Bühne zu zeigen ist heute, da während des Pride Month selbst Burger King, BP und die US-Marines ihr Logo ändern, kein Akt des Widerstands mehr, sondern nichts als Rainbow Capitalism.
Es ist anschlussfähig, ohne dass man sich mit den negativen Seiten des queeren Lebens wirklich auseinandersetzt, und dadurch unpolitisch. Es ist an der Zeit, endlich die kritischen Stimmen aus der queeren Community ernst zu nehmen und aufzuhören, ausgerechnet Harry Styles zur LGBTQ-Ikone zu stilisieren. Es gibt genug coole queere Celebritys, die es mehr verdient hätten.
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