Putins Brics-Gipfel in Kasan: Club der falschen Freunde
Die Welt zu Gast – ausgerechnet beim russischen Diktator. Die Bilder können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Brics-Staaten nur wenig eint.
A uf den ersten Blick sieht es pompös aus: Russlands Präsident Putin kann sich als Weltenlenker inszenieren, weil 36 Staaten nach Kasan angereist sind, um an einem Treffen der Brics-Gruppe teilzunehmen. Besonders wichtig für Putin: Auch der chinesische Präsident Xi Jinping und Indiens Präsident Narendra Modi sind gekommen.
Putin, so die Botschaft, vereint die aufstrebenden Schwellenländer, um gemeinsam den Kampf gegen den „Westen“ aufzunehmen.
Aber dieses Bild vom Weltenlenker Putin ist nur billige Propaganda. Faktisch bestimmt Putin gar nichts – stattdessen dominiert China, das Russland als seinen Juniorpartner betrachtet. Diesen Machtverlust hat sich Putin selbst zuzuschreiben: Sein Krieg gegen die Ukraine schwächt die russische Wirtschaft, und zugleich sind die wichtigsten Märkte verloren. In den Westen kann Russland seine Rohstoffe nicht mehr verkaufen, was die „befreundeten“ Brics-Staaten weidlich ausnutzen. Russisches Gas und Öl importieren sie sehr gern – aber nur gegen Preisnachlass.
Zudem sind die Brics-Staaten keineswegs geeint. Die meisten betreiben eine Art Schaukelpolitik zwischen dem Westen und Russland. Das gilt für Indien oder Brasilien, aber auch für die mögliche Beitrittskandidatin Türkei – die bekanntlich Nato-Mitglied ist.
Präsident Erdoğan ist zwar nach Kasan gereist, ewige Putin-Treue will er dort aber nicht schwören. Stattdessen dient er sich einmal mehr als Vermittler an, der im Ukrainekrieg gebraucht werden könnte – die inzwischen gekündigten russisch-ukrainischen Getreideabkommen wurden ja mithilfe der Türkei geschlossen.
Im Bündnis schwelen Konflikte
Das Kernproblem der Brics-Staaten ist, dass dort jeder handelt wie Putin: Alle wollen im Kreis von Mächtigen gesehen werden – aber jeder verfolgt seinen eigenen Kurs. Eine gemeinsame Linie gibt es nicht.
Ganz im Gegenteil. Zwischen einzelnen Staaten deuten sich sogar militärische Konflikte an. So hat Malaysia jetzt beantragt, Brics-Mitglied zu werden. Zugleich wird es aber von der Brics-Supermacht China massiv bedrängt, denn in Peking ist man der Meinung, dass das Südchinesische Meer allein China gehöre. Diese Sicht wurde vom Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag zwar verworfen – aber das kümmert Xi Jinping nicht.
Und so ist die eigentliche Nachricht, dass sich China und Indien jetzt über ihre Grenze im Himalaja verständigt haben. Das klingt friedlich, ist aber eine schlechte Nachricht für Taiwan oder Malaysia. Denn wenn Xi Jinping einen Konflikt bereinigt, kann es nur heißen: Er will Kapazitäten freischaufeln, um neue Kriege anzuzetteln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“