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Protest gegen Kohleabbau in NRWGroßaufgebot für Lützerath

Mit hunderten Beamten will die Polizei ab Mittwoch das besetzte Dorf räumen. Der Verfassungsschutzpräsident erwartet „gewalttätige Krawalle“.

Lützerath am Sonntag: Die Räumung des besetzten Dorfes soll am Mittwoch beginnen Foto: Thilo Schmuelgen/reuters

Berlin taz | In Lützerath braut sich einer der größten Polizeieinsätze der jüngsten Zeit zusammen. Ab Mittwoch kann die Polizei das dort besetzte Dorf neben dem RWE-Kohletagebau räumen. Mehrere hundert Beamte aus fast allen Bundesländern werden erwartet – eine genaue Zahl nennt die Einsatzführung aus taktischen Gründen nicht. Der zuständige Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach sprach am Montag von einem „schwierigen, herausfordernden Einsatz mit erheblichen Risiken“. Und Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sagte der taz, er erwarte „gewalttätige Krawalle“.

Weinspach erklärte, am Dienstag wolle die Polizei noch eine Informationsveranstaltung in Erkelenz abhalten, ab Mittwoch dann sei mit einer Räumung „jederzeit“ zu rechnen. Er appellierte an Protestierende, friedlich zu bleiben. Dass am Sonntag Steine geflogen seien und auch bürgerliche Demonstrierende mit an Barrikaden bauten, sei aber beunruhigend. Man werde auf Deeskalation setzen, aber wohl „auch gewaltbereiten Straftätern gegenüberstehen“.

Einsatzleiter Wilhelm Sauer warnte vor Barrikaden und Gräben, die in Lützerath derzeit angelegt würden. Dazu kämen Mono- und Tripods, von Ak­ti­vis­t:in­nen besetzte Pfahlkonstrukte, die aufwendig zu räumen seien. Auch wisse man nicht, ob nicht auch in den besetzten Gebäuden Fallen warteten. Zudem habe man Steinkatapulte entdeckt, was „die Grenze jedes hinnehmbaren Szenarios“ überschreite. Gleiches gelte für Anschläge auf Logistikfirmen, die die Polizei oder RWE unterstützten.

Letztlich müsse man das gesamte Braunkohlerevier im Blick behalten, weil Ak­ti­vis­t:in­nen überall Aktionen starten könnten, um Polizeikräfte zu binden, so Sauer. Die Polizei werde mit „Zurückhaltung bis zum äußerst Machbaren“ vorgehen. „Aber ich werde nicht zulassen, dass meine Beamten zur Zielscheibe roher Gewalt werden.“

Initiative kritisiert Eskalation der Polizei

Die Initiative „Lützerath lebt“, die den weiteren Kohleabbau verhindern will, wirft der Polizei dagegen vor, zu eskalieren und zuletzt rabiat gegen eine friedliche Menschenkette vorgegangen zu sein. Die folgenden Steinwürfe hatten Ak­ti­vis­t:in­nen laut Be­ob­ach­te­r:in­nen vor Ort mit „Keine Steine“-Rufe quittiert.

Für die Initiative selbst haben nach eigener Auskunft „alle Aktionslevel ihren grundsätzlichen Daseinszweck“. Auf dem Szeneportal Indymedia gibt es offenere Aufrufe, den Preis für die Räumung hochzutreiben. Angeregt wird auch, dezentral Tagebaueinfahrten zu blockieren, Bagger zu besetzen oder Pumpen „abzuschalten“.

Verfassungsschutzchef Haldenwang sagte der taz, friedliche Proteste seien in einer Demokratie legitim. „Die Protestbewegungen in Lützerath sind allerdings sehr heterogen.“ Relevant werde der Protest für den Verfassungsschutz, wenn Linksextremisten versuchten, friedliche demokratische Proteste zu unterwandern und instrumentalisieren. „Versuche nehmen wir bereits wahr“, so Haldenwang. „Wir sehen, dass bundesweit auch gewaltbereite Linksextremisten gegen die Räumung mobilisieren und sich bereits vor Ort sammeln. Teils wird zu militanten Aktionen aufgerufen.“

Haldenwang verwies auf die Proteste im Hambacher und Dannenröder Forst, wo es „ein brutales Vorgehen gegen die Räumung“ gegeben habe. „Insofern erwarte ich auch in Lützerath gewalttätige Krawalle.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wollte sich bisher nicht zu der Räumung äußern und verwies auf das zuständige NRW. Der dortige Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte dem ZDF, die meisten Protestierenden in Lützerath seien „vernünftige Menschen, die ein echtes Anliegen haben“. Nur eine Minderheit neige zu Gewalt. Gegen diese müsse die Polizei vorgehen.

Die Linke in Berlin kritisiert Entsendung von Polizeieinheiten

Die Grünen-Bundeschefin Ricarda Lang forderte am Montag eine „Deeskalation aller Beteiligten“. RWE habe einen Rechtsanspruch auf die Räumung in Lützerath. Sie habe aber auch „Verständnis für Menschen, die jetzt dort demonstrieren, für Frust und vor allem auch für Druck für mehr Klimaschutz“. Entscheidend sei der bundesweite Ausstieg aus der Kohle.

Die Linke stellt sich dagegen klar gegen die Räumung. Parteichefin Janine Wissler kündigte an, sich an den Protesten zu beteiligen. Die Räumung sei ein „Frontalangriff auf den Klimaschutz“ und „Wahnsinn“. Die NRW-Landeschefin Kathrin Vogler zog bereits ins Protestcamp ein.

In Berlin kritisierte die mitregierende Linke, dass auch die Hauptstadt Polizeieinheiten nach NRW entsendet, wie ein Polizeisprecher der taz bestätigte. „Diese Räumung ist sinnlos und längst zum Symbol für die verfehlte Klimapolitik geworden“, sagte Innenpolitiker Niklas Schrader der taz. „Wir haben als Land Berlin da eine andere Linie. Insofern sollte sich Berlin daran nicht beteiligen.“

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41 Kommentare

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  • "Verfassungsschutzpräsident erwartet „gewalttätige Krawalle“."

    Und ich erwarte eskalative Staatsgewalt.

    • 1G
      14397 (Profil gelöscht)
      @Orwell1984:

      Wie meistens liegt der Verfassungsschutz total daneben und spricht entweder Ahnungslosogkeit oder Propaganda.

  • Wie dumm müssen die Grünen eigentlich sein , um dieser Räumung zuzustimmen? Es wird für sie ein politisches Desaster. Werden sie auch die Verantwortung für Verletzte und mögliche Tote übernehmen? Bei der rechtsextremen Unterwanderung der Polizei, ist mit einer provozierten Eskalation zu rechnen.

  • Die Klimaziele sind rein fossil. Ihr Ziel ist das Sparen von Energie. Dabei ist Energie genug vorhanden. Die Sonne schickt 5000x soviel Energie zur Erde, wie die Menschheit verbraucht, und 99,9% davon strahlt die Erde direkt wieder ab. Wenn wir davon nur Krümel einfangen, haben wir genug Energie und brauchen keine Kohle.

    Wer also wirklich den Kohleabbau verhindern will, der baut, fördert und entwickelt Solarenergie, bis das olle Zeugs aus Garzweiler keiner mehr haben will.

    Auch wenn er derzeit am Rad dreht: Ein bisschen mehr Elon Musk und ein bisschen weniger Luisa Neubauer würden der Klimabewegung gut tun.

  • Ich kann nicht verstehen, warum so viele PolizistInnen sich dafür benutzen lassen, die (klima)politischen Fehlentscheidungen auszubaden. Stellt euch vor, es ist Räumung und keiner geht hin... 🕊

    • @Felis:

      Weil sie Beamte sind und Weisungsgebunden. Sie dürfen nicht streiten. Ich kenne einen Polizisten und kann ihnen sagen dass die oft lieber mitlaufen würden statt gegenüber zu stehen.

      • @Rudi Hamm:

        Niemand, wirklich niemand wird gezwungen, bei denen zu arbeiten.



        Wer sich mit "Ich habe meine Anweisungen rausredet" ist ein Mensch ohne Kreativität und kritisches Bewusstsein. Solln se den Job wechseln oder sich krank melden, wenn sie auf diese Scheisse keine Böcke haben.

    • @Felis:

      "Ich kann nicht verstehen, warum so viele PolizistInnen sich dafür benutzen lassen, ..."

      Anscheinend haben Polizisten keine Kinder, aber wohl Aktien von RWE.

      Verstehen kann man diese ganze 'Idiotie' wirklich nicht mehr, besonders wenn man sich die steigende CO2-Konzentration anschaut. Der Klimawandel wird immer mächtiger, aber nicht die Verursacher des Klimawandels werden von Medien, Politikern und den Bürgern angeprangert, sondern die jungen Leute aus der Klimabewegung, die das wahre Problem beim Namen nennen.

      "In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht." (Kurt Tucholsky, Gesellschaftskritiker, Journalist und Schriftsteller, 1890-1935)

    • @Felis:

      Polizistinnen sind Beamtinnen. Aufgabe hier, (grob vereinfacht) Rechtsansprüche durchzusetzen.

      Es gab einen Kompromiss, mit der demokratisch gewählten Regierung..

      Demokratie funktioniert so: Mehrheiten organisieren... Die gibt es hier - aktuell - offensichtlich nicht, gegen ein Abbaggern.

  • Einfach mal den Kohleabbau sein lassen und schauen, was passiert.



    Natürlich steht RWE eine riesige Entschädigungssumme zu. Das nehmen die harten Klimaaktivisten in Kauf - muss ja von allen bezahlt werden.

    • @Herry Kane:

      Nö. Einfach mal die Kohle verfeuern und sehen, was passiert. Die Entschädigungssummen für Klimakatastrophenopfer werden aber irgendwann nicht mehr von allen bezahlt, denn dafür werden sie zu hoch sein.

    • @Herry Kane:

      Ihre Anti-Umweltschutz-Einstellung müssen auch wir alle zahlen. Wenn der Staat sich nicht jedes Mal erpressen lasse würde von Wirtschaft und Kapital, wären solche Sachen gar nicht notwendig.

    • @Herry Kane:

      Für RWE und LEAG wurden bereits Entschädigungen für den vereinbarten Ausstieg aus der Kohle zugesichert. 4,35 Mrd. Euro werden fließen.

      • @J. Straub:

        4,35 Mrd.EUR: Inflationsbereinigt?

  • Wenn die Kohle von Lützerath verfeuert wird, verstossen "wir" gegen die Klimaziele.



    Die Polizei ist also Erfüllungsgehilfe für eine menschenfeindliche Politik.



    Diese Politik hat sich am Nasenring von RWE vorführen lassen. Weil sie nicht rechnen können?



    Ne, man hängt via kommunaler Beteiligung mit am zu erwartenden Geld aus Kohleverstromung.



    Man ist also Teil des Problems.



    Deshalb diese Gewaltdebatte. Bessere Argumente hat man keine.



    Das nenne ich herrschende Politik, die Politik der Herrschenden. Nämlich RWE.



    Für breitere Akzeptanz gabs die Grünen. Aber die werden jetzt kenntlich. Erfüllungsgehilfen für Profite.



    Ehrlicher für die wohlhabenden Grünen Wähler, die FDP. Da braucht man sich für Wohlstand nicht entschuldigen, er gehört zum Programm, freilich nicht für Alle.



    Und auch hier, nur bis zur Sintflut.

  • Die Grünen, Handlanger der RWE

    Eines wird diese Räumung auf jeden Fall ganz klar zeigen: Auf welcher Seite die Grünen heute sind. Es wird wohl eher die von Kohle und RWE sein, als die der Klimaziele.

    Pfui Habeck, Pfui Grüne

    • @Rudi Hamm:

      Die jetzigen Vorgänge zeigen vor allem auch, dass den Aktivisten mit ihrem geforderten sofortigen Kohleausstieg die damit verbundene soziale Frage völlig am Arsch vorbei geht.

      • @Rudolf Fissner:

        Sozial ist was die Klimakatastrophe bremst. Bei den +2,8° bis 2100 und danach noch mehr können sie die soziale Frage nämlich sowas von knicken.

      • @Rudolf Fissner:

        Wieso das? Erklären Sie mal? wie asozial ist ein weiteres Weitergehen mit Kohle und Anti-Klimaschutz?

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Rudi Hamm:

      Die Grünen reden nun Lang und Breit



      Vom Kohleausstieg in kurzer Zeit.



      Sie verkaufen ihre Zustimmung als seriös.



      Das aber macht die Basis nervös.



      Die sagte, als sie zu blockieren begann:



      "Was gehen mich RWE und die Grünen an?“



      (nach Ringelnatz „Die Schnupftabakdose"



      www.deutschelyrik....abaksdose.709.html )

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Gut!

  • "Der Verfassungsschutzpräsident erwartet „gewalttätige Krawalle“"



    Die sind schon seit Tagen durch die Polizei vor Ort erfolgt.



    Diese Formulierung des Verfassungsschutzpräsidenten zeigt nur das hier die Klimaschutzproteste gezielt kriminalisiert werden.

  • Man zimmert eifrig am Bild der gewaltbereiten Chaoten ... auch wenn das Gegenteil wahr ist.



    Ich hoffe nur, dass nicht wieder ein Mensch sein Leben lassen muss!

  • Ich bin enttäuscht!



    Der Einsatz im Hambacher Forst, von der damaligen schwarz gelben Landesregierung legitimiert, wurde später als ungesetzlich bewertet.



    Die Grünen sind in NRW mit dieser CDU, die dad zu versntworten hatte, zusammen gegangen.



    Nun mahen die das Gleiche " in Grün".



    "Liebe Grüne" , über viele Jahre waren wir auf einer Linie. Jetzt erkenne ich Euch nicht wieder.



    Es scheint, als ob Euch Pöstchen wichtiger sind als Inhalte.



    Ihr seid bestenfalls noch olivgrün.

  • Hambacher Forst: ja, da hat sich eine Polizeikraft brutal den Daumen mit der Fahrzeugtür eingeklemmt.

    Diese Legendenbildung ist unfair all denen gegenüber, die sich für Gewaltfreiheit einsetzen (siehe z.B. Aktionskonsens von Ende Gelände).

    Ihr wünscht Euch doch die Eskalation.

  • Es würde der Welt sicher ein sehr merkwürdiges Bild von Deutschland vermitteln wenn die Auseinandersetzungen rund um die Braunkohle in Polizeischlachten gipfeln, wo selbst die Proteste zu SED-Zeiten friedlich verlaufen sind - und letztlich diese friedlichen Proteste erst das ermöglicht haben, was heute die Bundesrepublik ausmacht.



    Man darf auch sicher die Frage stellen, ob das ja durchaus zweifelhafte wirtschaftliche Interesse eines Konzern Dies wert ist.

    • @Bolzkopf:

      Also in den 80er Jahren hat die damals westdeutsche Polizei bei Umweltprotesten durchaus hart zugelangt (um nicht zu sagen: die Leute organisiert zusammengeschlagen).



      Die militanten und friedlichen Proteste, die sich nicht spalten ließen, waren dabei auch erfolgreich.

      Nur mal so am Rande.

  • Mit „Zurückhaltung bis zum äußerst Machbaren vorgehen."

    Erfahrungsgemäß bedeutet das das genaue Gegenteil.

    Man schwört die Öffentlichkeit auf einen harten Einsatz ein.

    Es steht zu befürchten, dass der gewalttätigen Rhetorik ein ebensolcher Einsatz folgen wird.

    Und wieder einmal wird klar gemacht werden, was hierzulande erlaubt und welche Art von Protest kriminalisiert und zerschlagen wird.

    • @Jim Hawkins:

      Man kann zum Braunkohleabbau stehen wie man möchte, man kann zum Klimawandel stehen wie man möchte.



      Aber man MUSS zu unserem Rechtsstaat stehen wie er eben ist, auch wenn es vielen nicht passt was da im Revier passiert.



      Die Polizei setzt nur das rechtsstaatliche um. Und wer nach Aufforderung dieses Privatgelände nicht verlässt, der hat leider mit Konsequenzen zu rechnen.

      • @Der Cleo Patra:

        Schon klar.

        Nur, man kann das so umsetzen oder so umsetzen.

        Je radikaler und antagonistischer, vielleicht auch wirkungsvoller Protest oder Widerstand ist, desto härter werden die Einsätze gefahren.

        Das dient zum einen dazu, den Aktivistinnen und Aktivisten den Schneid abzukaufen und zum anderen dazu, denen, die die Dinge auch kritisch sehen, aber nicht oder noch nicht vor Ort sind zu signalisieren:

        Geh da nicht hin, Du riskierst deine Freiheit und deine körperliche Unversehrtheit.

      • @Der Cleo Patra:

        Sie meinem in einem Rechtsstaat wo Faschos ganz legitim auch Richter sein können ohne etwaige Konsequenzen spüren zu müssen. Wo Rechtsextremisten in Polizei, Verfassungsschutz und Co. sitzen können und selbst Beweismittel verlieren lassen können, Zeugenaussagen "koordinieren" können und das sowohl unter dem Deckmantel der "Gewaltenteilung", Politik und Co.? wo Lobbyisten sich mit Geldkoffern Politikstimmen sich sichern können ohne auch nur ansatzweise wegen Vorteilsnahme, Korruption, Bestechung verantworten zu müssen? Aja, genau. Diese Art von Rechtsstaat brauchen wir....NICHT!

      • @Der Cleo Patra:

        Man muss nicht zum Rechtsstaat stehen. Das tue ich nicht und viele der Besetzer:innen, die aus dem anarchistischen Spektrum kommen, auch nicht. Oder um es mit Thomas Ebermann zu sagen: "Ich stehe nicht auf dem Grundgesetz, nichtmal mit den Zehenspitzen."

        Gerade wenn Entscheidungen die der sog. Rechtsstaat trifft den materiellen Interessen der Menschheit (und nicht einer kleinen Clique von Bonzen) widersprechen, gilt es, dagegen aufzubegehren.

        Dieses Gerede von "Man muss zum Rechtsstaat stehen", "Die Gerichte haben entschieden und das ist zu akzeptieren" oder andere ähnliche Aussagen zeugen nur vom Untertanengeist und davon, dass man die Dramatik der Lage nicht versteht.

        • @Piratenpunk:

          @ Piratenpunk: > „ … Man muss nicht zum Rechtsstaat stehen. Das tue ich nicht und viele der Besetzer:innen, die aus dem anarchistischen Spektrum kommen, auch nicht.“



          Das sei Ihnen meinetwegen unbenommen; aber Sie votieren mit Ihrem Werben für Anarchie schon doch für das Faustrecht aller gegen alle – glauben Sie, daß die Mehrheit der Bevölkerung damit einverstanden ist ?

          Kopfschüttelnder Gruß,



          Thomas Dräger, D-67098

          • @Thomas Dräger:

            Ich frage mich, wie vernünftige Menschen auf die Idee kommen, dass andere vernünftige Menschen unironisch den Krieg der Menschheit gegen sich selbst als politisches Programm fordern (und sich währenddessen für den Erhalt der Lebensgrundlagen einsetzen).



            Der Fehlschluss ist, dass Anarchist:innen Chaos und Unordnung wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen eine Ordnung auf Basis von selbstverwalteten Strukturen ohne Herrschaft. Anarchie bedeutet nicht mehr und nicht weniger als das: Ohne Herrschaft.



            Anomie dagegen meint einen Zustand ohne Ordnung.

            Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Mehrheit der Bevölkerung damit nicht einverstanden ist.

            Liebe Grüße,



            Piratenpunk

      • @Der Cleo Patra:

        Es ist zwar richtig, dass die Polizei nur ausführt was Rechtslage ist, aber genau diese Rechtslage scheint mir, als Nicht-Juristen, nicht so ganz klar zu sein. Laut Art. 14 Abs. 3 ist "eine Enteignung [...] nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig."

        Ein weiterer Abbau der Kohle führt aber dazu, dass Deutschland seine Klimaziele verfehlen wird (nicht dass die Politik überhaupt versuchen würde diese einzuhalten), was wiederum gegen ein Urteil des Verfassungsgerichtes verstößt. Damit wäre die Enteignung durch RWE nicht im Sinne der Allgemeinheit, was wiederum den Polizeieinsatz fragwürdig machen würde.

        Klar, hier müsste man wohl den Rechtsweg gehen, da die Politik Fakten schaffen will ganz im Sinne ihrer Geldgeber, aber ob man das dann noch Rechtsstaat nennen will. Naja, jedem was er halt so träumen mag.

        • @Shasu:

          Sobald das Recht auf Ihren Seiten ist, wird es beschworen.



          Dieser Schwachsinn mit dem BGH, der tatsächlich wegen einer Unterschrift in Paris der Meinung ist, die Regierung wäre VERPFLICHTET mehr zu tun. (Ich bin da anderer Meinung, meine Lösung wäre aber das Klimaabkommen zu kündigen, also auf dem Boden des Rechts zu bleiben).

          Alles, was nicht in die eigene Richtung geht, ist dann nicht mehr wichtig oder richtig.

          Eine Lösung kann nur weltweit erreicht werden.

          • @Mangahn:

            "Sobald das Recht auf Ihren Seiten ist, wird es beschworen."

            Ja, böses Recht. Warum müssen sich Menschen auch immer darauf berufen?

            "Dieser Schwachsinn mit dem BGH, der tatsächlich wegen einer Unterschrift in Paris der Meinung ist [...]"

            Also Sie finden dass die Ratifizierung eines international abgeschlossenen, und damit weltweit gültigen, Vertrages Schwachsinn ist?

            "Eine Lösung kann nur weltweit erreicht werden."

            Orly. Sich selbst innerhalb von paar Zeilen zu widersprechen ist auch eine Leistung.

            Aber ich fass gerne zusammen was Sie sagen:

            "Mir ist es egal was mit diesem Planeten passiert, weil ich dann eh tot sein werde. Sollen die ihren blöden Klimaschutz machen, aber nicht da wo ich wohne. Erst können mal die anderen anfangen wie China oder die USA. Und dann finde ich eine neue Ausrede warum ich nix tun muss."

            Passt das so ungefähr?

            • @Shasu:

              Nein, so passt es nicht. Aber das Wissen Sie ja auch.

              Das bei uns Gerichte "Einzelmaßnahmen" verbieten oder verlangen können, aufgrund eines internationalen Abkommens, das International als Richtungsanzeige (aber wahrlich nicht als allein selig machende Pflichtveranstaltung) bewertet wird, ist unangemessen. Es bringt nichts, sich wirtschaftlich kaputt zu machen.

              (gekürzte Version)

              • @Mangahn:

                "internationalen Abkommens, das International als Richtungsanzeige (aber wahrlich nicht als allein selig machende Pflichtveranstaltung) "

                Es ist trotzdem ein unterschriebener Vertrag. Nur wie mit jedem internationalen Abkommen, basiert es auf dem Durchsetzungswillen der einzelnen Länder (Sie können ja nicht überall einmarschieren, weil sich Länder nicht an internationale Verträge halten). Dieses wurde in Deutschland durch das Verfassungsgericht in seinem Urteil bestätigt und ist damit einklagbar und bindend. Daher wäre es nur angebracht, wenn Deutschland (zusammen mit der EU) als gutes Beispiel vorangeht, anstatt dem Vertrag entgegen zu handeln.

                "Es bringt nichts, sich wirtschaftlich kaputt zu machen."

                Wissen Sie, das Lustige bei dieser Art Argumentation ist, dass die Klimakatastrophe dazu führen wird, dass das globale Wirtschaftssystem komplett zusammenbrechen wird. Diese reine Wirtschaftsargumentation kann man anbringen, wenn es um internationale Handelsverträge bzgl. spezifischer Güter geht, wo die Sorge von Übervorteilung besteht. "Glücklicherweise" macht die Klimakatastrophe da aber keinen Unterschied und wird alle Länder früher oder später betreffen (eher früher aller Voraussicht nach). Wenn eine Dürre nach der anderen folgt und das Getreide knapp wird, dann wird kein Hahn mehr danach schreien, ob China, die USA, oder Deutschland wirtschaftlich kaputt gehen oder Vorteile haben. Welche Mittel der Wahl dann sprechen werden, können Sie sich wahrscheinlich selbst auch ausmalen.

                • @Shasu:

                  Ich schätze die sachliche Diskussion mit Ihnen.



                  2 Gegenargumente:



                  - Wenn wir unsere Industrie auf null fahren. China, Rußland, USA und Indien weitermachen, dann haben die immerhin noch die Möglichkeit sich zu schützen, da sie noch Kapazitäten haben. Wir haben schon vorher nichts mehr.



                  - Die Lösung MUSS eben auch technische Mittel beinhalten. Die Speicherung von CO2 im Boden und/oder den Schirm im Weltall (nachzulesen in der TAZ) oder andere Mittel, an die wir heute noch nicht denken. Auch dazu wäre es sinnvoll Kapazitäten vorzubehalten.

                  Nein, die einseitige Reduzierung in Deutschland oder Europa über das Leistbare hinaus ist nicht sinnvoll.



                  Es kommt hinzu, dass wir in Deutschland ohnehin massive Probleme haben, die uns im internationalem Wettbewerb sehr zu schaffen machen. Die Leistungsfähigkeit unserer Beamten und Politiker ist besorgniserregend schlecht geworden. Persönlich merke ich es an den Steuergesetzen, die in der Qualität extrem nachgelassen haben. Seit Jahren, mit zunehmender Geschwindigkeit. Zu nennen sind aber auch solche Absurditäten wie der Verkauf der Reserve-Gasspeicher nach Russland (geil, oder?), die Handlung oder auch nicht Handlung im Ahrtal, die Cum-Ex-Affaire uvm.



                  Das war schon schlimm unter Merkel und ist mit den Grünen geradezu Programm geworden.

          • @Mangahn:

            Sie machen schon einmal Ihre Wohnung zur Aufnahme von Geflüchteten die durch das Klima ihre Existenz verloren haben. Das will ich sehen. Zum Glück scheint Ihr Heimatort "hoch" genug zu liegen...